Kurzbeschreibung:
Das Jahr 2007, das erste Jahr der Großen Koalition unter Alfred Gusenbauer, hat so etwas wie den Symptomkatalog einer Krankheit zum Tode aufgelistet. Der moribunde Patient ist das politische System der österreichischen Nachkriegszeit, die so genannte „Zweite Republik“. Was Jörg Haider mit seinen wildesten polemischen Agitationen nicht gelungen ist, worüber politische Theoretiker aus antifaschistischem Alarmismus in intellektuelle Hyperventilation verfielen, was der linksliberale Mainstream des hiesigen semipragmatisierten Berufsschreibermilieus – vor Angstlust zitternd – sehnend befürchtet hatte, der Partykanzler und seine Amateurtruppe haben es gewissermaßen im Vorbeigehen erledigt: Die Zweite Republik ist tot. Und das ist gut so.
Über den Autor:
Michael Fleischhacker, Jahrgang 1969, maturierte am Stiftsgymnasium Admont und studierte in Graz Theologie, klassische Philologie und Germanistik. Seit April 1991 arbeitete er als Redakteur der „Kleinen Zeitung“ im Ressort Außenpolitik, wechselte 1994 in die Chefredaktion und war von 1995 bis 1997 als Chef vom Dienst tätig. 1998/99 zum stellvertretenden Chefredakteur berufen, übernahm er als Verlagsleiter die Aufgabenbereiche Strategieentwicklung und Neue Medien. Zwischen 2000 und 2001 wirkte er als Chef vom Dienst beim „Standard“. Michael Fleischhacker war von 2002 bis 2004 stellvertretender Chefredakteur der Tageszeitung „Die Presse“ und ist seit September 2004 deren Chefredakteur.
Eigene Meinung:
Michael Fleischhacker, Chefredakteur der Presse, liefert mit seinem Buch „Politikerbeschimpfung“ eine treffende Analyse der Probleme im politischen System Österreichs. Nach Scheitern der Regierung Gusenbauers sind die Symptome augenscheinlich. Fleischhacker vertritt ein flammendes Plädoyer für eine Änderung des Verhältnisses zwischen Bürgern und Politikern, für mehr Eigenverantwortung und weniger staatliche Zwangsbeglückung und für eine Änderung des Wahlrechts.
Dieses Buch ist kein chronologischer Bericht über die Regierung Gusenbauer. Es ist auch keine Reportage. Es werden einerseits die Entwicklungslinien dargestellt, die zur Entwicklung des politischen Systems, mit dem Österreich heute lebt, geführt haben und im Besonderen die Krisenerscheinungen der letzten beiden Jahre. Vielfach empfiehlt es sich dafür dem Grunde nach mit dieser Zeit vertraut zu sein, viele Dinge, die für den Interessierten mit wenigen Worten klar sind, werden auch nicht ausführlich breitgetreten. Hinterfragt werden alle Akteure der Innenpolitik, begonnen bei Regierung, über Bundespräsident, Parlament, Sozialpartnerschaft und den Medien.
Das Buch ist einerseits brandaktuell und berücksichtigt die Entwicklung bis zum Neuwahlbeschluss. Dabei findet sich ein Schwerpunkt auf die letzten beiden Jahre bzw. auch auf die Entwicklungen rund um 2000 wird näher eingegangen. Dem Buch haftet insofern eine gewisse Gefahr der baldigen Überholung an.
Andererseits greift Fleischhacker viele grundlegende strukturelle Fragen auf, die dem Buch losgelöst von der aktuellen Tagespolitischen Debatte, eine länger währende Aktualität verschafft. Fleischhacker legt die offenen Wunden auf, zeigt die Ursachen auf und bietet Vorschläge zur Verbesserung.
Dies tut er mit einer Freude an der Sprache. Es gelingt ihm hervorragend mit einer treffsicheren, pointierten Sprache, die auch vor Wortkreationen nicht zurückschreckt, die fraglichen Situationen punktgenau zu benennen und anschaulich darzustellen. Es ist ein Buch, das vom Leser Mitdenken fordert. Fachwörter werden dort verwendet, wo es notwendig ist, soweit sie nicht allgemein geläufig sind, gut erklärt.
Fazit: Ein gut zu lesendes und informatives Buch, das zum Nachdenken anregt und einen auch dazu verleitet eigene politische Anschauungen zu hinterfragen. Eine profunde Analyse des politischen Systems Österreich, wobei sich Fleischhacker kein Wort vor den Mund nimmt und die Dinge offen beim Namen nennt. Sehr empfehlenswert für alle, die sich für österreichische Innenpolitik interessieren.
[SIZE=7].[/SIZE]