Das Jadepferd - Steffanie Burow

  • Das Jadepferd
    Steffanie Burow
    ISBN:9783426662977
    Knaur Verlag
    477 Seiten, 19,95 Euro


    Über die Autorin: Steffanie Burow war Art-Direktorin und Werbetexterin, bevor sie gemeinsam mit ihrem Mann ausgedehnte Reisen durch die Länder des Fernen Ostens unternahm. Heute lebt die Autorin in Hamburg und arbeitet an ihrem zweiten Roman.


    Klappentext: Es wird langsam dunkel in Kashgar. Die hell erleuchteten, modernen Einkaufszentren, Hotels und Bürohäuser wirken fehl am Platz, wie Attrappen: nur eine Seitenstraße entfernt fühlt sich Marion wie im Mittelalter, mit Teehäusern, windschiefen Moscheen und Frauen in bunten Trachten. Plötzlich stolpert sie, stürzt und landet in einer Baugrube – neben der Leiche eines jungen Mannes. Der Tote hält ein Kästchen umklammert, das Marion aus einem unerklärlichen Impuls heraus an sich nimmt, bevor sie hysterisch zu schreien beginnt. Kommissar Li Yandao wird zum Tatort gerufen und übernimmt die Ermittlungen. Schnell spürt er, dass die deutsche Touristin ihm etwas verheimlicht…


    Meine Meinung: Schon der Titel verrät, was Marion in dem geheimnisvollen Kästchen findet – es ist das Jadepferd, besser gesagt, nur der vordere Teil einer in der Mitte zerbrochenen Pferdeskulptur samt kleiner beschrifteter Bambusrollen. Zuerst kann sie es selbst nicht erklären, warum sie der Polizei ihren Fund verschweigt. Das Pferd scheint einen großen Reiz auf sie auszuüben, und auch, als ihr nach kurzer Zeit klar wird, dass sie wegen ihres Fundes verfolgt wird und man in ihr Zimmer einbricht, weiht sie Kommissar Li Yandao nicht ein, obwohl bei jeder Begegnung der beiden immer deutlicher wird, dass sie sich nicht gleichgültig sind.


    Steffanie Burow bietet in ihrem ersten Roman eine gut gelungene Mixtur aus Krimi und Reisebericht an. Zum einen wird die Bedeutung und der Weg des Jadepferdes erzählt, das niemandem, in dessen Besitz es sich befand, Glück gebracht hat und zum anderen findet sich die abenteuerliche Flucht und die beginnende Beziehung von Marion und Li Yandao. Man merkt an der Beschreibung der Orte, dass die Autorin viel gereist ist. Sie versteht es mit klarer und schnörkelloser Sprache, die einzelnen Gegenden in China so gut zu beschreiben, dass man beim Lesen meint, man sei mittendrin in der Geschichte, und man sieht die einzelnen Schauplätze, die alten Teehäuser, die traditionellen Suppenküchen und Wohnviertel bildlich vor Augen. Neben der Lektion in chinesischer Geschichte und der interessanten und eigenwilligen Persönlichkeit Marions machte das für mich, den hauptsächlichen Reiz dieses Buches aus. Von mir 8 von 10 Punkten für diese gute Unterhaltung.

  • Vielen Dank für Deine Rezension Eska, für mich klingt es eher nach einem Taschenbuchschmöker, aber einen der sich lohnt (so für den Urlaub oder so) :grin



    urlaubsreife Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Inhalt:


    Die deutsche Weltenbummlerin Marion bereist alleine die westlichste Provinz Chinas, in der die moslemische Minderheit der Uiguren lebt. Gleich in der ersten Nacht nach ihrer Ankunft stolpert Marion über die Leiche eines jungen Mannes. Entsetzt ruft sie die Polizei. Die ist schnell vor Ort und Kommissar Li Yandao übernimmt den Fall. Marion verrät dem gut aussehenden Ordnungshüter allerdings nicht, dass sie ein kleines Kästchen, in dem sich das Vorderteil eines Jadepferdes und einige beschriebene Bambusstäbchen befinden, bei dem Toten gefunden und behalten hat.


