Eine Vorhaut klagt an - Shalom Auslander

  • Zum Inhalt (Amazon):


    Nach der kleinen Erzählsammlung Vorsicht, bissiger Gott ist Eine Vorhaut klagt an Shalom Auslanders große Abrechnung mit Gott.


    Es sind Erinnerungen, die sich lesen wie ein verbotener Schlüsselroman - furchtlos böse, schockierend witzig und unglaublich unterhaltsam.


    "Ich glaube an Gott. Das ist mein Problem."


    Shalom Auslanders Jugend ist geprägt von einem schrecklichen Respekt vor Gott. Aufgewachsen"wie ein Kalb"in einem vollkommen abgeschotteten jüdisch-orthodoxen Umfeld in New York, hatte er sich den göttlichen Gesetzen und Traditionen seines Vaters und der Rabbis unterzuordnen, seit er denken kann. Über allen und allem thronte dieser Gott, der ihn nicht verstand und der sein Leben zur Hölle auf Erden machte. Shalom Auslander erinnert sich, wie er jeden Tag dagegen ankämpfen musste, sich vor Gott zu rechtfertigen, und warum er bis heute Gottes Zorn fürchtet wie den Tod: In der Schule wurde ihm aufoktroyiert, was er essen durfte und was nicht - und in welcher Kombination. Dafür musste er eine siebzigseitige Liste mit Hunderten von verschiedenen Speisen auswendig lernen. Später wurde er beim Klauen von Jeans erwischt und dafür ins Exil nach Israel geschickt, wo er auf einer orthodoxen Schule durch intensives Studieren der Tora und des Talmud richtiges Benehmen erlernen sollte. Zurück im Sündenpfuhl Manhattan, kämpfte Shalom weiter mit Gott, brach immer wieder alle Regeln und geißelte sich selbst. Einmal legte er mit seiner Frau Orli über zwanzig Kilometer zu Fuß zurück, um die New York Rangers im Madison Square Garden spielen zu sehen - es war Schabbat und daher den beiden nicht gestattet, ein Taxi oder einen Bus zu besteigen. Die Rangers verloren. Um Gott zu bestrafen, aßen die beiden nach dem Spiel zwei fette Hot Dogs, mit viel Senf und extra unkoscher ...


    Zum Autor: Aufgewachsen in Monsey, New York. Hat für The New Yorker, Esquire und The New York Times geschrieben. Auslander lebt derzeit in New York.


    Mich hat eine kleine Rezi im SPIEGEL auf dieses Buch gebracht und ohne diesen Artikel hätte ich mir das Buch nie gekauft. Zu religiös, dann noch Biographie und dann noch der doofe Titel. Aber über den Titel sollte man hinweg sehen... Auslander erzählt von seiner Kindheit, seinem Erwachsenwerden (teilweise in Israel), seiner Ehe und der bevorstehenden Geburt seines Sohnes in einer zu bewundernden Offenheit und Frechheit, die mit Humor seine Zerrissenheit zeigt. Er schreibt flapsig (that is *so* God) und für einige Leser sicher auch beleidigend (Fuck You! schreibt auf auf einen Zettel, den er in die Klagemauer stopft)... aber seine Gewissensbisse und auch sein Handeln mit Gott sind einfach unterhaltsam beschrieben. Ein toller und detaillierter Einblick in jüdisch-amerikanische Familientradition und endlich mal jemand der Gott und Religion und Glaube humorvoll (und ja, auch respektlos) angeht. Volle Punktzahl von mir.


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  • Zitat

    Original von Babyjane
    Ich würde das Buch gerade wegen des Titels kaufen...
    Notiert sich das mal :write


    Das dachte ich auch eben... :grin Aber ich werde warten bis es mal das Taschenbuch gibt, in ein paar Jahren...

  • Zitat

    Original von uert


    Blöd ist der Titel ja schon irgendwie, aber wenn man das Buch gelesen hat, passt er auch irgendwie ;-)


    Wenn man den Inhalt nicht kennt, dann gebe ich zu hört sich das befremdlich an und man könnte glauben, daß es ein etwas detailierteres Buch über gewisse Vereinigungen im sexuellen Sinne geht, die mit irgendwelchen Katastrophen verbunden sind.


