So, ich habe jetzt lange mit mir gerungen, ob ich das Thema eröffne, nachdem in letzter Zeit ja desöfteren wegen "sinnloser" Fragen und der dazugehörigen Threads gemeckert wird, aber erstens finde ich diese Frage überhaupt nicht sinnlos (alle, die dagegen sprechen, werden liebevoll getätschelt--> :lache) und zweitens hab ich auch nach längerem Suchen keinen Thread gefunden, in dem es um dieses Thema geht. (Außer irgendwas mit "warum man gern Thriller liest").
Die Frage im Thread-Titel ist natürlich einfach zu beantworten und eigentlich geht es mir um etwas, was komplexer ist.
Oft lese ich in den Rezis von Thrillern als Kritikpunkt, dass die Auflösung bzw. das Ende vorhersehbar war. Sicher, für einen Thriller-Leser ist Spannung wichtig und ein vorhersehbares Ende mindert diese oft (es gibt auch spannende Thriller, bei denen man gleich am Anfang den Mörder kennt, aber die lass ich mal außen vor...), aber was genau versteht man denn unter "Der Schluss war zu vorhersehbar" jetzt wirklich?
Um das "Problem" genauer zu erläutern, werde ich mich zweier Zitate bedienen, die ich bei den Rezis von "Dem Tode nah" (Linwood Barclay) fand. Ich hoffe, Rosenstolz und Wiggli sind damit einverstanden
ZitatOriginal von Rosenstolz
Leider war mir ziemlich bald klar, wer der Mörder ist und weshalb er sich auf einem Rachefeldzug befindet. Und ich denke, dass dies vielen Thriller-Viellesern so gehen wird.
ZitatOriginal von Wiggli
Leider habe ich die Auflösung recht bald geahnt, ich hätte mir etwas ausgeklügelteres gewünscht.
Ich habe mich hierbei gefragt, was mit "bald" gemeint ist. Der Mörder tritt auf Seite [sp]274, also eigentlich erst zur Hälfte des Buches[/sp] das erste Mal auf. Auf den Seiten [sp]349 (Erwähnung der toten Tochter) und 366 (Gespräch über Bürgermeister-Job)[/sp] erhält man erste Hinweise, warum derjenige ein Mörder sein kann und was das Motiv sein könnte. Hinweise, die zwar vage sind, aber einen "geübten" Leser genug verraten, um zu ahnen was passiert ist.
Für mich ist es alles andere als "bald". Nein, ich möchte hier sicher nicht Rosenstolz oder Wiggli anprangern
Ich frage mich einfach anhand dieses Beispiels, ob man wirklich von vorhersehbar sprechen kann.
Es ist einfach so, dass der Mörder irgendwann im Laufe eines Buches auftauchen muss. (Vielleicht bin ich da eine Ausnahme, aber Thriller, wo der "unbekannte Dritte" der Mörder ist, find ich nicht sehr glaubwürdig; zur Spannung gehört für mich, dass sich der Mörder oft im Geschehen befindet). Und dann ist es ja nur eine Frage der Zeit, wann man ihn verdächtigt.
Ja, vielleicht kommt es genau auf diese Zeit an - auf die Zeit zwischen dem Auftauchen des Mörders und des ersten "Das ist der Mörder"-Gedanken (etliche Thriller, in denen es nicht um Mord geht, sondern um etwas anderes, möchte ich nicht ausschließen, aber Mord und Mörder halte ich eben für das einfachste Beispiel).
Aber oft ist es doch so (denke ich), dass man mehrere Verdächtige und mehrere Theorien hat und ja, vielleicht ist eine richtig. Kann man da von Vorhersehbarkeit sprechen?
Was muss passieren/vorhanden sein, damit ihr das Ende überraschend findet?
Und ist es wirklich so, dass "geübte" Thriller-Leser schneller das Ende erahnen? Sollte ein richtig guter Thriller nicht alle "überraschen"? Ist ein Thriller zwangsläufig gut, wenn Schluss überraschend ist? (Da bin ich sicher nicht die Einzige, die "Nein" sagt :lache).
Ist es nicht eigentlich eher schlecht, wenn man "geübt" ist, weil man da oft Sachen erahnt, die die Spannung mindern?
Und...die Frage, die ich mir stelle, wenn andere sagen "Es war doch vorhersehbar" und ich mir denke "Wow, das hätte ich nicht gedacht" - bin ich zu dumm für Thriller? (Nein, die müsst ihr mir nicht beantworten :lache).
Fragen über Fragen. Es sind Gedanken, die mir schon länger durch den Kopf gehen und vielleicht bin ich echt die einzige, die sich diese Fragen stellt. Aber vielleicht möchte der eine oder andere Thriller-Leser (ob geübt oder nicht geübt ;-)) was dazu sagen.
Und nochmal: die Zitate sind nur Beispiele, ich habe nichts gegen Wiggli oder Rosenstolz und ihre Rezis