Kate Summerscale "Der Verdacht des Mr Whicher oder Der Mord von Road Hill House"

  • (Originaltitel: "The Suspicions of Mr Whicher or The Murder at Road Hill House")


    Amazon-Kurzbeschreibung:


    In einer Sommernacht im Jahr 1860 geschieht ein Mord in einem herrschaftlichen Landhaus in Wiltshire. Die Leiche des dreijährigen Saville wird mit durchgeschnittener Kehle hinter dem Haus gefunden. Die ganze Familie, mitsamt Personal, steht unter Schock, umso mehr, als der Verdacht auf ein Mitglied der Hausgemeinschaft fallen muss. Jack Whicher von Scotland Yard, einem der bekanntesten Detektive seiner Zeit, fällt die Aufgabe zu, den Fall aufzuklären. Der Mordfall löst eine nationale Hysterie aus, und als Whicher sein schockierendes Ergebnis vorlegt, gibt es Aufruhr und Proteste. Eine wahre Geschichte, die Generationen von Autoren wie Wilkie Collins, Charles Dickens und Arthur Conan Doyle inspirierte.


    Über die Autorin:


    Die 1965 geborene Britin Kate Summerscale ist Buchautorin und Journalistin. Für das hier rezensierte Buch gewann sie in ihrer Heimat den Samuel Johnson Prize for Non-fiction 2008.


    Eigene Meinung:


    Zuerst einmal muss sich der potenzielle Leser vor Augen halten, dass es sich hier um ein Sachbuch und keinen Roman handelt. Die Autorin führt sämtliche überlieferten Fakten zu diesem wahren Mordfall an, so wie sie sich zugetragen haben, zitiert etliche Zeitungs- und Ermittlungsberichte. Es gibt jede Menge Fußnoten, einen umfangreichen Anhang und ein ausführliches Quellenverzeichnis. Wobei es mir lieber war, erst im Anschluss an den eigentlichen Lektürentext im Anhang zu stöbern, denn das Buch wartet auch so schon mit sehr vielen Details auf.


    So erfährt der Leser eine Menge über die Arbeit der ersten Kriminalbeamten von Scotland Yard, über das Leben im England des 19. Jahrhunderts und über die weitreichenden Auswirkungen auf die Kriminalliteratur jener Zeit. Z.B. werden viele Begriffe aufgeführt (etwa der Ursprung des Ausdrucks "Cop") und immer wieder wird analysiert, welche wahren Begebenheiten in welchen Kriminalroman Eingang fanden (sehr oft genannt wird u.a. "Der Monddiamant" von Wilkie Collins). Ergänzt wird der Text durch einen Grundriss des Hauses, Fotos der Familie und einigen zeitgenössischen Abbildungen.


    Mir hat das Buch über weite Strecken sehr gut gefallen, weil die vielen Details es dem Leser einfach machen, sich ins viktorianische England zu versetzen. Außerdem ist es ein prima Anreiz sich mit Autoren wie Collins, Dickens, Poe, etc... eingehender zu beschäftigen, wenn man dies nicht bereits getan hat.


    Allerdings hat das Buch auch ein paar Längen. Während zu Anfang die Ereignisse um das Auffinden des toten Kindes und die einsetzende Ermittlungsarbeit den Leser in den Bann ziehen, wirkt es in der Mitte ein wenig ermüdend. Der bis dahin unaufgeklärte Fall ruht, Whicher ist in der Öffentlichkeit in Ungnade gefallen und es geht einige Seiten lang hauptsächlich um Literaturverweise und die weiteren Lebenswege der handelnden Personen. Mir wurden besonders die Literaturverweise dann doch etwas zu viel.


    Wie eingangs bereits erwähnt: Man hat es hier mit einem Sachbuch zu tun und die Wirklichkeit ist nun einmal meist nicht so stringent und spannend wie ein durchkonstruierter Roman. Zweifel an der Täterschaft der für den Mord verurteilten Person bleiben bis heute bestehen.


    Von mir gibt es 8 von 10 Punkten.

  • Ich habe echt mit einem Roman gerechnet, deshalb war ich auch verwundert, dass du es hier gepostet hast. Aber da scheine ich mich ja getäuscht zu habe. Danke für die Rezi :wave

  • Zitat

    Original von yelde
    Ich habe echt mit einem Roman gerechnet, deshalb war ich auch verwundert, dass du es hier gepostet hast. Aber da scheine ich mich ja getäuscht zu habe.


    In den Buchhandlungen liegt es auch immer bei den Krimis.

  • Zitat

    Original von Seerose
    Es wurde ja auch vom Verlag als Roman angekündigt.


    Amazon führt es auch unter Krimis/Thriller. Hm, ein wunderbares Beispiel für vermurkstes Marketing. Na, ich konnte ja vorher reinlesen und wusste, was ich bekomme.

  • @Fandorina
    Danke für die Rezi, das wandert mal auf die WL. Klingt sehr interessant. Ich hab kürzlich ein Buch als ME erstanden, das ich auch für einen Roman hielt und das sich dann als Sachbuch über einen Serienmörder in den USA herausstellte. Da ich sowas aber auch ganz gerne lese wars wenigstens kein Fehlgriff.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Der Bericht in der neuen bücher verweist auch genau darauf, daß es sich hierbei um ein Sachbuch handelt. Nichtsdestotrotz finde ich die ganze Idee sehr interessant und ich denke, als TB wird es in mein RuB wandern... :lache

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT