Kurzbeschreibung:
Frankfurt im Jahr 1771. Die Dienstmagd Susann wird von ihrer eigenen Schwester bezichtigt, ihr Neugeborenes getötet zu haben. Im Römer beginnt der Prozess gegen sie. Und als Susann schließlich auf dem Rossmarkt enthauptet wird, ist unter den Zuschauern ein Bürgerssohn namens Johann Wolfgang Goethe. Susann wird sein Vorbild für Fausts Gretchen. Jetzt erzählt Ruth Berger ihre wahre Geschichte.
Über die Autorin:
Ruth Berger wurde 1967 in Kassel geboren und lebt heute als freie Autorin und Wissenschaftlerin in Frankfurt am Main.
Meine Rezension:
Es ist kein einfaches Leben für mittellose junge Frauen in Deutschland Ende des 18. Jahrhunderts. Da kann man schon von Glück reden, wenn man eine Anstellung als Dienstmagd bekommt - und sie auch behält. Vor allem letzteres ist für die junge Susann eine echte Herausforderung, denn sie lässt sich so schnell nichts gefallen und hat ihre Anstellung deshalb schon zwei Mal verloren. Nun will sie sich aber nichts zuschulden kommen lassen bei ihrer Arbeit im Gasthof, doch dann macht sie den Fehler, der ihr Leben kosten wird...
Ruth Berger hat für ihren Roman über Susanna Brand eine ungewöhnliche, aber sehr eindringliche Erzählweise gewählt. In altertümlicher Sprache, also so, als würden Zeitgenossen von Susanna ihre Geschichte erzählen, begleitet der Leser vor allem die Hauptfigur durch die Geschehnisse, erfährt dabei aber nicht nur ihre Gedanken und Gefühle, sondern auch die der anderen auftauchenden Personen, was die Geschichte zu einem runden Ganzen macht und ein vielschichtiges Bild über die damalige Zeit und ihre Gesellschaft malt. Dass die Tötung eines Kindes nicht gutzuheißen ist, bleibt unbestritten, trotzdem fühlt und leidet man intensiv mit Susanna mit, ist entsetzt, wütend und traurig über die Umstände und die Reaktionen ihrer nächsten Verwandten, hofft und bangt bis zur letzten Seite. Ruth Berger beschönigt nichts und verteufelt nichts, sie erzählt die Geschichte der Susanna Brand, der tragischen Figur, die Pate für Goethes Gretchen stand und die ein Opfer ihrer Zeit wurde. In einem ausführlichen Nachwort erfährt man weitere Details über die historischen Personen und was mit ihnen weiterhin geschehen ist. Ein toller historischer Roman, der nicht nur durch den außergewöhnlichen Erzählstil, sondern auch die hervorgerufenen Emotionen überzeugt und einen guten Einblick gibt in eine Zeit, in der die Geburt eines unehelichen Kindes das Schlimmste war, das einer einfachen Magd widerfahren konnte.
Voller Überzeugung gibt es dafür von mir 10 Punkte!