    Der kleine Schatz übt seitdem eine seltsame Ausstrahlung auf sie aus und wird zum Auslöser für eine lange Odyssee durch den Nordwesten Chinas mit seinen wilden Landschaften. Denn auch eine Bande von Kunstdieben weiß um den Wert des Kästchens und versucht, es ihr wieder abzujagen. Doch mit viel Glück und vielen netten Zufallsbekanntschaften entwischt Marion ihnen immer wieder. Und was ist mit dem sympathischen Kommissar Li, der nicht nur ein berufliches Auge auf Marion geworfen hat?


    Mein Fazit:


    Auch nach Olympia 2008 birgt China mit seiner Jahrtausende langen Historie viele faszinierende und fesselnde Geschichten. Eine davon erzählt Stefanie Burow in ihrem spannenden Debütroman, mit dem ihr ein exzellenter Spagat zwischen Reisebericht, Abenteuerroman und Thriller gelungen ist. Gekonnt entführt sie uns in ein Gebiet abseits der ausgetretenen Pfade zu dem Volk der Uiguren, das als Minderheit in China, ähnlich wie die Tibeter, im eigenen Land keine guten Karten hat. Dass die Autorin die Gegend und ihre Menschen selbst kennen gelernt hat, merkt man der Geschichte an. Es ist ein besonderer Blick auf die Seidenstraße, der weit über „Marco Polo“ hinausgeht. Dabei wirbt die Autorin immer wieder für die Verständigung und den Dialog zwischen den Völkern und verschiedenen Kulturen.


    Ihre Story spickt jedoch nicht nur mit vielen Fakten aus der langen chinesischen Geschichte, sondern auch mit Travellerinfos aus dem modernen China. So werden mit den „Chungking Mansions“ die wohl bekanntesten und wahrscheinlich verottetesten Herbergen Hongkongs vorgestellt.


    Ein grandioser Erstlingsroman – wer Indianer Jones und „Das verlorene Labyrinth“ von Kate Mosse mag, wird dieses Buch lieben. Die Autorin arbeitet schon an ihrem zweiten Roman – freuen wir uns drauf!

  • Liebe Eskalina, liebe Sisch,


    nach dem ganzen Wirbel der letzten (unglaublich aufregenden!) Wochen tauche ich wieder aus der Versenkung auf, und das erste, was ich endlich machen möchte, ist, mich bei euch ganz ganz herzlich für die Rezensionen zu bedanken! Ich habe mich sehrsehrsehr über sie gefreut – und dass mein"Pferdchen" euch gefallen hat, freut mich natürlich umso mehr :-)
    Sicher geht es auch anderen Autoren so: da schreibt man und schreibt man und hobelt und feilt und wartet, wartet, wartet (das vor allem!), und dann ist er da, der große Tag: das Buch liegt im Laden. Oder auch nicht? Also, ich hatte fürchterliche Bauchschmerzen und habe eine Freundin vorgeschickt um zu gucken, ob's tatsächlich da ist ...
    Aber die Aufregungen sind nicht vorbei, denn nach all der Zeit kommen jetzt die wichtigsten Kritiker von allen: die Leser/innen. Ob sie es mögen? Ob sie es doof finden? Ihr glaubt gar nicht, wie weit man seine Fingernägel abknabbern kann :zwinker!


    Ganz liebe Grüße von
    SteffiB

  • :wave Liebe Steffi, ich finde es toll, dass du nun auch eine Büchereule geworden bist und wünsche dir hier recht viel Spaß und viele Lesetipps.
    Ich hoffe, deine Fingernägel können nun in aller Ruhe wieder etwas wachsen, denn dein Buch ist ja richtig gut angekommen...


    Sag, schreibst du denn schon an einem Folgeband? Eigentlich könnten deine beiden Protagonisten noch einige Fälle lösen, oder? :wave

  • Liebe Eskalina,


    tja .... der Folgeband. Ich war hin- und hergerissen, ob ich meine Figuren (ich sag jetzt nicht die Namen, es könnte spoilern) noch einmal losschicken sollte, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie "auserzählt" sind. Dieses Gefühl hat sich mittlerweile verändert, also, wer weiß, was da noch kommt. Tatsächlich ist das nächste Buch schon "im Kasten" (Ende November bespreche ich es mit meiner Lektorin, und dann kommt die Überarbeitung), und diese neue Geschichte benötigte einfach ganz andere Leute mit einem anderen Charakter und einem anderen Lebenshintergrund. Was ich aber versprechen kann – es geht wieder auf die Reise, diesmal nach Indonesien, und das Schlamassel, in das ich die neue "Mannschaft" reite, ist auch nicht ohne ;-).


