Helene Henke - Die Totenwächterin. Teil 1 der Serie: Das Rote Palais

  • In der Tat erinnert mich Helene Henkes „Die Totenwächterin“ an das ein oder andere Buch oder auch an die ein oder andere Verfilmung, die im weitesten Sinne mit Vampiren oder dunklen Kreaturen zusammenhängen, die mich persönlich jetzt seit gut 27 Jahren „verfolgen“. In dieser Zeit sammelte sich einiges in meinem Hirn an, ganz besonders in der Zeit, als es noch keine Vampirbuchschwemme gab und man noch mehr suchen musste. Laurell K. Hamiltons erstes Anita Blake Buch weißt die deutlichsten Parallelen zu Helene Henkes Buch auf, was sie Entwicklung der Beziehung zwischen Privatermittlerin Leyla Barth zu Meistervampir Rudger von Hallen betrifft. Auch Leylas Auftraggeberin, Rudgers Schöpferin Fjodora erinnert an das Vampirkind, gegen das Anita Blake zur Tat schreiten muß. Hier wird aber auch deutlich, daß es sich um Parallelen handelt, denn Fjodora ist definitiv kein Kind, hat aber das Gemüt eines launisch-grausamen A-Kindes, daß Fliegen die Beine ausreisst und später garantiert als Serienkiller endet. Ab und an fühlte ich mich dann auch an Blade (Leylas Geburt, ihr Katana), Underworld (die Stimmung des Buches) oder Anne Rice erinnert, denn Rudger ist einmal mehr ein männliches Fashionvictim mit großer Kunstsammlung. Bei seinem Gegenspieler Vincent oder Fjodoras Berater fiel mir plötzlich die Rocky Horror Picture Show ein. Das alles hat das Buch für mich zu einer kleinen Wundertüte gemacht, die sie mit ihren eigenen Einfällen ergänzt hat. Ich fand das amüsant, und habe mich immer mal wieder grinsend vorgefunden. Denn Helene Henke kann ihre Geschichte einfach wunderbar verpacken und hat die Gabe im Leser solche Assoziationen zu wecken. Das gelingt bei mir übrigens selten. Charaktere kann man mir nahe bringen, aber bei Orten und Umgebungen ist das schwierig. Bei Helene Henke habe ich mich dagegen einfach zuhause gefühlt. Besonders einige Szenen im Kino hat die Autorin so gut beobachtet, die kommen einfach aus dem wahren Leben. Spaß hatte ich auch an kleinen Details. Eine meiner Lieblingsfiguren ist Konrad Knecht, Rudgers Hausmeister und selbst Vampir. Der hockt dann in sich versunken in einem alten Draculastreifen und betitelt diesen als „Heimatfilm“ – wie putzig. Oder Leyla selbst, besteht sie an einer Stelle darauf nicht mit einer amerikanischen Vampirjägerin verglichen zu werden. Ich hatte wirklich Spaß. Ins Hintertreffen geriet für mich allerdings die Handlung um Leylas eigentlichen Auftrag. Leyla soll ermitteln wer die Vampirmorde in der Stadt verübt und gerät dabei schnell an die Sekte Thetania e. V., die Mitglieder mit dem Versprechen des ewigen Lebens ködert, wenn sie besonders fleissig sind. Zum Fleiß gehört es sich beim Schönheitschirurgen durchliften zu lassen, bis das Silikon platzt. Will ja schließlich auch keiner untot und faltig sein bis in alle Ewigkeit. Leyla gelingt ein eher zufälliger Teilerfolg, was aber kein wirklich befriedigendes Ende ist. Wahrscheinlich wird sich aber die Ermittlung gegen Thetania wohl durch Folgebände ziehen, ich warte also ab. Um noch einmal auf Rudger und Leyla zurückzukommen, zeichnet sich hier eine ungewöhnlich entspannte Liebesgeschichte ohne die üblichen Zickereien ab, die nicht neben den anderen Handlungsaspekten herläuft, sondern sich dort integriert.




    Helene, wenn du in diesen Fred gucken solltest:


    1) die Sache mit dem offenen blauen Hemd Rudgers und dem Wassertropfen = super! :grin
    2) was ist das eigentlich bei euch „Vampirschreiberinnen“ immer mit den Hauptfigurinnen und ihrer Großmutter? :gruebel

  • BelleMorte , Helene hat in diesen Thread geguckt. Durch Zufall ...


    Ich bin total begeistert von deiner Rezi. Vielen Dank. So habe ich "Die Totenwächterin" noch nie betrachtet, quasi als "Pottpurie" im neuen Kleid.
    Was die Ähnlichkeiten mit Blade oder Underworld betreffen, muss das ein Zufall oder den entlegensten Winkeln meines Unterbewusstseins entsprungen sein. An Blade erinnere ich ich kaum und der Macher meines Trailers zum Buch hatte damals auch Szenen aus Underworld eingespielt. Offenbar fühlte er sich auch daran erinnert.
    Ja, die Rocky Horror Picture Show, ich liebe sie und Vincent sollte wie ein gefährlicher Frank'N Furter rüberkommen. Eine Supertranse auf Ecstasy eben.


