Zeit der Freundinnen - Diana Beate Hellmann

  • Klappentext:


    Helen lebt den ganz normalen Wahnsinn unserer Zeit mit Kindern, Haushalt und anstrengenden Schichtdiensten im Krankenhaus. Sie ist eine hilfsbereite Seele, die sich für andere Zeit nimmt und auf die Probleme ihrer Mitmenschen eingeht. Als Helen die einsame Jodie und die vom Kummer gezeichnete Charlotte in ihr Leben lässt, ahnt sie nicht, welch verhängnisvolle Folgen das für ihr eigenes Leben haben wird. Plötzlich ist nichts mehr wie zuvor, und Helens Lebensmut wird auf eine harte Probe gestellt ...


    Autorin


    Diana Beate ("Bea") Hellmann, geboren und aufgewachsen in Essen, wurde bekannt durch ihr Buch "Zwei Frauen" das ihren Kampf gegen den Krebs schilderte.
    In "Ich fang noch mal zu leben an" äußerte sie sich offen über ihren jahrelangen Alkoholmißbrauch.
    Bea Hellmann lebt heute vorwiegend in Los Angeles, USA.



    Meine Meinung:


    Helen arbeitet im Traumazentrum eines großen Krankenhauses in Los Angeles, wo sie für die Erstversorgung der nächsten Angehörigen von verstorbenen Unfallopfern zuständig ist. Neben dieser aufreibenden Arbeit – „... ein Job, den niemand haben wollte, ein Job, an den man sich nie gewöhnen durfte ... es war alles andere als ein Job“ - ist sie Ehefrau eines durch Krankheit in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkten Mannes und Mutter zweier Töchter, eine davon ein pubertierender Teenager, der alles andere als leicht zu handhaben ist.
    An einem heißen Tag im Frühherbst, als um Los Angeles die Waldbrände wüten und die Mitarbeiter der Notaufnahme am Rande der Erschöpfung sind, lernt sie zwei sehr unterschiedliche Frauen kennen, die ihr weiteres Leben nachhaltig prägen werden.


    Der Klappentext des Romans ist in meinen Augen wenig aussagekräftig, denn das Buch hält wesentlich mehr für den Leser bereit, als der Klappentext vermuten lässt.
    Es ist ein spannendes, bewegendes Buch über die Arbeit in einer Notaufnahme, das brisante Thema Organspende, Gedanken über Leben und Sterben, aber auch über zwischenmenschliche Beziehung und das Thema Freundschaft, das niemals einfach und oberflächlich, sondern intensiv und mit allen Konsequenzen dargestellt wird.
    Diana Beate Hellmann, die selbst Erfahrung in der Hospizarbeit hat, erzählt vom Umgang mit dem Tod und mit den Menschen, die Angehörige verloren haben, sowie mit den ethischen und rechtlichen Problemen der Organspende. Sie macht deutlich, dass man diesen Job wohl ohne die innere Überzeugung, dass der Tod den Menschen nicht auslöscht, sondern nur woandershin bringt, kaum machen könnte.
    Bei aller Tragik ist das Buch aber auch gleichermaßen von herzerfrischendem Humor gezeichnet. Ein Aspekt, der mir in Hellmanns Büchern immer wieder auffällt. Man taucht in ein Wechselbad der Gefühle ein und wird von einer Welle der Emotionen mitgerissen. Standen einem im einen Moment noch die Tränen in den Augen, lacht man im nächsten plötzlich laut los. Dabei schafft die Autorin den Spagat zwischen Betroffenheit und Humor ausgezeichnet, ohne jemals auch nur an den Rand der Pietätlosigkeit zu geraten.
    Auch wenn dieser Roman im Vergleich zu den meisten anderen Büchern von Frau Hellmann nicht vordergründig biografisch zu sein scheint, schimmert doch in jeder Zeile die Persönlichkeit der Autorin durch; ihre Gedanken, Gefühle, Erfahrungen – wer die biografischen Bücher der Autorin kennt, meint immer wieder in der Protagonistin Helen auch Aspekte von Bea Hellmann wiederzufinden.


