Das Gesetz der Ehre - Gianrico Carofiglio

  • OT: Ragionevoli dubbi
    3. Band der Reihe um Guido Guerrieri [Serienübersicht]


    Kurzbeschreibung:
    Als Avvocato Guerrieri seinem neuen Mandanten zum ersten Mal im Gefängnis begegnet, verschlägt es ihm den Atem: Denn vor ihm sitzt niemand anders als Fabio Paolicelli, der Intimfeind seiner Jugendtage. Aus dem gewaltbereiten Teenager, der als Rädelsführer einer Jugendgang in Bari von sich reden machte, ist mittlerweile ein braver Familienvater geworden. Mit dem vorgeworfenen Drogenschmuggel habe er nichts zu tun, beteuert er. Ob Guerrieri seinem Mandanten glauben kann, weiß er nicht. Seine Verwirrung steigert sich noch, als er Natsu kennenlernt, die schöne Ehefrau Paolicellis, zu der er sich sofort hingezogen fühlt. Weil Natsu seine Gefühle erwidert, steht Guerrieris Entschluss fest: Er wird Paolicelli verteidigen. Auch wenn er dabei alles andere als redliche Motive verfolgt...


    Über den Autor:
    Gianrico Carofiglio wurde 1961 in Bari geboren und arbeitete in seiner Heimatstadt viele Jahre als Antimafia-Staatsanwalt. Seit 2007 ist er als Berater der italienischen Regierung für den Bereich organisierte Kriminalität tätig. Bisher sind in Italien vier Romane von ihm erschienen, drei davon um den Anwalt Guido Guerrieri. Seine Bücher feierten sensationelle Erfolge und wurden mit zahlreichen literarischen Preisen geehrt, u. a. mit dem renommierten "Premio Bancarella".


    Meine Rezension:
    In diesem Kriminalroman fließt nicht ein Tropfen Blut und auch der neue Fall von Anwalt Guerrieri ist nicht besonders spektakulär: Ein Mann wird mit einer großen Menge Kokain im Auto erwischt, als er die Grenze nach Italien überquert. Dennoch gelingt es Carofiglio trotz oder vielleicht gerade durch seine unaufdringliche Art zu erzählen, von Beginn an, Spannung aufzubauen und diese auch bis zum Ende zu halten. Das liegt zum einen daran, dass Guerrieri seinen Mandanten aus Jugendtagen kennt und ihn nicht gerade in bester Erinnerung hat. Der jedoch erkennt ihn nicht wieder. Zu verfolgen, ob Guerrieri seinen Prinzipien treu bleibt, oder doch seinen Rachegefühlen und -gedanken nachgibt, die ihn seit Jahrzehnten begleiten, ist eines der großes Themen des Romans, zu denen auch Einsamkeit, Sehnsucht und wie in den anderen Carofiglio-Romanen zuvor auch Recht und Gerechtigkeit, auch abseits der Wahrheit, gehören. "Das Gesetz der Ehre" ist ein leiser, angenehm erzählter Gerichtskrimi, der von dem Fachwissen des Autors und seiner bewundernswerten Fähigkeit lebt, dem Leser die Welt der Justiz ebenso nahezubringen wie seine lebendigen Figuren und deren nur allzu menschlichen Motive.

  • Diesen gelungenen Roman des diesjährigen Bremer Krimipreisträgers habe ich in einer Nacht weggelesen. Der flüssige, angenehme und intelligente Stil des Buches erlaubt ein hohes Tempo. Dabei ist der Romanplot undramatisch.
    Es macht Spaß, den Gedankengängen und Schlußfolgerungen der Hauptfigur, dem Strafverteidiger Guido Guerrieri, zu folgen. Es entsteht praktisch sofort eine Nähe zu ihm. Seine Emotionen und sein selbstironischer Humor sind nachzuvollziehen. Ich habe viel dafür übrig.


    Außerdem ist die Grundidee des Romans originell und gut umgesetzt. Guido Guerrieri verteidigt einen Mann namens Fabio Paolicelli, der ihn einst als Junge verprühelte und der als faschistischer Schläger bekannt war. Trotzdem beschließt Guido ihn zu verteidigen, es ist das Gesetz der Ehre.
    In ein moralisches Dilemma gerät er aber, als er Paolicellis Frau,. Natsu Kawabata trifft Die beiden fühlen sich voneinander angezogen.


    Zudem gibt es viele gelungenen Anspielungen auf Literatur, die mir sehr gut gefallen. Wenn Guido Natsu Kawabata das erste Mal trifft, denkt er, genau wie ich Sekunden davor, an Yasunari Kawabata, dem Literaturnobelpreisträger aus Japan.
    Oder er blättert in Buchhandlungen immer wieder mal in den großen Romanen Ulysses und Der Mann ohne Eigenschaften von Musil. Guido hat etwas von einer Buechereule.


    Die Abhandlung des Falls erfolgt durch lange Szenen vor Gericht oder in Gesprächen mit der Polizei und Zeugen. Das ist realitätsnah gemacht und wirklich auch eine große Stärke des Romans. Der Autor schreibt wirklich gute Dialoge.


    Dieser Roman ist eine runde Sache und Gianrico Carofiglio ein Autor, den ich wiederlesen werde.

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Oder er blättert in Buchhandlungen immer wieder mal in den großen Romanen Ulysses und Der Mann ohne Eigenschaften von Musil. Guido hat etwas von einer Buechereule.


    Jaaa, und seine Gedanken (das müsste ich eigentlich...) kamen mir irgendwie bekannt vor... :grin

  • Das Buch, wie auch schon die zwei vorhergehenden Bände, wird von der Figur des Avvocato Guerrieri getragen. Der Autor besitzt ein wunderbares Gespür für seinen Protagonisten. Mit scheinbar leichter Hand gelingt es ihm, ein vielschichtiges Bild des Anwalts zu zeichnen.


    Guido Guerrieri ist zutiefst sympathisch und man könnte sich glatt in ihn verlieben. Er ist gewitzt, intelligent, sportlich, einfühlsam, belesen und in keinster Weise eingebildet oder überkandidelt. Er besitzt Humor und die grandiose Fähigkeit, sich auch selbst kritisch zu beurteilen. Als Leser fühle ich mich einfach wohl in seiner Gegenwart.


    Der Plot gerät beinahe zur Nebensache, auch wenn er absolut stimmig und gut gearbeitet ist. Die Szenen vor Gericht wirken nicht ermüdend und sie lesen sich (zumindest für mich als Laien) glaubwürdig.


    Empfehlen kann ich auch die von Erich Räuker gelesenen Hörbücher. Seine Stimme passt perfekt zu Guerreri. Die Bücher sind nämlich in der Ich-Perspektive geschrieben und so hat man das Gefühl, dass beim Hörbuch Avvocato höchstpersönlich mit einem spricht.


    Von mir gibt es fette 10 von 10 Eulenpunkten und ich freue mich schon auf Band 4. (Als HC bereits erschienen, das TB kommt im April 2013.)