Die Etruskerin - Sybille Haynes

  • Kurzbeschreibung:


    Eine jahrhundertealte Kultur am Scheideweg und eine junge Frau, die ihr Schicksal in die Hand nimmt. Italien, Ende des 6. Jahrhunderts v. Chr.: Larthi ist die junge Tochter eines etruskischen Sehers, der aus dem Flug der Vögel die Zukunft vorhersagt. Doch was ihr widerfahren wird, als sie den Sohn des Königs von Cisra heiratet, hat er nicht vorhergesehen. Politische und wirtschaftliche Unruhen bedrohen die alte Aristokratie. Machthungrige Emporkömmlinge missbrauchen alte Handelsverbindungen, um sich zu bereichern. Und Larthis Familie steht mitten im Zentrum einer Entwicklung, die eine ganze Kultur bedroht.



    Über die Autorin:


    Die Autorin, 1926 geboren, studierte in Frankfurt am Main und München Klassische Archäologie, Alte Geschichte, Kunstgeschichte und Ethnologie, Spezialgebiet: Etruskologie. 1951 heiratete sie Denys Haynes, den Leiter der griechisch-römischen Abteilung des British Museum in London. Dort war sie 25 Jahre lang als ehrenamtliche Kuratorin der etruskischen Sammlung tätig und erhielt dafür von Queen Elizabeth II. den `Order of the British Empire`. Seit 1985 lebt sie in Oxford. Sie hat zahlreiche Bücher über die Etrusker verfasst.



    Eigene Meinung:


    Ein Roman, der in einer Zeit der Veränderung spielt. In den Städten der Etrusker, die von Königen regiert werden, ergreifen zunehmend Tyrannen die Macht und verdrängen die Aristokratien. Das Hauptaugenmerk dieses Buches liegt dabei auf der etruskischen Stadt Cisra, in der Larthi – die Hauptfigur – als Tochter des Hauptaugurs lebt. Wir verfolgen ihr Leben von der Zeit als junges Mädchen bis zu dem Zeitpunkt, wo sie eine erwachsene Frau ist und selbst Mutter einer weitverzweigten Familie. Politisch im Mittelpunkt steht dabei die Ablöse der Monarchie, sowohl in Cisra, als auch in Rom, aber auch das Geflecht der verschiedenen Interessensgruppen im Mittelmeerraum.


    Ein sehr weit gesteckter Zeitraum für ein Buch, das nur 220 Seiten (ohne Anhang) umfasst. Für meinen Geschmack ein zu großes Programm. Oft kommen unerwartete Zeitsprünge vor und das nächste Kapitel spielt plötzlich mehrere Jahre später. Diese Sprünge erschienen mir oft unglücklich gewählt, da dadurch auch Entwicklungen abgewürgt wurden und oft nur in einer rückblickartigen Zusammenfassung nachgereicht wurden.
    Darin lag auch mein Hauptproblem. Ich hatte nicht den Eindruck eine Geschichte erzählt zu bekommen, sondern vielmehr eine Art „spielerisch verpackter Bildung“, die anhand der Folie des Lebens einer Person, das gesellschaftliche und politische Leben einer bestimmten Zeit aufzeigen soll. Um dieses Gerüst an Fakten, handelt sich eine zusammengezimmerte Rahmenhandlung herum. Dieser Eindruck wurde für mich vor allem auch durch die Szenenwechsel verstärkt. Die Zeitsprünge habe ich bereits erwähnt, aber auch im allgemeinen handelt Haynes in einem Kapitel oft ein Thema ab und versucht dann ein Kapitelende zu konstruieren, um dann in einem neuen Kapitel wieder ein anderes Thema abzuarbeiten. Dieser Zusammenhang zwischen den einzelnen Stationen erschien mir oft zu willkürlich und austauschbar. Es kam einfach nicht der Eindruck einer zusammenhängen Erzählung auf, sondern es blieb der Eindruck eines Stückwerks bestehen. Auch die Rahmenhandlung rund um das Schicksal von Larthis Familie und der Stadt Cisra konnte nicht den nötigen Zusammenhalt erzeugen.


