'Die Farm der Tiere' - Kapitel 09 - 10

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  • Kapitel 9
    Der Schweine-Führung reicht es inzwischen nicht mehr, die anderen Tiere herum zu kommandieren, mit genügend Nachkommen kann man sich gleich auch mal mit der ganzen Sippe wie die "Herrenrasse" aufführen - was für eine Ironie, dass die Farm mal Herren-Farm hieß :rolleyes Die Republik mit dem Präsidenten, der als einziger Kandidat zur Wahl stand, lasse ich mal unkommentiert. Eigentlich könnte man diese Geschichte als Lehrbuch für die Entwicklung einer Diktatur und das Ende einer Demokratie vermarkten. Hier wird ja wirklich kein Schritt ausgelassen.


    Die Szene mit Boxer hat mich absolut schockiert. Ich musste mit den Tränen kämpfen und empfand eine solche Wut, dass ich es nicht beschreben kann. ;-(

  • Kapitel 10
    Viele Jahre nach Beginn der Rebellion, die doch ursprünglich dem Wohl aller Tiere dienen sollte, führen die Tiere das gleiche Leben wie zuvor. Nur dass sie jetzt nicht dem Menschen, sondern den Schweinen dienen. Ein besseres Leben haben sie nicht, nur die gleiche Mühen - was natürlich nicht für die Schweine gelten, die seit der "Machtergreifung" wie die Made im Speck leben. Als sie beginnen auf zwei Beinen zu gehen, dürften auch dem letzten die Scheuklappen von den Augen fallen. Wobei ich mich frage, wieso die Schweine dies tun wollen - sie imitieren die Menschen, doch wozu? In ihrem ganzen Verhalten vorher haben sie sich immer mehr dem einstmals verhassten Menschen angeglichen, von der Unterdrückung Schwächerer bis hin zur Ausbeutung für die eigene Profitgier. Aber das Gehen auf zwei Beinen? Oder ist es nur, um sich noch deutlicher von den anderen Tieren abzugrenzen? Das Ende ist ebenso bedrückens wie zwangsläufig - es ist keine Unterscheidung mehr möglich.


    Nicht nur bei diesem Buch, sondern generell frage ich mich, kann die Idee, dass alle Menschen (Tiere) gleich sind nur deshalb nicht funktionieren, weil die Gier nach Macht und dem eigenen Vorteil (was ich durchaus als typisch menschliche Eigenschaft bezeichnen würde ;-)) irgendwann bei jedem durchbrechen? Ist so eine Entwicklung eine zwangsläufige Folge des Wesens des Menschen?



    Nachwort:
    Das Nachwort von George Orwell in der diogenes-Ausgabe über die Pressefreiheit und dieses Buch ist höchst interessant. Mir war die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg und die Kritiklosigkeit der Alliierten, insbesondere Großbritanniens gegenüber der Sowjetunion überhaupt nicht bekannt. Um so bemerkenswerter und wichtiger, aber auch um so mutiger von Orwell, sich auf diese - doch recht eindeutige - Weise zu äußern.

  • Als Boxer zum Abdecker gebracht wurde, regten sich in mir auch Trauer und Wut. Da wird noch einmal offenbar, wie egal den Schweinen die anderen Tiere sind, wie rücksichtslos sie selbst einen ihrer größten Anhänger "opfern". Boxer war mir zwar in seinem unnachgiebigen Gehorsam nicht immer sympathisch, aber gewünscht hat man ihm seinen Ruhestand schon ;-(


    Und die Erklärung mit dem alten Wagen und dem Schild, das noch nicht übermalt worden war - zusammen mit der rührseligen Erzählung aus dem Krankenhaus :fetch ich hab eine furchtbare Wut auf die Schweine - und die leichtgläubigen Tiere aufgebaut.


    So ganz bin ich mir aber nicht darüber im Klaren, was der Esel für eine Rolle spielte, er schien ja in gewisser Weise ein wenig zu wissen, was passiert - dass das Leben immer gleich ist. :gruebel


    Dass die Schweine auf zwei Beinen gehen und sich mit Menschen treffen, finde ich schlüssig. Sie haben sich immer weiter über die Tiere gestellt, immer mehr sind sie zu Herren geworden, die eigentlich das erste Feindbild waren - da war das der letzte fehlende Schritt, um deutlich zu machen, dass sie die "Besseren" sind.