    Leyla sollte keine Anita werden, dazu ist sie viel zu alt. Dennoch wurde ich von Laurrell K. Hamilton ebenso inspiriert wie von Buffy - nur das Ganze auf Deutsch. Ich sehe "Die Totenwächterin" gerne als Hommage an amerikanische Kolleginnen.


    Jetzt weiß ich auch, was du mit Wundertüte meinst und gewissermaßen ist es auch so.


    Zitat

    die Sache mit dem offenen blauen Hemd Rudgers und dem Wassertropfen = super!


    Vielen, vielen Dank für diese Bemerkung. Was solche "Dinge" betrifft, die werden im zweiten Teil noch besser. Versprochen.


    Was die Oma angeht ... mh ... keine Ahnung. Ichwollte Leyla keinen familiären Klotz ans Bein hängen und Omas sind "harmlos" genug. Außerdem kann man sie besser verschwinden lassen - auf Kreuzfahrt für Senioren schicken. :-)


    Ich danke dir für die tolle Rezi, wie gesagt, ich weiß es zu schätzen, wenn Vampirexperten ans Werk gehen. :wave


    Herzlichst
    Helene Henke

  • Strike! als ich bei Vincent die geschminkten Augen gelesen habe, war Schluß bei mir, da rannte nur noch Tim Curry durch mein Hirn! :lache


    Ich sehe Leyla und Rudger auch nicht wie Anita und Jean Claude. Deine Charaktere sind ja auch anders gelagert, deshalb fand ich die Ähnlichkeiten in der Handlung auch nicht schlimm, sondern habe das als eine Art Adaption gesehen.


    Ich überlege auch, ob diese Underworld Atmosphäre einfach dadurch entstanden ist, daß die Handlung in Deutschland spielt. Druck der alten Geschichte oder so in etwa. :gruebel


    soso die Oma wird also noch beseitigt... tzttztzz


    momentan bin ich allerdings froh, daß der neue Band von R. A. Salvatore früher rausgekommen ist, da konnte ich mich wenigstens von abhalten Gottvampir sofort zu lesen (und nu kommt dein Versprechen *jammer*), sonst wäre das wird nix mit der Leserunde ;)

  • Zitat

    Original von BelleMorte
    Strike! als ich bei Vincent die geschminkten Augen gelesen habe, war Schluß bei mir, da rannte nur noch Tim Curry durch mein Hirn! :lache


    Ja, Tim Curry war damals einfach fantastisch. Bei meiner Event Lesung im Januar, wurde diese Szene von Kinomitarbeitern nachgespielt. Du hättest sicher deinen Spaß an meinem "Vincent" Darsteller gehabt, vor allem nachdem die Mädels ihn gebeten hatten, seinen Vamp Mantel ohne Hemd zu tragen. Falls du es sehen möchtest, das Video steht auf meiner HP.


    Zitat

    Ich sehe Leyla und Rudger auch nicht wie Anita und Jean Claude. Deine Charaktere sind ja auch anders gelagert, deshalb fand ich die Ähnlichkeiten in der Handlung auch nicht schlimm, sondern habe das als eine Art Adaption gesehen.


    So ähnlich ist es auch, denn Leyla ist charakterlich völlig anders als Anita und das Rudger ein Faible für Antiquitäten hat, nun, das ergibt sich einfach aus seiner sehr langen Lebenserfahrung. Doch diese Leidenschaft von ihm ähnelt mehr einem "Schatzsucher" als einem Antiquitätenhändler wie du in Teil 2 erfahren wirst.


    Zitat

    Ich überlege auch, ob diese Underworld Atmosphäre einfach dadurch entstanden ist, daß die Handlung in Deutschland spielt. Druck der alten Geschichte oder so in etwa. :gruebel


    Möglich. Vielleicht ist es das Katana. Ich liebe Kampfsport, das gehört zu den Dingen, die ich in meinem Leben nicht verwirklicht habe. Bei der Recherche half mir übrigens ein deutscher Katana Spezialist, der in Japan lebt. Ein sehr netter junger Mann, den ich auf www.schnittberichte.com "getroffen" habe.


    Herzliche Grüße
    Helene

  • werde ich mir mal in Ruhe ansehen! Seit damals ist der gute Tim ja recht pummelig geworden, aber er hat ein Gesicht für Fantasy und so.


    Ich finde die Sache mit den Antiquitäten eigentlich sehr schön, schon damals als ich noch Anne Rice gelesen hatte, weil die Vampire da irgendwo mit mit ihrem Jahrhundert verbunden bleiben wollten. Bei Highlander war das ja auch so :gruebel Ups da sind wir ja wieder bei Schwertern. Ich finde Katanas sehr faszinierend, aber Sport hab ich nicht auf dem Schirm, da bin ich nicht für geschaffen.