    Ein überzeugendes, ein bewegendes Buch über Freundschaft und über Beruf als Berufung, sowie eine Hommage an das medizinische Wunder Organspende, das zum Nachdenken anregt. Absolut lesenswert!

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • So, habs im Rahmen der Leserunde auch gelesen. Britt hat das Wesentliche ja schon so schön zusammengefasst.


    Mir war Helen manchmal ein wenig zu naiv. Sonst hat es mir aber ganz gut gefallen. Am besten fand ich Dr. Kidder und die mexikanischen Handwerker! :chen


    8 Punkte von mir. :wave

  • :wave Ich habe nach der Leserunde erst noch einmal über das Buch nachdenken müssen. Der schönen Rezi von Britt ist eigentlich wirklich nicht mehr viel hinzuzufügen, deshalb nur kurz meine Meinung:


    Helen arbeitet in der Notaufnahme eines Traumacenters. Sie betreut Angehörige von dort verstorbenen Unfallopfern und kümmert sich um sie, damit der Ablauf in der Klinik nicht gestört wird. Bei ihrer Arbeit lernt sie Charlotte und Jodie kennen, und aus der lockeren Bekanntschaft wird eine Beziehung, die weit über das normale Maß hinausgeht.


    Es ist ein sehr vielschichtiger Roman der sehr realistisch von der Arbeit in einem Traumacenter erzählt, der sich aber auch mit dem Thema Organspende befasst. Helens Arbeit ist es, die von ihr immer wieder sehr großes Einfühlungsvermögen verlangt und die aus ihr einen Menschen macht, der sich sehr viele Gedanken um das Thema Tod und Verlust gemacht hat. Sie ist jemand, der Trost spendet, jemand der hilft und jemand der gibt, doch genau das kann Menschen anziehen, die vom „Nehmen“ leben. Jodie ist solch ein Mensch und sie hat sich Helen ausgesucht…


    Und so geht es auch um Freundschaft in diesem Roman von Diana Beate Hellmann, doch wird hier nicht eine seichte und belanglose Frauenfreundschaft geschildert, sondern die Abgründe, in die eine vermeintliche Freundschaft abgleiten kann, wenn sie im Ungleichgewicht ist – wenn einer immer nur gibt und der andere immer nur nimmt. Man findet sie immer und überall, die „Blutsauger“, die sich ihre „Freundschaften“ wahrscheinlich nur nach eigenem Profit aussuchen und die dabei ohne jegliches schlechte Gewissen und voller Selbstbewusstsein in das Leben anderer Menschen eindringen und sich darin ausbreiten – Ganz langsam und immer mehr Raum fordernd, bis sie dem anderen letztlich die Luft zum Atmen nehmen.


    Der Autorin ist ein wunderbares Buch gelungen, das alles andere als ein „netter“ Frauenroman ist. Schade, dass der Verlag das Ganze mit einem Cover versehen hat, dass sicherlich eine völlig falsche Zielgruppe anspricht, denn hier findet sich statt "Friede, Freude, Eierkuchen" ein klug und einfühlsam erzählter Roman, der dicht gepackt ist mit Gedanken zum Thema Sterben, Organspende, Freundschaft und Familie und der trotz allem nicht überladen wirkt. Es ist eines jener Bücher, die einen Eindruck hinterlassen und bei denen ich froh bin, sie gelesen zu haben.

  • Das Buch habe ich auch in der Leserunde gelesen und danke Britt nochmal dafür, dass ich dieses Buch dadurch kennenlernen konnte. Ein Buch, dass seinem Klappentxt und Cover so gar nicht entspricht. Ein Buch zum Nachdenken, zum Erschrecken, zum Überdenken von eigenen Positionen- zum Kauen. Aber ein Buch vorallem zu einem - zum Lesen. Diesem Buch wünsche ich viele Leser und Leserinnen.