    Inhaltich greift Haynes ein sehr breites Spektrum an Themen auf. Von Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Außenpolitik oder Kult und Kultur spannt sich der Bogen. Die Themen sind an sich durchaus ansprechend dargestellt. Die Zeit und die Themen sind für mich ein großer Pluspunkt für das Buch. Das Interesse an einer sonst im historischen Roman kaum beschriebenen Zeit konnte daher auch über so manche Kritikpunkte hinwegtrösten und für einen Ausgleich sorgen.
    Da Larthi die Tochter eines Auguren ist, spielt der Kult der Etrusker dabei natürlich eine besondere Rolle. Oft säumen Vorzeichen den Weg der Figuren. Leicht befremdlich erschien mir, dass dieser Mythos auch immer wieder in die Handlung eingreift und aus den Vorzeichen künftige Ereignisse erschlossen werden. Haynes gelingt es zwar dabei nicht ins esoterische abzudriften, für mich war diese Verquickung eher hinderlich, da sie zusätzlich Distanz erzeugt hat und wiederum Zeitsprünge förderte.


    Außerdem hat mich auch der Schreibstil von Sybille Hanyes nicht sonderlich zugesagt. Sie schreibt sehr nüchtern und hölzern. Oft kurze Sätze aneinander, die kaum je einen Lesefluß zustande brachten. Gerade am Beginn und Ende von Kapiteln fehlten oft fließende Übergänge. Es blieb dadurch auch über den ganzen Roman eine große Distanz zu den Figuren. Oftmals hat mich das Buch daher auch mehr an einen Bericht erinnert, als an einen Roman.


    Insgesamt ein recht durchwachsenes Buch. Viele Kritikpunkte haben das Lesevergnügen gedämpft, zu gleich hat aber das Thema und die Zeit, in der der Roman spielt einige Dinge ausbügeln können und erreicht, dass ich immer am Ball geblieben bin. Auf der Punkteskala gerade noch 6 Punkte.



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  • Die Etruskerin – Sybille Haynes


    Meine Rezension:
    Der ungewöhnliche Roman besitzt auf nur 220 Seiten eine große Dichte voller Informationen über Leben, Kultur und Untergang der Etrusker bis ca. 100 vor Christus.
    Die Handlung orientiert sich am Leben der Protagonistin Larthi, Tochter des Sehers und zeigt exemplarisch ein Etruskerinnenleben von Jugend bis als erwachsene Frau.
    Larthi ist eine gute Figur, solange der Roman dicht an ihr dran bleibt. Sie ist lebhaft, quirlig und als Tochter eines einflussreichen Mannes dicht am Geschehen. anderen Figuren werden eher sachlich behandelt. Trotzdem sind Larthis späterer Ehemann Aranth, ihr Vater oder der griechische Sklave Alexandro noch ganz spannende Figuren. So ist es interessant, wie Alexandro sein Sklavendasein verflucht, der neugierigen Larthi aber so einiges erzählt z.B. von Kleobolus, den Tyrann von Lindos auf Rhodos.
    Die Liebesgeschichte zwischen Aranth und Larthi ist nüchtern gehalten. Leser, denen eine Lovestory in einem historischen Roman am wichtigsten ist, kommen nicht auf ihre Kosten.
    Trotz sachlichen, manchmal sogar strengen Stils der Autorin, stecken sehr viele Informationen auf engen Raum in der Geschichte. Das erstreckt sich von der Landschaft (in der Toskana, eindrucksvoll ist z.B. der Hafen Pyrgoi) über die athletischen Wettspiele mit Pferde- und Wagenrennen sowie Wettkämpfe bis hin zu der Kleidung, Larthi trägt z.B. Tunika und Holzsandalen, die Schriftkunst (mit Styles wird mühsam Buchstabe für Buchstabe in Wachstafeln geritzt) und den Beschreibungen der seherischen Begabung des Vaters. Er deutet den Flug der Vögel, liest aus den Eingeweiden der Schafe, nutzt Wünschelruten.
    Hinzu kommen die allgegenwärtigen Bedrohungen, die das Volk der Etrusker letztlich in den Niedergang zwingen, wenn sie dann nach Eroberung in das römischen Reich eingehen.
    Diese informativen Beschreibungen haben ihren eigenen Zauber und retten das Buch. Notwendig ist dafür allerdings eine ganz eigene Lesart.
    Es ist ein Buch, wenn auch etwas überfrachtet, mit dem man nicht so schnell fertig ist.


    Lobend zu erwähnen ist die Buchgestaltung des Verlags Philipp von Zabern, die Nachwort, Glossar, Zeittafel und Karten angefügt haben.

  • Also ich lege ja größten Wert auf gute Recherche bei historischen Romanen und finde die Benutzung vom Gabeln in Frühmittelalter in Nordeuropa im Roman ein no-go, aber mit diesem Buch hatte ich meine Probleme.


    Ein Schriftsteller ist ein Schriftsteller, ein Historiker ist ein Historiker und wenn einer versucht das jeweils andere zu sein, dann geht das manchmal schief. Ein sehr interessantes Buch, das aber zu offensichtlich der Angst der Autorin folgt einer ihrer Fachkollegen könne ihr eine Unkorrektheit unterstellen, was dem Erzählfluß sehr schadet. So ist die Geschichte im Sinne Erzählung nicht im Vordergrund, sondern die Exaktheit der Geschichte im Sinne Historie. Die handelnden Personen bleiben blutleer und akademisch, schade drum.

  • Ich widerspreche Dir ja nur ungern, beo, aber:


    Meine Meinung:


    Es war nicht einfach, in das Buch hineinzufinden. Und einmal angekommen, muss man dran bleiben, um den Faden nicht zu verlieren. Das ist aber auch gar nicht schwer, denn wenn man sich mal an die vielen fremdartigen Ausdrücke, an die Zeitsprünge und an den nicht gerade fließenden Schreibstil der Autorin gewöhnt hat, kann man tief in eine Epoche eintauchen, die zumindest in meiner Bibliothek bisher sträflich vernachlässigt wurde.


    Das Leben von Larthi wird sehr anschaulich geschildert, ich könnte die Paläste und Tempel und auch die einzelnen Figuren sehr gut visualisieren. Mit den Zeitsprüngen und auch dem unterschiedlichen Fokus auf mehrer Personen hatte ich kein Problem, man merkt halt, dass die Autorin eher Sachbücher als Romane schreibt. Ich fand den Roman aber trotzdem fesselnd und gleichzeitig hat er mir ein Stück Geschichte näher gebracht, mit dem ich mich gerne noch näher beschäftigen möchte.


    Mein Fazit:


    Eine lohnende Lektüre mit kleinen Schwächen, die aber durch die Fülle an Wissen, das vermittelt wird, nicht weiter ins Gewicht fallen.

    :lesendR.F. Kuang: Babel


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Irgendwas stimmt mit den „Eulenbüchern“ nicht mehr. Oder weshalb sonst fange ich inzwischen die meisten Rezis (diese auch) mit der Bemerkung „Hier fällt es mir schwer, etwas zu schreiben“ an? Man könnte natürlich auch zu der Auffassung gelangen, es sind alles Individualisten (die Bücher), welche sich einer Schema-F-Behandlung entziehen. Wobei dieses hier ein weiterer besonderer Fall ist: es hat Mängel - und mir dennoch sehr gut gefallen. Es ist nüchtern, und hat mich dennoch im Tiefsten erreicht. Am Ende bleiben mir nur Analogien, um meine Eindrücke wenigstens halbwegs in eine Form zu bringen.


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Diese informativen Beschreibungen haben ihren eigenen Zauber und retten das Buch. Notwendig ist dafür allerdings eine ganz eigene Lesart.
    Es ist ein Buch, wenn auch etwas überfrachtet, mit dem man nicht so schnell fertig ist.

    :write


    Vielleicht liegt das auch ein bißchen mit daran, daß es zu einer Zeit geschrieben wurde, in der mW historische Romane noch nicht so Konjunktur hatten wie heute. Obwohl nirgendwo im Impressum angegeben, dürfte es sich hier um eine Neuausgabe des schon 1981 im gleichen Verlag erschienenen Buches „Die Tochter des Augurs“ handeln; ich habe es hier mit verlinkt. Im Wikipedia-Artikel über die Autorin ist das übrigens vermerkt. Die Neuauflage wurde neu gesetzt und in ein anderes Format gebracht (die alte Auflage hatte 307 Seiten). Schade, denn es handelt sich dabei eher um ein Sachbuch- denn ein Romanformat. Das hat mir beim Lesen die meisten Probleme bereitet.


    Die Etrusker waren für mich bisher nichts weiter als ein paar sehr bruchstückhafte Wissensteilchen, die vor allem besagten, daß man von ihnen nicht viel weiß, und daß das Volk untergegangen ist. Sybille Haynes hat es in der Tat geschafft, ein Volk, eine Zeit lebendig werden zu lassen, wo für mich bisher nichts als Weiße Flecken oder Schwarze Löcher waren. Es ist ungemein viel an Information auf diesen wenigen Seiten enthalten, weshalb ein recht konzentriertes Lesen notwendig ist.


    Die Kritikpunkte wurden bereits früher erwähnt, so daß ich mir hier eine Wiederholung sparen kann. Vor allem den Sprung vom 14. zum 15. Kapitel fand ich recht heftig und herstellungsmäßig nicht ausreichend berücksichtigt. (Da hätte man einen 2. Teil beginnen lassen oder zumindest eine ganze Leerseite einfügen sollen.) Der Stil ist nüchtern, jedoch hat sich bei mir trotzdem recht schnell ein Lesefluß, fast schon Sog, eingestellt. Was (mit) daran liegen mag, daß ich selbst ein eher nüchterner Mensch bin, und daher möglicherweise mit der Autorin auf „einer Wellenlänge“ liege.


    Besonders fasziniert hat mich, wie die Autorin die religiöse Welt der Etrusker in den Roman und die Handlung eingebaut hat. Ohne je ins Esoterische oder Phantastische abzudriften, waren der Glaube und die Mythen ein geradezu normaler Bestandteil der Handlung bzw. der Sicht der Protagonisten, die für mich absolut glaubwürdig herüberkam. Dies fiel mir um so mehr positiv auf, als ich mit solchem in einem anderen Buch überhaupt nicht zurecht gekommen bin und nun weiß, daß ich weder das noch dessen Folgebände (fertig-) lesen werde.


    Durch die Zeitsprünge in Verbindung mit der Kürze des Buches ist es nicht möglich, ein ganzes Leben lückenlos durchgehend zu erzählen. Auch bleibt dadurch so manche tiefergehende Beschreibung oder Charakterisierung auf der Strecke und vieles muß man sich selbst dazu denken bzw. erfinden. Wenn ich drüber nachdenke, ist das nicht mal so verkehrt. Offen gesagt, das Leben Larthis in seinen Höhen, vor allem seinen Tiefen, möchte ich in einem solchen Roman, von dem ich mir erhoffe, etwas über die Etrusker zu lernen, gar nicht so im Detail ausgebreitet lesen.

    Und dennoch hat das Buch, ohne daß ich imstande wäre, das näher zu definieren, ein gewisses Etwas, was mich tief hineingezogen und die Gestalten zum Leben erweckt hat. Es ist wie, wie, ja wie eigentlich?


    Es ist wie ein musikalisches Opus, das aus mehreren Teilen besteht. Unterbrochen von kurzen Pausen, geht es im nächsten Satz mit einem ganz anderen Thema, in einem ganz anderen Rhythmus weiter. Und dennoch gehören die Teile zusammen, bilden ein größeres und sinnvolles Ganzes. Bauen aufeinander auf, erzwingen diese Reihenfolge und Form. Deuten manches nur skizzenhaft an, während anderes wieder ausgeführt wird. Bis hin zum Schlußakkord, in dem alles kulminiert.


    Mir fiel immer wieder die 7. Sinfonie von Ludwig van Beethoven ein. Nicht irgendeine Aufnahme, sondern meine Lieblingsaufnahme. Rudolf Schulz-Dornburg dirigierte das Berliner Rundfunk Symphonie Orchester. Im Jahre 1943. Technisch nicht unbedingt die beste Aufnahme ist es als ob, gedämpft, leicht verzerrt durch den Schleier der Zeit, etwas zu uns herüberklingt, dem technische Mängel nichts von seiner zeitlosen Gültigkeit und Faszination nehmen können.


