Originaltitel: Le Disciple du Mal (2006)
Diana Verlag 2008, 351 S.
Inhalt:
Vor zwölf Jahren ermittelte Kommissarin Senda Barhi in Paris in einem schrecklichen Mordfall. Kurz hintereinander verschwanden drei Kinder, deren Leichen schwer misshandelt aufgefunden wurden. Es geschahen weitere Morde, die auf den gleichen Täter hinwiesen. Zwei Männer wurden von der Polizei verdächtigt, doch man konnte ihnen nichts nachweisen. Kurz darauf beging der Hauptverdächtige Selbstmord und der andere verschwand spurlos. Die Pariser Polizei betrachtete den Fall damals als abgeschlossen.
In Los Angeles geschehen nun ähnliche Verbrechen und Senda ist sich endgültig sicher, dass sie damals den wahren Täter hat laufen lassen. Sie reist nach Amerika, um der Polizei vor Ort bei den Ermittlungen zu helfen. Drei der vermissten Kinder werden tot aufgefunden, auf ähnlich bestialische Weise ermordet wie die in Paris. Alle Indizien führen zu einem Mann, in dem Senda den damaligen Verdächtigen wiedererkennt, der bis jetzt unter falschem Namen unerkannt in Los Angeles gelebt hat. Er wird festgenommen, doch seiner Anwältin gelingt es, ihn auf Kaution freizubekommen. Nun ist es nur eine Frage der Zeit, wann der nächste Mord geschieht …
Über die Autorin:
Juliette Manet ist 1961 in Biarritz geboren. Sie hat Kunstgeschichte studiert und arbeitete viele Jahre als Fotomodell, u.a. für Helmut Newton. Heute lebt sie mit ihrer Tochter und ihrem Mann in Florida. „Wehrlos“ fand große Beachtung in Frankreich und avancierte schnell zum Bestseller.
Meine Meinung:
Es ist manchmal fast schwierig, für ein Buch eine Rezension zu schreiben, dass man sozusagen in einem Stück durchgelesen hat. Ich hatte nämlich zwischendurch kaum Zeit, mir wie sonst üblich Notizen zu machen. Der Schreibstil der Autorin hat mir sofort gefallen. Und so ungemein spannend fand ich es, dass ich nicht aufhören konnte zu lesen. Eine Warnung vorweg: Der Brutalitätslevel dürfte vergleichbar sein mit dem bei Cody Mcfadyen.
Ohne Vorwarnung wirft die Autorin den Leser mitten hinein in eine Szene, die ich so nicht als Auftakt eines Buches erwartet hätte. Schon das erste kurze Kapitel dürfte manchen abschrecken oder vor die Entscheidung stellen: will ich weiterlesen oder nicht? Ich wollte und habe es keine Sekunde bereut.
Recht schnell werden die Hauptpersonen eingeführt und die ersten Fäden gesponnen. Die Spannung ist von Anfang an da, mich hat es nicht gestört, daß der Täter schon festzustehen scheint. Denn schon bald stellte sich bei mir das Gefühl ein, dass Senda ihrem amerikanischen Kollegen Perez etwas verschweigt, ihm nicht alles erzählt hat, was damals in Paris passiert ist. So unsympathisch der Verdächtige Vincent Connely auch ist, mehrmals im Laufe der Geschichte wechselte ich meine Meinung, ob er nun der Täter ist oder nicht. Mit Fortschreiten der Handlung hatte ich immer mehr das Gefühl, dass da noch eine überraschende Wendung kommen müsse.
Die nach außen hin starke Pariser Kommissarin Senda Barhi, die des öfteren zu Alkohol und Drogen greift, erscheint kalt, hart und desillusioniert. Sie will endlich Gewissheit, wer damals die Kinder umgebracht hat und ob der gleiche Täter heute wieder mordet. Ich mochte sie.
Die zweite starke Frau in diesem Roman ist Judith Graham, die Anwältin des Verdächtigen, die mit ihrer Vermutung, ob ihr Mandant nun schuldig oder unschuldig ist, hin- und herschwankt.
Sergeant Tony Perez ist der amerikanische Ermittler, mit dem Senda in Kontakt steht, und dem sein Chef, der Bürgermeister, der Gouverneur und die Presse im Nacken sitzen.
Ein großer Teil des Buches besteht aus Dialogen, die Beschreibungen über das Umfeld und die Schauplätze beschränken sich auf das Notwendige. Allerdings gibt es eine Menge harter und brutaler Szenen. Wenn Manet die Misshandlungen und Folterungen der Kinder beschreibt, so ist das absolut nichts für schwache Nerven. Doch sind diese Szenen Teil einer spannenden, glaubwürdigen Handlung und wirken nie überzogen oder gar voyeuristisch.
Über eine lange Strecke hinweg hat der Roman deutliche Merkmale eines amerikanischen Thrillers (einschließlich Gerichtsszene), wandelt sich dann zum Ende hin zu einem typisch französischen Krimi. Die Auflösung ist nachvollziehbar und schlüssig, das Ende hält dann noch eine Überraschung bereit. Ein klasse Thriller, den ich sehr gerne gelesen habe! Zudem ein ansprechendes Cover und eine gelungene Übersetzung. Was will man mehr
Sogar der deutsche Titel passt, auch wenn „Der Schüler des Bösen“, das wäre die wörtliche Übersetzung gewesen, mir noch besser gefallen hätte.
Wer also eine härtere Gangart verträgt: sehr empfehlenswert!!
Ach ja: Es gibt zwei weitere Bücher der Autorin, ebenfalls Standalones: „Der Tod des Raben“ (Bastei Lübbe, 2003) und „Der Kreis des Schreckens“ (Bastei Lübbe, 2006), die ich mir jetzt sicher näher ansehen werde.