Am 29.09.08 eröffnete Eginald Schlattner die 15.Buchwochen Mosbach mit einer Lesung aus seiner Siebenbürgen-Trilogie:
Der geköpfte Hahn
Rote Handschuhe
Das Klavier im Nebel
Diese Romane erschienen bei Zsolnay und als Taschenbücher bei Dtv.
Von Mosbach-Homepage zitiere ich:
Mit Eginald Schlattner hat die Stadtbibliothek einen Zeitzeugen für die Geschichte Siebenbürgens im 20. Jahrhundert eingeladen. Der Autor liest am Montag, dem 29. September um 20 Uhr im Rathaussaal aus seinen autobiographischen Romanen „Der geköpfte Hahn“, „Rote Handschuhe“ und „Das Klavier im Nebel“ und eröffnet damit die 15. Mosbacher Buchwochen.
„Literanto – Kulturen begegnen sich“ lautet das Motto des Literatursommers 2008. Die Stadtbibliothek Mosbach beteiligt sich mit der Lesung von Eginald Schlattner an der umfangreichen landesweiten Veranstaltungsreihe der Landesstiftung Baden-Württemberg. Die Begegnung der verschiedenen Kulturen ist auch das Thema seiner Roman-Trilogie. Die autobiographisch geprägten Romane schildern die Geschichte Siebenbürgens in den 1940er und -50er Jahren. Der erste Roman „Der geköpfte Hahn“ erschien im Jahr 1998 und erzählt von der Zeit während des 2. Weltkriegs in Siebenbürgen. Die Freunde des 16-jährigen Ich-Erzählers treffen sich im Haus seiner Eltern zum Tanztee. Es soll ein Fest werden zum Schulschluss, es wird aber ein Abschied für immer. Denn an jenem 23. August 1944 wechselt das mit Hitler verbündete Rumänien die Fronten und schließt sich den Alliierten an. Das Jahrhunderte lang kultivierte Zusammenleben von Rumänen, Ungarn und Deutschen findet ein Ende. Die weiteren Romane beschreiben die Atmosphäre der Überwachung im Kommunistischen Rumänien. Die Romane erhielten in Deutschland ein großes Medienecho und öffneten den Blick auf einen bisher im Verborgenen liegenden Teil der deutschen Geschichte. Die Frankfurter Rundschau urteilte bei Erscheinen des Romans „Rote Handschuhe“: “Ein ganz und gar ungewöhnliches Buch...kein in diesem Teil Rumäniens geschriebenes Buch hat bisher so offen und frei von Ressentiments die dortige Nachkriegsgeschichte dargestellt wie die beiden Romane Eginald Schlattners.“
Eginald Schlattner wurde 1933 in Arad geboren und wuchs im siebenbürgischen Fogarasch auf. Er studierte bis zur Verweisung von der Hochschule evangelische Theologie in Klausenburg, anschließend Mathematik und Hydrologie. 1957 wurde er verhaftet und 1959 wegen „Nichtanzeige von Hochverrat“ verurteilt. Nach der Entlassung arbeitete er als Tagelöhner und später als Ingenieur. 1973 nahm Schlattner noch einmal das theologische Studium auf. Er ist heute Gefängnispfarrer und lebt bei Hermannstadt. Im Jahr 2007 entstand der Dokumentarfilm „Versunkene Gesichter – Die Romane des Gefängnispfarrers Eginald Schlattner“ von Walter Wehmeyer. In einer internationalen Koproduktion wurde 2006 „Der geköpfte Hahn“ von Radu Gabrea und Marijan D. Vajda verfilmt.
Zum neuesten Buch:
Durch die Enteignungen nach dem Zweiten Weltkrieg hat die als "bourgeois" verfemte Familie des jungen Fabrikantensohns Clemens aus Schäßburg/ Sigishoara in Siebenbürgen alles verloren: Der Vater ist im Gefängnis, die Mutter verschollen, Clemens arbeitet in einer Porzellanfabrik und besucht die Abendschule. Als er der Rumänin Rodica begegnet, sprengt die Liebe alle Grenzen. Doch findet er aus seiner sächsischen Bürgerlichkeit oder siegt die Tradition über das Gefühl?
Meine Eindrücke von der Lesung:
Bei Schlattners autobiographisch gefärbtem Werk geht es um die Geschichte Siebenbürgens, die auch Publikum zu der Lesung anzog, die wahrscheinlich ebenfalls aus dieser Gegend stammen. Schlattner geht sehr in seinem Werk auf, deshalb bilden seine bisherigen 3 Romane auch eine Trilogie, obwohl sie von der Handlung her auch alleinstehend gelesen werden können.
Schlattner las aus allen drei Romanen in der Reihenfolge ihrer Entstehung.
Er begann mit Der geköpfte Hahn, der 1998 erschien, bereits in der 10.Auflage erschien und auch verfilmt wurde. Die Handlung setzt 1944 ein. Rumänien schließt einen Waffenstillstand mit den Alliierten.
14 Jahre später beginnt Rote Handschuhe, aus dem der Autor als nächstes las.
Nach Verhör durch die Securitate befindet sich der Protagonist des Romans für 2,5 Jahre in Isolierhaft. Beklemmend geschrieben, da das mit Schlattners eigener Biographie vermutlich übereinstimmt.
Dabei ist die Sprache messerscharf, wenn auch nicht ohne Melancholie: “Einsamkeit heißt Sehnsucht haben nach Niemanden!“ denkt der Gefangene.
Dem dritten Band „Das Klavier im Nebel“, das zwischen den anderen beiden Büchern in den Jahren von 1944 bis 1951 gelegt ist, widmet sich der Autor dann ausführlicher. Es setzt 1949 ein. Es geht um die Begegnung eines jungen, sächsischen Burschen namens Clemens, der eine junge, schöne Rumänen trifft und sich sofort in sie verliebt. Es sind aber auch zwei Kulturen, die hier aufeinandertreffen. Wichtig ist dabei der politische und soziale Hintergrund, vor dem sich die Liebesgeschichte abspielt. War Rumänien bis 1948 eine kommunistische Monarchie, ist der König jetzt abgesetzt und es gibt starke und schlimme Repressalien gegen die Bevölkerung, die als Bourgeoisie angesehen werden. E gibt viele Verhaftungen, Fabriken werden geschlossen, ein Klassenkampf voller Brutalität gegen Deutsche, Juden und denen, die bisher im Land etwas dargestellt haben. Schreckliche Jahre beginnen.
Diese Lesung lässt nicht unberührt.
Abschließend zeigte sich das Publikum sehr interessiert und bekam die Gelegenheit viele Fragen zu stellen, und die waren nicht von der Stange sondern mündeten in einem ausführlichen Gespräch mit interessanten Antworten des Autors.