Michael Winterhoff - Warum unsere Kinder Tyrannen werden : Oder : Die Abschaffung der Kindheit

  • Gebundene Ausgabe: 191 Seiten
    Verlag: Gütersloher Verlagshaus; Auflage: 7., Aufl. (Januar 2008)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3579069802
    ISBN-13: 978-3579069807


    Beschreibung:
    Sind unsere Kinder überhaupt noch zukunftsfähig? Zündstoff für eine grundlegende gesellschaftliche Debatte. Chakterstudie einer Gesellschaft mit psychischem Defekt - eine ebenso überraschende wie erschreckende Analyse


    Kleinkinder außer Rand und Band, Zehnjährige, für die Respekt vor Eltern und Lehrern ein Fremdwort ist, 17-Jährige, die nicht mehr arbeitsfähig sind - Kinder an die Macht? Gesellschaftliche Fehlentwicklungen und eigene Probleme von Erwachsenen verhindern, sich abgegrenzt und strukturierend gegenüber dem Kind zu verhalten und diesem dadurch eine normale Entwicklung seiner Psyche zu ermöglichen. Stattdessen wird es zunächst partnerschaftlich, dann symbiotisch vereinnahmt und kann niemals eine eigene Persönlichkeit entwickeln.


    Meinung:


    Michael Winterhoff beschreibt in seinem Ratgeber wie Kinder zu kleinen Tyrannen erzogen werden. Eltern, Lehrer, Erzieher solchen Kinder oft hilflos gegenüber stehen. Kinder werden zu kleinen Tyrannen erzogen, da ihreEltern sie auf die gleiche Stufe (wie sich selbst) stellen und Kinder mit diesen Freiheiten nicht umgehen können oder Kinder müssen, laut Autor, ihre Eltern erziehen und nicht umgekehrt. So fehlt es den Kindern oft an Respekt und Disziplin. Viele Kinder können ihre Eltern und Lehrer nicht mehr als Autoritätspersonen ansehen.


    An verschiedenen Beispielen wie Kinder ihre Umwelt massiv unter Druck setzen. Dabei zeigt der Autor keinerlei Verständnis für das Verhalten der Kinder. Die Beispiele haben mich unangenehm berührt, da Kinder nur "angeklagt" werden aber keinerlei Hilfen aufgezeigt, wie da man die Dinge besser machen kann.


    Fazit:


    Die Sprache ist sehr plakativ, daher liest sich das Buch wunderbar flüssig. Da das Buch keine Anregung zur Selbsthilfe gibt, ist meines Erachtens kein vollwertiger Ratgeber. Der Autor packt ein schweres Thema an, schafft die Umsetzung aber nicht. Hätte der Autor mehr Fingerspitzengefühl gezeigt, so hätte aus diesem Buch wirklich was werden können, so bleibt nach dem Lesen nur ein schales Gefühl zurück. Betroffene Eltern sollten die Finger von diesem Buch lassen und sich professionelle Hilfe suchen.

    Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht. (Abraham Lincoln, 12.02.1809 - 15.04.1865)

  • Auch mich hat das Buch zwiegespalten zurückgelassen, obwohl es meines Erachtens viel Wahres enthält.
    Abschreckend wirkt tatsächlich der Allwissenheitsanspruch des Autors, der, sollten seine Analysen unbeachtet bleiben, gar mit dem Untergang unserer Gesellschaft droht.
    Und seine Fallbespiele wirken in der Tat ziemlich zusammenghangslos eingestreut, ohne gründliche Analyse oder gar Lösungsstrategien. Andererseits bietet gerade dies auch die Möglichkeit, sich selbst Gedanken zu machen, sich auf seine Theorien einzulassen und seine Beispiele mit diesem neuen Denkansatz zu interpretieren und auch eventuelle Schwachstellen zu finden.


    Die Grundidee dieses Buches ist nicht neu und wurde schon in den frühen 80er Jahren von Neil Postman in seinem umstrittenen, aber gründlich durchdachten Buch "Das Verschwinden der Kindheit" ähnlich formuliert. Allerdings war Postman Soziologe und kein Psychologe, weshalb dieses Buch durchaus neue, eben psychologische Aspekte bietet.