    Als ich das Buch dann, erheblich früher als eigentlich geplant, ausgelesen hatte, fand sich plötzlich eine ganz andere CD im Player. Mild und leise, wie er lächelt ... Kirsten Flagstad intonierte (1952, mit Wilhelm Furtwängler am Pult) die Schlußszene aus Richard Wagners „Tristan und Isolde“. Denn was paßt besser zu einem Ende, an dem die Götter den Menschen in sein unerbittliches Schicksal zwingen, ohne die geringste Möglichkeit, es zu verändern oder ihm entgehen zu können?


    Die Antwort auf die Frage, ob die Götter zukünftigen Generationen gnädiger gestimmt waren, wird sich in diesem Buch nicht finden. Wohl aber in dem einen oder anderen, das ich in absehbarer Zeit über die Etrusker lesen will. Doch da Alles was ist, endet* ist beim bekannten Gang der Geschichte die Hoffnung eine eher geringe.


    Dem Fazit von Nachtgedanken kann ich mich vorbehaltlos anschließen.



    Danke, Herr Palomar, fürs Wandern lassen. :wave (Aber kaufen muß ich es mir trotzdem, nicht nur wegen des sehr informativen Anhangs.)


    * = Erda, Richard Wagner „Das Rheingold“
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ein historischer Roman, so steht es auf dem Schutzumschlag.
    Ich bin mir nicht recht sicher, ob es das wirklich ist, was ich gelesen habe. Für mich entstand vielmehr der Eindruck einer Vorlesung über Leben, Kultur, Religion und vor allem den Untergang eines der immer noch geheimnisvollsten Völker, nämlich der Etrusker, verdeutlicht anhand von beispielhaft erzählten Szenen.


    Um es gleich einzugestehen, ich habe mich nicht gelangweilt und ich hatte keine Mühe, in das Buch hineinzufinden – und ich glaube auch sagen zu können, woran das in meinem Fall gelegen (auch) hat: War doch das vorherige Buch ein Sachbuch, eine Spurensuche, wie der Untertitel suggerierte, geschrieben von einem Althistoriker (Michael Sommer, das Buch trägt den Titel „Die Arminiusschlacht“). Damit war das konzentrierte und durchaus nicht schnelle Lesen quasi vorgegeben. Wie mir der Einstieg gelungen wäre, hätte ich beispielsweise den „Varus“ von Iris Kammerer kurz vorher gelesen, wage ich mir jetzt nicht auszumalen. Darüber zu spekulieren ist ohnehin müßig, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass mir das Buch dann einen anderen als den nach der Lektüre entstandenen guten Eindruck vermittelt hätte.


    Sybille Haynes muss ein unglaubliches Wissen über dieses letztlich verlorene Volk besitzen, dass sie in der Lage ist, so unendlich viel auf so wenigen Seiten über die Etrusker zu berichten. Fremd geblieben ist mir die Religion, dieses Ausschau halten nach immer Unheil verkündenden Anzeichen und den sofort eingeleiteten Gebeten und Riten, um vielleicht das Schlimmste abzuwenden. Das Unterwerfen unter den Willen der Götter nachzuvollziehen, fällt mir aus heutiger Sicht ebenfalls schwer. Mit großer Sympathie jedenfalls habe ich vernommen, welche Stellung die Frauen in der etruskischen Gesellschaft inne hatten – und wie verstörend es für Larthi, der Hauptfigur, war zu erfahren, wie z. B. die Griechen ihre Frauen behandelten.


    Ein wenig Mühe hatte ich durchaus, nämlich immer dann, wenn es darum ging, die verschiedenen Namen richtig einzuordnen. Auch die verschiedenen, teils wechselnden Koalitionen der Völker im Mittelmeerraum waren für mich nicht von so herausragendem Interesse, aber wohl für den Fortgang der Geschichte, die Sybille Haynes erzählen wollte, sehr wichtig. Dass über die gewalttätigen Unruhen in Cisra oder anderswo nicht im Detail berichtet wurde, hat mir ehrlich gesagt gut getan. Auch das Rekapitulieren der Ereignisse stellenweise als Bericht der verschiedenen Personen hat mir gut gefallen, es ging über das bloße „mal etwas anderes“ hinaus.


