Barry Lyndon - William M. Thackeray

  • Kurzbeschreibung
    Liebesabenteuer, Glückspiele, wagemutige Duelle, glanzvolle Maskenbälle, Zechgelage und Hetzjagden machen das Leben von Barry Lyndon aus. Die wechselvolle Lebensgeschichte eines Abenteurers und Hochstaplers aus dem 18. Jahrhundert.



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    William Makepeace Thackeray (* 18. Juli 1811 in Kalkutta; † 24. Dezember 1863 in London) war ein englischer Schriftsteller und gilt neben Charles Dickens und George Eliot als bedeutendster englischsprachiger Romancier des Viktorianischen Zeitalters.


    Der Roman erzählt den Aufstieg und Fall eines Hochstaplers. Bis Seite 150 war dies sehr anstrengend zu lesen, da mir die ständigen Prahlerein sehr auf den Nerv gingen, danach hatte ich mich wohl dran gewöhnt. Trotzdem ist mir bis jetzt kein Protagonist begegnet, den ich so abstoßend und fremd fand. Man liest seine Gedanken - die ducrh Fußnoten des Autors als Ironie entlarved werden - und möchte sich immer mehr und mehr von ihm distanzieren. Selbst als er nach seinem Stiefsohn ein Messer schmeisst, entschuldigt er dies damit, er wäre betrunken gewesen.
    Als er diesen Stiefsohn vor den Augen der Gesellschaft mißhandelt, beginnt sein Fall, alle Bemühungen wie letztendlich um einen Adelstitel, waren umsonst.


    Der Leser wird durch den Stil des Romas jederzeit angehalten, die Wertvorstellungen der viktorianischen Gesellschaft für sich selber zu durchleuchten. Faziniert folgt man Barry Lyndon, wie er sehr seltsame Vorstellungen davon entwickelt, was ein Gentleman ist. Sämtliche Werte, die er selber hochhält, besitzt er selber nicht; er entwickelt sich zu einem Hochstapler, der es nur zu etwas bringt, weil er durch Intrigen die Hand einer reichen Witwe erhält. Um dieses Ziel zu erreichen, ersinnt er die skrupellostesten Manöver und merkt selber nicht, dass es unvereinbar mit einem Gentleman ist, wenn man nur den niedrigsten Beweggründen folgt.


    Wer wissen möchte, wohin monströse Selbstgefälligkeit führt und wie sie auf andere wirkt - der sollte Barry Lyndon lesen. Andere natürlich auch.


    Zu Ausgabe:


    Das Buch verfügt über sehr schöne (Orginal-?) Zeichnungen. Jeder Kapitelanfang hat seine eigene Zeichnung, oft finden sich noch größere im Text.
    Ein großes Manko ist die Schriftgröße. Ich hatte zwar keine Probleme, kann mir aber gut vorstellen, dass einige welche haben werden. Die Fußnoten des Autors haben Milimetergröße.


    # Broschiert: 454 Seiten
    # Verlag: Aufbau Taschenbuch Verlag (1996)
    # ISBN-10: 374661161X
    # ISBN-13: 978-3746611617


    Die Verfilmung von Stanley Kubrick soll ebenfalls herausragend sein. In den Kommentaren liest man des öfteren, die Bilder sähen aus, wie in einem Gemälde. Auch hier soll der Protagonist den Zuschauer recht fremd bleiben. ASIN: B0019GZ9G4


    ASIN/ISBN: 374661161X

  • William Makepeace Thackeray (1811-1863): Die Memoiren des Barry Lyndon (1856)


    Dieser vergleichsweise kurze Roman des berühmten Satirikers und Gesellschaftskritikers Thackeray ist eine Zeitreise ins 18., das sogenannte „galante“ Jahrhundert.

    Redmond Barry ist ein Antiheld reinsten Wassers.

    Geboren in eine heruntergekommene irische Familie mit Verbindungen zum niederen Landadel, aber Ansprüchen mindestens auf die Abstammung von den irischen Königen, wenn nicht überhaupt von dem ältesten Adelsgeschlecht der Welt, ist schon Redmonds Vater ein Aufschneider und Filou reinsten Wassers, der seinen älteren Bruder um dessen Erbe bringt, indem er zum protestantischen Glauben übertritt und dadurch in der Erbfolge in dem von den protestantischen Engländern besetzten Irland vor den katholischen Bruder tritt. Sehr schnell hat er aber dieses Erbe durch Spiel- und Geltungssucht durchgebracht und stirbt früh, nicht ohne eine adelsstolze Frau und einen Sohn zu hinterlassen, der sehr erfolgreich in seine Fußstapfen tritt. Redmond Barry tritt mit sechzehn Jahren in einem Duell gegen einen Hauptmann an, der seine Cousine Nora, in die er leidenschaftlich verliebt ist, heiraten will und verletzt diesen scheinbar tödlich. Von den Verwandten, die den lästigen Heißsporn loswerden wollen, zur Flucht gezwungen, fällt er in Dublin in die Hände von Berufsspielern, verliert das wenige, was ihm die Mutter mitgeben konnte und verdingt sich als Gemeiner bei der englischen Armee. Verschiedene Abenteuer im Siebenjährigen Krieg (1756-11763) stoßen ihm auf dem europäischen Festland zu, treiben ihn durch Belgien nach Preußen, wo er nach der Desertion aus der britischen Armee sogleich von einer preußischen Werbertruppe gepresst wird und vom Regen in die Traufe kommt. In diesem Zusammenhang erhält man ein ganz anderes, sehr viel kritischeres Bild von den militärischen Praktiken des in Deutschland doch immer noch in recht hohem Ansehen stehenden Friedrich des Großen.

    In Berlin trifft Redmond Barry seinen Onkel, den älteren Bruder seines Vaters, von diesem um sein Erbe betrogen, wieder. Dieser ist inzwischen ein recht erfolgreicher Berufsspieler geworden, der Spitz auf Knopf in scheinbarem Luxus lebt und Redmond, dem er wegen des Vergangenen nicht gram ist, in seinen Broterwerb einweist. Gemeinsam ziehen beide durch die Fürstentümer Deutschlands und Europas mit wechselndem, doch zumeist großem Spielglück.

    Schließlich eröffnet sich Redmond die Möglichkeit einer traumhaften Heirat mit der reichen Witwe Gräfin Lyndon, der besten Partie der britischen Inseln.


    Soweit so gut, kommen wir nun zu Redmonds Charakter. Er ist der Ich-Erzähler dieser Lebensbeschreibung, die er als Greis im Rückblick erzählt, wie man im Laufe der Handlung beiläufig erfährt, als gesundheitlich und finanziell ruinierter Säufer im Schuldgefängnis zu London. Redmond Barry verkörpert so ziemlich alle verabscheuungswürdigen Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen, die man sich vorstellen kann. Er ist maßlos überheblich, jähzornig, geht über Leichen, ist bindungsunfähig, beutet Bedienstete und jeden, der es sich gefallen lässt, aus und blickt dabei weinerlich auf sein ach so hartes Schicksal zurück, das er sich in jeder Einzelheit selbst eingebrockt hat. Alles Geld, zu dem er kommt, gibt er unverzüglich wieder aus, ob an Spieltischen oder um auf protzigste Art zu renommieren. Seine Frau, deren Namen er seinem hinzufügt, behandelt er sehr grausam, macht sich über sie lustig, schlägt sie, wenn ihm danach ist und hält sie am Ende sogar gefangen.

    Es fiel mir zu Anfang schwer, diesen Ich-Erzähler zu ertragen. Er entlarvt sich jedoch durch naive Anmerkungen über seine Reinfälle, kurze Anfälle von Ehrlichkeit und seine maßlose Angeberei immer wieder selbst und ist gleichzeitig das Sprachrohr von Thackerays Gesellschaftssatire, so dass ihm Beobachtungen zu den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen gelingen, die eigentlich nicht zu seiner intellektuellen Ausrüstung passen. Natürlich ist die Handlung auch sehr farbig und durchaus spannend, sodass man diesem Roman, wenn man sich mit dem ekligen Helden abgefunden hat, doch einiges an Lesevergnügen abgewinnen kann.

    Von der Klassifikation her sind „Die Memoiren des Barry Lyndon“ einzuordnen als ein Beispiel für den Schelmenroman (wobei der Schelm hier ein ausgesprochener Schuft ist), für den negativen Bildungsroman und natürlich für die Gesellschaftssatire, die Thackeray in allen seinen großen Romanen unternimmt, normalerweise allerdings auf die zeitgenössischen Verhältnisse gemünzt.


    Stanley Kubrick hat den Roman als Vorlage zu seinem meisterhaften Kostümfilm „Barry Lyndon“ von 1975 benutzt.

    ASIN/ISBN: 3717520849