'Phantastische Erzählungen' - Kapitel "Der Untergang des Hauses Usher"

  • Vor einiger Zeit habe ich diese Geschichte auf CD gehört und jetzt beim lesen hatte ich die gruseligen Hintergrundgeräusche und die bekannten (Synchron-)Stimmen im Ohr. Ich glaube sie haben den Lesegenuß noch etwas gesteigert.


    Wäre ich zu Hause auf der Couch gewesen hätte ich mich wahrscheinlich sehr gegruselt, hier in der Bücherei (mit Unterbrechungen) war's nicht ganz so schlimm.


    Die Sprache war am Anfang etwas gewöhnungsbedüftig, ansonsten hat die Erzählung mir sehr gut gefallen.


    Obwohl ich wußte, wie es Endet war ich wieder total gefesselt und konnte kaum abwarten, was noch alles passiert, natürlich war die Hörbuchfassung etwas gekürzt und weniger gruselig (glaube ich jedenfalls) dennoch ist sie zu empfehlen.


    Lieben Gruß


    Beatrice

  • Ich bin noch in der Rue Morgue, habe den Rest aber schon gelesen und mich noch nicht an die Sprache gewöhnt.
    So richtig gruselig fand ich die Geschihcte jetzt nicht, aber es war auch ein wenig sonnig vorhin ;-)

  • Zitat

    Original von buttercup
    So richtig gruselig fand ich die Geschihcte jetzt nicht, aber es war auch ein wenig sonnig vorhin ;-)


    Vielleicht muß man die Geschichte (die Stimmen, die Hintergrundmusik, die einzelnen Geräusche) gehört haben. Das hatte ich jedenfalls beim lesen die ganze Zeit im Kopf.

    Lieben Gruß


    Beatrice

  • Ich finde, er beschreibt dieses Haus wie eine Krankheit, fast wie eine Wunde, aus der Eiter austritt oder so. Ich glaube, er ist bei der Wortwahl sehr penibel vorgegangen, um möglichst Worte zu finden, die ganz bestimmte Irritationen und Gefühle von Unwohlsein beim Leser auslösen. Die Beklemmung beginnt schon vor dem Betreten des Hauses und steigert sich dann im Inneren stetig.

  • Zitat

    Original von ueberbuecher
    Die Beklemmung beginnt schon vor dem Betreten des Hauses und steigert sich dann im Inneren stetig.


    Für mich begann die Beklemmung bereits, von der Außenansicht. Als der Bilck in den See beschrieben wird, ungefähr wie der letzte Bezug zur "normalen" Welt.


    Lieben Gruß


    Beatrice

  • Vielleicht ist es sinnvoll, den Text in Abschnitte zu unterteilen. Ich würde dann die Ankunft (I.), die Geschehnisse im Haus (II.), die Aufbahrung der Lady Madeline (III.) und schließlich die Ereignisse danach (IV.) unterscheiden wollen. Die „äußere“ Handlung ist rasch erzählt: der Erzähler hat einen Brief seines erkrankten Jugendfreundes erhalten. Er entspricht dessen Bitte nach einem Besuch im Hause Ascher. Dort angekommen wird der Erzähler Zeuge merkwürdiger Vorgänge, insbesondere ist er dem Freund, der offenbar dem Tode näher als dem Leben steht, dabei behilflich, dessen gerade verstorbene Schwester in einer Gruft des Hauses aufzubahren. Einige Zeit später, in einer stürmischen Nacht, betritt die Verstorbene als geisterhafte Erscheinung das Zimmer der Freunde; Roderick Ascher, der soeben gestanden hatte, die Schwester lebendig in den Sarg gelegt zu haben, überlebt diese Begegnung nicht. Nachdem der Erzähler das Haus fluchtartig verlassen hat, wird dieses von den Naturgewalten zerstört.


