Schreibwettbewerb September - Thema "Helden"

  • Vom 01. September bis zum 21. September könnt Ihr in diesem Thread Eure Beiträge zum "Schreibwettbewerb für registrierte Mitglieder" reinsetzen. Den Ablauf und die Regeln könnt Ihr hier noch einmal nachlesen: Bitte seid so gut und gebt Euren Beiträgen Titel, damit man sie später besser benennen kann.



    Bitte achtet darauf, nicht mehr als 500 Wörter zu verwenden. Es gibt keine Toleranz mehr. Ab 501 Wörtern nehmen wir die Beiträge aus dem Wettbewerb.


    Ihr dürft nicht mehr nachträglich editieren, egal ob es sich um Rechtschreibfehler oder um zu viele Wörter handelt.



    ==> Schreibt eure Beiträge in Word und nutzt die Rechtschreibhilfe. Im Programm Word findet Ihr unter „Extras“ die Möglichkeit „Wörter zählen“. Nutzt diese Möglichkeit, wir überprüfen so auch Eure Beiträge.


    ==> Wenn Ihr Euren Beitrag ins Forum setzt, könnt Ihr auf Vorschau gehen und so noch einmal einen Blick auf den Beitrag werfen, bevor Ihr den Beitrag endgültig abschickt.



    Das von ompa lompa vorgeschlagene Thema lautet: "Helden"



    Wir wünschen Euch dabei wieder viel Spaß und Erfolg!



    Diesen Thread bitten wir nur und ausschließlich zum Schreiben Eurer Beiträge zum Wettbewerb zu nutzen und die Beiträge hier NICHT zu kommentieren!

  • 42195 m bis zum Helden


    Gemütlich räkelt sich Thorsten auf seinem Sofa, als im Fernsehen der olympische Marathonlauf übertragen wird und meint: „Das wäre mal ein tolles Abenteuer, so einen Lauf mitzumachen“. Auch Karin schaut den Läufern fasziniert zu: „Du und laufen, du brauchst doch schon dein Auto für die 200 m zum Bäcker, das würdest Du nie schaffen, jede Wette, nie“ „Die Wette gilt, spätestens in 1 Jahr habe ich den ersten Marathon absolviert.“ Als er dann abends ins Bett geht, denkt er kurz nach, welchen Blödsinn er vorhin geredet hat, aber ein Mann – ein Wort oder so, auf jeden Fall wird er Marathon laufen.
    Schon zwei Tage später ist er zum ersten Mal bei Lauftreff dabei und kann nach den knapp 5 km am nächsten Tag wegen des Muskelkaters kaum mehr gehen. Doch er gibt nicht auf, an Sylvester läuft er zum ersten Mal ein Rennen über 10 km, und an Ostern einen Halbmarathon.
    Jetzt sucht er noch die geeignete Strecke und entscheidet sich für Karlsruhe mit einigen hundert Startern.
    Kurz vor dem Start ein Platzregen, dann kommt die Sonne auf, erwärmt den Asphalt und lässt den Regen verdampfen. Locker geht Thorsten den Lauf an, er fühlt sich gut in Schuss und schließt sich einer Gruppe an, die den Marathon in 4 Stunden beenden wollen. Der Zeitläufer schaut immer auf die Uhr und kontrolliert an den Kilometertafeln die Durchgangszeit. Als er eine Tafel übersieht, wird er nervös und forciert das Tempo, Thorsten hat das Schild gesehen und geht die Tempoverschärfung deshalb nicht mit, denn die anderen werden das Tempo bald wieder verringern. Als er um eine Ecke biegt, ist die Gruppe dann schon 20 m weg und seine Laufnachbarin macht die beruhigende Bemerkung „Nochmal die gleiche Strecke und wir haben es geschafft“ Thorsten stutzt „Moment mal habe ich das richtig gecheckt, jetzt laufe ich schon länger, als ich je in meinem Leben gelaufen bin und hab doch erst die Hälfte geschafft“ Sofort nimmt er seine Geschwindigkeit zurück, auf einer kilometerlangen Geraden fallen immer mehr seiner Mitläufer ins Gehen zurück. Thorsten kann sich diesem Sog auch nicht entziehen und ärgert sich über sich selbst. Immer wieder versucht er ins Laufen zurück zu kommen, und endlich bekommt er die 2. Luft und es geht wieder.
    Die Schuhe drücken, die Beine werden schwer, das Hemdchen reibt, bestimmt hat er schon mehr als eine Blase. Noch 2 km bis zum Ziel. Durchhalten, nur noch Durchhalten, jetzt noch ins Stadion einlaufen, noch eine Runde auf der Tartanbahn, noch 10 m, geschafft in 4 h 17 min, 2 min hinter seinem errechneten Zeitplan zurück. Müde geht er zu Karin, die stolz auf ihn ist, doch Thorsten ärgert sich: Ich wollte doch eigentlich durchlaufen, ich habe es nicht geschafft.

  • Kleine Helden




    Was sind schon Helden?
    Machmal stehen uns Helden direkt gegenüber und wir erkennen sie nicht.
    Traurig!
    Die meisten denken, Helden müssen immer einem bestimmten Ideal entsprechen.
    Leider wahr!
    Hat nicht vielleicht jeder seinen eigenen kleinen Helden?
    Wer weiß...


    Benny war einer meiner besten Freunde, bis er seine Freundin kennenlernte. Von da an vergaß er immer öfter mich anzurufen, vielleicht ja sogar manchmal, dass es mich gab. Aber ich wusste ja, dass es nun mal so kommen konnte, dass irgendwann unweigerlich eine Partnerin an meine Stelle -die der besten Freundin- treten würde. So trennten sich unsere Wege. Er lief mit ihr in die eine, ich in die andere Richtung; allein.
    Es dauerte jedoch nicht lange, da war auch ich nicht mehr allein. Allein! Dieses Wort! Eigentlich war ich ja nie allein, aber lassen wir das.
    Da stand er also eines Tages vor mir: Dennis: groß, dunkelblond, blaue Augen (dass sie wunderschön waren muss ich ja wohl nicht erwähnen) und ein Lächeln das mich umwarf. Kurzum: einfach ein Traum von einem Mann. -Mein Held!?! Zumindest dachte ich das.
    Wenig später sah ich mich dann jedoch vor den Scherben meiner vorher so wohlbehüteten Träume und dachte, es ginge nichts mehr! Weinend lag ich auf meinem Bett, verfluchte Gott und die Welt dazu (insebesondere die darauf lebenden männlichen Wesen). Es konnte nicht mehr besser werden. Nie! Wer hatte noch dieses dämliche Sprichwort: „Wenn sich irgendwo eine Türe schließt öffnet sich irgendwo ein Fenster.“, erfunden? Ein Lügner!- Sicherlich ein Mann. Ja, wo war denn bitteschön mein Fenster? Ich saß innerlich noch immer in meinem finsteren, fensterlosen Raum.
    Da klingelte das Telefon. Es klingt wohl wie in einem schlechten Roman, aber es klingelte. Ein Lichtschimmer?! Nein, bestimmt nur Oma Lotte die mir wieder vom Friedhof, Opas Grab und Tante Emmi erzählen wollte- das brauchte ich jetzt! Ich ging einfach nicht ran.
    Das Telefon hörte auf zu schellen.
    Wenige Minuten später klingelte es erneut. Diesmal war es das interne Klingeln unserer Telefonanlage. Meine Mutter meldete sich auf der anderen Leitung: „Benny ist dran, soll ich durchstellen?“- Benny!?! Mein Benny?!


    Benny hat mich an diesem Abend einfach nur angerufen, weil er mich nach langer Zeit wiedersehen und mit mir quatschen wollte. Wir sind ins Kino gegangen, haben gelacht und sehr viel Spaß gehabt. An diesem Abend hat Benny mir aber viel mehr gegeben als nur einen netten Abend unter Freunden. Er hat mir bewiesen, dass es stimmt: „Wenn sich vor dir eine Türe verschließt, öffnet sich irgendwo ein Fenster.“ Und wenn du es selbst nicht mehr öffnen kannst, dann hilft dir jemand dabei es zu öffnen. In ganz schlimmen Fällen schlägt dieser jemand auch mal die Fensterscheibe ein, um dir etwas Licht in deinen dunklen Raum zu bringen.
    Und wer ist dieser jemand?
    Ein Held!
    Nicht immer müssen Helden Ritterrüstungen tragen, gut aussehen und irgendwelche Jungfrauen mit strahlendem Lächeln bezirzen. Manchmal sind es die Menschen von nebenan, die kleinen Dinge, die sie unbewusst tun, die sie zu dem machen was sie für uns sind: Kleine (Großstadt) Helden.




    Für meinen lieben Freund Benny!

  • Ist die Vorstellung einer Ebene für ein Gebirge ein Albtraum? ICH wusste es nicht. ICH kicherte, denn letztendlich war es egal. ICH war kein Gebirge, ICH nutzte es gezwungenermaßen.


    Ein Gebirge besteht aus Höhen und Tiefen, schattenwerfend. Eine Ebene wirft keinen Schatten.
    ICH keuchte nicht, obwohl es steil bergauf ging. Jahrelange Routine hatte die Geistesmuskeln gekräftigt, die gleichmäßig die Gliedmaßen voran trieben. Nach oben, nach oben. Dort konnte ICH das Licht sehen, das, Meter um Meter nach oben strebend, allmählich heller wurde. In den Gebirgsfalten, Täler genannt, verschluckten die Hänge das Helle. Am Grund herrschte das Zwielicht. In den Höhlen, in denen ICH schon oft gefallen war, sogar das Dunkel. Trotz des ewigen Entkommens aus dem Dunkel war das Gebirge Seinsumfassend, es erlaubte kein Entkommen, kein Entrinnen aus ihm.


    ICH musste weitergehen, weiterklettern, weiterfallen. ICH hätte Sisyphus sein können. Doch ICH kannte diese Mythen nicht. Außerdem entsprach dieser Gedanke nicht der Wahrheit. ICH war der Gegenstand, den das Gebirge beförderte, aber ICH kehrte nicht zum Ausgangspunkt zurück und das Gebirge verbrauchte keine Energie, ICH war in ständiger Bewegung, immer vorwärts, immer wieder rauf, immer wieder runter, immer wieder kurz verharrend, pausierenden Gedanken erlaubend, die Rast zwar als erholsam zu genießen, doch nur vorwärts-, aufwärts-, abwärtsgerichtet.


    ICH kannte das Leben und wusste doch nichts davon. Denn kein ICH konnte am gleichen Platz verweilen, an dem schon ein ICH war. Du bist hier! Also bist Du hier allein. Wo schon ein ICH ist, kann kein Zweites existieren. Nebeneinander ja, hintereinander, übereinander, untereinander, alles war möglich. Aber nicht am gleichen Ort, gleichzeitig, ortgleich, das war unmöglich.


    ICH dachte an die vielen wegkreuzenden Ichs, Kreuzwege kreuzten an unendlich vielen Stationen. Die Anstrengungen des Vorwärtsstrebens hatten die Findung zum anderen Ich verhindert. Wer bist DU, dass DU mich behinderst? Bist DU das wert?


    Sind gemeinsame Wege überhaupt erstrebenswert? Ist ein ICH nicht sogar gezwungen, den Weg alleine zu gehen? Im Gebirge ist ein Nebeneinander oft unmöglich, nur Ebenen haben Platz genug für Masse, die nebeneinander, miteinander sein kann. Doch ICH wusste, dass eine Ebene hier nicht hingehörte, nicht sein konnte. Nicht zugelassen wurde.


    Selbsterkenntnis ist nicht der beste Weg zur Selbstbestimmung, es ist eine Standortbestimmung. ICH bin hier, also, hier bin ICH. Standortbestimmung ist Seinsbestimmung? Wer hat mein Sein bestimmt?


    ICH bestimmte, was er für sich war. Sein freier Wille bestimmte die Bewegung. Aufwärts, abwärts. Gott ist Energie, wie BP, wie DEA, wie ARAL: Das blaue Licht, das Energie verspricht. Von Gott betankt ist sakrosankt. ICH pfiff und kletterte weiter. Kannst Du pfeifen Johanna, gewiss kann ICH das. Woher kannte ICH diesen Satz.


    Vielleicht eine göttliche Eingebung? Das wäre dann aber die erste auf diesem heldenhaften Marsch.

    Schon der weise Adifuzius sagte: "Das Leben ist wie eine Losbude, wenn Du als Niete gezogen wurdest, kannst Du kein Hauptgewinn werden.":chen

  • Helden der Menschlichkeit


    Peter geht zum Friedhof. Es war nicht einfach. Auch wenn es schon 2 Jahre her war. Er hatte seinen Großvater geliebt. Und wie er ihn geliebt hatte. So viele Jahre konnte er vom Erfahrungsschatz des alten Mannes nähren. Doch der Tod hat mit niemanden erbarmen. Er kam schnell, anfangs schleichend, aber dann wie ein Blitz. Blutkrebs. Keine Chance auf Heilung.
    Peter schwelgt gerne in Erinnerungen. Besonders am Friedhof, um die noch immer vorhandene Trauer zu verdrängen. Er setze sich auf die Bank gegenüber des Grabes, und senkte gedankenverloren den Kopf.
    Er bemerkte kaum, dass ein alter Mann zum Grab seines Großvaters kam, sich mitten auf die Erde kniete, und sie küsste. Als Peter aufsah, konnte er seinen Augen nicht trauen. Zuerst dachte er, der Mann wäre senil. Doch dann gesellte sich der Alte zu Peter auf die Bank. „Was haben sie da gerade gemacht?“ fragte Peter schockiert. „Mich bedankt“ erwiderte der Mann. Sofort erkannte Peter am Akzent, dass der andere Mann Russe sein musste.
    „Warum?“ Der alte Mann musterte Peter. „Hans, du bist es!“ und umarmte Peter somit innig. Verblüfft konnte sich Peter nur mit Mühe aus der freundlich gemeinten Umklammerung befreien. „Nein. Du kannst es nicht sein. Hans ist tot, der liegt dort unter der Erde. Aber du musst verwandt mit Hans Steinlechner sein, stimmt?“ Peter nickte nur noch mehr verwundert. „Ja, ich bin sein Enkel. Aber warum, was soll das Ganze!“
    „Ach Junge, das ist eine lange Geschichte. Ich war ein Deutschprofessor an der Universität in Moskau. Und natürlich war ich auch im Krieg. Es war schrecklich, in Stalingrad war ich. Wir kesselten die Deutschen ein, es war Winter. Eines Tages kam ein Schneesturm. Ich verirrte mich, verlor meine Truppe aus den Augen. Nach stundenlanger Suche fiel ich erschöpft in den Schnee. Ich fror mich da einigen Stunden fast zu Tode. Doch dann kam mein Engel, dein Großvater. Ich frage mich noch heute, warum er mich nicht erschossen hat. Aber als er mich fand, hüllte er mich in Decken, gab mir etwas warmes zu trinken, ein Stück Brot, und ging. Ich überlebte.“ Peter konnte es nicht fassen. Sein Großvater erzählte ihm viel vom Krieg, aber diese Geschichte war ihm fremd. „Weißt du, der Krieg war sinnlos. Töten ist sinnlos. Aber eines habe ich vom Krieg gelernt: Einige haben trotz aller Wirren ihre Menschlichkeit bewahrt, und gezeigt.. Und ein großer Mensch rettete mir das Leben. Jetzt habe ich meine Schuldigkeit getan.“ Der alte Mann erhob sich, und ging seines Weges.
    Peter schluckte.

  • Nachhilfe


    Die Luft flirrte über einzelnen Teerflecken auf der Straße. „Wie kleine Seen“, dachte Robert. Hier auf dem Mäuerchen unter dem alten Kastanienbaum ließ es sich allerdings recht gut aushalten. Vielleicht durfte er ja nachher noch ins Schwimmbad? Und vielleicht hatte Corry ja ebenfalls Lust dazu?


    Wo sie nur solange blieb? „Schwatzt bestimmt noch mit ihren Freundinnen“, grinste er in sich hinein. „Mädchen!“ Grinsen musste er allerdings mehr über sich selbst, weil er vor ein paar Wochen fast das Gleiche zu seiner Mutter gesagt hatte, mit der gleichen Abfälligkeit in der Stimme – als sie ihn fragte, ob er Corry nicht ein wenig helfen könnte, bei den Hausaufgaben und beim Üben für Mathe- und Phy-sikklausuren. Corrys Mutter machte sich Sorgen, dass Corry die Klasse wiederholen müsste, weil sie trotz Fleiß so gar keinen rechten Zugang zu diesen beiden Fächern habe.


    Robert dagegen falle das doch so leicht. „Mädchen können das eben nicht“, hatte er abfällig gesagt, aber sich brummig gefügt und jeweils zweimal in der Woche versucht, Corry den Stoff dieser beiden, von ihm so geliebten Fächer, einzutrichtern. Na, ganz so dumm, wie er befürchtet hatte, stellte sie sich ja wirklich nicht an, aber es würde noch ein schweres Stück Arbeit werden. Das wussten beide. Die Matheklausur heute war jedenfalls eindeutig noch viel zu früh für Corry gekommen, obwohl sie schon viel aufgeholt hatte.


    Deswegen hatte er ja auch, als sie während der Klausur kurz auf der Toilette gewesen war, die beiden Arbeitsblätter vertauscht und ihren Namen auf sein Blatt geschrieben. An das starke Pochen seines Herzens im Hals erinnerte er sich ungern. Es war viel stärker gewesen als jetzt, wo er sie endlich auf sich zukommen sah und unangenehmer. Doch was hätte er sonst tun sollen? Ohne eine gute Klausur-note in der letzten Mathearbeit vor den von allen so herbeigesehnten Sommerferien würde Corry die Klasse nicht mehr schaffen können.


    Nun stand sie endlich vor ihm und sah ihn aus ihren dunklen Augen fragend an. „Meinst Du, es fällt auf?“
    „Glaub ich nicht“, nuschelte Robert und rutschte von der Mauer, „Du hast doch fast so eine Schrift wie ich.“
    Langsam schlenderten sie Seite an Seite auf ihrem Heimweg weiter. Ihre Hand stahl sich ganz kurz in seine Rechte: „Danke“, flüsterte Corry leise, zog die Hand aber gleich wieder weg. Es war ja auch wirklich heiß heute.
    „Schon gut“, brummte Robert, „kommst Du nachher mit ins Schwimmbad?“
    „Gern“, erwiderte Corry, „oder wir könnten auch mal Angeln gehen?“


    Abrupt blieb Robert stehen: „Kannst Du das denn?“ Corry unterdrückte sichtbar mühsam ein Schmunzeln: „Als Mädchen, wolltest Du wohl fragen. Sicher kann ich das. Sogar ganz gut, sagt mein Opa, der es mir beigebracht hat, und wenn es gegen Abend etwas abgekühlt ist, können wir ja noch ein bisschen Mathe oder Physik üben. Wenn Du willst, natürlich nur.“
    „Klar“, das kam jetzt schon deutlicher und lauter von Robert.


    Vielleicht waren ja wirklich nicht alle Mädchen gleich?





    Gruß
    Baumbart

  • Froschkönig


    „Heulsuse!“ brüllte Lehrer Schwaniger durch die Klasse. Und: „Siegfried, ab in die Ecke!“
    Die anderen Schüler kicherten. „Ruhe!“, donnerte Schwaniger. Sofort wurde es still.
    Siggi drückte sich hinter seinem Pult hervor, wischte sich mit dem Handrücken die Tränen von den Wangen und ging langsam in die hintere Ecke des Klassenzimmers. „Mädchen! Mädchen!“ wisperte Harry Blork gehässig, als Siggi an ihm vorbeiging. Siggi neigte den Kopf, schlurfte in die Ecke und starrte seine Schnürsenkel an.
    „Noch jemand, der zu feige ist?“ schrie der Biologielehrer, seine Stimme überschlug sich fast. Gleich im Anschluß quakte es; Harry Blork lachte laut. „Harald, in die andere Ecke!“ befahl Schwaniger. Siggi drehte vorsichtig den Kopf, der verhaßte Mitschüler stellte sich grinsend in die freie hintere Ecke. Wieder quakte es, aber jetzt lachte niemand mehr.
    „Ihr setzt den Schnitt hier an“, erklärte der Lehrer, immer noch ziemlich echauffiert. „Iiii!“ piepste eine Mädchenstimme von weiter hinten, Schwaniger ignorierte es. „Und dann von oben nach unten.“ Es quakte, Harry Blork kicherte leise. Dann klopfte jemand an die Tür des Klassenzimmers.
    „Was?“ grummelte der Biologielehrer.
    Ein Schüler trat ein, wie Siggi über die Schulter beobachtete.
    „Der Direktor möchte, daß sie zu ihm kommen“, sagte der Siebtklässler kleinlaut, die Hände vor dem Bauch gefaltet, Blick zum Boden.
    „Muß das sein?“
    „Er sagte, daß sie bitte sofort kommen möchten.“
    Schaniger schwieg einen Moment, sagte dann: „Neumann, du sorgst dafür, daß Ruhe ist.“ Er ging mit dem Siebtklässler. Wieder quakte es. Siggi drehte sich vorsichtig um.
    Zweiundzwanzig Mitschüler saßen hinter ihren Pulten, Skalpelle in den Händen, vor ihnen kleine Kunststoffschüsseln, in denen leicht anästhesierte Frösche zappelten. Es roch irgendwie chemisch.
    Siggi atmete tief ein, drehte sich um. Ein paar Mitschüler sahen ihn an. Ihren Gesichtern war Angst und Ekel abzulesen, nur Harry Blork grinste vergnüglich.
    Am Boden neben dem Lehrertisch stand ein großer Karton, in dem Schwaniger die Kunststoffschüsseln gebracht hatte. Siggi ging nach vorne, nahm den Karton, ging zu seinem Platz und legte den zappelnden Laubfrosch hinein. Zweiundzwanzig Gesichter beobachteten ihn, fragende Blicke. Siggi nickte. Dann ging er durch die Reihen, sammelte Frösche ein.
    „Habt keine Angst“, sagte er. „Niemand kann dafür bestraft werden, wenn er nicht töten möchte.“ Den Satz hatte er vom Vater gehört, er fand, daß er gut paßte.
    Er nahm die Kiste mit übereinander krabbelnden Fröschen und ging zum großen Fenster links von der Tafel. Siggi kletterte auf die Heizung, bekam das Fenster aber nicht auf. Der Griff saß zu fest.
    „Laß mich mal machen“, sagte jemand neben ihm. Harry Blork. Er lächelte, hielt sich am Steigrohr fest, schwang sich auf das Fensterbrett und wuchtete das große Fenster auf. „Gib her“, sagte er. Siggi reichte ihm die Schachtel. Zweiundzwanzig Frösche plumpsten aus dem Hochparterre. Die beiden Jungs standen nebeneinander und beobachteten, wie die etwas lethargischen Frösche ein paar kurze Sprünge machten, die Wangen aufblähten und quakten. Dann kam der Lehrer zurück.


    Sie mußten fünf Stunden nachsitzen, beide zusammen, aber Frösche zum Sezieren gab es keine mehr.

  • Der Held in meinem Leben


    Ich traf in meinem Leben auf manchen Helden.


    Der erste Held lief mir im Kindergarten übern weg. Er hieß Dominik, war groß und stark (ok er war dick) hatte rote Haare und Sommersproßen, noch mehr als ich. Ich habe ihn abgöttisch geliebt, weil er immer mit mir Mutter, Vater, Kind gespielt hat und ich nie kochen brauchte, obwohl ich die Mutti gespielt hab. Außerdem hat er jeden verhauen, der mich ärgerte und irgendwann hinter einer Hecke hat er mich mal auf die Stirn geküßt. Drei Wochen hab ich mich geweigert mein Gesicht zu waschen. Dann hat er Sabrina aus der grünen Gruppe geküßt und ich hab nie wieder mit ihm geredet.


    Der nächste Held erschien in der Grundschule. Tim. Er war schön, hatte schwarzes Haar und blaue Augen, außerdem war er schon 11 und ich erst 6. 2 Wochen auf einer Jugendfreizeit waren wir das Traumpaar und er schlich sich jede Nacht in unser Mädchen Zimmer ohne auch nur einmal erwischt zu werden. Als ich auf der Heimfahrt mein Mittagessen aus dem Bus kotzte hat er sich angeekelt weggedreht und ich sah ihn nie wieder.


    Wieder ein paar Jahre später tauchte am Horizont ein neuer Held auf, Jan! Er war nicht schön und auch nicht sehr gescheit, aber er war der coolste in unserer gymnasial Klasse. Er hatte ein Mofa, eine eigene Wohnung im Dachgeschoß seiner Eltern und außerdem immer Zigaretten, leichte Drogen und Bier. Wie wenig heldenhaft er war erkannte ich als ich mal wieder ihn mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus begleitete und der Notarzt mich fragte, ob ich mir für sowas nicht zu schade wäre.


    Dann erstrahlte ein neuer Held vor meinen Augen, Marc. Er fuhr ein schnelles Auto, hatte wunderbare Manieren, hielt mir die Türe auf, zahlte in Restaurants. Kleidete sich teuer und beschenkte mich mit Schmuck. Viel zu spät, erkannte ich die Risse in der Fassade des Helden, das Geld war von Mama und Papa gepumpt, Türen hielt er nicht nur mir, sondern immer öfter auch anderen auf und die guten Manieren ließ er, als mich das erste Mal schlug, auch fahren.


    Ich floh in die Arme eines neuen Helden. Ahmet. Groß war er und stark und schön, zu hören konnte er und liebevoll war er. Wir spazierten stundenlang durch Wälder, an Stränden und Seen. Bis er mir seine Wünsche aufzwang. Bis ich mich vor Angst vor ihm nicht mehr rührte.


    Ich habe seitdem keinen Helden mehr gesehen
    Bis gestern.
    Ich stand vorm Spiegel und winkte mir zu.

  • Die Helden sind alle tot


    Die Helden sind alle tot. Das hat man uns schon immer in der Schule erzählt. Meine Großeltern haben die Helden noch mit eigenen Augen gesehen. Sie haben sie auf Video aufgenommen. Die Videos haben sie uns auch im Unterricht gezeigt, dazu Zeitungsausschnitte und jede Menge wissenschaftliches Material. Sie wurden untersucht, doch man konnte nie herausfinden, was sie zu dem machte, was sie waren. In ihrem Blut waren keine artfremden Substanzen nachzuweisen, und auch ihr Genom wies keine Sequenzen auf, die eine Andersartigkeit verursacht hätten. Und doch waren sie einmal Realität.


    Sie wachten über die Geschicke der Menschen. Die Verbrechensrate war so niedrig, dass sie kaum messbar war. Es gab so viele dieser Helden, dass sich manchmal gleich ein paar davon in einer Stadt aufhielten um für Recht und Ordnung einzustehen. Sie hatten auffällige Outfits mit farbenfrohen Capes und Symbolen, und viele von ihnen zogen ihre Bahnen hoch droben am Himmel. Einige Wenige missbrauchten ihre Macht und korrumpierten die Ideale der wahren Helden. Solche Kräfte mehr oder weniger zum Bösen eingesetzt und losgelassen verursachten viel Leid und viele Tote. So wurden bei Kämpfen untereinander auch die Helden im Laufe der Zeit dezimiert, andere verschwanden einfach ohne eine Spur zu hinterlassen.


    Nun müssen die Menschen seit über einer Generation ohne Helden auskommen. Die Zeitungsausschnitte sind verblichen und die Videobänder fangen langsam an zu rauschen und ihre frühere Qualität zu verlieren. Was geblieben ist, sind ein paar Denkmäler und Gedenktafeln aus Stein, die beliebte Ziele für einen dieser langweiligen Schulausflüge darstellen. Die Verbrechensrate ist in den zweistelligen Prozentbereich angestiegen und die Hungersnöte und die Kriege, die auch all die Helden nicht verhindern konnten, sind nur weitere Schreckensmeldungen der täglichen Nachrichten.


    Ich kann mich genau an meinen zwölften Geburtstag erinnern. Am Abend zuvor stöberte ich auf der Suche nach ein paar Geschenken durch den Schlafzimmerschrank meiner Eltern. Unter einem Karton mit vielen Zeitungsausschnitten entdeckte ich eine grössere Schachtel. Aufgeregt machte ich mich daran möglichst ohne Spuren zu hinterlassen den Deckel anzuheben, und fand ein atemberaubendes Heldenkostüm in schwarz, rot und blau mit einem verschlungenem Symbol darauf. An einigen Stellen war es zerschlissen und wies kaputte Stellen auf - und es roch alt, richtig alt. Ich zitterte am ganzen Leib, als ich es behutsam wieder zurückpackte. Erst, als ich den Schrank wieder verschloss, bemerkte ich die Tränen in meinen Augen.


    An meinem fünfzehnten Geburtstag entdeckte ich, dass ich fliegen kann. Ich habe niemandem davon erzählt, schliesslich sind alle Helden tot.

  • Du warst für mich alles was wichtig schien, derjenige, der die Welt für mich strahlender, schöner und lebenswerter machte.
    Wenn du bei mir warst, schien die Sonne heller, der Tag war bunter und die Sterne am Nachthimmel glitzerten nur für uns.
    Am kältesten Wintertag wärmtest du mich, nur durch dein Lächeln, deine Anwesenheit und indem du meine Hand hieltest.
    Du warst mein erster Gedanke beim Aufwachen und mein letzter vor dem Einschlafen – jeden Tag.
    Du warst mein Halt, wenn ich traurig war und gabst mir Kraft und Stärke.
    Die glücklichsten Momente haben wir miteinander geteilt.
    Nie hast du mich im Stich gelassen, warst immer für mich da.
    Du öffnetest Türen zu Gefühlen, zu meiner Seele, zu meinem Herzen, die ich vorher fest verschlossen hielt und niemandem Einblick gewährte.
    Du gabst mir das Gefühl, jemand Besonderes zu sein, diejenige, die individuell zu dir passte : In jede Kuhle deines Körpers, in jede Windung deiner Gedanken – jede deiner Gesten und Worte auffangend.
    Wenn du nicht an meiner Seite warst, war mir, als fehlte ein Stück meiner Selbst – du warst der Sinn meines Lebens – mein Held !!!
    Ich war der Spiegel deiner Seele, das fehlende Puzzleteilchen deines Egos.


    Ich war ...
    ... und nun, OHNE DICH, habe ich vergessen, wer oder was ich wirklich bin !

  • Helden



    Samstag, 23. Januar 18...


    Endlich, endlich ! Verstärkung rückt aus Norden an!
    Schon seit Wochen saßen wir zusammengekauert in dieser Scheune, dicht an dicht, um nicht in Massen zu erfrieren. Dieser Winter ist so gnadenlos und feindlich wie die Bauern hier, wie dieses ganze gottverdammte Land. Sie sagten uns, dass der Sieg bereits feststeht – doch an die kleineren Dörfern mit ihren zähnen, ruppigen Bewohnern hatten sie wohl nicht gedacht.


    Da es gegen fünf Uhr Nachmittags bereits dunkel wurde, machten wir aus auf den Weg nach G…..
    Zweihundert Mann bahnten sich ihren Weg durch die Eiswüste, unsere Stiefel, Helme und Degen waren an unserer Haut festgefroren. So einen Winter habe ich noch nie erlebt. Ich zähle schon gar nicht mehr, wie viele unserer Kameraden wir am Wegesrand zurücklassen mussten, als die Kolonne sich wie eine Armeisensheer auf das kleine Dorf zugbewegte, in dem sich die feindliche Miliz zurückgezogen hatte.
    Höchst wahrscheinlich rechneten sie nicht mehr mit uns. Wie aus heiterem Himmel waren diese französischen Bastarde plötzlich aufgetaucht und hatten unser Bataillon angegriffen. Der oberste Befehlshaber überlebte den feigen Angriff nicht, sodass die Verantwortung auf mich, den Ranghöchsten, fiel.


    Obwohl meine überlebenden Kameraden in den vergangenen Tagen und Wochen nur wenig sprachen, sah ich immer wieder eine Flamme blinder Wut in ihren Augen aufleuchten.


    Ich ahne bereits, was in diesem Dorf geschehen wird.



    Sonntag, 24. Januar 18..


    Mission erfolgreich abgeschlossen.
    Wie vorausgesehen erwarteten uns die Bewohner nicht, sodass wir leichtes Spiel hatten. Was an diesem Sonntag mit meinen Männern geschah, kann ich nicht beschreiben. Diese Reaktionen kann ich nur damit rechtfertigen, dass sie nach den vielen trostlosen Winternächten etwas brauchten, an dem sie ihre Wut auslassen konnten. Anders ist dieses Benehmen nicht zu entschuldigen.
    Das Versteck der Miliz war leicht zu finden, da sich die meisten dieser Lümmel in der örtlichen Taverne herumtrieben und an Ort und Stelle von uns überrascht wurden. In Zehnergruppen wurden sie an der Außenwand gereiht und hingerichtet. Ich suche noch immer nach einer Erklärung dafür, was darauf folgte. Im offiziellen Bericht wird es heißen, dass keiner der Dorfbewohner die Nachricht unserer Ankunft nach Rouen bringen sollte. Dieses Risiko konnten wir nicht eingehen.
    Doch wird es genügen?



    Mittwoch, 13 März 18..


    Der Großteil der Armee hat uns erreicht. Endlich etwas Anständiges zu Essen, endlich wieder die bekannten Uniformen.
    „Gute Arbeit, Hauptmann K.“, meinte der anwesende General und schüttelte mir die Hand. Die 51 Überlebenden unseres Bataillons - inklusive meiner Person – erhielten eine Auszeichnung aus oberster Hand. Wir sind Helden, getreue Diener unseres Kaisers.


    Helden. Wir hatten keine andere Wahl, ich weiß es. Niemand verliert ein Wort darüber, was hier passiert ist.
    …Und trotzdem gehen mir die Worte dieses alten Tattergreises, an dessen Haus nur noch ein verkohlter Steinhaufen erinnert, nicht mehr aus dem Kopf. Selbst tot rauben mir die Franzosen noch immer den Schlaf!


    "Meurtriers, meurtrier!s!" – Mörder, Mörder!


    Wir sind Helden. Den Beweis dafür trage ich gut sichtbar auf der Brust. Und trotzdem wünschte ich, niemals einen Fuß in diese Gegend gesetzt zu haben.

  • Ein ganz spezieller Held


    Was sind eigentlich Helden? Sind es diese muskulösen, gut aussehenden Männer die schreiende Schönheiten aus den Klauen eines Bösen retten? Nein! Helden sind ganz normale Menschen die für einen da sind und ihm immer bei stehen und denen man etwas Wichtiges zu verdanken hat.
    Wie für mich John. Ich war damals 6 Jahre alt und bin mit meinen Eltern nach Deutschland gezogen. Ich konnte nur türkisch und verstand kein einziges Wort!
    Ich fühlte mich überhaupt nicht wohl und war jeden Tag alleine. Hatte keine Freunde und auch sonst nur die Familie, die sich aber nicht um mich kümmerte. Dann lernte ich John kennen. Er war ein netter, zurückhaltender Junge der mich einmal auf dem Schulhof ansprach und mich fragte warum ich denn nicht mit ihm und den Anderen spielen würde.
    Ich verstand nicht. Doch er machte mir es mit Zeichensprache verständlich und dann gingen wir zusammen zu den Anderen und spielten zusammen Fußball. Ich konnte Fußball nicht wirklich und ließ andauernd jemanden an mir vorbei laufen. Meine Mitspieler wurden schon sauer und warfen mir Wörter an den Kopf mit denen ich nichts anfangen konnte. Nur John setzte sich für mich ein und versuchte Verständnis bei den anderen zu erwecken. In der Klasse saß er nun auch neben mir und half mir alles, so gut wie möglich, zu verstehen. Wir verstanden uns immer besser und trafen uns auch Nachmittags immer öfters. Er setzte sich wirklich für mich ein. Wie am 3ten Oktober, Tag der Deutschen Einheit. Wir hatten Fußballtraining und die anderen Spieler sahen mich, wie immer, herablassend und erniedrigend an. Ich schaute zu Boden und bekam Angst. John stand neben mir und redete mit ihnen. Ich verstand zwar nichts aber ich wusste es musste etwas über mich sein. Sie argumentierten heftig und manchmal versuchten auch manche nach mir zu schlagen, doch John hielt sie heldenhaft davon ab.
    So ging es noch einige Wochen bis John sie zur Vernunft gebracht hatte, ich Deutsch richtig gelernt hatte und sie eingesehen hatten, dass ich ganz normal wie sie bin.
    Ich hatte John damals viel zu verdanken und bin ihm heute immer noch für alles dankbar.
    Wir sind immer noch gute Freunde und ich kann mit Stolz behaupten dass ich einen richtigen Helden als Freund hab.

  • Kleine Helden


    Es gibt viele Geschichten. Geschichten über Abenteuer, Geschichten über Liebe und Geschichten über Helden.
    Manche Helden tragen Ritterrüstungen, andere Uniformen mit schillernden Orden. Aber es gibt auch Helden, die tragen keine Orden, Uniformen oder Ritterrüstungen; denn nicht immer ist ein Held als ein solcher erkennbar.
    Da gibt es zum Beispiel die Geschichte von Bijam.
    Es ist noch gar nicht so lange her, Bijam selbst erinnert sich vielleicht gar nicht mehr daran, da geschah etwas sehr schreckliches in einem fernen Land. Das Land hieß und heißt noch heute Equador.
    Eines Tages, das konnte ja niemand ahnen, da rutschte das Haus von Bijam und seinen Eltern von dem Hang hinab auf dem es einst gebaut worden war. Schuld daran war ein gemeines Erdbeben, das alles zum wackeln brachte und machte, das hinterher nichts mehr an seinem Platz stand. Bijam und seine Eltern konnten sich noch rechtzeitig aus dem Haus retten. Alles was sie hatten, mussten sie zurückassen. Aber es rannten ja nicht nur Bijam und seine Familie aus dem Haus in die Stadt hinunter, sondern ganz viele andere Menschen dazu.
    Das war ganz schön verwirrend.
    So verwirrend, dass Bijams Vater einfach verloren ging.
    Bijam weinte sehr, auch seine Mutter war sehr besorgt.
    Zum Glück fanden beide in einem kleinen Notlager Hilfe von Menschen, deren Häuser nicht vom Erdbeben verwüstet worden waren.
    Bijam musste in Decken eingehüllt in einer alten Bananenkiste schlafen während seine Mutter immer nach Bijams Vater Ausschau hielt.
    Aber er kam nicht.
    Dafür kam eine alte Frau, die Bijams Mutter eigentlich gar nicht kannte.
    Sie hatte viele Falten in ihrem Gesicht und tatsächlich schneeweiße Haare.
    Sie blickte den kleinen Bijam an und dann seine Mutter.
    „Kommt mal mit.“, sagte sie einfach nur und lächelte geheimnisvoll, aber sehr freundlich.
    So gingen sie mit der alten Dame mit. Sie gab ihnen eine Unterkunft, ja ein wirklich gemütliches Bett in ihrem Haus. Als sie von Bijams verlorengegangenem Vater hörte machte sie sich selbst auf die Scuhe nach ihm.
    Und was meint ihr, hat sie ihn gefunden?
    - Ja, das hat sie!
    Und wie hieß diese alte Dame?
    Bijam erfuhr nie ihren Nmen, doch seine Mutter erzählt noch heute oft von ihr. „Wahre Helden“, sagt sie dann „die sind selten.“
    Manchmal sogar, da stehen sie direkt vor einem und man denkt gar nicht, we sie schon alles geholfen haben.
    Ob alt, ob jung, ein kleiner Held kann jeder sein, bestimmt auch du!

  • Tim kommt schlecht gelaunt von der Schule nach Hause. Er ist sauer auf seine Ethiklehrerin: Von ihr hat er eine Hausaufgabe aufbekommen, er soll eine Geschichte über Helden im Alltag schreiben. "Alltagshelden! Als ob es so was gäbe. Helden, das sind doch Superman oder Knight Rider, und jeder weiß doch, dass das nur Comics sind. Helden können fliegen, sie haben Superkräfte und müssen die Welt vor dem Untergang bewahren! Alles nur erfunden." Genau das schreibt er auch in die Hausaufgabe, aber noch den ganzen Abend muss er an die Frage denken. "Helden im Alltag. Pff. So eine dumme Lehrerin, glaubt noch, die Geschichten sind echt!"
    Auch beim Abendbrot kann Tim an nichts anderes denken. Er sitzt nur still und verschlossen beim Essen und überhört gekonnt die Gespräche der Eltern. "Jetzt reden sie bestimmt wieder darüber, wie anstrengend doch ihre Arbeit war! Können die sich nicht mal was anderes ausdenken?" Gelangweilt steht er auf, um in die Stube zu gehen und Pokemon anzuschauen. "Die haben auch was heldenhaftes. Und die sind auch nur erfunden."
    Derweil unterhalten sich die Eltern weiter. "Wie geht es den Leuten jetzt?", fragt der Vater. "Ach, es war schon schwer, aber sie sind übern Berg. Der Mann hat eine schlimme Rauchvergiftung und das Gesicht der Frau ist leicht entstellt, außerdem hat sie sich beim Sprung das Bein gebrochen. Aber sie überleben, das ist ja die Hauptsache." "Ja, da hast du recht. Ich habe wohl noch nie einen so schlimmen Brand in einem Mehrfamilienhaus gesehen. Ein Blitz hat eingeschlagen, die Wohnung ist komplett ausgebrannt. Wir konnten gerade noch verhindern, dass das Feuer auf andere Wohnungen übergreift, aber diese Wohnung ist vernichtet. Wir mussten 5 Stunden lang löschen, ehe alles vorbei war." "Ja, ich hab auch etwa so lange operiert. Zum Glück konnten wir sie retten!" "Ja. Wir hatten Glück."
    Am nächsten Tag muss Tim in der Schule seine Hausaufgabe vorlesen:"Helden gibt es nicht. Sie sind alle nur Erfindung, denn kein Mensch kann fliegen und hat Superkräfte. Helden existieren nur in Comics."

  • Lena steht traurig in einer Ecke des Schulhofes. Ganz langsam kullert eine Träne über ihre Wangen. Sie hat den Kopf gesenkt und versucht, möglichst nicht aufzufallen. Die Pause ist grade zur Hälfte um und sie zählt die Minuten, bis sie wieder in die Klasse darf und der Unterricht weitergeht. Nur weg von diesem Schulhof und den Jungs, die sie schon die ganze Zeit ärgern. Seit einer Woche hat sie ziemlich starken Haarausfall. Das kennt sie schon, innerhalb einer Woche werden ihre Haare so dünn, dass man die Kopfhaut durchschimmern sieht. Leider sehen es die anderen Kinder auch und für manche ist es ein willkommener Anlass, sie zu ärgern. Wie heute, als der doofe Lukas aus ihrer Parallelklasse sich im Schlepptau mit seinem Fanklub vor ihr aufgebaut hat und ihr zurief: „Na, du siehst ja blöd aus, mit deinen drei Flusen. Bist du unter´n Rasenmäher gekommen?“ Die anderen Jungs lachen nur blöde und applaudieren dem Großmaul. Lena kennt diese fiesen Sprüche. Sie hat ihre Haare schon öfter verloren, es ist so eine doofe Stoffwechselkrankheit, gegen die man nichts unternehmen kann. Nur gewöhnt hat sie sich an die Hänseleien bis heute nicht. Am liebsten würde sie überhaupt nicht mehr zur Schule gehen, bis ihre Haare wieder nachgewachsen sind.
    Nach einer Weile hebt sie vorsichtig den Kopf um zu sehen, ob die Jungs sich ein anderes Opfer ausgesucht haben. Sie stehen noch immer da, ein Stück abseits, stupsen sich gegenseitig an und lachen über sie. Da entdeckt sie Jan, einen Jungen aus ihrer Klasse. Er hat noch nie viel mit ihr gesprochen, aber mit den anderen eigentlich auch nicht. Er steht wie üblich abseits von den anderen und scheint die ganze Sache beobachtet zu haben. Langsam schlendert Jan auf die Gruppe mit den Jungs zu. „He“ ruft er „lasst Lena in Ruhe, sie hat euch nichts getan.“ „Was willst du denn hier? Wer redet hier von Kuchen, dass du Krümel dich meldest?“ spielt sich Lukas, der Anführer der Gruppe vor Jan auf. Die übrigen Jungs scharen sich um ihren Freund und warten gespannt darauf, wie Jan reagiert. Lukas ist ein kräftiger Junge und die meisten haben Angst vor ihm. Er hat schon öfter Jungs auf dem Schulhof verprügelt. Auch einige andere Kinder haben inzwischen gemerkt, dass sich hier was zusammenbraut. „Willst du eine Abreibung, oder trollst du dich freiwillig?“ Lukas baut sich vor Jan auf und ballt die Fäuste. Jan bleibt ganz ruhig und sieht ihn an. „Los, was ist? Hat´s dir die Sprache verschlagen? Ich glaub, du machst dir gleich in die Hosen.“ Die Jungs um Lukas kichern abfällig. „Nein“ sagt Jan „ich bedaure dich nur ein bisschen. Lenas Haare wachsen ja wieder, bei deinem Hirn ist das noch fraglich.“ Während Lukas noch über Jans Worte nachzudenken scheint, nimmt Jan Lena bei der Hand und sagt: „Komm, lass uns reingehen, hier ist eh nichts los.

  • Franz saß ganz still hinter dem alten Holzstapel der auf einer kleinen Anhöhe stand, er hatte ein wenig Angst vor den Tieren die er darunter befürchtete, aber kein Geräusch, keine Bewegung war zu spüren. Die Dämmerung war die spannendste Tageszeit, fand er. Eigentlich müsste er längst zu Hause sein, aber diesen sicheren Anschiß steckte er auch noch weg.


    Er blickte in Richtung Straße, weit entfernte Lichtfetzen waren zu sehen.
    Franz stand auf, und wühlte in seinen Hosentaschen nach einem Kaugummi, dort befand sich aber ausser Krümeln und das, was 10jährige Jungs sonst so bei sich hatten, nichts Essbares.


    Er lief ein paar Mal um den Holzstapel und zählte die Runden.
    Da, ein Geräusch ließ in aufblicken. Sirenengeheul und Lichter kamen auf ihn zu.


    Er stand jetzt ganz dicht neben dem Stapel, schaute aufgeregt nach allen Seiten.


    Jetzt sah er endlich den hellen Lichtschein, und hörte leises Rufen. Feuerwehr und Polizei standen vor der alten Scheuer die unbewohnt war und in der nur alte Gerätschaften untergebracht waren. Ein herrlicher Spielplatz.


    Die Männer der Feuerwehr gingen ihrem Geschäft nach. Franz guckte angestrengt nach den Männern in den Feuerwehranzügen.. Jede Handbewegung interessierte ihn. Unter großem Druck fand endlich das Löschwasser seinen Weg zum Feuer.


    Langsam trottete Franz den Weg hinunter nach Hause, er freute sich jetzt schon auf nächsten Mittwoch, da war Feuerwehrjugentreff. Feuerwehrmann wollte er werden, ein Held.
    Aus seiner Hosentasche holte er ein Feuerzeug und schmiß es im hohen Bogen von sich.

  • Heute, an diesem Tag, der nach außen so positiv erscheint, verliere ich doch so viel. Irgendwo in mir, vielleicht tief und verborgen, auch wenn der Schmerz so nah und greifbar erscheint, sitzt etwas, das mir weh tut. Beschreiben kann ich es nicht.


    Soeben habe ich meinen Führerschein bekommen. Ich darf rechtens durch die Gegend düsen – für jeden anderen Neuerwerber ein Grund, sich in Euphorie zu versetzen, alle Bekannten anzurufen.


    Doch ich starre aus dem Fenster, halte die Plastikkarte unbeachtet in meiner Hand. Frank, mein Fahrlehrer, schaut mich immer wieder kurz von der Seite an und lacht dann kopfschüttelnd. Ich solle mich freuen. Froh sein, dass ich etwas geschafft habe, was ich mir vorgenommen hatte.


    In meiner 2. Fahrstunde saß ich weinend vorm Steuer, weil ein Lied von einer Beerdigung, die ich einen Monat zuvor besucht hatte, im Radio lief. Gott, war mir das peinlich! Aber irgendwie fand er die richtigen Worte, ohne blöd zu klingen oder etwas falsches zu sagen.


    Kein Stück kannte er mich, und wusste trotzdem, was in mir vorgeht ... auch die Stunden darauf. Er war der Erste, der von den Problemen mit meinem Verein erfuhr. Der Erste, der mich nach der Trennung von meinem Freund zu Gesicht bekam. Und das nicht, weil ich ihm alles erzählte, weil ich mich ihm anvertraute.
    Nein, er hat es gesehen. Er hat mir in die Augen geschaut und ohne ein Wort zu sagen, brachte er mir Verständnis entgegen. Das, welches ich bei meinem richtigen Vati so oft vermisse.


    Eines Tages sagte Frank, dass er sich Sorgen um mich mache. Ich weiß gar nicht, wann ich das das letzte Mal von meinen Eltern gehört habe. Er hat mich gefragt, wann und wobei ich mich eigentlich mal entspannen kann. Eine Antwort darauf weiß ich bis heute nicht.


    Nur noch eine Kurve, dann nimmt das, was ich so lieb gewonnen habe, Abschied von mir. Frank schaltet den Motor ab. Wir steigen aus, reichen uns die Hand.
    „Ich hoffe, ich sehe dich mal durch die Stadt fahren.“, ist der letzte Satz, den er mir entgegenbringt. Seinen Gesichtsausdruck, die dunkelblauen Augen, so tief hinter einigen Fältchen versteckt, das letzte Lächeln - ich werde es nie vergessen.


    Kaum drehe ich mich herum, laufen Tränen über mein Gesicht. In meiner Wohnung angekommen setze ich mich weinend in die Ecke im Wohnzimmer, gleich neben die Heizung.


    Jetzt ärgere ich mich erst so richtig darüber, dass ich ihm immer so wenig erzählt habe.
    Und, Gott ja, ich bewundere ihn. Noch nie habe ich einen Menschen gesehen, der so ehrlich leben kann. Der einfach macht, wonach ihm ist. Doch mein Held bröckelt, wurde von zwei Frauen verlassen. Weihnachten feiert er in einer Sportlerkneipe mit einer gefüllten Ente von Kaufland. Dennoch kein Grund für ihn, sein Leben nicht zu genießen.


    Oft habe ich über den heutigen Tag nachgedacht. Ich hatte über 40 Fahrstunden. Man sagt zwar, dass man Freundschaft oder Liebe nicht kaufen kann, aber manchmal ist einem Geld die Sache einfach wert...