Hallo Leute!
So, nun möchte auch ich euch etwas von mir Geschriebenes zeigen. Dies hier ist meine erste eigene Geschichte, die ich hier poste. Sie ist zwar schon etwas älter (von 2005), aber ich wüsste dennoch gerne, was ihr davon haltet!
Kritik nehme ich gerne an (sofern sie nicht abwertend oder gar gemein formuliert ist), immerhin möchte ich mich ja weiter entwickeln und besser werden.
Viel Spaß beim Leben und liebe Grüße,
Sky
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Die Stimme aus dem Brunnen (Teil 1)
Ein sanfter Frühlingswind wehte den Frauen des Dorfes und deren Kindern um die Ohren, während alle fleißig damit beschäftigt waren, auf dem Feld die ersten Blüten ihrer Ernte einzusammeln. Eine junge Frau wischte sich erschöpft etwas Schweiß von der Stirn und atmete tief durch. Sie richtete sich auf um ihrem schmerzenden Rücken etwas Entspannung zu gönnen und blickte sich zufrieden um.
Es war ein wunderschöner Tag, wie geschaffen für die Arbeit. Die strahlende Sonne neigte sich langsam dem Horizont und ließ die umliegenden, saftigen, weiten Wiesen in den interessantesten Farben erscheinen. Von allen Seiten konnte man vergnügtes Tratschen der arbeitenden Frauen vernehmen, Lachen war zu hören. Drüben, nahe am Wald schrieen die Kinder laut durcheinander, die Mädchen und Jungs waren wie immer in ihre Spiele vertieft, verweilten in ihrer eigenen kleinen Welt, die noch so unberührt und unverdorben war, dass sich die Erwachsenen jeden Tag danach zurücksehnten.
Ein letztes Mal hob die junge Frau ihr Messer und setzte es an den Stamm des Dornengewächses, das vor ihren Füßen sprieß, vorsichtig trennte sie den dünnen, dunkelgrünen Stil der Pflanze ab und bückte sich anschließend, nahm den großen, geflochtenen Weidenkorb zu ihren Füßen hoch und legte die letzte gepflückte Rose und ihr Werkzeug hinein zu den anderen Blumen. Es war Zeit, den Heimweg wieder anzutreten.
Nach und nach packten auch die anderen Frauen ihre Sachen, die eine oder andere klopfe sich etwas Schmutz von ihrer Schürze, die jungen Mädchen, etwa im Alter von 14 Jahren, die zum ersten Mal mit zur Arbeit gekommen waren, wischten sich die von den Rosendornen blutigen Finger im Stoff ihrer Kleider ab, darauf bedacht, keine Miene zu verziehen und sich den unangenehmen Schmerz der kleinen Schnittwunden auf ihren Händen nicht anmerken zu lassen. Sie wollten ihre Mütter stolz machen, wollten als tapfer gelten, ihre Arbeit angemessen verrichten.
„Sophie!“, rief die junge Frau in Richtung Wald und wartete, bis ein kleines Mädchen neugierig seinen Kopf nach ihr umdrehte, ihre langen braunen Zöpfe im Wind wehend. Sofort kam das kleine Mädchen in dem gelben Kleidchen angelaufen, blieb lachend vor ihrer Mutter stehen und lugte neugierig in den Korb.
„Habt ihr viel gesammelt, Mama? Diese Rosen sind so wunderschön! Ich freue mich schon darauf, auch einmal eine Rose pflücken zu dürfen!“, meinte das kleine Mädchen begeistert und ihre Mutter lächelte sie glücklich an.
„Hab noch etwas Geduld, meine Kleine, es wird nicht mehr lange dauern! In ein paar Jahren darfst du mir dann bei der Arbeit helfen! Aber nun sag rasch deinen Freunden Bescheid, wir gehen wieder nach Hause, nicht, dass wir hier jemanden vergessen und zurücklassen!“, entgegnete die junge Frau und strich ihrer Tochter zärtlich übers Haar.
Das kleine Mädchen nickte eifrig und lief wieder zum Waldrand, wo sie nach ein paar Freunden rief, die sich, wie es die Regeln des neuen Lieblingsspiels der Dorfkinder vorschrieben, im Wald versteckt hatten, um sich von einem der anderen Kinder suchen zu lassen. Kurze Zeit später wanderten die Frauen im Licht der untergehenden Sonne den Feldweg entlang wieder Richtung Dorf, die Kinder bildeten die meiste Zeit das Schlusslicht, wo sie miteinander lachten und sich gegenseitig die kühnsten Abenteuer erzählten, die sie sich mit ihren unschuldigen Gemütern ausdachten. Begleitet wurden sie vom Zirpen der Grillen, das den Anbruch der Nacht ankündigte. Die junge Frau stimmte in die fröhlichen Gesänge der übrigen Dorffrauen ein, in Gedanken war sie bereits wieder zu Hause, wo sie am Herd stand und für ihre Tochter und ihren lieben Ehemann, der ebenfalls bald wieder von der Arbeit kommen würde, ein schmackhaftes Abendbrot zubereitete. Gerade als sie das Tor der Dorfgrenze durchschreiten wollte, hörte sie ihre Tochter nach ihr rufen und blieb sofort stehen.
