"Schnee der auf Zedern fällt" von David Guterson

  • Klappentext (Schutzumschlag):
    Im Jahr 1954 wird der Fischer Kabuo Miyamoto wegen Mordes vor Gericht gestellt. Er soll seinen Jugendfreund Carl Heine umgebracht haben. Ishmael Chambers, Redakteur der einzigen Zeitung auf der Insel San Piedro, versucht das Verbrechen aufzuklären. Schritt um Schritt rekonstruiert der Roman die alte Familienfehde, auf die das Verbrechen offenbar zurückgeht. Ein poetisches und zugleich enorm spannendes Buch!


    Autor:
    David Guterson


    Meine Meinung:


    Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Prozess um Kabuo Miyamoto. Er scheint nur ein Symbol zu sein, für die Geschichte der Menschen auf dieser Insel, deren Wünsche und Träume vom Krieg zerstört worden sind. Die ihre Nachbarn plötzlich als Feinde wahrgenommen haben.
    Die Protagonisten werden sehr komplex dargestellt. Man erfährt viele Details ihrer Herkunft, ihr Aussehen, welche Träume sie haben und welche Hoffnungen/Träume der Krieg zerstört hat.
    Das Ganze wird sehr gefühlvoll erzählt, langsam, manchmal geradezu abschweifend und bezüglich des Prozesses wieder ungemein sachlich. Für alle, die beim Lesen diese bewusste Langsamkeit und die Genauigkeit schätzen, ein empfehlenwertes Buch.


    Für all jene, die mehr Hintergrundwissen schätzen, hat buzzaldrin in der Leserunde folgenden Link entdeckt!

  • Danke für die Rezi, Joschi. Habe das Buch vor ein paar Jahren gelesen und kann mich Deiner Meinung nur anschließen. ein empehlenswertes und lesenswertes Buch, das mir sprachlich sowie inhaltlich gut gefallen hat. man sieht mal wieder, was Vorurteile alles anrichten können.

  • Mir persönlich war das Buch zu langatmig.
    Was mir aber gut gefallen hat, waren im Prozess die Rückblicke in die Vergangenheit der einzelnen Personen. So erfährt man noch viele Details über jeden Einzelnen.
    Tragisch fand ich den verborgenen Hass der Amerikaner gegen die Japaner.

  • Ich habe das Buch vor Jahren gelesen. Mir hat es damals sehr gut gefallen. Es ist atmosphärisch sehr dicht und man erfährt viel über einen Aspekt der amerikanischen Geschichte, von dem ich zumindest kaum etwas wußte. Allerdings ist es ein stilles und langsames Buch. Wer einen atemraubenden Thriller sucht, liegt damit wohl eher falsch.

  • Snow Falling On Cedars
    David Guterson, 1994

    Bloomsbury Publishing, ISBN: 978-0747530077
    dt. Titel: Schnee, der auf Zedern fällt


    "Snow Falling on Cedars" bzw. "Schnee, der auf Zedern fällt" ist ein ruhiges und wichtiges Buch, aber auch teilweise ein strapazierendes. Dass es hier unter Krimis/Thriller steht, mag sich mir nicht vollständig erschließen, denn es mag sich nicht so ganz in diese Genres einfügen.


    Nur vordergründig erfüllt es die Kriterien. Kabuo, ein Inselbewohner japanischer Herkunft, ist des Mordes angeklagt, des vorsätzlichen sogar. Er soll die Schuld tragen am Tod Carl Heines, der im Netz seines Fischerbootes aufgefunden worden war. Und nun bringen Anklage und Verteidigung ihre Zeugen vor, beobachten wir die Verhandlung.


    Auch wenn es um die Verhandlung geht, viel wichtiger in diesem Buch sind die Beziehungen der Personen untereinander, die Bezüge auf den zweiten Weltkrieg. Sie bildet nur den Rahmen für eine Mischung aus Gesellschaftsanalyse, Kriegsbericht, Liebesgeschichte, Historischem.
    Ein Hauptpunkt sind die Vorurteile gegenüber Mitbürgern japanischer Herkunft vor, zur Zeit von und nach "Pearl Harbor". Vorurteile und Hass, beide haben sich gehalten seit dem Krieg, existierten schon davor.
    Kabuo - der nach der Internierung aller japanischen Inselbewohner damals für Amerika gekämpft hat - wird Kaltblütigkeit unterstellt, denn die Barriere, die er dort errichtet hat, lässt kaum Gefühlsregung durch.


    Der Krieg und die Distanz zwischen japanisch- und andersstämmigen Inselbewohnern haben viel zerstört. Sie haben Kabuos Familie um ihr Land gebracht in Form der von Vorurteilen überladenen Mutter Carls, sie haben Liebende auseinandergedrängt, die Beziehung unmöglich gemacht, Leute in Verhaltensweisen gedrängt, die sie über Bord werfen hätten können.


    Wir erleben viel, d.h. den Krieg, die Vorgänge um den Tod Carl Heines durch Rückblenden und Zeugenaussagen. Detailreich, geradezu minutiös wird geschildert. Teilweise strapaziert die langwierige Anspannung, die dadurch entsteht. Aber es ist toll geschrieben, immer der Situation angemessen.
    Ich habe lange an dem Buch gelesen, ich habe mich der langsamen Erzählweise angepasst.


    Es hat sich gelohnt. Denn das Buch zeigt die verheerenden Folgen von Vorurteilen, die Auswirkungen des Krieges, die Anspannung zwischen "Japanern" und den anderen auf eine eindringliche Art und Weise. Sie ist nicht immer leicht zu ertragen, diese Starrheit. Allein, dass von der Art der Verletzung des Toten gleich auf einen japanischen Kendo-Kämpfer geschlossen wird. :rolleyes


    Ich hätte mir gewünscht, dass sie anders als nur durch die Auflösung des Falles hätte überwunden werden können. Durch mehr als nur die Wahrheit, die man akzeptieren muss, aber Getuschel nicht verhindern wird. Etwas, das vielleicht weiter reicht. So bleiben die Gruppen ein wenig zu sehr in ihren Rollenbildern verhangen, einedie Grenzen übergreifende Liebe zerbricht im Einverständnis (allerdings ein wenig zu meinem Unverständnis), es gibt keine richtige Versöhnung, die Japaner bleiben die Außenseiter, die stillhaltenden Harrer. Schade. Trotz des Endes mag bei mir kein Gefühl der Hoffnung aufkommen.


    Trotz dieser Kritik bleibt das Buch für mich wichtig. Denn es schildert glaubwürdig und präzise, der Stil ist absolut passend zur langsamen Erzählweise, und es hat mir die Geschehnisse um Pearl Harbor nähergebracht.
    Es zeigt, wie ungerecht Menschen und wie schwierig Toleranz und Integration sein können. Auf eine berührende und erschreckende Weise.
    Da mag ich über das Ende und kleinere Ungereimtheiten sowie auch die etwas unbefriedigende Auflösung hinwegsehen. Denn in der Gesamtheit überzeugt das Buch auf seine strapazierende Art. Sehr sogar.


    Fazit
    "Schnee, der auf Zedern fällt" ist ein Buch, das sich langsam entwickelt, aber große Einblicke ermöglicht. Kleine Kritikpunkte habe ich, aber ich halte das Buch dennoch für gelungen und thematisch wichtig.


    8/10 Punkten


    :wave bartimaeus