Les Murray las am 09.10.08 in Heidelberg

  • Les Murray, der lyrische Gigant aus Australien war wieder einmal im Rahmen des Literaturfestivals Poezone zu Gast im DAI.


    Er stellte seinen Lyrikband Übersetzungen aus der Natur vor.


    Über den Autor:
    Les Murray, Nachkomme schottischer Einwanderer, wurde 1938 auf einer Farm in Bunyah, New South Wales, geboren. Er studierte Sprachen in Sydney, arbeitete in Canberra als Übersetzer und reiste ausgiebig durch Europa. Seit 1974 lebte er als freier Schriftsteller in Sydney. 1986 konnte er die Farm seiner Eltern zurückzukaufen und lebt seither mit seiner Familie in Bunyah. Murray wurde unter anderem mit dem Petrarca-Preis, der Queen's Gold Medal for Poetry und dem T.S. Eliot Prize geehrt; er ist einer der wichtigsten Dichter englischer Sprache. Derek Walcott formuliert seine Bewunderung so: "Es gibt keine Poesie in der englischen Sprache, die so verwurzelt ist in ihrer Heiligkeit, so breitblättrig in ihren Freuden und doch so intim und umgangssprachlich." Und Joseph Brodsky: "Er ist ganz einfach der Mann, in dem die Sprache lebt."



    Kurzbeschreibung des Buches Übersetzungen aus der Natur:
    In diesen fein ziselierten Gedichten schenkt Les Murray der Schöpfung eine Stimme. Pflanzen und Tiere berichten von ihrem So-sein in der Natur und zelebrieren ihre Existenz. Kein Vogel lügt, kein Baum verstellt sich, die Kreaturen sind, was sie ausdrücken, und drücken aus, was sie sind. Selten hat Poesie so geschickt gelobt, was uns umgibt. Daß Les Murray schon seit Jahren auf der Shortlist für den Nobelpreis steht, wundert nicht, wenn man diese Sammlung aus dem Jahre 1992 liest. Die Übersetzerin Margitt Lehbert hat in Absprache mit dem Dichter die besten Tier- und Pflanzengedichte aus dem Band "Translations from the Natural World" ausgewählt und ihnen zwei früherer Texte beigefügt, die laut Les Murray die Inspiration und der Beginn dieser Sammlung waren




    Mein Eindruck von der Lesung:


    Besser als bei dieser Lesung kann man ein Gedichtband nicht vorstellen.
    Les Murrays Übersetzerin und Verlegerin Margitt Lehbert las jeweils zuerst die deutsche Übersetzung und Les Murray gleich danach die englische Version, mit ruhiger, manchmal dröhnender Stimme und vollkommen ohne Pathos.
    Da nur Gedichte aus Tier- und Pflanzenreich gelesen wurden, lag ein stimmiges Konzept für die Lesung vor.


    Es begann nach einer Einführung durch Jakob Köllhofer mit dem eindrucksvollen Gedicht „Pottwal“
    Tiere sind für den Australier, der als Einzelkind aufwuchs, gute Bekannte, in die er sich gut hinein versetzen kann. Deshalb sind nicht nur dieses sondern fast alle folgenden Gedichte Innenansichten der Tiere.
    Das Tier beschreibt sich und was es fühlt. Die Tiere bestimmen auch die Form des Gedichtes mit.
    Die „Molluske“, also eine Schnecke besteht aus einem einzigen, langen Satz.


    Erläuterungen zwischendurch machte Les Murray auf deutsch, er spricht wirklich ein exzellentes Deutsch.
    Weiter geht es mit „Zugvögel“.
    Die „Schildzecke“ gibt es nur in Australien. Es sind Lücken im Gedicht, immer da, wo das Tier gerade nicht gegessen hat, wie die Übersetzerin humorvoll anfügte.
    Einen Eindruck kann man hier bekommen:
    http://www.rugerup.de/paymate/search.php?vid=10&rid=1158


    Einmal wird ein Tier auch hauptsächlich von außen beschrieben.
    In „Fledermaus, ultraschall“ (Bats, ultrasound) Hier wird Les Murray zum Sprachakrobaten, es folgt spontaner Applaus vom begeisterten Publikum, dass den Autor sehr verehrt.


    „Die Oktave der Elephanten“ hat 8 Strophen.
    „Das Grubenorgan der Schlange“, die „Würgefeige“, „Die Massen“, „Kuhreiher“, „Zell-DNA“ folgten.
    Von der kleinsten Lebensform zur größten geht es mit einem Gedicht, dass aus dem Kollektiv erzählt wird, eine Kuhherde: „Die Kühe am Schlachttag“. (The cows on killing day)
    Les Murray deckt das volle Spektrum ab, lässt sie ihr ganzes Leben erzählen, bis das Schlachtbeil fällt.


    „Schwangerschaftsschichten“ erzählt von den weiblichen Kängurus.


    Anschließend folgte die Gelegenheit Fragen zu stellen. Das wurde intensiv genutzt und Les Murray erzählte viel, bis am Schluss noch einmal das überragende bats, ultrasound folgte.