„Mama, Mama!“, rief das kleine Mädchen mit den braunen Zöpfen, ihre Mutter konnte Sophie ganz am Ende der Menschenschlange entdecken, wo das Mädchen stehen geblieben war, während die anderen Kinder sich bereits verabschiedet hatten und mit ihren Müttern, Großmüttern und Geschwistern wieder in ihren Häusern verschwanden.
„Was ist denn los, Sophie! Wo bleibst du denn! Lass uns nach Hause gehen!“, meinte die junge Frau, die angelaufen kam, als sie bei ihrer Tochter wieder stehen blieb.
„Hörst du das?“, fragte das kleine Mädchen geistesabwesend und deutete mit einer Hand zum Wegrand, auf den steinernen Brunnen, der aus der grünen Wiese ragte, „Da weint doch jemand...“
Die junge Frau blickte ihre nervös wirkende Tochter verwundert an, dann wanderte ihr Blick zu dem Brunnen und sie lauschte angestrengt. Doch so sehr sie sich auch bemühte, sie konnte nichts hören, das auch nur im Entferntesten wie ein Weinen klang. Etwas verwirrt widmete sie sich wieder ihrer Tochter und schüttelte leicht den Kopf.
„Was redest du denn da? Ich kann nichts hören!“
„Aber...“
„ Vielleicht hast du nur eine streunende Katze oder einen Vogel drüben aus dem Wald gehört, Liebling! Lass uns gehen, du bist sicher müde und hungrig! Ich koche uns etwas Leckeres!“, mit diesen Worten nahm die junge Frau das kleine Mädchen an der Hand und nahm sie wieder mit, den Weg entlang, durch den Torbogen des Dorfes, über den kleinen Dorfplatz zu ihrer kleinen Hütte, die sie mit ihrem Mann und ihrem Kind bewohnte. Das kleine Mädchen warf noch einen letzten flüchtigen Blick über ihre Schulter zurück zum Brunnen.
„Geh nie zu nahe an den Brunnen, hörst du? Das ist gefährlich, ich will nicht, dass du hineinfällst!“, mahnte die junge Frau ihre Tochter noch, das kleine Mädchen nickte.
Das war das erste Mal, dass Sophie die Stimme aus dem Brunnen gehört hatte und auch weiterhin hörte sie sie immer und immer wieder wenn sie an dem Brunnen vorbeikam. Sie war fest davon überzeugt, ein Kind aus dem Brunnen weinen zu hören, genauer ein kleines Mädchen, doch niemand aus dem Dorf wollte ihr glauben, alle wollten ihr weis machen, dass sie sich das nur einbildete, böse Zungen behaupteten sogar, das kleine Mädchen hätte sich die ganze Geschichte nur ausgedacht um Aufmerksamkeit zu erregen. Doch Sophie log nicht, sie wusste, was sie hörte und wollte der Sache früher oder später auf den Grund gehen.
Eines Tages, als die anderen Dorfkinder Sophie wieder einmal ausgelacht hatten, weil sie anscheinend immer noch diese Stimme aus dem Brunnen hörte, verkroch sich das kleine Mädchen abends nach dem Essen in ihrem Bett und spielte noch etwas mit ihrer Stoffpuppe. Ihre Eltern hatten sie ins Bett gebracht, bevor sie auf einen Besuch zu ihren Nachbarn aufgebrochen waren und so konnte Sophie ungestört spielen. Nach einer Weile krabbelte sie unter ihrer Bettdecke hervor und machte das Licht an, irgendwie war es doch nicht das Wahre, im Dunkeln zu spielen.
„Wollen wir nicht mal nachsehen, ob wir etwas schönen Schmuck für dich finden, Becky?“, meinte das kleine Mädchen zu ihrer Puppe und antwortete mit verstellter Stimme: „Doch, das wäre sehr schön!“
Dann kletterte sie aus dem Bett und verließ das kleine Zimmer, in dem sie schlief, tapste durch die kleine Hütte in das Zimmer ihrer Eltern, wo sie anfing, in Mutters Kommode herumzuwühlen. Neben ein paar hübschen Goldketten und der Perlenkette ihrer Großmutter fand Sophie auch noch eine dünne silberne Kette mit einem meerblauen, tropfenförmigen Anhänger, die sie noch nie an ihrer Mutter gesehen hatte. Bei genauerem Hinsehen sah es so aus, als würde der blaue Stein leuchten, nur ein kleines Bisschen, doch er leuchtete, Sophie griff danach und hielt die Kette in ihrer Hand.
