'Die Farm der Tiere' - Kapitel 06 - 08

  • Und weiter gehts... :-)


    Kapitel 6
    Interessante Definition von Freiwilligkeit: "Diese Arbeit war rein freiwillig, doch wurden jedem Tier, das ihr fernblieb, die Rationen auf die Hälfte gekürzt." Und dann fällt die nächste Maxime: Handelsbeziehungen zu den verhassten Menschen werden aufgenommen, wo man sich doch einst geschworen hatte, mit diesen Feinden unter keinen Umständen mehr etwas zu tun haben zu wollen. Doch nicht genug, nach und nach werden die einfachen Gebote durch simple Zusätze so ergänzt, dass sie das Verhalten der Schweine ermöglichen. Das Unglück der einstürzenden Windmühle wird schön einem Sündenbock in die Schuhe geschoben, wie praktisch, denn zum einen lenkt es von den inneren Widersprüchen und den leisen Zweifeln an den Schweinen ab und zum anderen eint ein gemeinsamer Feind, wie man ja weiß, die eigene Gruppe.



    Kapitel 7
    Jetzt erhält die "Führung" der Schweine eine völlig neue Qualität: Aus der Idee, dass alle Tire friedlich mit- und füreinander leben, wurde ein Machtapparat aus Angst und Willkür, der auch nicht vor der Todesstrafe halt macht, sondern vermeintlich Abtrünnige ohne weiteres dahimetzeln lässt. Was sich mir allerdings nicht erschlossen hat, war, wieso auf einmal so viele Tiere ihre "Verfehlungen" gestanden haben, wo sie doch mit eigenen Augen gesehen haben, was ihnen blüht... Kann ich mir nicht erklären. Dass dann noch ihr gemeinsames Lied "Tiere Englands" verboten wird, ist Symbol für die Veränderung, die sich seit Beginn der Rebellion vollzogen hat.



    Kapitel 8
    In diesem Kapitel werden zahlreiche Parallelen zur menschlichen Geschichte gezogen. Angefangen bei der Tatsache, dass sich Napoleon jetzt nur noch als Führer oder ähnliches bezeichnen lässt, über die langsam stärker werdende Gewohnheit alle noch so weit hergeholten Ereignisse ihm und seinem Können zuzuschreiben bis hin zu den unlogischen Beziehungen, die er je nach Gutdünken mit den angeblichen Feinden, den Menschen, unterhält. Auch eine eindeutige Niederlage mit vielen Opfern als vermeintlichen Sieg dastehen zu lassen und dies so lange zu verkünden, bis es auch jeder glaubt, kennen wir doch von irgendwoher...

  • Was ich in diesen Kapiteln erschreckend finde, ist wie einfach sich die Tiere davon überzeugen lassen, dass ihnen die letzten Worte der Regeln aus dem Gedächtnis entschlüpft sind, wie leicht sie sich verführen lassen, in Jones Snowball - und je nach Lage Frederick oder Pilkington - die Feinde zu sehen, die plötzlich an allem Schuld sind, und in Napoleon (ich finde den Namen sehr passend ;-)) denjenigen, der ihnen alles gegeben hat.


    Ich wundere mich, dass da so überhaupt keine Reaktion kommt - auch wenn die Tiere zu Beginn als eher ein wenig minderbegabt dargestellt werden, kann ich mir das kaum vorstellen - vielleicht liegt das daran, das wir die Möglichkeit haben, zurückzublättern, wo die originalen Gebote stehen, oder wir sofort durchschauen, wie eigennützig die Schweine sind.


    Zitat

    Original von milla
    Kapitel 7
    Was sich mir allerdings nicht erschlossen hat, war, wieso auf einmal so viele Tiere ihre "Verfehlungen" gestanden haben, wo sie doch mit eigenen Augen gesehen haben, was ihnen blüht...


    Die fand ich auch grausam - und hab mich sehr gewundert, warum sie diese Dinge - die auch noch augenscheinlich falsch sind - zugeben? Vielleicht Druck oder etwas ähnliches durch die Schweine und die Hunde?


    Immer schneller entwickelt sich die Farm der Tiere, die zu Beginn gut gemeint war, zu etwas, das viel schlimmer ist, als Jones Manor-Farm. Die Willkür, mit denen die Schweine vorgehen, die durch Schwatzwutz (war das die Übersetzung?) dann den Tieren schön geschildet wird, die Feindbilder, die Morde - wie schön war da doch tatsächlich das Bild, das in "Beast of England" heraufbeschworen wurde.