    In der letzten Szene, die letzten Sätze, da saß ich nur ganz schweigsam da - es ist kein schönes Ende, eher ein fragendes - "und nun?" Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Die Reden des Nachbarn und Napoleons fand ich so menschlich.
    Was ich mich im Verlauf der Geschichte immer mehr gefragt habe, ist, ob es rechtens ist, wie wir mit Tieren umgehen, dass wir mit ihnen machen, was wir wollen ... ich bin zu keiner Antwort gekommen.


    Die Frage, ob Menschen immer auf Eigennutz bedacht sind und deswegen all die schönen Gedankenkonstrukte eben nur Gedankenkonstrukte bleiben, ist auch wichtig und ich denke nicht, dass es eine wirklich Antwort gibt.
    Wenn jemand Macht hat, ist die Versuchung groß, sie auszunutzen ...


    Vielleicht wäre es für die Tiere besser gewesen, sie hätten einen liebevollen Besitzer gehabt, der sich um sie gut gekümmert hätte - Mollie schien nicht unglücklich :-)


    :wave barti

  • Zitat

    Original von bartimaeus
    So ganz bin ich mir aber nicht darüber im Klaren, was der Esel für eine Rolle spielte, er schien ja in gewisser Weise ein wenig zu wissen, was passiert - dass das Leben immer gleich ist. :gruebel


    Ja, er ist ja auch mit Abstand das älteste Tier auf der Farm und hat vielleicht eine solche Entwicklung schon einmal erlebt (gehört?). Um so mehr verwundert es, dass er alles einfach laufen lässt. Hätte er nicht die Tiere warnen können, ihnen die Augen öffnen können? Und zwar frühzeitig?


    Zitat

    Original von bartimaeus
    Vielleicht wäre es für die Tiere besser gewesen, sie hätten einen liebevollen Besitzer gehabt, der sich um sie gut gekümmert hätte - Mollie schien nicht unglücklich :-)


    Das erinnert mich an eine Aussage meines ehemaligen Sozialkundelehrers, der überzeugt davon war: "Ein wohlwollender König ist besser als eine chaotische, sich selbst bremsende Demokratie" - damals habe ich das nicht so ganz verstanden, inzwischen bin ich der Meinung, dass zumindest unter gewissen Umständen da etwas Wahres dran ist ;-)

  • Wer sich für die Symbolik des Romans interessiert, der wird bei Wiki fündig:


    http://de.wikipedia.org/wiki/Farm_der_Tiere#Symbole


    Orwell hat da wohl so einiges verarbeitet in seiner Geschichte.


    Weiter oben finden sich auch Erklärungen, wer sich hinter welchem Tier verbirgt. Da wäre ich nie drauf gekommen.

  • Bouquineur
    Danke für den Link, einige meiner Vermutungen wurden bestätigt, über andere Sachen war ich erstaunt. Das Ende konnte unter Nachvollziehung der geschichtlichen Umstände also nicht anders lauten. Trotzdem bin ich furchtbar wütend auf die Tiere, die sich das alles einfach so gefallen lassen, ja sagen und nicken obwohl sie doch jetzt wirklich wissen müssten was los ist!!!


    Boxers schwere Verletzung behindert ihn stark bei der Arbeit, aber er gibt nach wie vor alles und bricht schließlich vor Überanstrengung zusammen. Liebevoll wird er von Kleeblatt und Benjamin gepflegt und freut sich auf seinen wohl verdienten Ruhestand. Doch es kommt anders... die Schweine unterbieten ihre Niederträchtigkeit erneut um ein vielfaches und verkaufen ihren Helden der Arbeit an den Abdecker. Allein beim Lesen der Szene als die Tiere dem Wagen nachlaufen hatte ich wieder die Tränen in den Augen. DAS ist die Szene aus dem Film, bei der ich jedes mal weinen muss (auch am Dienstag als ich ihn zuletzt geguckt hab). Ergänzend muss ich sagen, im Film ist Kleeblatt nur eine Randfigur, man sieht sie ab und zu im Bild, aber ihr Name wird nie genannt. Ihre Rolle übernimmt Benjamin, der dann laut IA-schreiend hinter dem Wagen herrennt (in dem Moment wo ich das hier schreibe krieg ich schon wieder Wasser in die Augen... dieses laute verzweifelte Geschrei klingt mir immer noch in den Ohren nach). Es macht traurig und verdammt wütend zugleich!!! Im Film schlucken die Tiere Schwatzwutz' verlogene Erklärung auch nicht einfach, sondern sind zornig und Benjamin begehrt auf bis die Hunde geholt werden.