„Was ist das?“, fragte sie nachdenklich und betrachtete die Kette genauer. Sie konnte nichts ungewöhnliches entdecken, keine Inschrift oder Ähnliches, nur den leuchtenden, tropfenförmigen Stein an der silbernen Kette, der sie an eine Träne erinnerte. Inzwischen hatte Sophie ihre Puppe zur Seite gelegt und öffnete den kleinen Verschluss der silbernen Kette. Vorsichtig legte sie sich die Kette um den Hals und betrachtete sich im trüben Licht einer Kerze im Spiegel ihrer Mutter. Das Leuchten des Steins war wieder verschwunden, vielleicht hatte sie sich das ja auch nur eingebildet oder es war eine Lichttäuschung gewesen.
„Mutter hat bestimmt nichts dagegen, wenn ich mir die Kette ausleihe, oder was meinst du?“, fragte das kleine Mädchen zu ihrer Puppe gewandt, nahm Becky auf den Arm und ging wieder in ihr Zimmer zurück, „Ich glaube, ich habe in meiner Geheimkiste noch ein kleines Silberkettchen, das ich dir geben kann, Becky...“
Am nächsten Tag bemerkte Sophies Mutter am Frühstückstisch die Kette, die ihre Tochter trug und sah sie verwundert an.
„Wo hast du denn diese Kette her, Sophie... warst du wieder an meinem Frisiertisch?“, fragte die Mutter und reichte ihrem Mann eine mit Butter bestrichene Scheibe Brot. Das kleine Mädchen nickte eifrig.
„Ja, tut mir leid, dass ich dich nicht gefragt habe, aber ich habe etwas für Becky gesucht und da habe ich die Kette gefunden. Du trägst sie doch nie, darf ich sie haben?“, fragte das Mädchen und sah ihre Mutter mit bittenden Augen an. Die junge Frau lächelte sanft und nickte anschließend.
„Natürlich, meine Kleine, aber pass ja gut darauf auf, ja? Diese Kette gehörte meiner Schwester, als sie noch ein kleines Mädchen war...“, plötzlich war das Lächeln aus ihrem Gesicht verschwunden und ein trauriger Blick an dessen Stelle getreten.
„Du hast eine Schwester? Das wusste ich ja gar nicht? Wo lebt sie denn?“, fragte das Mädchen neugierig, ihre Mutter sah sie traurig an.
„Als ich klein war, besaßen meine Schwester und ich beide eine solche Kette...“, meinte die junge Frau und griff zaghaft nach dem blauen Anhänger, „Ihre war diese hier, mit dem blauen Stein, ich hatte eine Kette mit violettem Stein. An einem Tag tauschten wir die Ketten, einfach nur zum Spaß. Als wir dann mit den anderen Kindern im Wald Verstecken spielten, verschwand sie plötzlich spurlos...“, meinte die junge Frau, ihre Tochter und ihr Mann sahen sie mitleidvoll an.
„Ist sie denn nicht wieder aufgetaucht?“, fragte Sophie aufgeregt. Ihre Mutter schüttelte den Kopf und schloss die Augen.
„Nein... nie wieder...“, meinte sie traurig, wischte sich eine einzelne Träne aus den Augen, „Leider ist sie nie wieder aufgetaucht, obwohl das ganze Dorf nach ihr suchte haben wir sie nicht wieder gefunden... „
Sophie schniefte leise: „Das ist traurig...“
„Aber Sophie! Deswegen musst du doch nicht weinen!“, lächelte ihre Mutter und strich ihr durchs dunkelbraune Haar, „Ich habe mit diesem blauen Stein ein schönes Andenken an sie. Immer wenn ich sie vermisse nehme ich den Stein in meine Hand und bete für sie. Pass mir ja gut auf die Kette auf, ja?“ Sophie nickte.
„So und jetzt lass uns gehen, ich muss wieder zur Arbeit!“, meinte die junge Frau schließlich, als sie den Tisch abräumte und sich von ihrem Mann verabschiedete. Sie band sich ihre Arbeitsschürze um und hob den Weidenkorb mit dem Messer auf, den sie neben der Türe stehen gelassen hatte. Sophie gab ihrem Vater noch einen Abschiedskuss, folgte ihrer Mutter und zusammen verließen sie das Haus um sich mit den anderen wieder auf den Weg zum Feld zu machen.