    Liebe Grüße von
    SteffiB

  • Steffanie Burow nimmt uns in ihrem ersten Roman mit auf eine Reise durch Chinas westliche Provinz Xinjang. Gemeinsam mit der Rucksacktouristin Marion reisen wir auf der ehemaligen Seidenstraße, deren erste Station die Stadt Kashgar ist. Als sich Marion in Kashgar verirrt und eine Baugrube stürzt, findet sie dort einen Toten, der ein unscheinbares Lackkästchen bei sich trägt. Unter Schock stehend stehend nimmt sie das Kästchen an sich. Sie ahnt nicht, dass sie sich damit in große Gefahr bringt, denn das Kästchen birgt eine archäologische Kostbarkeit, die Hälfte eines uralten Jadepferdes und geheimnisvolle Schrift-Täfelchen, auf die es kriminelle Gestalten abgesehen haben. Durch den Vorfall vorerst zum Bleiben in Kashgar gezwungen, freundet sie sich mit dem Kriminalkommissar Li Yandao an. Beide merken schnell, dass sie trotz der unterschiedlichen Kulturen vieles verbindet.


    Steffanie Burows Debütroman ist eine Liebeserklärung an die autonome chinesische Provinz Xinjang und deren Bewohner, den Uiguren. Deutlich merkt man jeder Seite dieses Buches an, dass die Autorin das Land selbst bereist und gesehen und dabei nicht ihre Augen verschlossen hat vor den Problemen, die diese Provinz hat. So wird der Leser sensibilisiert für die muslimisch geprägte Provinz, deren Wurzeln und Traditionen durch die Großmacht China immer weiter zurückgedrängt werden und für deren Bewohner es schwer ist, sich anpassen zu müssen ohne die eigene Identität zu verlieren. Besonders gut gefallen hat mir hier der Brückenschlag zwischen Kommissar Li Yandao und der Muslima Batügül, der symbolisch dafür war, dass beide Kulturen nebeneinander existieren könnten, wenn sie wollten.


    Es ist ein farbenprächtiger Teppich von Bildern, den Steffanie Burow in einer klaren und präzisen Sprache webt. Ein Teppich, der aus vielen kleinen und liebevollen Details, Farben, Gerüchen, Gesten, Gedanken und Träumen besteht, der den Leser staunen und bei jeder Betrachtung immer wieder etwas Neues finden lässt. Wunderbar mit eingebunden in diesen Teppich hat Steffanie Burow die Geschichte des Jadepferdes, die in einem zweiten Erzählstrang vom Jahr 102 bis in die Gegenwart erzählt wird. Die Reise des Jadepferdes über die vielen Jahrhunderte und verschiedene Aufenthaltsorte hat etwas Märchenhaftes und mich oft an die Erzählungen aus 1001 Nacht erinnert.


    Neben der so prächtigen Schilderung des Landes und seiner Völker kommt aber auch der Krimi-Plot nicht zu kurz, der für so manche Verfolgungsjagd und Spannung bis zum Schluss sorgt. Mit der Entschlüsselung der Täfelchen bietet die Autorin ein Szenario, das zwar fiktiv ist, das dem Leser aber auch nach Beendigung des Buches noch einige Denkansätze liefert und Assoziationen zur derzeitigen weltpolitischen Situation weckt. Es war definitiv eine Auflösung, mit der man nicht gerechnet hat.


    Für Leser, die sich gerne in fremde Länder entführen lassen, ist dieses Buch ein echtes Higlight. Von mir eine klare Leseempfehlung.

  • Meine Rezension
    Zuerst wollte ich das Buch ja gar nicht lesen, Titel und Cover suggerierten mir, es würde sich hierbei um einen historischen chinesischen Roman handeln, was so gar nicht meinem Beuteschema entspricht.


    Als mir aber suggeriert wurde, dass es sich mitnichten um einen historischen Roman, sondern um eine Art Mischung aus Reisebericht und Krimi (ein Reisekrimi sozusagen *ggg*) handelt, wurde ich doch neugierig und ich habe nicht bereut, zugegriffen und mich auch bei der Leserunde angemeldet zu haben.


    Marion ist eine alleinreisende Deutsche, die in China mehr oder weniger unfreiwillig das Abenteuer ihres Lebens durchlebt, als sie zufällig eine Leiche findet und ein Kästchen an sich nimmt, das der Tote bei sich trug. Doch dieses Kästchen bzw. dessen Inhalt hat unheimliche Kräfte. Marion bringt es nicht über sich, es der Polizei zu übergeben. Was Marion nicht ahnt ist, dass dieses Kästchen im Lauf der Jahrhunderte bereits viel Unglück über seine Vorbesitzer gebracht hat…


    In zwei parallel verlaufenden Erzählsträngen erzählt uns hier die Autorin die Geschichte des Jadepferdes, das sich in dem Kästchen befindet und die Erlebnisse, in die Marion schliddert, seit sie das Kästchen an sich nahm.


    Eine sehr interessant und vor allem gegen Ende hin rasant erzählte Geschichte, die weit mehr ist als „nur“ ein bloßer Unterhaltungsroman. Ich habe viel Interessantes über Land und Leute erfahren und auch über die Probleme der uighurischen Minderheit gelesen, historische Daten runden das Ganze ab.


    Das Buch besticht auch durch sehr interessant gezeichnete Protagonisten wie Marion, Li Yandao, Batügül und auch Nikolai. Auch die „bösen“ Protagonisten oder die unsympathischen Figuren konnten mich überzeugen.


    Was mir gut gefallen hat ist, dass zwar kritische, aber auch versöhnliche Töne angeschlugen wurden und man spürt die Liebe der Autorin zum Land.


    Ein sehr schönes Buch, das ich da verschlungen habe und so bleibt mir nur, zu krähen: Mehr! Mehr! Mehr!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Mir fällt es immer schwer bei der Rezi nicht in Allgemeinplätze zu verfallen, wenn mich ein Buch wirklich beeindruckt hat. Ich dachte mit etwas Abstand zur Leserunde würde es mir leichter fallen einen differenzierteren Eindruck wieder zu geben, aber wie ich sehe fällt es mir immer noch schwer.
    Gottseidank wurde von meinen Vorrezensenten schon fast alles gesagt. Dann fällt es nicht so auf :-]


    "Das Jadepferd" ist ein Abenteuer/Reiseroman, der sich für mich insbesondere deshalb aus der Masse hervorhebt, weil die Autorin wirklich weiß wovon sie schreibt. Und das spürt man beim Lesen, denn die Autorin beschreibt so aussagekräftig (sei es nun die Umgebung oder die Gepflogenheiten der Bevölkerung), daß ich wirklich das Gefühl hatte in diese für mich fremde Welt ein zu tauchen. Dabei lenkt die Autorin den Blick auch auf die dortigen Probleme zwischen Chinesen und Uighuren, ohne jedoch den moralischen Zeigefinger zu erheben. An manchen Punkten hat es mich dazu angeregt, mir genauere Gedanken zu machen- nicht oft klingt bei der Menge, die ich lese, ein Buch noch nach.
    Der Wechsel zwischen gegenwärtiger und historischer Handlung machte das Ganze noch spannender und abwechslungsreicher.


    Bleibt mir nur mich Batcat an zu schließen:

    Zitat

    Original von Batcat:
    Ein sehr schönes Buch, das ich da verschlungen habe und so bleibt mir nur, zu krähen: Mehr! Mehr! Mehr!

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • @ batcat
    Nach deiner Rezi hat Steffi den ganzen Abend lang das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekommen.


    @ grottenolm
    Und nun hat sie wieder einen Grund zur Freude :-)


    Danke, sagt
    harimau

  • Zitat

    Original von harimau
    @ batcat
    Nach deiner Rezi hat Steffi den ganzen Abend lang das Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht bekommen.


    Das freut mich. :-)


    Aber die Rezi hat sie sich selbst zuzuschreiben. Wäre das Buch mies gewesen, hätte die Rezi anders ausgesehen. :lache

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)