Eine Vorhaut klagt an - Shalom Auslander

  • Ich weiss, nicht. Ich hab mich jetzt durch die ersten 50 Seiten gequält und das Buch nervt mich einfach nur. Der jammert und jammert und jammert über diese ganzen bescheuerten Regeln und seine Gottesangst, die man ihm mit der koscheren Muttermilch eingetrichtert hat und ich denk die ganze Zeit: "Stop worrying and get a life!"


    Geht das so weiter? :help


    Zum Glück nur geliehen.

  • Er jammert wirklich sehr viel und trotz, dass es manchmal etwas zu viel Jammern war, hat es mir gut gefallen. Ich habe sehr viel über die Gebräuche orthodoxer Juden erfahren und allein aus diesem Grund hatte sich das Buch schon gelohnt. Einige Male konnte ich mir das Lachen nicht verkneifen, wie z.B. als er alle Pornohefte etc. verbrannt hat.


  • "Ich glaube an Gott. Das ist für mich ein echtes Problem."


    Shalom Auslander berichtet von seiner Kindheit in einer lieblosen, aber frommen Familie in einem jüdisch-orthodoxen Viertel in New York, von seiner Ehe und der Geburt seines Sohnes und erzählt von seiner inneren Zerrissenheit bezüglich der Beschneidung.
    Als Kind musste er sich den vielen Regeln unterordnen, muss den Traditionen des Vaters und des Rabbis folgen. Für Shalom ist der Gott ein strafender Gott, der ihm das Leben schwer macht.Dauernd fürchtet Shalom, dass jemand bestraft wird, sollte er einen Fehler begehen.
    Ihm wird vorgeschrieben, was er zu essen hat - was ist koscher, was nicht?
    In der Pubertät beginnt er daher, diese Regeln zu brechen und geht dann eine Zeitlang nach Jerusalem, um auf den rechten Weg zurückzufinden.
    Noch als Erwachsener plagen ihn Gewissensbisse und die Zerrissenheit.
    Um mal ein Beispiel zu nennen:
    Um ein Spiel der Rangers live zu erleben, legt er mit seiner Frau Orli 20 Kilometer zu Fuß zurück - nur weil Samstag/Schabbat ist und es verboten ist, den Bus oder das Auto zu benutzen. Als die Rangers verlieren, isst er zur Strafe Gottes einen Hot Dog.
    Sein Schreibstil ist zum Teil recht derb - so benutzt er zum Beispiel das Wort "Fuck you".


    Auslander hat einen respektlosen, bitterbösen, aber auch unterhaltsamen Roman geschrieben, der einen auch im Nachhinein noch beschäftigen kann.
    Zudem erfährt man etwas über die jüdisch-orthodoxen Regeln.

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Zunächst einmal ist festzustellen, daß ich den Buchtitel richtig gut finde (der ließ es mich vor langer Zeit auch auf die WL setzen) und auch keine Skrupel habe, so etwas im Regal stehenzuhaben; im Kontext mit dem Inhalt ist das dann sowieso auch für die zartesten Gemüter halbwegs vertretbar.
    Der Inhalt selbst ist für mich nicht so eindeutig positiv zu bewerten: stellenweise ist die Situationskomik brillant (vor allem in den Kindheitspassagen), oftmals grinste ich vor mich hin, all der Komik liegt eigentlich auch viel Tragik zugrunde, viel Blasphemie - eine an sich gute, ansprechende Mischung. Leider wirkte das dünne Büchlein mit großzügigem Zeilenabstand auf mich aber auch stellenweise langatmig und schlichtweg sich selbst wiederholend, immer und immer wieder das Rebellieren gegen den Allmächtigen, gefolgt von Angst vor Bestrafung und deshalb Reue, das trägt einfach nicht auf die gesamte Distanz. Außerdem wird mir Shalom mitunter zu larmoyant, seine Diebeskarriere geht ja sowieso gar nicht und der Schreibstil ist auch ein wenig sehr flapsig.
    Dennoch habe ich es ganz gern gelesen; ich staunte immer wieder über das unfaßbar eng gestrickte Regelwerk der orthodoxen Juden und unterhielt mich größtenteils gut, auch wenn es einige Schwächen gab.
    7 Punkte