Kurzbeschreibung von Amazon:
Über dem Tor der Pauluskapelle in Damaskus hängt eines Morgens ein Toter. Bei dem Ermordeten handelt es sich um einen muslimischen Offizier. Als Kommissar Barudi die Witwe verhören will, wird ihm der Fall vom Geheimdienst entzogen. Heimlich recherchiert er weiter und findet das Tatmotiv: eine Blutfehde zwischen den Clans der Muschtaks und der Schahins. In vielerlei Facetten schildert Schami den eskalierenden Wahnsinn von Hass und Gewalt und die akute Bedrohung für den, der sich dem Diktat der Sippe nicht beugt. Zugleich erzählt er in poetischen Geschichten von einer Liebe, die eigentlich nicht sein darf, weil Versöhnung nicht vorkommt in den alten Familienstrukturen, und vom Mut der Liebenden, denen der Tod droht und die dennoch die Unterdrückung ihrer Leidenschaft nicht zulassen wollen.
Meine Meinung:
Es ist ein Mammutbuch. Über 1000 Seiten beschreibt Schami eine verschwundene Welt: Damaskus, wie es einmal war. Ich huste ja normalerweise ein Buch in maximal 3 Tagen weg, aber hier habe ich 2 Wochen gebraucht. Es ging einfach nicht schneller. Das Buch ist untergliedert in unzählige Geschichten, Erinnerungen, Anekdoten, die sich irgendwann zu einem Gesamtbild zusammen setzen. Es ist kein Buch das man verschlingt, es ist kein Buch dessen Plot einen immer wieder zwingt weiter zu lesen. Man liest weiter weil man von Schamis schöner Sprache fasziniert ist und auch um diese uns fremde Welt ein wenig mehr zu verstehen. Schami hat über 30 Jahre an der Idee, an der Geschichte gefeilt, die erste Idee dazu entstand als er 16 war. Die Geschichte über Familienfehden, Ehre, Religion, Liebe und Fanatismus sowie Diktatur kann man wohl als sein "Lebenswerk" bezeichnen. Viele erzählte Passagen liegen realen Ereignissen, oder Erzählungen anderer zu Grunde. Es ist ein Buch wie "aus dem Leben" gegriffen. Und dennoch ist es weder eine Biografie noch eine Autobiografie. Es ist ein Mosaik von wunderschönen, grausamen, schmerzhaften, fröhlichen, sogar lustigen Geschichten, die uns eine Welt näher bringen, die wir schwer verstehen können. Ich habe es mit Genuss gelesen, habe viel über die arabische Welt gelernt und war stolz auf mein Durchhaltevermögen und ein wenig traurig den Buchdeckel dann endgültig über diese Welt und seine Protagonisten zu schliessen.
Positiv fand ich auf jeden Fall die Stammbäume hinten im Buch, bei solch einer grossen Familiensippe ist es gut da immer wieder reinschauen zu können.
Man sollte es lesen wenn man viel Zeit hat (oder immer wieder nebenbei) und wenn man gewillt ist sich auf eine riesige Familiensippe, eine fremde Welt und eine aussergewöhnliche Leidens- und Liebesgeschichte einzulassen. Jemand der eine geradlinige Geschichte lesen will, wird hier allerdings enttäuscht: Schami weicht oft ab, erzählt kleine Anekdoten, lustige oder traurige Details etc. Aber gerade das macht auch dieses "1001 Nacht"-Gefühl des Buches aus.