Die Frau in der hinteren Reihe
Francoise Dorner
ISBN 9783257861785
Diogenes Verlag
158 Seiten, Preis: 17,90
Die Autorin: Francoise Dorner, geboren 1949 in Paris, ist Schauspielerin gewesen und hat fürs Theater geschrieben. Als Drehbuchautorin hat sie „Eine Frau nach Maß“ und „Die Sekretärin des Weihnachtsmanns“ verfasst. Sie erhielt den Theaterpreis der Acadèmie francaise und 2004 den „Goncourt du Premier Roman“ für ihren von der Kritik in Frankreich wie in den USA gut aufgenommenen Erstling „La fille du rang dernier“, der jetzt auch auf Deusch vorliegt. Heute widmet sie sich ganz dem Schreiben und lebt in Paris.
Buchrückentext und Handlung: Ein Leben voller Abenteuer? So versprechen es die Zeitschriften, die Nina in ihrem Pariser Kiosk tagtäglich verkauft. Die Wirklichkeit? Wecken um drei vor fünf, dann schnell die eheliche Pflicht verrichten und um Punkt fünf ab zum Zeitungsgroßverteiler. Dann die Arbeit im Kiosk und ein offenes Ohr für alle anderen, sechs Tage die Woche, Jahr für Jahr. Ein Leben ohne Glanz – bis sie eines der Heftchen aufschlägt, in das die Männer heimlich linsen. Was wäre, wenn auch sie einen schwarzen Ledermantel hätte und ein schweres exotisches Parfüm? Schon bald wird Nina zu einer rührenden femme fatale und ihrer eigenen Rivalin…
Meine Rezension: Schon als ich das Coverbild sah, hoffte ich, dass dieses dünne Buch so humorvoll sein würde, wie die Umschlagsillustration von Sempè verspricht. Eine Frau im kleinen Schwarzen mit weit ausgeschnittenem Rückenteil die die Wolken ansieht. Eine Frau alà „zu dünn geratene fromme Helene“, etwas zu blass und etwas zu bieder - genau so wie die Heldin Nina in diesem Buch. Sie ist brav und angepasst und sie erzählt uns, irgendwie verwundert über sich selbst ihre Lebensgeschichte. Vom Glück verfolgt klingt anders. Und so muss der Leser, der schon sehr bald ein „schmunzelndes Mitgefühl“ für sie empfindet, von ihr erfahren:„Ich bin sogar von einem Mann geheiratet worden - Ich war so glücklich, dass einer mich wollte. Mir seinen Namen gab. Und ich nicht mehr heißen musste, wie meine Mutter.“ Die Mutter – die ihr bei ihren Besuchen mit emotionaler Erpressung und grausigen Monologen über ihr baldiges Lebensende und unmögliche Bestattungsarten auf die Nerven fällt und gegen die sie sich ebenso wenig zur Wehr setzt, wie gegen ihren Mann, der wie selbstverständlich jeden Morgen um 3 Minuten vor fünf seine ehelichen Pflichten einfordert und den sie irgendwann fragen wird ob sie dabei einen Orgasmus hatte.
Die Autorin versteht es, uns Nina mit kurzen Sätzen als tragische Figur zu schildern. Da erfährt man: „Meine Hochzeitsnacht dauerte nur 10 Minuten“ oder „Als ich ihm hinterher laufen wollte, um ihm das zu sagen, wurde ich von einem Auto überfahren“ Kein Zweifel, Nina ist nicht von Fortuna geküsst und sie nimmt alles so hin, ohne es zu hinterfragen. Bis - ja, bis sie eines Tages in einem dieser Heftchen in ihrem Kiosk blättert und ihr bei der Vorstellung, sie würde nur einen schwarzen Ledermantel und ein schwülstiges Parfüm tragen, ganz heiß wird – Sie beschließt, sich in eine andere Frau zu verwandeln und wird zu einer Frau, die sich selbst Konkurrenz macht. Während solch eine Buchidee in anderen Romanen dick aufgetragen und etwas abgedroschen wirkt, ist sie hier einfach nur fein und filigran umgesetzt und die Protagonisten wirken so naiv und trotzdem authentisch, dass es eine Herabsetzung wäre, dieses Buch als „ Null-Acht Fünfzehn-Frauenroman“ abzutun, denn dazu ist es eine Nummer zu anspruchsvoll geraten.
Fazit: Ein Lesevergnügen, dass leider schon nach viel zu kurzer Zeit beendet war. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht, diese unfreiwillig komischen Figuren bei ihren Eskapaden zu begleiten und den feinen Humor der Francoise Dorner zu genießen. Ein wunderschönes kleines Buch mit einer großen Empfehlung und 10 von 10 Punkten.
(Nur der Preis ist wieder mal viel zu hoch, wie häufig bei Diogenes...)