    Ohne das Buch gelesen zu haben nehme ich aber nach der Rezi an, daß es sich um die Tatsache handelt, daß sich eine Vorhaut beschwert, die wegen dem Glauben dran glauben musste - im wahrsten Sinne des Wortes. Stichwort Beschneidung.

  • Die Rezi hört sich sehr buchkaufverlockend an. Ich mag es, wenn man Dinge mit Humor angeht, auch die ernsten Tabuthemen....aber der Titel ist doch scheiße. So was kann ich nicht in mein Bücherregal stellen, da geht meine ganze Verwandtschaft ran und leiht sich regelmäßig Bücher..... was sollen die bloß denken. Da sind mir ja nicht mal meine Nachbeisserromane so peinlich :nono

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    "Es hat alles seine Stunde und ein jedes seine Zeit, denn wir gehören dem Jetzt und nicht der Ewigkeit."

  • Also ich hätte den Titel auch eher damit assoziiert, dass hier die Vorhaut als Beschneidungsopfer gemeint ist. :grin


    Peinlich wäre mir so ein Buch im Regal überhaupt nicht. Dafür wäre ich viel zu sehr auf die Gesichter der Stöberer vor meinem Bücherregal neugierig. überlegt, ob sie sich das Buch gerade deshalb zulegt :chen

  • Weil ich heute bei Lehmanns ewig warten musste, weil meine Freundin sich nicht ausmären konnte, hab ich rein zufällig dieses Buch in die Finger bekommen und mal rein gelesen.
    Die ersten 50 Seiten habe ich dann auch gleich weggeknauspert, bis sich meine Freundin beschwerte, wann ich nun denn endlich fertig sei. Zu Ende lesen war also nicht, deshalb musste ich es leider mit nach Hause nehmen.


    Nun versuche ich ganz tapfer, das Buch erstmal wegzuräumen und erstmal die zu beenden, die ich gerade am Laufen habe. Es fällt mir sehr schwer.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Nun versuche ich ganz tapfer, das Buch erstmal wegzuräumen und erstmal die zu beenden, die ich gerade am Laufen habe. Es fällt mir sehr schwer.


    Das ist doch mal ein gutes Zeichen, dass es sich wirklich lohnt, sich diesen Titel ins Regal zu stellen (und natürlich vorher zu lesen :grin).


    Eine Arbeitskollegin von mir hat sich auch dieses Buch bestellt und ich muss gestehen, ich bin ein wenig rot geworden, als ich den Titel las (ich wusste ja nicht, um was es geht...)... :grin :lache

  • Shalom hat ein Problem. Er glaubt an Gott. Und dieser Gott ist nicht gütig und barmherzig, dieser Gott ist ein "Dreckskerl", der den Menschen straft, quält und tötet. Besondersd bestraft er diejenigen, die sich an seine Regeln nicht halten, die da wären: nie mehr als 4 Schritte ohne eine Kopfbedeckung laufen, zwischen dem Verzehr von Milich- und Fleischspeisen sechs Stunden warten, am Shabbat kein Licht anmachen, nicht an nackte Frauen denken etc pp. Und da Shalom diese Regeln nicht einhält, lebt er in ständiger Angst um sein Leben und um das seiner Familie. Das wird besonders schlimm, als seine Frau schwanger wird. Und wieder bestraft Gott Shalom: Das Kind wird ein Junge und es stellt sich damit die Frage nach der Beschneidung, dem wichtigsten jüdischen Ritual.
    Shalom Auslander hat eine komische, vollkommen abgedrehte Abrechung mit dem orthodoxen Judentum geschrieben. In den USA in den beengten Verhältnissen einer orthodoxen jüdischen Gemeinde aufgewachsen, beginnt er mit acht Jahren zu rebellieren, indem er zum ersten Mal einen Hot Dog ist. Sein ganzes Leben wird zu einer Auseinandersetzungen mit Gott und den Zwängen, die ihm als Kind anerzogen wurde. Das ist lustig zu lesen, aber hinter der Komik verbirgt sich die Dramatik eines Zwangsneurotikers. Das Buch ist sicherlich nichts für empfindsame Gläubiger. Es geht ganz schön blasphemisch zu, Shalom beschimpft Gott unentwegt. Allen anderen kann ich es empfehlen, das orthodoxe Gegenstück zu Roths Portnoys Complaint (Portnoys Beschwerde).

  • boah... :rofl keine Ahnung, hab die Rezension jetzt nicht gelesen und auch nicht den Klappentext (lasse mich mal überraschen *gg*), aber allein schon der Titel, das muss ich unbedingt mal lesen! *auf wunschliste notier* ;-)

  • Zwischenmeldung: heute Abend war dieses Buch fällig, nach halbstündiger Meditation vorm SUB (in meinem Fall Schlafzimmer ungelesener Bücher) und es ist herrlich!
    Offensichtlich ist der Knall, den Auslander von seiner frommen Gemeinde mit auf den Lebensweg bekommen hat um einiges härter als der Schaden, den ich vom Pietkong davongetragen habe.
    ich freue mich schon, wie's weitergeht und habe besorgt festgestellt, dass das Buch doch ziemlich dünn ist...

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • "Ich glaube an Gott. Es ist ein echtes Problem für mich"
    Diese Sätze bringen Auslanders Dilemma auf den Punkt. Aufgewachsen ist er in einer lieblosen aber frommen jüdischen Familie. Der Vater, der von der Gemeinde weitestgehend ignoriert wird, lässt seinen Frust an seinen Kindern aus, die Mutter ist verbittert, da ihr Lebensstandard weit unter dem liegt, was sie ihrer Meinung nach verdient hat. Das Ganze Leben ist eingebettet in eine freudlose Religiosität, deren Botschaft aus Verboten, Drohungen und Zwängen besteht.
    Im Zentrum steht ein Gott, den Auslander nicht lieben kann, dessen Regeln er nicht befolgen will, dessen Handlungsweisen ihm nicht einleuchten, der genaugenommen ein brutales, ungerechtes und eifersüchtiges Arschloch ist. Und trotzdem fürchtet er täglich seine Rache. Auslanders Geschichte ist die der Überwindung dieser Angst, es geht nicht darum, zum Glauben zu finden, sondern mit ihm leben zu können.


    Auslander nimmt kein Blatt vor den Mund (oft fühlte ich mich an "Blasphemous Rumours" von Depeche Mode erinnert), er kann den Kerl nicht leiden, und so redet er auch mit ihm und rechnet gleichzeitg mit seiner Familie ab. Immerhin schafft er es schließlich, sich eine eigene, glückliche Familie aufzubauen, nicht mit Gott sondern trotz Gott.


    Das Ganze ist herrlich respektlos geschrieben, auch wenn mir ab und zu Auslanders Geschimpfe etwas auf die Nerven ging. Und leider ist das Buch gespickt mit Andeutungen auf Personen, Marken u.ä., die mir leider überhaupt nichts sagten, die ich also nicht verstanden habe. Hier wäre die eine oder andere Anmerkung des Übersetzers hilfreich gewesen.


    Ansonsten aber war diese Buch ganz großes Lesevergnügen und hat mich veranlasst, untenstehenden Bildband mal wieder rauszuzerren.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • :cry vor gar nicht allzu langer Zeit habe ich nur den Kopf schütteln können, wenn andere von ihrem dreistelligen SuB geschrieben haben - seit ich auf diesem Board bin rase ich in einen unermesslichen SuB nur so hinein.




    ERGEBEN, OBIGES BUCH IST NOTIERT!





    [SIZE=7]wenn das mit dem Examen im Dezember nix wird, dann weiß ich wem ich die Schuld zuschiebe [/SIZE] ;-)

  • Zitat

    Original von uert
    Ich hab die englische Ausgabe gelesen. Hat allerdings den gleichen blöden Titel. ;-)


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    ist es schwer auf englisch zu lesen?