Schau grad wieder die serie auf etappen
Was mich jetzt nicht so verwundert hat, ist der schwur, dass der vater verlangt, dass die kinder sich den eigenen stand rückerobern, weil sie sonst in seinen augen keine existenzberechtigung haben. Das standesbewusstsein war im MA teilweise so ausgeprägt wie das indische kastenwesen, und genauso undurchlässig.
Wenn ich Aliena gewesen wär, hätt ich den kleinen noch ganz anders behandelt; in etwa so wie meine urgroßeltern meine großeltern: ich hätt seine arbeitskraft beinhart an den nächsten bauern vermietet, damit er mal lernt, wo das essen und die kleidung her kommt. - Aber einer echten Aliena wäre ob standesdünkel so eine sache gewiss nie eingefallen.
Beim lesen ist mir das gar nicht so störend aufgefallen, aber jetzt beim ansehen der serie:
Was mich weiter etwas überrascht, ist, dass die engländer in dieser geschichte um diese zeit so freizügig sind, denn bei uns im MA war es nahezu unmöglich die grenze von einer grundherrschaft zur nächsten zu übertreten, wenn man keinen pass oder keine papiere hatte, oder bereits einem neuen grundherren oder arbeitgeber zugeschrieben/an ihn verkauft worden war, oder von einem handels/bauherrn zum nächsten geschickt worden war.
Wer keinen entlassungsbrief, und keine empfehlung und neuzuschreibung hatte, sowie keinen passagierschein und auch kein zollgeld hatte, kam nicht mal über eine brücke, und auch in die meisten grundherrschaften und städte gar nicht rein. Und einen paß etwa als händler zu bekommen, dürfte ziemlich schwer gewesen sein, da muss man sich zuerst bei einem händler andienen. Das geht wohl kaum so, wie in der geschichte: ich handle jetzt mal schnell mit wolle. Wer was verkaufen darf, war schon damals strikt geregelt, die rangeleien um den markttag, beinhalteten auch wer wo was wann verkaufen darf.
dass man überflüssig empfundene leute von seinem grund und boden verjagt, ist eher eine spätere erscheinung. - Nun, einen großteil der überflüssigen überbevölkerung, hatte man in europa zu dieser zeit mit landesausbau, den stadtgründungen beschäftigt und auch schon in den orient auf kreuzzug geschickt (jüngere adelssöhne und deren niederadelige pagen und knappen), mit der vagen hoffnung, dass sie jahrelang weg waren und nach möglichkeit dort blieben, und im inland rückkehrend kein chaos verursachten.
Das ganze harte reglement änderte sich erst nach der ersten pestwelle, nach der sich leute aus bevölkerungsschwund auch geburtsstandesfremde arbeit suchen und mangels wachpersonal und verfolgung und gewaltsamer rückholung auch in nachbarherrschaften und vor allem städte flüchten konnten, welche die abhängigkeit vom nächst-höherrangigen nachbarn oder nächst höheren grundherrn durchschnitten.
So frei herumziehende handwerker waren im MA auf weiter strecke kaum möglich. Da hatte man schon ein sendschreiben mit, in dem stand, wer einen zu wem warum schickte, sonst durfte man so einen herrschaftsbereich gar nicht verlassen/durchqueren, und die grenzen nicht übertreten.
Fahrende fernhändler und spielleute waren davon auch nicht ausgenommen, und sogar die wollte man schröpfen bzw meist nicht lange durchfüttern und war man froh, wieder los zu werden, aber das war ein geringer bevölkerungsteil, der großteil war schollen und bodengebunden, einzig die könige und ihr hofstaat waren immer unterwegs, alle anderen waren in ihrer bewegungsfreiheit ziemlich eingeschränkt.
