Als meiner Seele der Strom ausging - Robert Hosner
Lebenserinnerungen eines depressiven Arztes
Der 16jährige Gymnasiast Robert Hosner verbringt seine Ferien im Jahre 1964 in London. Dort überfällt ihn ohne Vorwarnung die schwere psychische Erkrankung, die fortan sein ganzes Leben beherrschen wird.
Im ersten Moment denkt der Schüler an eine Herzerkrankung, die ihn tagelang ans Bett fesselt und dem Hohn seiner Freunde aussetzt. Aber auch der konsultierte Arzt rät ihm nur, sich in Zukunft von Drogen fernzuhalten.
Selbst Roberts Vater, der Chirurg ist, kann mit den Symptomen seines Sohnes absolut nichts anfangen.
Es sollten noch viele Jahre vergehen, ehe die richtige Diagnose erstellt werden konnte. In den 60iger und 70iger Jahren konnte sich jedenfalls niemand vorstellen, warum ein junger Mann aus gutem Hause, dem es noch nie in seinem Leben an etwas gefehlt und der keinen schweren Schicksalsschlag erlitten hatte, an einer Depression erkrankt sein sollte.
Doch das Leben geht auch für Robert weiter, er studiert erfolgreich Medizin, obwohl die Krankheit sein Studium immer wieder unterbricht. Nun folgen eine erste Anstellung als Turnusarzt in einem Provinzkrankenhaus und schließlich die Ausbildung zum Internisten und Notarzt.
1982 heiratet Robert Hosner und 1984 wird seine einzige Tochter geboren. Selbst dieses freudige Ereignis ist überschattet von der Angst des Vaters, dass er seine Krankheit an das Kind vererbt haben könnte.
Zwischen seinem 37. und 52. Lebensjahr tritt die Depression, die endlich richtig erkannt und behandelt werden kann, so weit in den Hintergrund, dass er seinen anstrengenden Berufsalltag (fast) problemlos bewältigen und sogar noch eine eigene Ordination aufbauen kann.
1990 scheitert die Ehe an der immer wieder aufflammenden Krankheit, die das Zusammenleben mit ihm sehr erschwert. Es gibt aber bereits eine neue Liebe im Leben des Arztes, die schließlich Bestand haben sollte.
Der völlige Zusammenbruch erfolgt 2004 und zwingt den engagierten und bei seinen Patienten sehr beliebten Arzt mit 56 Jahren in die Frühpension.
Eigene Meinung
Ich konnte diesen berührenden und mutigen Lebensbericht kaum noch aus der Hand legen. Der Autor schreibt, so mein Eindruck, sehr aufrichtig über seine schwere Depression, seine Gefühle und Verhaltensweisen während der Krankheit. Nicht nur auf seine Beziehungen, auch auf das gesamte soziale Leben hat sie sich äußerst negativ ausgewirkt. Er berichtet aber auch vom Unverständnis, dem Zynismus oder der Hilflosigkeit, mit der seine Umwelt gewöhnlich auf ihn reagierte.
Trotz allem hat er sich selber aber nie aufgegeben. Er ist Arzt mit Leib und Seele. Das Wohl und die Wahrung der Würde der Patienten haben für ihn oberste Priorität. So läßt er den Leser auch an seiner anstrengenden Tätigkeit im Krankenhaus teilhaben und spricht viele generelle Probleme des Spitalalltags an.
Das Buch bietet viele interessante Einblicke, ist spannend, abwechslungsreich und entbehrt nicht eines gewissen Humors.
Trotz seiner 400 Seiten ist es so flüssig geschrieben, dass es sich in wenigen Stunden liest.
Für mich war das eine Lektüre, die nachdenklich stimmt, aber auch Hoffnung macht und Verständnis für Menschen weckt, die an ähnlichen Krankheiten leiden.