Eine besondere Vorsehung - Richard Yates

  • Gebundene Ausgabe: 389 Seiten
    Verlag: Dva (August 2008)
    Sprache: Deutsch


    Kurzbeschreibung
    Robert Prentice ist das Ein und Alles seiner Mutter Alice. Ihm, dem sie einst mit einer Statue ein Denkmal setzte, hat die Bildhauerin ihren bisher einzigen Kritikererfolg zu verdanken. Und mit seiner Hilfe - so viel ist sicher! - wird sie irgendwann künstlerische Anerkennung erzielen. Doch plötzlich steht sie allein da mit ihren Fantasien von einem glamourösen Künstlerleben, denn Robert meldet sich zum Militär und geht nach Europa, um auf den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkriegs zu Ruhm und Ehre zu gelangen.


    Über den Autor
    Richard Yates wurde 1926 in Yonkers, New York, geboren. Er war einige Jahre als Werbetexter beschäftigt und in den späten Sechzigern kurzzeitig als Redenschreiber für Senator Robert Kennedy tätig. Doch die meiste Zeit über arbeitete Richard Yates als Schriftsteller. Er verfasste sieben Romane und zwei Erzählungsbände. Bis zu seinem Tod 1992 lebte er in Kaliforniern.


    Meine Meinung
    Eine besondere Vorsehung beginnt im Prolog mit einem Besuch von Pobert Prentice bei seiner Mutter während des Krieges. Und schon von Anfang an wird klar, welche Spannungen zwischen Mutter und Sohn liegen. Nach dem Prolog begleitet man dann als Leser abwechselnd Robert während des Zweiten Weltkrieges und erfährt dazwischen die Schwierigkeiten die seine Mutter im Leben hatte und hat.


    An dem Buch am meisten beeindruckt hat mich die Erzählung über den Krieg und in Teilen hat mich das Buch schon fast an Im Westen nichts Neues erinnert. Mit der unterkühlten und trockenen Sprache gelingt es Yates einfach unheimlich gut, die Situation während des Krieges zu beschreiben. Damit meine ich nicht nur die Kampfszenen, die eindrucksvoll geschildert werden, sondern auch das Innenleben von Robert wird sehr beeindruckend beschrieben. Aber auch die Geschichte über seine Mutter Alice ist spannend zu lesen. Alice lebt über ihre Verhältnisse, da sie - wie viele andere Protagonisten in Yates-Büchern - mit der Gesellschaft mithalten will und sich dabei völlig überschätzt. Da stolpert sie dann schon von der einen, in die nächste Katastrophe. ;-)


    Insgesamt denke ich, dass Eine besondere Vorsehung eines der besseren Bücher von Yates ist, es gefällt mir zum Beispiel auch besser als Easter Parade.


    Selbst schätzt Richard Yates in einem Interview übrigens Eine besondere Vorsehung als eine seiner schwächseren Bücher ein:


    Zitat

    Y: I suspect that's why A Special Providence is a weak book - one of the reasons, anyway. It's not properly formed; I never did achieve enough fictional distance on the character of Robert Prentice. And looking back, now, I think this was the trouble: I'd written a good many careful, objective stories over a good many years - stories in which there may always have been an autobiographical element in one sense or another, but in which none of the characters was ever wholly myself. Quelle: http://www.pshares.org/issues/article.cfm?prmArticleid=128


    Das sollte aber keinen davon abhalten, das Buch zu kaufen und zu lesen - es lohnt sich wirklich! :-)

  • Herzlichen Dank für diese Buchvorstellung. Yates zu lesen ist immer ein echtes Erlebnis. Man kann nur froh darüber sein dass dieser Autor wieder aus der Versenkung, in der er leider verschwunden war, herausgefunden hat bzw. das seine Bücher dort wieder herausgefunden haben.


    Und auch dieses Buch werde ich unter Garantie kaufen. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Und auch dieses Buch werde ich unter Garantie kaufen. :wave


    Das freut mich, ich hoffe du hast damit ähnlich viel Spaß wie ich! :wave


    Ich bin auch sehr froh, dass Yates "wiederentdeckt" wurde und ich hoffe, dass noch einige seiner Bücher übersetzt werden in der nächsten Zukunft.


    Falls nicht, subbt bei mir als Alternative immer noch die Biographie über Yates, zu der ich nur bisher leider noch nicht gekommen bin. ;-)

  • Besser als "Easter Parade" :wow?


    Danke für die Rezi, buzzaldrin. Ich werde mir das Buch sicher nächste Woche kaufen, freue mich schon :-].


    Ich hoffe auch, dass noch mehr seiner Bücher übersetzt werden. Für mich ein hervorragender Autor!

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Nach "Easter Parade" waren meine Erwartungen an diese Buch von Yates hoch. Und ich wurde nicht enttäuscht.


    Es ist eine Geschichte über, oder besser im zweiten Weltkrieg und auch die Geschichte eines schwierigen Mutter-Sohn Verhältnisses.


    Wie buzzaldrin schon schrieb, beschreibt Yates nicht nur die Kriegsgeschehnisse, sondern beleuchtet vor allem das Innenleben von Robert, der aus Amerika sich freiwillig zum Militär gemeldet hat und in Europa in den Krieg zieht.


    Gerade die Schilderung dessen, was in den Protagonisten vorgeht, neben Robert vor allem seine Mutter Alice, macht für mich den besonderen Reiz diese Buches aus.
    Besonders bei den Schilderungen über Robert hatte ich das Gefühl ich bin mitten dabei, im Krieg.


    Es ist aber auch eine traurige Geschichte, da sowohl Robert, als auch insbesondere seine Mutter Alice immer wieder an ihren eigenen Ansprüchen scheitern.


    *Auch weiterhin das Yates-Fan-Fähnchen hochhalte* :grin

    Liebe Grüße, Sigrid

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    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Auch ich möchte mich als Yates-Fan bekennen, nachdem ich jetzt zwei Bücher von ihm gelesen habe.


    Hier ist meine Rezi:
    Richard Yates, Eine besondere Vorsehung


    Nach „Easter Parade“ bin ich mit sehr hohen Erwartungen an das neu verlegte Buch von Richard Yates herangegangen. Enttäuscht wurde ich nicht.
    Erzählt wird die Geschichte von Alice, einer erfolglosen, aber mit unerschütterlichem Selbstvertrauen gesegneten Bildhauerin. Hartnäckig weigert sich die allein erziehende Mutter einer geregelten Arbeit nachzugehen. Schließlich ist sie Künstlerin und steht ihrer Meinung nach kurz vor dem Durchbruch, vom Verkauf ihrer Skulpturen leben zu können. Ihre ganze Zeit und Energie investiert sie daher in die Produktion von neuen Skulpturen, die allerdings nie verkauft werden. Ihr einziges Einkommen besteht aus den mageren Unterhaltszahlungen ihres Exmannes. Trotzdem lebt sie beständig über ihre Verhältnisse.
    Als Leser schwankte ich immer zwischen Wut und Mitleid für diese völlig weltfremde Person. Man möchte sie wachrütteln und ihr klarmachen, dass es mit der Kunst wohl doch nicht so klappt und sie doch lieber erst mal einen Job annehmen soll. Diese Art gesellschaftlichen Scheiterns hat Yates meisterhaft dargestellt. Von der Atmosphäre erinnerte es mich immer ein wenig an den Film „Endstation Sehnsucht“ (das Buch kenne ich nicht).
    Daneben gibt es aber auch noch Alices Sohn Robert, die zweite Hauptfigur in diesem Roman.
    Er hat es wirklich nicht leicht mit dieser Mutter. Er schlägt sich aber dennoch ganz gut durch die Kindheit. Nach dem Schulabschluss meldet er sich jedoch zum Militär und wird Soldat im zweiten Weltkrieg. Diese Zeit als Soldat nimmt einen großen Raum ein. Und hier gelingt dem Autor das Unglaubliche, mich mit einer Kriegserzählung in den Bann zu ziehen. Wem das gelingt, der kann wirklich schreiben. Das Kriegsgeschehen wird so persönlich und intensiv aus Roberts Sicht dargestellt, dass es kein Kriegsbericht ist, sondern das innere Erleben des Protagonisten.
    Ich bin froh, dass Richard Yates für den deutschen Markt wieder entdeckt wurde und wünsche ihm viele Leser (und mir weitere Romane).


    Sigrid2110 : Der erste Satz meiner Rezi ist nicht von dir geklaut. Das hatte ich schon geschrieben, bevor ich deinen Beitrag gelesen habe. :rolleyes

  • Ich lese derzeit Easter Parade und bin ebenfalls begeistert! Es freut mich sehr, dass scheinbar auch seine anderen Bücher so lesenswert sind! Ich denke, ich nenne mich jetzt auch einen Yates-Fan :-]. Als nächstes werde ich mir auf jeden Fall Zeiten des Aufruhrs lesen.
    Wäre vielleicht jemand an einer Yates-Leserunde interessiert?

  • buzzaldrin :


    Vielen Dank für die tolle Rezension. :-)


    Von Yates habe ich bisher gelesen:
    1. Elf Arten der Einsamkeit
    2. Zeiten des Aufruhrs


    Die anderen Bücher stehen auf meiner Suchliste,
    und das neue Buch landet jetzt gleich auch auf dieser Liste :grin


    :wave






    :lesend Markus Zusak - Die Bücherdiebin

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Hach, es ist wirklich toll zu lesen, dass doch so viele mittlerweile mit dem Yates-Virus infiziert sind. Und es freut mich, dass dir, Seerose, das Buch gut gefallen hat. Ich bin auch immer wieder davon beeindruckt, wie Yates die Probleme und Schwierigkeiten der "einfachen Menschen" in seinen Büchern darstellt.


    SueTown
    Dann ließ auch bald Eine besondere Vorsehung, das ist noch besser als Easter Parade! :-) An einer Leserunde wäre prinzipiell sehr interessiert - auch wenn ich Zeiten des Aufruhrs schon gelesen habe. In diesem Jahr würde es bei mir aber eng werden mit der Zeit.

  • Gegen eine Leserunde hätte ich auch nichts -ich habe noch nie bei einer mitgemacht -wie geht das? :gruebel
    Werde mich mal kundig machen :-]




    :learn

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

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  • "Zeiten des Aufruhrs" liegt bei mir noch ungelesen. An einer LR dazu würde ich auch gerne teilnehmen.


    Zitat

    Original von Seerose


    Sigrid2110 : Der erste Satz meiner Rezi ist nicht von dir geklaut. Das hatte ich schon geschrieben, bevor ich deinen Beitrag gelesen habe. :rolleyes


    @ Seerose: wenn Du das nicht geschrieben hättest, wäre mir das gar nicht aufgefallen :lache.
    Ja, so sind sie halt, die Yates-Fans :grin.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

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    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Ich habe das Buch versprochen bekommen - kann aber noch einige Wochen dauern.


    :wave

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • So -jetzt habe ich das Buch gelesen. :-)


    Der Roman fängt mit einem Prolog an. Der Sohn Robert Prentice, welcher sich beim Militär zum Gewehrschützen ausbilden lässt, besucht 1944 seine Mutter. Seine Mutter ist eine erfolglose Künstlerin, die den Realitäten nicht so ganz ins Auge schauen kann, immer glaubt sie, dass sie bald den großen Erfolg haben wird - auch lebt sie über ihre finanziellen Möglichkeiten hinaus. Ihr Mann hat sie schon vor langer Zeit verlassen.
    Zwischen ihr und ihrem Sohn bestehen Spannungen - sie überbehütet ihn ein wenig.
    Nach dem Prolog erfährt man abwechselnd was über das Leben der Mutter und über das Soldatenleben von Robert, der nun im 2. Weltkrieg nach Europa abbeordert wurde.
    Die Kriegsbeschreibungen waren mir insgesamt ein wenig zu lange, auch wenn Yates es gut und in einer klaren Sprache beschreibt und uns an Roberts Innenleben teilnehmen lässt.
    Auch in diesem Roman wird das Scheitern, die unerfüllten Hoffnungen und Sehnsüchte umschrieben.
    Insgesamt ist das Buch in einem ruhigen Tempo gehalten.


    Mir haben vor allem "Zeiten des Aufruhrs", aber auch die Kurzgeschichten "Elf Arten der Einsamkeit" besser gefallen. "Easter Parade" liegt noch auf dem SUB.

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Wieder ein sehr sehr schönes Buch von Yates. Gerade das Kriegsgeschehen fand ich sehr interessant geschrieben und gefiel mir am besten. Mich hat es selbst verwundert, denn eigentlich interessieren mich diese genauen Beschreibungen des Krieges nicht unbedingt.


    Nur die Kapitel mit dem besonderen Fokus auf die Mutter empfand ich ein wenig "nervig". Diese Frau wollte ich mehr als einmal schütteln.


    Insgesamt ein wunderbares Buch, aber im Gegensatz zu buzzaldrin, gefiel mir Easter Parade etwas besser.


    Auf meinem SUB liegt jetzt noch "Zeiten des Aufruhrs", aber bestimmt nicht mehr lange. :grin