Hexen hexen
"The witches", Roald Dahl, 1983
Übersetzung: Sybil Gräfin Schönfeldt, 1986
Meine Rezension bezieht sich auf die Ausgabe
Rowohlt, ISBN: 978-3499205873 ohne Filmbilder
Von Roald Dahl habe ich bisher noch nichts gelesen, das heißt doch, irgendwann hab ich "Charlie und die Schokoladenfabrik" auf französisch gelesen, aber daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich kannte ihn nur durch den Film "Matilda" und beide Verfilmungen der Schokoladenfabrik und wollte schon lange etwas von ihm lesen - dieses Büchlein hab ich nun in der Ferienwohnung entdeckt
Die Geschichte handelt von einem Jungen, der nach dem Unfalltod seiner Eltern von seiner norwegischen Großmutter aufgezogen wird. Er erzählt die Geschichte aus der Ich-Perspektive und ich kann mich nicht daran erinnern, dass sein Name genannt wird.
Ach ja - und natürlich handelt sie von Hexen, Hexen, deren einziges Ziel darin besteht, diese unflätigen Bestien, die Kinder gerufen werden und die für sie nach Hundekötteln stinken, aus der Welt zu schaffen.
Zuerst lernt der Junge diese Wesen, die sich auf den ersten Blick nicht von normalen behandschuhten Frauen unterscheiden, nur in den Geschichten seiner Großmutter kennen, die es als Norwegerin aufgrund der dort hohen Hexenpopulation und Hexologin a.D. natürlich wissen muss.
Aber dann trifft auch er selbst ebenfalls auf Hexen, sogar auch auf die Großhexe - und er muss einen perfiden Plan, der gegen alle Kinder Englands gerichtet ist, verhindern.
Die Geschichte betont immer wieder, dass es Hexen gibt, dass sie nur nicht erkannt werden - deswegen findet sich das Buch auch in Amerika unter den häufiger gebannten Büchern...
Wenn ich das Buch gelesen hätte, als ich jünger war, dann hätte es mich tatsächlich zu einer leicht paranoiden Abneigung gegenüber behandschuhten Damen bringen können, das Buch geht so selbstverständlich mit fantastischen Elementen um, dass man ihre Unwirklichkeit anzweifeln kann.
Das Buch steckt voller guter Ideen, allein das Rezept für den Mutationstrank ist recht schön gemacht, oder aber auch die ganze Atmosphäre im Hotel, in dem der Junge auf die Hexen trifft. Es ist eines dieser Bücher, die selbstverständlich und stimmig scheinen, wenn auch die Handlung ein wenig kurz und mager ist.
Roald Dahls Schreibstil, soweit man das an der Übersetzung erkennen kann, ist altersgemäß auf die Zielgruppe zugeschnitten, recht flott und amüsant - wenn mir auch die Höhepunkte darin fehlten, vielleicht bin ich verwöhnt, ich habe parallel ein Buch meiner Lieblingskinderbuchautorin gelesen
Neben dem Witz des Buches wird aber auch auf ungewöhnliche Weise ein wenig Gesellschaftskritik geübt. "Gute" Vereine, die dann doch sehr eigennützig und hässlich agieren, Leute, die sich in der Öffentlichkeit eine hübsche Maske aufsetzen und reiche Familien, die sich für etwas besseres halten, werden nebenbei enttarnt oder karikiert.
Die Welt ist eben nicht nur schön, vermittelt das Buch der Hauptfigur und dem Leser. Damit muss man leben - aber man kann etwas ändern. Das Buch ist keineswegs düster, es gibt viele gute Erkenntnisse mit - auch, dass es völlig egal ist, wie man aussieht, ob Maus, ob Mensch, ob jung, ob alte Oma - das Innere zählt, das Äußere ist manchmal nur eine Maske.
So ganz können diese Inhalte aber nicht aufwiegen, dass ich mit der Umsetzung nicht vollständig zufrieden bin. Das Ende ist der Beginn des größten Abenteuers, ich finde es schade, dass dort abgebrochen wird.
Und der Junge, die Hauptfigur, ist zwar sympathisch, aber auch ein wenig beliebig, ich denke, die Geschichte hätte von etwas mehr charakterisierender Handlung profitiert, da die Beschreibung der Eigenarten Hexen sehr viel Platz einnimmt und so die Charaktere in den Hintergrund treten.
Das wird mich aber nicht davon abhalten, weitere Bücher von Dahl auszuprobieren
Fazit
Roald Dahl ist ein durchaus annehmbares Kinderbuch gelungen, ganz begeistert bin ich jedoch nicht.
7/10 Punkten
bartimaeus