  • Zitat

    Ups da sind wir ja wieder bei Schwertern. Ich finde Katanas sehr faszinierend, aber Sport hab ich nicht auf dem Schirm, da bin ich nicht für geschaffen.


    Ich ja auch nicht, deshalb ist es ja nie dazu gekommen. Zwischen dem, was ich will und dem, was ich kann, ist ein himmelweiter Unterschied. Deshalb finde ich im Schreiben ein hervorragendes Ventil.


    Was die Schwerter angeht, war mein erster Gedanke ein Breitschwert. Als Schottlandfan lag da nahe, doch es erschien mir seltsam. Ein Katana ist zierlicher und "alltagstauglicher", also habe ich Leyla zur Aikido und Kendo Kämpferin gemacht.


    Herzliche Grüße
    Helene

  • Meine Meinung:
    Mein erster Vampirroman einer deutschen Autorin, deren Romanhandlung auch in Deutschland spielt.
    Es geht um eine Privatdetektivin und früheren Polizistin, die aber nebenher auch spezielle Fälle für die Polizei bearbeitet.
    Durch einen aktuellen Fall, sowie einem Auftrag eines Klienten, gerät Leyla in die Machenschaften von Vampiren und anderen Gestalten.
    Ab diesem Zeitpunkt baute sich langsam, aber stetig, Spannung auf.
    Die polizeilichen, wie auch ihre privaten Ermittlungen führen Leyla ins Multipexkino Aurodom, dass sich in fester Vampirhand befindet.
    Dort macht sie Bekanntschaft mit etwas viel Schlimmeren als einem Vampir und findet interessante Dinge über einen Verein heraus, der sich teilweise auf illegale Weise mit dem Schönheits- und Jugendwahn befasst ...


    Während Leyla nun versucht, dem Verein das handwerk zu legen, muss sie sich mit bösartigen Kreaturen herumschlagen und sich ihrer eigenen Vergangenheit stellen.
    Nebenbei bahnt sich etwas Undefinierbares zwischen Leyla und dem Meistervampir von Krinfelde an, was sie zunächst nicht einordnen kann und dann nicht richtig wahr haben will. Aber es existiert ein unsichtbares Band zwischen ihnen, das im laufe des Buches immer offensichtlicher wird. Die Visionen, die dazugehören, machten Leyla die Verbundenheit noch deutlicher.


    Der Roman hatte mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Vielleicht hing es auch damit zusammen, dass ich das Gefühl hatte, regelrecht in die Geschichte hineinzustolpern. Da ich das Buch anhand einer Leserunde mit der Autorin lesen durfte, wurde mir dieses Gefühl bestätigt, da es gleich rasant losging.


    Da die Handlung meist aus Leylas Sicht in der personalen Perspektive geschildert wurde, bekam ich auch mit, was in ihrer Gefühls - und Gedankenwelt vor sich ging. Dadurch hatte ich den Eindruck, dass ich ein Teil von ihr bin und das war einfach genial dargestellt.
    Aber auch der Blickwinkel des Meistervampirs Rudger kam wenige Male vor und in dieser Sicht erfuhr ich einiges über Rudgers früheres Leben, sowie auch interessante Verzweigungen zu Leylas Vergangenheit.


    Trotz der wechselhaften Standorte und Geschehnisse baute sich sehr schnell eine Grundspannung auf, die von Kapitel zu Kapitel zunahm.
    Gerade die Abwechslung zwischen den Todesfällen, den Nachforschungen um Thetania e.V., sowie Leylas Privatleben und Vergangenheit machten den Debütroman von Helene Henke so interessant.
    Was den Mörder anging, lag ich zum Schluss richtig. Aber es dauerte fast das ganze Buch durch, bis ich dahinter kam.


    Sie Kapitel sind mit Abschnitten aufgelockert und wirken durch das, etwas für mich unhandliche Format des Buches, etwas kurz.
    Die Autorin schreibt so, dass man sich gut in die Geschichte hineinversetzen kann.


    Fazit:
    Ein tolles Leseerlebnis. Nun freue ich mich schon auf den zweiten Teil!
    Fünf volle Sterne!


    Auch hier noch einmal ein großes Lob an die Autorin und ein dickes Dankeschön für die autorenbegleitende Leserunde!

  • Zitat

    Fazit:
    Ein tolles Leseerlebnis. Nun freue ich mich schon auf den zweiten Teil!
    Fünf volle Sterne!


    Auch hier noch einmal ein großes Lob an die Autorin und ein dickes Dankeschön für die autorenbegleitende Leserunde!

    Der zweite Teil ist sogar noch besser! Ich lechze nach dem dritten!:wave