Und wenn man als könig einen unbotmäßigen aus seiner untergebenenschar hinrichten lässt, ist man für die unterbringung der hinterbliebenen kinder zuständig: die tötet man aus sippenhaftung, steckt man als mündel etwa in das nächste kloster, zwangsverheiratet sie, oder findet ihnen einen platz als page, die versorgung der waisen und witwen ist verantwortungsbereich des königs oder des regierenden klüngels, die können sich gar nicht so auf eigene faust durchbringen: das wird ihnen von den standesgenossen damals gar nicht erlaubt.
Fahrende im 'großen stil' mit wanderhandwerk und gelegenheitsjobs gibt's nach der konsolidierung am ende der VWZ erst seit dem 13. Jhd mit den vom Balkan vertriebenen zigeunern, und über dieses fremde fahrende volk war man in ganz europa nicht grad begeistert - so wenig wie mit den juden, die man überall ausgrauste.
Las grad Himl über die böhmische grundherrschaften, inclusive leibegenschaft, die dort noch bis in die mitte des vorvorigen Jhdt andauerte, man musste sich sogar einkaufstouren in die nächste stadt bestätigen lassen, und durfte seine überproduktion erst nach sichtung einesamtmannes verkaufen, auch konnte man nicht so einfach ohne bestätigung das mädchen aus dem gehöft einen hügel weiter heiraten, denn der nachbarhof gehörte häufig schon zu einer anderen grundherrschaft, und da wurde jeweils um die einzelnen untertanen gefeilscht, wieviele auswärts heiraten durften, und wie viele wieder zurückgeheiratet werden mussten, damit keiner einen nachteil hat; -
obendrein hat man im MA nich in der kirche geheiratet, sondern vorder kirche. Priester gaben bestenfallsihren segen auf den ehevertrag, was mich beim film störte.
auch zur berufsausbildung der kinder musste man die erlaubnis des grundherrn einholen, man konnte nicht einfach sagen; du lernst schmied, du wirst maurer, das hat der grundherr entschieden, was besonders bei der frage, ob bauernsöhne lesen und schreiben lernen dürfen, ein problem war: da brauchten sie die fürsprache des pfarrers und die bestätigung eines klosters, das einen laienbruder - zur schwereren arbeit) brauchte.
- Und es war woanders noch schlechter, denn leute, die in der pupertät aus rebellion und trotz geflohen waren, und nach jahren/jahrzentelangem tagelöhnertum ohne aufstiegsmöglichkeiten in der fremde wieder zurück wollten, hatten große probleme, wieder in die heimatdörfer zurück zu dürfen, man war als entlaufener leibeigener und tagelöhnender landstreicher, mehr oder weniger vogelfrei, man konnte noch als religiöser wanderbettler/pilger zu einem heiligtum reisen, aber auch dazu brauchte man einen eigenen pilgerpaß, der bestätigte, dass man von seiten seines heimatortes losziehen durfte - die heutigen jakobswegs-stempel sind der rest davon- das sogenannten freien religiösen wanderbewegungen, das beghinen und begharden-wesen, und die teilweise gewaltsame reaktion auf selbstberufen religiös wandernde gruppen, die sich nach eigenem ermessen auf den weg machten, und sich durch privatstiftungen bekehrter förderer eher eigenmächtig niederließen, aber vom angestammten klerus rasch verfolgt und verdrängt waren, sprechen für sich, dass freiheit, wie wir sie heute verstehen - reisefreiheit - in weiten teilen Europas kaum möglich war.
Dass die pest plötzlich ein chaos auslöste, von bettlern und entwurzelten fahrenden aus den nachbarregionen, die sich leerstehende gehöfte aneigneten, die ihnen standesmässig nicht zustanden, bauern, die scharenweise aus der leibeigenschaft entliefen und als handwerker bzw apokalyptische prediger und geissler durch die länder zogen, mägde selbstbewusst ihre lohnforderungen höher schraubten, und die grundherren das für allgemeine anarchie und den untergang der angestammten lebensweise hielten, kennt man aus den dokumenten.
Von einem 'freien' mittelalter kaum eine spur. - Frei war man bestanfalls in den städten, und da wurde auch sehr rasch von den gilden geregelt, wer was durfte.