    Das Schicksal der einzelnen Personen, wie Larthi, Aranth oder Laris Matunas ist mir sicherlich nicht so eindrücklich nahegebracht worden wie das in anderen historischen Romanen der Fall gewesen ist, aber ich bin mir auch nicht einmal sicher, ob es das war, was Sybille Haynes wollte. Für mich hat sie ein Buch über den Untergang eines Volkes geschrieben, dargestellt anhand einer Familie und ihrer einzelnen Mitglieder. Gleichwohl, es hat mir gut gefallen, auch wenn es sich so ganz anders liest als manch anderer historischer Roman. Für mich ist „Die Etruskerin“ kein Buch für ein einmalige Lektüre, es scheint mir eher der Einstieg in ein neues Interessensgebiet zu sein. Daher werde ich mir das Buch ebenfalls kaufen.


    Ein herzliches Dankeschön an Herrn Palomar für das Wanderbuch! :anbet


    Ein Wort darf ich vielleicht noch dazu verlieren, welche Musik mir immer wieder ins Gedächtnis kam und welche ich nach der Beendigung des Buches gehört habe: Es war Gustav Mahlers „Lied von der Erde“, dargeboten vom Israel Philharmonic unter Leonard Bernstein, die Gesangssolisten sind die große Christa Ludwig und René Kollo.
    SiColliers Musikbeispiele hatten die Messlatte sehr hoch gehängt :anbet, ich kann sie sehr gut nachvollziehen! Die Tristan-Aufnahme ist die mit Josef Greindl, nicht wahr? Ich hatte das große Glück, ihn noch einmal auf der Bühne erleben zu dürfen, und zwar als Hans Sachs. Es war unvergesslich.


    Was wäre besser geeignet, meinen Eindruck von dem Buch zu vermitteln als
    Der Abschied
    dargebracht von einer der anderen ganz Großen?


    Edit lässt mich noch die vergessene Punktzahl, nämlich acht von möglichen zehn, erwähnen.

  • @ Lipperin
    Ja Du hast Recht. Die tragenden Partien werden von:
    Kirsten Flagstad (Isolde), Ludwig Suthaus (Tristan), Blanche Thebom (Brangäne), Josef Greindl (König Marke), Dietrich Fischer-Dieskau (Kurwenal)
    gesungen. Wie gesagt, die musikalischen Analogien schienen mir die einzige Möglichkeit, meine Gedanken auszudrücken (da Worte fehlten).


    Schön, daß es Dir auch so gefallen hat. :-)



    Zitat

    Original von Lipperin
    Für mich ist „Die Etruskerin“ kein Buch für ein einmalige Lektüre, es scheint mir eher der Einstieg in ein neues Interessensgebiet zu sein.


    Eine verwandte Seele. :rolleyes :wave

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • (Aber kaufen muß ich es mir trotzdem, nicht nur wegen des sehr informativen Anhangs.)

    Tja, was lange währt, wird endlich gut. Jetzt also, nach fast 15 Jahren, habe ich mir das Buch endlich gekauft, um es nochmals lesen zu können (wann auch immer ich dazu kommen werde). Allerdings habe ich mich für die erste Ausgabe "Die Tochter des Augurs. Aus dem Leben der Etrusker" von 1981 entschieden, die ich in einer (altersgemäß) hervorragenden Ausgabe bekommen konnte. Ich kann mich an die gelesene Ausgabe nicht mehr erinnern (hinsichtliche der herstellerischen Seite), diese jetzt hat jedenfalls ein angenehmes Schriftbild und enthält zahlreiche Zeichnungen und Fotos (teilweise in Farbe). Nun bin ich gespannt, wann es mich so sehr in die Welt der Etrusker zieht, daß Buch das Buch auch lesen werde...


    ASIN/ISBN: 3805304633

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")