    Ein wichtiges Thema scheint mir der Einfluss der Natur auf die Gemüts- und Seelenzustände des Menschen zu sein. Während Roderick Ascher den geheimnisvollen Kräften seiner Umgebung schon vollständig erlegen ist, beginnt der Erzähler diese in Ansätzen zu spüren, kann ihnen aber glücklicherweise entkommen.


    Der Kern des Ganzen besteht für mich in der Frage, warum Roderick Ascher es, wie er sagt, nicht gewagt hat, dem Freund mitzuteilen, dass die geliebte und angeblich verstorbene Schwester noch am Leben ist. Daneben stellen sich aber weitere Fragen: welche Bedeutung hat der geheimnisvolle Dunstkreis „gänzlich unverwandt der Himmelsluft“, der das Haus umgibt? Welche Beziehung hat hier eigentlich zwischen Bruder und Schwester bestanden? Und: sind es tatsächlich lebende Menschen gewesen, denen der Erzähler hier begegnet ist?


    Man kann den Text m.E. auch als Beschreibung des Übergangs vom Leben zum Tod lesen – denn es ist in der Tat ein Totenreich, an dessen äußersten Rand sich der Erzähler begibt - es wird verkörpert durch den dunklen Teich, die Gruft unter der Erde und auch das von Roderick Ascher angefertigte Bild dieser Gruft. Der Grund für die „unterlassene Hilfeleistung“ des Bruders könnte dann darin liegen, dass er die geliebte Schwester von ihrem irdischen Dasein „erlösen“ wollte, ihr (umgekehrt) dabei „hilft“, in den Tod zu gehen, wohl wissend, dass dies auch sein eigenes (ersehntes?) Ende bedeuten würde.

  • Also hier habe ich mich schon deutlich mehr gegruselt als bei dem verräterischen Herz. Alleine schon der Anlass der Reise mit dem mysteriösen Brief ist unheimlich....


    Zitat

    Original von John Dowland
    Ein wichtiges Thema scheint mir der Einfluss der Natur auf die Gemüts- und Seelenzustände des Menschen zu sein.


    Dieses schaurige Wetter scheint ein typisches Stilmittel zu sein, um eine düstere Stimmung zu erzeugen. Zumindest kann ich mich nicht erinnern, dass eine Geschichte von Poe bei Sonnenschein spielt :grin


    Zitat

    Original von John Dowland
    Der Kern des Ganzen besteht für mich in der Frage, warum Roderick Ascher es, wie er sagt, nicht gewagt hat, dem Freund mitzuteilen, dass die geliebte und angeblich verstorbene Schwester noch am Leben ist. ... Welche Beziehung hat hier eigentlich zwischen Bruder und Schwester bestanden?


    Genau diese Fragen haben sich mir auch gestellt. Darüber hinaus, ob die Tatsache, dass es quasi keine Nebenlinien des Hauses Usher gibt, etwas bedeuten soll?


    Zitat

    Original von John Dowland
    Und: sind es tatsächlich lebende Menschen gewesen, denen der Erzähler hier begegnet ist?


    Interessante Frage!!


    Ach übrigens: Hat der gute Herr Poe sich gerne mal dem Opium hingegeben oder wie darf ich die Vergleiche am Anfang der Geschichte verstehen?... Laut wikipedia stimmt das sogar. :wow

  • Zitat

    Dieses schaurige Wetter scheint ein typisches Stilmittel zu sein, um eine düstere Stimmung zu erzeugen. Zumindest kann ich mich nicht erinnern, dass eine Geschichte von Poe bei Sonnenschein spielt Grinsen