    Viele seiner Gedanken (und immerhin hat er als praktizierender Kinderpsychologe genug Gelegenheit, sich eine profunde Meinung zu bilden) erschienen mir durchaus einleuchtend und durch Erfahrungen in meinem unmittelbaren Lebensumfeld nachvollziehbar.
    Wie etwa können Eltern ihre Kinder in ach wie süße T-Shirts mit der Aufschrift "My way or no way" stecken, milde lächeln, wenn die Kids diesen Spruch in die Tat umsetzen, und sich dann, wenn's zur Sache geht (also spätestens in der Schule) fragen, was sie denn falsch gemacht haben.


    Eine seiner Hauptthesen: Der große Irrtum der modernen Pädagogik bestehe darin zu glauben, jedes Kind würde sich von allein zu einem glücklichen und psychisch gesunden Menschen entwickeln, ließe man ihm nur genügend Freiheit und Entfaltungsspielraum.
    Aber gerade diese Annahme ist bei einem so ausgeprägt sozialem Lebewesen wie dem Menschen, mit einer aufwändigen Brutpflege, eigentlich ziemlich überraschend, da Kinder doch gerade durch ihr soziales Umfeld "menschwerden". Und soziales Umfeld bedeutet nichts anderes, als ständig von Menschen mit eigenen, u.U. konträren Bedürfnissen umgeben zu sein und sich mit ihnen zu arrangieren. Und das muss gelernt werden.


    Vorallem gibt dieses Buch Anlass, das eigene Handeln zu überdenken, sich zu fragen, ob es nicht furchtbar unfair den Kindern gegenüber ist, sie zum Lebenszweck zu erheben, oder ob die "Freiheit", die wir Kindern gewähren, nicht einfach eine Vermeidung von Konfrontation ist.


    Und ja, das Buch ist kein Ratgeber, es leifert Denkansätze, denen man zustimmen oder die man ablhnen kann. Und das macht den Reiz dieses Buches aus.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ach ja, das wäre mal wieder ein Thema um über Kindererziehung oder vielmehr Nichterziehung zu reden. Was neil Postman anbelangt, auch ein Soziologe hat Ahnung von Psychologie. Aber seinme Buch würde ich auf jeden Fall den Vorzug geben.

  • Ich kann mich Eurer Meinung nur anschliessen.


    Mir wurde das Buch von einer Grundschullehrerin empfohlen.


    Aber wirklich etwas neues habe ich nicht entdecken können, da lob ich mir doch den Herrn Rogge.


    Die Denkansätze waren gut, jedoch erleb ich das tagtäglich in meinem Umfeld da brauche ich das Buch nicht zu lesen.Er hat Recht und doch wir der nichts ändern können,denn die Eltern die in diesem Buch beschrieben werden,werden seinBuch nicht zur Hand nehmen.


    Nun hab ich es gelesen wie gut das es nur aus der Bücherei war.

  • Ich glaube, das erste Buch sollte erstmal nur eine Analyse sein. Der Ratgeber kommt jetzt hinterher.


    Ich fand das erste Buch auch problematisch, weil es reihenweise Fälle beschreibt und ich mich gefragt habe, ob das wirklich repräsentativ ist (so stellt er es zumindest dar). Die Teilung von Analyse und Erziehungsratgeber finde ich auch nicht so gelungen.
    Zudem kamen mir insgesamt die Kinder zuschlecht und die Eltern zu gut weg. Das ist vielleicht nur mein subjektiver Eindruck, aber ich hätte mich eher auf das Fehlverhalten von Eltern konzentriert, das regelmäßig (verständliches) Fehlverhalten von Kindern nach sich zieht, als die ganze Geschichte umzudrehen.

  • Ich fand das Buch gut und habe auch einige Schlüsse für mich rausgezogen. Allerdings fand ich "Das Geheimnis glücklicher Kinder" als Ratgeber in allen Lebenslagen natürlich auch besser.

  • Zitat

    Original von träumerle
    Ich fand das Buch gut und habe auch einige Schlüsse für mich rausgezogen. Allerdings fand ich "Das Geheimnis glücklicher Kinder" als Ratgeber in allen Lebenslagen natürlich auch besser.


    Diese Schlüsse würden mich jetzt aber brennend interessieren?!

  • Ich habe Winterhoff in Stern-TV gesehen, als er sein neues Buch vorgestellt hat und mich die ganze Zeit gefragt, ob der Mensch eigentlich selbst Kinder hat, weil mir die "Tipps", die er in Sachen Kindererziehung gegeben hat, völlig praxisfern erschienen sind ...
    Ja, hat er, wie ich im Nachhinein herausgefunden habe, und dennoch würde ich mir, wäre ich Mutter, nach diesem Auftritt wahrscheinlich keines seiner Bücher kaufen.
    Mir ist bewusst, dass die Sendung lediglich einen ganz kleinen Splitter seines Ansatzes vermitteln konnte und trotzdem:
    Wenn ich schon höre, dass jemand, nach einem Rat in einer konkreten Situation gebeten, irgendwas von Symbiose faselt ... :rolleyes

  • Tja was soll ich zu diesem Buch schreiben?


    In einigen Dingen hat der Autor sicherlich recht. Eigentlich schreibt er ein sehr düsteres Bild von Deutschland bzw. von dem was da auf uns zukommt.


    In einigen Dingen mag er recht haben. Ich mag das Bild auch nicht, dass immer die Eltern schuld sind. Was mir gefiel ist, dass er die gesamte Gesellschaft angemahnt hat, den Umgang mit Kinden zu überdenken.


    Viele Eltern sind heutzutage verunsichert, wie sie denn nun richtig mit ihrem Kind umgehen sollen. Weder Kindergärten noch Schule habe da eine konsequente Linie. Oft wird der schwarze Peter den Eltern zugeschoben. Eltern werden oft in die Rolle "Versager" hinein gepresst. Klar hängt vieles von den Eltern ab, aber meiner Meinung nicht alles. Die Gesellschaft hat einen enormen Einfluss auf unsere Kinder.


    Gefehlt haben mir die Lösungsansätze von ihm. Anprangern ist das eine, aber was ist denn nun förderlich und was nicht.


    Ich gehe auch davon aus, dass einige der angesprochenen Eltern dieses Buch nicht lesen werden. Zu einem weil sie sich keiner Schuld bewusst sind, zum anderen weil einige ihm gar nicht folgen werden können.


    Vielleicht sollte ich mir den zweiten Band auch besorgen. :gruebel


    Von mir gibt für dieses Buch 7 Punkte.
    Viel Gewollte, Klassenziel aber nur befriedigend erreicht.

  • Ich hatte letzte Woche ein einschneidendes Erlebnis, nach dem ich Winterhoff etwas besser verstehe, oder zumindest einen Punkt, den er ausführt. Nämlich das Problem, dass viele Eltern sich von Kindern manipulieren lassen, dass sie als Erwachsene nicht mehr die Kommunikation bestimmen.


    Folgende Situation habe ich nun erlebt: Ein Junge von 3 Jahren und 3 Monaten ist beim Familiengeburtstag nicht in der Lage, sich selbst zu beschäftigen, sondern läuft immer wieder zu Mr. Vulkan und mir, schlägt entweder auf unsere Hände oder stellt sich absichtlich zwischen uns und den Fernseher, auf dem gerade einige Fotos gezeigt werden, um uns den Blick zu versperren. Wir reagieren beide überhaupt nicht, bzw. kurz ablehnend, mit dem Erfolg, dass wir beim Abendessen von hinten in die Seite gepiekt werden und der Junge vergnügt davon läuft.
    Bevor Ihr über mich herfallt - ich mag den Jungen eigentlich, er ist auch eigentlich ein ganz lieber, der sich auf seinem eigenen Geburtstag auch erstaunlich selbständig und gut beschäftigt hatte. Umso mehr wunderte mich sein Verhalten jetzt.


    Ich kann mir vorstellen, es sind genau diese Situationen, bei denen Winterhoff meint, die Erwachsenen REagieren auf jeden noch so schlechten Kommunikationsversuch der Kinder, so dass die Kinder zwangsläufig zu immer merkwürdigeren Formen der Kontaktaufnahme getrieben werden.
    Was ich allerdings jetzt immer noch nicht weiß, ist, wie man nun adäquat auf so eine Situation reagiert - gerade auch als Nicht-Erziehungsberechtigter.

  • Ich habe das Buch auch ans Herz gelegt bekommen (aus beruflicher Sicht) und kann damit relativ wenig anfangen. Die (wenigen) Situationen, die er konkret beschreibt, kennt sicher jeder, der im Kontakt mit Kindern steht. Lösungsansätze werden kaum aufgezeigt.
    Maximal als Diskussionsgrundlage bietet sich das Buch an, wobei meistens ja dann die mitdiskutieren, "die es nicht nötig haben".


    Ich werde den anderen Teil sicher nicht mehr lesen.


    Jaune

    "Vorrat wünsche ich mir auch (für alle Kinder). Nicht nur Schokoriegel. Auch Bücher. So viele wie möglich. Jederzeit verfügbar, wartend, bereit. Was für ein Glück." Mirjam Pressler