  • Mir haben an diesem Buch vor allem die Einblicke in den Klinikalltag und die dazugehörenden Informationen sowie die Erläuterungen zur Organtransplantation gefallen. :-) Ich habe sehr viel Neues und Wissenswertes erfahren, vielen Dank dafür.


    Das Buch ist leicht zu lesen, hat keine wesentlichen Längen und behandelt eine Menge an Themen - irgendwie ist in diesem Buch fast jeder auf die eine oder andere Art reif für eine Therapie. ;-)
    Fast zu gut um wahr zu sein kamen für mich das Ehepaar Helen und Ben rüber. Die beiden erschienen mir zu perfekt.........


    Schade finde ich das völlig unpassende Coverbild und den mMn nach nicht zutreffenden Titel. Auch die Qualität des Buches lässt sehr zu wünschen übrig. :-(


    Das Buch bekommt von mir 7 von 10 Punkten.

  • Oh, hab noch gar nix dazu geschrieben.


    Ich fand das Buch total toll, obwohl es größtenteils traurig geschrieben war.
    Am meisten hat mich geärgert, dass weder der Klappentext noch das Cover zum Inhalt gepasst haben. Da sollte der Verlag sich wirklich mal Gedanken drum machen.


    Anstonsten kann ich mich der Meinung der anderen anschließen.


    Zitat

    Auch die Qualität des Buches lässt sehr zu wünschen übrig.


    Das versteh ich nicht, Rosenstolz - ich fand die Qualität gut, bzw. ist es mir nicht als schlecht aufgefallen.

  • Zitat

    Original von Booklooker
    Das versteh ich nicht, Rosenstolz - ich fand die Qualität gut, bzw. ist es mir nicht als schlecht aufgefallen.


    Ich habe mein Buch nicht anders behandelt wie meine anderen Bücher und trotzdem löst sich die Beschichtung des Buches ab und an den Ecken der ganze äussere Teil ( ich weiss nicht genau, wie ich das beschreiben soll :gruebel ). Auf jeden Fall kaufe ich mir so schnell kein TB von Bastei Lübbe mehr. :-(

  • [quote]Original von Rosenstolz
    Fast zu gut um wahr zu sein kamen für mich das Ehepaar Helen und Ben rüber. Die beiden erschienen mir zu perfekt.........


    quote]



    Auch ich habe eine wunderbare Leserunde mitverfolgen dürfen. Durch das Buch habe ich viel über den Klinikalltag speziell über die Behandlung der Angehörigen gelernt.
    Vielen Dank nochmals an die Autorin die diese tolle Runde begleitet hat. :wave Und natürlich an Britt, die es möglich gemacht hat. :wave


    Rosenstolz: Helen fand ich eigentlich noch ganz normal - Ben war ein Ehemann, der rüber kam wie fast zu gut um wahr zu sein!


    Mein Buch hat "normale TB-Qualität".

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Zitat

    Original von Rosenstolz


    Ich habe mein Buch nicht anders behandelt wie meine anderen Bücher und trotzdem löst sich die Beschichtung des Buches ab und an den Ecken der ganze äussere Teil ( ich weiss nicht genau, wie ich das beschreiben soll :gruebel ). Auf jeden Fall kaufe ich mir so schnell kein TB von Bastei Lübbe mehr. :-(


    Vielleicht hast du ein "Montagsbuch" ;-)
    Bei mir ist das nicht - das ist noch wie ungelesen, obwohl ich nicht groß aufgepasst habe.

  • Zitat

    Original von Lesebiene


    Helen fand ich eigentlich noch ganz normal - Ben war ein Ehemann, der rüber kam wie fast zu gut um wahr zu sein!


    Mein Buch hat "normale TB-Qualität".


    Ja, finde ich auch Helen hat zumindest zwei große Laster, wegen denen sie gar nicht perfekt sein kann: Zigaretten und ein ausgeprägtes Helfersyndrom. ;-)
    Ben ist wirklich der perfekte Ehemann, jede Frau, die einen solchen erwischt, kann sich nur glücklich schätzen.


    Rosenstolz
    Mein Buch ist nach zweimaligem Lesen und tausendfachen in der Tasche rumtragen auch noch wirklich gut in Schuss. Du musst ein Montagsprodukt erwischt haben.

    Worte sind Waffen. Wenn Ihnen etwas ganz stark am Herzen liegt, legen Sie Ihre Waffe an und feuern. (James N. Frey)

  • Zitat

    Original von Britt


    Ja, finde ich auch Helen hat zumindest zwei große Laster, wegen denen sie gar nicht perfekt sein kann: Zigaretten und ein ausgeprägtes Helfersyndrom. ;-)


    Das mit dem "Helfersyndrom" hat Ben ja am Schluß relativiert. :grin
    Und Rauchen spielte bei meinen Überlegungen keine Rolle. ;-)

  • Eine dem Buch angemessene Rezi zu schreiben fällt mir hier besonders schwer. Leicht allerdings ist es, dem Verlag Unfähigkeit zu bescheinigen: Unfähigkeit, Form und Inhalt einander entsprechen zu lassen. Selten ist mir eine so unpassende, ja schon irreführende Covergestaltung begegnet wie hier bei diesem Buch. Vom Klappentext mal ganz zu schweigen. In Schulnoten ausgedrückt: Sechs - setzen.


    Das sieht beim Inhalt dann allerdings ganz anders aus. Weil - und tja, das ist mein Problem. Es gab eine ungemein interessante und intensive Leserunde zu diesem Buch. Je mehr ich über die Rezi nachdenke, je weniger fällt mir ein, weil in dieser Leserunde eigentlich schon alles gesagt wurde und ich mich, was dieses Buch betrifft, „ausgepowert“ fühle.


    Sehr stark im Mittelpunkt des Buches stand das Thema „Organspende“. Darüber habe ich bisher nur peripher nachgedacht. Mit etwas Abstand zum Buch muß ich allerdings zugeben, daß ich mir meiner Position dazu nun überhaupt nicht (mehr) sicher bin. Zu sehr steht die Machbarkeit im Vordergrund. Nach dem Motto: „Der Mensch ist tot, nur noch ein Ersatzteillager, jetzt aber schnell, daß wir ihn möglichst weitgehend ausschlachten können.“ Es ist eine rein technische Betrachtungsweise, unter Ausblendung jeglicher ethischer Fragestellung. Ja, das Buch hat in mir eher den Eindruck hinterlassen, daß Ethik überhaupt nicht gefragt ist. Klar, die läßt sich auch nicht in Euro (bzw. Dollar), Rendite oder Aktienkurs bemessen. Doch das ist eine „Krankheit“ unserer Zeit und also solche so weit verbreitet, daß es schon kaum noch auffällt bzw. als normal gilt. Insofern paßt das Buch (und die Denkweise der Ärzte bzw. "Krankenhausoffiziellen") gut in die heutige Zeit.


    Ein Buch, wie beowulf schon schrieb, zum „Überdenken der eigenen Position“. Ich wünsche ihm eine weite Verbreitung.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Jetzt bin ich ja noch gespannter auf das WB.


    Da ich selbst auf einer Intensivstation arbeitet und derzeit nebenbei ein Teilzeitstudium Medizinische Ethik mache, ist mir das Thema sehr nah. Habe nun großes Interesse an dem Buch.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • So, nachdem nun meine ganze Rezi weg ist :rolleyes, fasse ich mich einfach ganz kurz:


    Tolles Buch von Diana Bea Hellmann, hervorragend umgesetzt diese verschiedenen schwierigen Themen.


    Und wie Britt schon schrieb mit einer guten Portion Humor.


    10 Punkte von mir.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt