OT: Birmane
Kurzbeschreibung:
Imposante, von der tropischen Vegetation zerfressene Kolonialfassaden, ein Luxushotel, die Marktstände des Scott Market, Offiziere mit Schirmmützen, Mönche in purpurfarbenen Gewändern und über allem die Shwedagon-Pagode mit ihrem riesigen goldüberzogenen Stupa: Vom ersten Augenblick an nimmt das exotische Flair von Rangun den Besucher gefangen. César aber ist hier, um endlich selbst einmal eine große Story zu erleben: Er jagt dem Warlord und Opiumhändler Khun Sa nach, der sich im Bergdorf seines Großvaters niedergelassen haben soll und sich als Vorkämpfer für die Unabhängigkeit der Shan-Minderheit geriert. Schon lange ist kein Journalist mehr zu Khun Sa vorgedrungen. César weiß, dass auch er es allein niemals schaffen kann, und so vertraut er sich Julie an, die schon seit Jahren hier lebt und die in ihm romantische Gefühle weckt. Doch die große Zeit des Warlords ist längst vorbei, und so bringt Julie ihn auf die Spur einer Rebellin und Schamanin, die jenseits des Dschungels in den Bergen lebt und die der Junta wirklich gefährlich werden könnte. César soll sie nicht nur im Westen bekannt machen, er soll ihr auch einen wertvollen Rubin überbringen.
Über den Autor:
Christophe Ono-dit-Biot, geboren 1975 in der Normandie (auf die auch der Name verweist), lebt in Le Havre und ist politischer Chefredakteur der Wochenzeitschrift "Le Point". Er schrieb einen Roman über die Mönche auf dem Berg Athos und einen Essayband über Birma.
Meine Rezension:
Birma, oder Myanmar, wie es jetzt heißt, war für mich bislang ein weißer Fleck auf der Landkarte - außer den Namen wusste ich nichts über dieses Land. Mit der Lektüre "Die Tigerfrau" hat sich das geändert: Es ist ein eindringliches Leseerlebnis, das die Faszination dieser unglaublich ursprünglichen und überbordenden Landschaft ebenso nachdrücklich schildert wie die brutale Willkür der Militärjunta und das Leiden der Menschen, die in größter Armut leben und mit Drogen und Prostitution versuchen zu überleben. Mit dem Journalisten César, stets im Schatten seines berühmten Kollegen, hat Ono-dit-Biot, eine interessante Hauptfigur geschaffen, einen typischen Westeuropäer, der inmitten des Konsums sich selbst verloren hat und versucht, aus seinem tristen Dasein - zuerst beruflich, dann privat - auszubrechen. Ihn nimmt die pulsierende Exotik Birmas ebenso gefangen wie den Leser, der zwischen Faszination und Entsetzen das Geschehen verfolgt. Ono-dit-Biots Stil ist kraftvoll und lebendig, jedes Detail stimmt. "Die Tigerfrau" einzuordnen fällt mir schwer, der Roman hat von allem etwas und trotzdem (oder gerade deshalb?) funktioniert er wunderbar. Ich schließe mich deshalb "Le Monde" an, die schreibt: "Es ist zugleich Abenteuer-, Bildungs-, Reise- und Liebesroman." Und zwar einer, den ich trotz kleiner Abzüge wegen dem abrupten Ende, bedenkenlos allen empfehlen kann, die auf spannende Weise mehr von diesem Birma oder Myanmar und der Armut seiner Menschen und dem Reichtum seiner Kultur und Natur erfahren möchten.
Meine Punktewertung liegt zwischen 7 und 8!