    Jahre vergehen und fast alle Tiere die die große Revolution selbst erlebten sind tot. Die wenigen übrigen sind alt und ohne Hoffnung. Junge Tiere wurden gekauft oder in diese Situation geboren, deshalb kennen sie es nicht anders und begehen wohl auch nicht auf.


    Warum tut Benjamin im Buch nichts gegen die Entwicklung, die er doch kommen sieht? Ich glaube, er ist desillusioniert und der Meinung, selbst wenn er etwas dagegen tun würde, doch früher oder später alles wieder zum Status Quo zurückkehren wird. Auf lange Sicht gesehen, ändert sich nichts. Deshalb versucht er es wohl gar nicht erst. Ich finde den Gedanken aus dem Wikipedia-Artikel interessant, dass Benjamin sozusagen Orwell sein könnte, der selbst enttäuscht und desillusioniert von dem ist, was in der Sowjetunion aus dem Sozialismus gemacht wurde, dessen Anhänger er war.


    Trotz der starken Orientierung an der Weltgeschichte hätte ich mir doch sehr ein anderes Ende für das Buch gewünscht, spätestens als die Schweine auf zwei Beinen liefen hatte ich gedacht: So, jetzt knallts gleich! Aber nein... man ist erschrocken, man nimmt zur Kenntnis, man macht weiter wie bisher. Nach allem was die Tiere schon widerstandslos hingenommen haben, hinterlässt das Buch den Leser sehr hoffnungslos. Es wird sich wohl nie mehr etwas daran ändern... Der Verlauf der Geschichte hat uns gelehrt, dass sich die Tyrannen irgendwann selbst hingerichtet haben. Der Kommunismus ist tot, die Sowjetunion zerbrochen und Russland eine Demokratie. Aber geht es den einfachen Menschen wirklich so viel besser als früher? Vielleicht hat Benjamin doch recht...


    Noch einmal zum Film: Dieser tut uns den Gefallen und lässt die ganze aufgestaute Wut der Tiere wie des Zuschauers explodieren. Benjamin ist es, der die Schar der unterdrückten Tiere des eigenen sowie anderer Höfe (im Film sind nicht Menschen sondern andere Schweine zu Gast, denn es gibt mehr Höfe nach dem Modell der Tierfarm) in die hoffentlich letzte Schlacht gegen die Schweine führt und die Tyrannen besiegt. Ein echter Gänsehautmoment. Wer die Chance hat den Film irgendwo zu sehen, ich kann ihn wirklich nur empfehlen!


    Ich werde später noch etwas zum Nachwort des Autors schreiben, das hab ich nämlich noch nicht gelesen.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Später war dann doch etwas mehr später als gedacht. *g*
    Das Nachwort war wirklich sehr interessant, wie milla hatte auch ich keine Ahnung von der Kritiklosigkeit der Britischen "Intelligenz", wie es im Nachwort so schön heisst, am Allierten-Partner. Erschienen ist das Nachwort ja laut Vermerk im Buch erstmals 1972, aber geschrieben hat er es scheinbar direkt nach der Veröffentlichungsgeschichte, oder? Zumindest redet er ja immer noch von den Russen als Verbündeten in einem Krieg, den er gewonnen sehen möchte.


    Die "Zensur" ging also nicht von der Regierung aus, sondern von den Intellektuellen Kreisen. Es war "unschicklich" den Bündnispartner anzuschwärzen und so wurde dergleichen einfach totgeschwiegen. Sehr schön fand ich das Voltaire-Zitat: "Ich verabscheue, was sie sagen - ich werde ihr Recht, es zu sagen, bis zum Tod verteidigen." Zugegebenermaßen frage ich mich bei jedem neuen Aufmarsch von Rechtsradikalen warum man so etwas zulässt... aber wenn dann das allgemeine Versammlungsrecht gestutzt wird fällt einem plötzlich auf, wer da noch so alles drunterfällt. Streikende Arbeiter zum Beispiel. Es hinterlässt beides irgendwie einen faden Beigeschmack.


    Zum britischen Politiker Oswald Mosley kann man hier übrigens mehr nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Oswald_Mosley

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda