Definition des historischen Romans

  • Wie weit muß die zeitspanne zwischen dem Leben des Autors und der Handlung sein, damit ich von einem historischen Roman sprechen kann?


    Ich lese z.B. gerade *Barry Lyndon* von Thackeray. Der Autor hat Anfang/ Mitte des 19. Jahrhunderts gelebt, der Roman spielt ca. 1786. Rechtfertigen die paar Jahrzehnte dazwischen den Begriff *Historischer Roman*. Oder ist erst historisch, was ausserhalb der Zeitgeschichte des Autors liegt?

  • Meiner Ansicht nach sollte die Zeitspanne so groß sein, dass die Eltern des Autors die Geschehnisse zumindest nicht bewußt erlebt haben sollten. Die Zeit des Nationalsozialismus ist für uns also kaum eine Zeit für historische Romane, die Zeit der Weimarer Republik schon, also eine Susanne Goga schreibt mit "Leo Berlin" schon einen historischen Roman/Krimi, "der Untergang" von Joachim C. Fest ist noch ein Zeitgenössischer Roman- wobei ich mir der Tatsache bewußt bin, dass allein zwischen uns beiden eine Generation liegt, so dass diese Sicht eben immer in Bewegung und immer subjektiv bleibt, aber auf den Autor und nicht auf den Leser bezogen ergibt sich ein Unterschied zwischen Susanne Goga oder Siegfried Lenz oder Günther Grass.

  • Nach meinem Empfinden gehört zu einem historischen Roman, dass es eben nicht nur in der Vergangenheit liegt, sondern dass zumindest der Autor nicht in der Zeit gelebt hat. Da schließe ich mich der Meinung von Beowulf an, dass der Zweite Weltkrieg noch zur Neuzeit zählt, während die Weimarer Republik durchaus schon zum historischen Roman zählen kann. Wikipedia sagt dieses dazu. Pauschal würde ich also zwei Generationen zurückrechnen, um einen Roman als historisch einzustufen.


    Tinchen : Dann wäre nach deiner Theorie auch der Anschlag auf das World Trade Center historisch?

  • Zitat

    Original von Büchersally
    Tinchen : Dann wäre nach deiner Theorie auch der Anschlag auf das World Trade Center historisch?


    Ich hab mich glaube ein bißchen falsch ausgedrückt, ich meinte ehr so Jahrzehnte zurück. Zum Beispiel der Mauerfall, aber das liegt wohl auch daran, dass ich das nicht so bewusst miterlebt habe.

  • Ich würde da differenzieren.....


    Zum einen ein historischer Roman der meintwegen vor 300 Jahren spielt, der Autor aber in der Gegenwart lebt. Da wäre das Historische auf die Geschichte bezogen.


    Aber dann kann ja auch ein Autor vor 200 Jahren einen zeitgenössischen Roman geschrieben haben. Der wäre zu seinen Lebzeiten nicht historische gewesen, für uns aber schon, weil er ja aus der Vergangenheit berichtet und evtl. historische Ereignisse darstellt. Da wäre dann der Autor historisch und durch die lange Zeitspanne von Entstehen bis ich das heute lese auch die Geschichte.

  • Ich würde als ein wesentliches Kriterium annehmen, dass die Handlung in einer tatsächlichen historischen Scenerie angesiedelt wird, egal ob in die historische Kulisse eine rein fiktive Handlung (Erlebnisse einer x-beliebigen Familie in der Zeit des dritten Reiches) eingebaut wird, oder ob in erzählerischer Form die Geschichte wirklicher Personen erzählt wird.
    Das bleibt letztlich auch nicht sonderlich trennscharf, aber da jeder Roman anders gelagert ist, sind diese Unterscheidungen eh nur Krücken um wenigstens ein wenig sortieren zu können.

  • Zitat

    Original von Cathrine
    Aber dann kann ja auch ein Autor vor 200 Jahren einen zeitgenössischen Roman geschrieben haben. Der wäre zu seinen Lebzeiten nicht historische gewesen, für uns aber schon, weil er ja aus der Vergangenheit berichtet und evtl. historische Ereignisse darstellt. Da wäre dann der Autor historisch und durch die lange Zeitspanne von Entstehen bis ich das heute lese auch die Geschichte.


    mh, also das ist für mich irgendwie kein historischer roman. kann das aber auch nicht wirklich begründen...
    die definition von beowulf klingt schlüssig. :write