Verlag Kiepenheuer & Witsch, 2008, gebunden, 345 Seiten
Kurzbeschreibung (lt. Klappentext):
Im Streit verlässt Daniel Mandelkern die großzügige Altbauwohnung im Hamburger Generalsviertel und Elisabeth, seine Frau und Chefin. Sie hat ihm den Auftrag erteilt, den öffentlichkeitsscheuen Autor Dirk Svensson am Luganer See zu besuchen und für von ihr verantworteten Kulturteil der Wochenzeitung zu interviewen. Äußerst widerwillig macht Mandelkern sich auf den Weg, hofft aber, dass ihm die Distanz helfen wird, sich klar zu werden über sein Leben, seine Liebe und die Zukunft seiner Ehe. Schon bei der Ankunft am See ahnt er, dass am Ende seiner Reise mehr stehen wird als das Autorenporträt, das Elisabeth erwartet. Denn Mandelkern ist nicht der einzige Gast. Mit ihm besteigen eine schöne junge Frau und ihr Sohn das Boot, mit dem Svensson und sein dreibeiniger Hund in Lugano anlegen. Es folgen vier Tage in Svenssons Welt, in denen Daniel Mandelkern sich und sein Leben mit anderen Augen zu sehen lernt. Er wird hineingezogen in eine tödliche Dreiecksbeziehung und in ein Manuskript, das er im Gästezimmer findet und das ihn nach New York, Brasilien und tief in das rätselhafte Leben des Dirk Svensson führt. »Bestattung eines Hundes« erzählt von den Mittdreißigern unserer Tage, die an vielen Orten der Welt gewesen sind, ohne irgendwo zu Hause zu sein, die viel ausprobiert haben, ohne eine Berufung zu finden, die große Pläne geschmiedet haben und nun kleine Lösungen finden müssen. Die alte Geschichte von der Sehnsucht nach Glück und Liebe, Thomas Pletzinger erfindet sie neu, mit einem genauen Blick, sprachlicher Finesse und atmosphärischer Dichte.
Über den Autor (Quelle Kiepenheuer & Witsch):
Thomas Pletzinger, geboren 1975 in Münster, wuchs im Ruhrgebiet auf und absolvierte ein Studium der Amerikanistik in Hamburg. Dort und in New York arbeitete er für Verlage und Literaturagenturen. Nach dem Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig lebt er jetzt in Berlin und schreibt an einer Dissertation über den amerikanischen Dichter Gerald Stern. Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien. Er erhielt ein Werkstattstipendium der Jürgen-Ponto-Stiftung, das Breslau-Stipendium der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und war Stipendiat beim International Writing Program der University of Iowa. 2005 gewann er den Prosanova-Literaturwettbewerb, 2006 den MDR-Literaturpreis. Für seinen Debütroman Bestattung eines Hundes erhielt er den Förderpreis zum Rheinischen Kulturpreis.
Meine Meinung:
Im Hauptteil des Romans reist der Gelegenheits-Journalist Daniel Mandelkern, im Auftrag seiner Ehefrau und Chefin Elisabeth, an den Luganer See, um ein Interview mit dem zurückgezogen lebenden Kinderbuchautor Dirk Svensson zu machen. Aus diesem Auftrag, Samstag hin, Sonntag zurück, wird nicht nur ein viertägiger Aufenthalt Mandelkerns in Svenssons Haus, sondern auch eine Weichenstellung in Mandelkerns Leben.
In Svenssons Haus findet Mandelkern eine unfertige Autobiographie, das Astroland-Manuskript, seines Gastgebers, die Nebenhandlung im Roman.
Während das Interview immer weiter verschoben wird, wird Mandelkern fast zu einem Familienmitglied. Neben Svensson halten sich noch die finnische Ärztin Tuuli mit ihrem Sohn Samy und Svenssons dreibeiniger Hund Lua in dem heruntergekommenen Haus auf, später kommt Kiki dazu.
Mandelkern liest in der Autobiographie. Svensson erzählt darin von wichtigen Stationen in seinem Leben, New York am und nach den 11. September 2001, die Favelas in Brasilien und Finnland an Silvester.
Besonders hervorzuheben ist der Schreibstil Pletzingers. Während das Astroland-Manuskript sich leicht und flüssig liest, wirkt der Hauptteil, in der Ich-Perspektive von Mandelkern geschrieben, sperrig.
Der Lesefluss wird immer wieder unterbrochen, denn jeder Absatz erhält eine meist kurze Überschrift. Fast hat man das Gefühl, eine wissenschaftliche Abhandlung zu lesen. Jeder Satz, jedes Wort enthält wichtige Informationen. Dazu kommen in Klammern Einschübe, die Präzisierungen oder kurze Gedanken festhalten. Sie wirken wie kurze Notizen Mandelkerns.
Die Figuren in diesem Roman handeln und sprechen in ihrem eigenen Rhythmus. Pletzinger selbst schreibt einige Male "aus der Zeit gefallen". Die Personen, wie auch die Teile der Handlung scheinen zum Ende hin immer mehr zu verschmelzen. Auch Mandelkern "fällt aus der Zeit" und gewinnt ganz neue Perspektiven für sein eigenes Leben.
Ein lesenswerte Buch moderner Literatur.