    Da hast Du recht. Und wenn, dann wird sie, wie in der Rue Morgue, zugenagelt. Bei mir ist aber der Eindruck entstanden, dass es Poe um mehr geht. Mal ein paar Beispiele – der zweite Satz lautet: „I know not how it was – but, with the first glimpse of the building, a sense of insufferable gloom pervaded my spirit.” (Ich weiß nicht, wie es geschah – aber beim ersten flüchtigen Anblick des Baues beschlich ein Gefühl unleidlicher Düsternis meinen Geist). Später beschreibt der Erzähler eine von Aschers seltsamen Ideen wie folgt: „Besagte Ansicht spricht, in ihrer allgemeinen Fassung, von der Beseeltheit der gesamten Pflanzenwelt. In Aschers abwegiger Einbildungskraft aber hatte die Hypothese verwegeneren Charakter angenommen, insofern als sie, unter bestimmten Bedingungen, sogar in die Bereiche des Anorganischen übergriff.“ Gemeint ist wahrscheinlich der Herrensitz der Aschers. Und dieses Haus spielt in der Erzählung Poes ja eine herausragende und durchaus eigene Rolle. Ohne das Haus hätten wir es hier lediglich mit den Wahnvorstellungen eines skurrilen Geschwisterpaars zu tun, das vielleicht ein paar Probleme mit der Tagesstruktur hat. Das Haus fügt den Untergang der beiden aber in einen viel weiteren, gewissermaßen kosmischen Zusammenhang ein: alles in allem eine geisterhafte, weil unerklärliche, Verschränkung von Natur, Umgebung, Welt und individuellem, persönlichem Schicksal.


    Es tauchen aber auch andere „Verschränkungen“ auf, nämlich solche zwischen Ideen und persönlichem Schicksal: zunächst gibt Roderick die „Ballade vom Geisterschloss“ zum Besten (die wahrscheinlich mehr über den Inhalt der Erzählung verrät, das der Augenzeugenbericht des Erzählers). Und dann startet unser Erzähler den Versuch, Roderick ausgerechnet mit der Erzählung des „Tristoll“ zu besänftigen, was in der totalen Zerstörung des Anwesens mündet.


    Ich grüble nach wie vor, ob dem Erzähler eine gewisse Mitverantwortung am Schicksal der Lady Madeline zukommt. Und ob die Ärzte, von denen zweimal die Rede ist, einen gewissen Verdacht geschöpft haben. Schließlich: Was die Bemerkung über die fehlenden Seitenlinien, die milla zitiert hat, zu sagen hat.

  • Nachdem ich mit den anderen Erzählungen von E. Poe so meine Probleme hatte bzw. nur Langeweile aufkam, hat mir "Der Untergang des Hauses Usher" richtig gut gefallen. So gut, dass ich es gestern und heute noch einmal gelesen habe.


    Schon alleine die schaurig schöne Stimmung am Anfang, der Brief seines Freundes und die Beschreibung der Landschaft und des Hauses selbst fand ich sehr gelungen. Ich war sehr gespannt, was genau ihn dann bei seinem Besuch erwartet.


    Im Gegensatz zu den anderen Geschichten, war ich in dieser sofort mittendrin und hätte gerne noch ein paar Seiten mehr gelesen.


    Ansonsten fürchte ich, ist Poe nicht so mein Ding.

    Viele Grüße
    Shirat


    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere. (Groucho Marx)

  • Die Geschichte strahlt eine Dekadenz aus, die in dieser Zeit wohl üblich war. Der Stimmung dieser Geschichte verströmt diese aus allen Aussagen.
    Nun, ich bin kein Gelehrter, diese Stimmung hat sich in mir beim Lesen gebildet.

    Gruss Hoffis :taenzchen
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    :lesend Der fünfte Tag - Jake Woodhouse
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  • Eine schaurig-schöne Geschichte. Ich hab sie bei völliger Stille gelesen, draussen schön dunkel... Und als der Erzähler Roderick die Geschichte vorlas, klapperte mein Nachbar in der Küche mit nem Topf oder was ähnlichem. Da bin ich doch ein bisschen zusammengezuckt :grin
    Poe`s Sprache schaffte es mich in diese Geschichte zu ziehen und sie lebendig vor meinem inneren Auge erscheinen zu lassen. Anfangs fand ich sie etwas gewöhnungsbedürftig, jetzt finde ich sie wunderbar :anbet
    Frage mich warum ich vorher noch nie ein Buch von ihm in der Hand hatte :gruebel