    Vieles, d.h. eigentlich alles in dem Buch, kann man auf die Menschen und ihre Geschichte übertragen, ein wenig offensichtlich wird das Buch dadurch, fast ein wenig zu sehr auf den Lehreffekt (mir fällt kein passenderes Wort ein, dieses ist ein wenig übertrieben) bedacht - mir gefällt es trotzdem...

  • Zitat

    Original von milla
    Kapitel 7
    Was sich mir allerdings nicht erschlossen hat, war, wieso auf einmal so viele Tiere ihre "Verfehlungen" gestanden haben, wo sie doch mit eigenen Augen gesehen haben, was ihnen blüht...


    Die fand ich auch grausam - und hab mich sehr gewundert, warum sie diese Dinge - die auch noch augenscheinlich falsch sind - zugeben? Vielleicht Druck oder etwas ähnliches durch die Schweine und die Hunde?
    [/quote]


    :write Diese Stelle habe ich auch mehrere Male gelesen und bin nicht draufgekommen, wieso sie alles was gestanden haben.. Ausserdem verstehe ich die Hinrichtungen nicht ganz. Man braucht doch Arbeitskräfte...

  • Ich habe über diese Szene noch einmal nachgedacht und kann es mir nur so erklären, dass Todesangst gepaart mit dem Eindruck dieser "Veranstaltung" die Tiere dazu verleitet haben. Also so ein bisschen so, wie es in diesen Massenveranstaltungen von irgendwelchen Sekten passiert. Mir fällt da gerade kein richtiger Begriff für ein - wisst ihr was ich meine? :help


    Was die Anzahl der Arbeitskräfte angeht, stimme ich Primavera zu, ich schätze aber, dass der werbewirksame Verlust einiger relativ weniger, die Arbeitskraft der anderen aus Angst deutlich erhöht. Arbeitskraft durch Angst und Einschüchterung quasi.

  • Oh, barti, da hab ich mich wohl doch schlecht ausgedrückt - ich meinte das nicht ALS Sekte, sondern vergleichbar mit dem Phänomen, dass Personen dort plötzlich vermeintliche Verfehlungen "beichten" um dann (wie auch immer) bestraft/erlöst/etc. zu werden. Hm, verständlicher? ?(

  • Ja, so hatte ich es auch verstanden, aber ich kann das so überhaupt nicht nachvollziehen ...
    Warum bitte sollten sie ihren Tod durch diese Beichte herbeiwünschen - wenn sie doch angeblich in der angezielten idealen Farm leben?


    Zumal - wenn man auf diewikipedia-Interpretation Bezug nimmt - der Rabe mit seinen religiösen Geschichten von Sugarcandy Mountain, d.h. der Glaube ja auch nicht da ist und sie somit nicht die Aussicht auf ein "Jenseits" hätten...


    Das erscheint mir einfach nur unlogisch.

  • Ich habe die Kapitel jetzt auch geschafft und mir über die selben Dinge Gedanken gemacht. Meine Erklärung für die freiwilligen Geständnisse mit Todesfolge habe ich aus meiner mageren Küchenpsychologie zusammengeklaubt und bin auf die Idee verfallen, dass manche sich auf diese Art und Weise aus der grausamen Realität gestohlen haben. Wer kein unerbittlicher Idealist ist und immer und immer auf eine Wendung zum Guten wartet hat wenige Möglichkeiten dem System zu entkommen. Nur frage ich mich, warum nicht flüchten? Vielleicht ist es ein menschlicher Zug, sich das Leben zu nehmen, wenn es vermeintlich nicht mehr weiter geht. Ich hatte mich wie Milla an Sekten erinnert gefühlt.


    Ansonsten habe auch ich den inneren Zusammenhalt durch Aufbau eines äußeren Feindes erkannt. Dies wiederum erinnert mich ganz deutlich an den Lauf der Geschichte, Eiserner Vorhang etc.


    Und dann beginnt das Lügen, erst nach innen, dann nach außen. Potempkinsche Dörfer werden aufgebaut, Napoleon erscheint als strahlender Held. Und damit das so bleibt setzt er auf Angst und Unterdrückung. Das Schwein! Dazu das große Töten. Es ist bitter.


    Hatte ich mich anfangs über jene Tiere geärgert, die nahezu willenlos mit sich geschehen ließen, was eben geschah, ist diese Wut jetzt verflogen, weil sie trotz allem ein solch hartes Schicksal nicht verdient haben. Niemand verdient solches. Es macht mich traurig.


    Dagegen fällt es positiv auf, dass die Änderungen der Geschichte, die Manipulation der Erinnerung etc. eben nicht einfach so hingenommen wird, sondern die Tiere "lernen", wie es so schon heißt, was sie zu erinnern haben. Im Inneren sind sie eben nicht willenlos und dumm, im Inneren wissen sie durchaus, was falsch ist. Das es keiner ausspricht, dass niemand Konsequenzen zieht, ist bitter, innerhalb des Machtgefüges aber durchaus verständlich. Hätte ich den Mut gehabt aufzubegehren und eventuell dafür zu sterben? Ich bin mir ganz und gar nicht sicher.


    In Bezug auf Argumentation fällt mir immer wieder auf, wie einfach Menschen zu manipulieren sind. Totschlagargumente, Leugnung, Seeligsprechung. Es gibt Dinge, die sind heute noch so wie vor vielen Jahren. Schade.

  • Nach und nach werden immer mehr der tierischen Gebote gebrochen. Napoleon nimmt Verbindungen mit der Menschenwelt auf um Handel zu betreiben. Aber das meiste davon ist für seinen persönlichen Gebrauch oder den der anderen Schweine, das wenigste allgemeine Güter. Schwatzwutz tut seinen Job ganz außergewöhnlich gut, alle Tiere zweifeln eher an ihren eigenen Erinnerungen, als das Regime anzuzweifeln. Napoleon ist jetzt zum "Führer" geworden, lässt sich in Liedern, Gedichten und Paraden verherrlichen. Jeder Anflug eines Widerspruchs wird mit dem Totschlagargument "Es will doch wohl keiner Jones zurück!" begraben. Dabei wissen die Tiere schon gar nicht mehr so genau, wie es unter Jones war. Auf jeden Fall viel schlechter!!! ... oder?


    Es gibt einen ersten Rückschlag, die angefangene Mühle wird durch einen starken Sturm zerstört und alle (außer den Schweinen) müssen noch härter arbeiten um die Zeit wieder aufzuholen. Dadurch wird das Futter knapp, der Außenwelt gegenüber jedoch wird Reichtum und Überfluss vorgegaukelt (und wieder Denke ich an die "Wilden Schwäne"... das Volk verhungert, während die Parteifunktionäre überlegen, was man mit dem rechnerischen Nahrungsüberschuss anfangen soll :pille). Napoleons Taktikt, die Einstellung gegenüber den beiden anderen Höfen je nach eigenem Belieben und Vorteil anzupassen, hat Orwell später auch in "1984" eingesetzt, in dem kontinuierlich die Geschichte, je nach Feind und Verbündetem, umgeschrieben wurde, so als wäre alles schon immer so gewesen wie es zu diesem Zeitpunkt ist.


    Als die Hühner entgegen allen früheren Resolutionen doch wieder ihre Eier hergeben sollen bricht die erste offene Revolute aus... die jedoch brutal niedergeschlagen wird. Zuerst werden sie ausgehungert, anschliessend weitere Schuldige als abschreckendes Beispiel vor aller Augen zerfleischt. Ebenso wie ihr hab ich mich auch gefragt, wie es nur sein kann, dass die Tiere plötzlich Taten gestehen die sie vermutlich gar nicht begangen haben obwohl sie wissen was ihnen blüht! Tun sie es, weil sie dieser Realität entfliehen wollen? Ist es eine Art Massenhysterie die sie plötzlich dazu bewegt? Mich erinnert es zum Teil an Hexenprozesse, wo die Angeklagten schließlich auch oft die schlimmsten Dinge gestanden haben, obwohl sie nie etwas derartiges taten (und ich meine jetzt nicht direkt unter der Folter).


    Napoleon passt auch die Gerüchte um Schneeball immer möglichst günstig an. Egal was schief läuft auf der Farm, immer war es der furchtbare Erzrivale, der vom Kriegshelden plötzlich zum Verfechter der Menschheit wird. Selbst Boxer muss da widersprechen. Viele Tiere wundern sich, Ernüchterung und Enttäuschung machen sich breit, aber fast keiner spricht offen. Die Schafe blöken die schweigende Mehrheit nieder.


    Endlich ist die Mühle fertig ... doch da rüsten die Feinde erneut zum Angriff und neben einigen Todesopfern ist auch der Verlust der Mühle zu beklagen die einfach in die Luft gesprengt wird (im Film macht das übrigens Jones). Und bei der Schlacht wird auch noch Boxer, der Held der Arbeit, schwer verletzt. Es sieht nicht gut aus. Aber die Schweine feiern ihren "Sieg" mit dem gefundenen Alkohol.
    Witzig die Wandlung, am morgen danach erlässt der "sterbende" Napoleon die Todesstrafe auf den Genuss von Alkohol... wenig später beginnt er damit sich aufs Bier brauen vorzubereiten. Und er wird auch immer paranoider, jetzt braucht er sogar ein Vorkosterschwein. Jaja, der Tyrann ist auch nicht glücklich.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda