'Unter dem Safranmond' - Seiten 088 - 168

  • Zitat

    Original von Nomadenseelchen


    In diesem Abschnitt ist es noch nicht klar, Nomadenseelchen. Ich vermute, dass Du Dich hier auf den nächsten Abschnitt beziehst. Dieser hier endet mit der Hochzeit und der Berufung nach London.


    Edit: Ebenfalls spoiler eingebaut :-)

  • Ehrlich gesagt würde ich am liebsten nur lesen, nicht posten. :wow Aber da es eine LR mit Autorin ist, bin ich brav und schreibe meine Gedanken auf. :grin Wobei das andere ja auch ein Kompliment ist, denn das Buch hat mich wirklich in seinen Bann gezogen.


    S. 91: Den Merkspruch "333 bei Issos Keilerei" mussten wir auch lernen. :lache
    Und dann gab es noch was mit 753 (?), Rom schlüpft aus dem Ei. :grin


    Wie Ralph die Greenwood-Familie beschreibt im Gegensatz zu seiner Familie, wäre ich auch gern Mäuschen am Tisch gewesen, ich finde, dass heutzutage leider viel zu selten in großer Runde gegessen und diskutiert wird. Auch, weil die Familien einfach keine Zeit mehr haben bzw. kleiner sind.

    Jonathan ist mir hier sehr sympathisch, schließlich hat er Ralph erst kürzlich näher kennen gelernt, dass er seine Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Verehrung äußert. Da bin ich auch gespannt, ob er seine Hilfe nicht bereut.


    Der Rundgang durch Oxford - schön. Da hab ich ein wenig den Eindruck, dabei zu sein. Ebenso, als Jonathan von Kalkutta und Lahore erzählt.


    OT: S. 107: Martha schmückt den Weihnachtsbaum: Ich hab den Eindruck, Weihnachten kommt mit großen Schritten näher, und nun auch noch das hier im Buch. :wow Wie gut, dass Prinzgemahl Albert aus Deutschland kam, sonst hätten die Engländer womöglich heute noch keine Weihnachtsbäume :lache


    Dass Maya zu Ralphs Antrag (S. 113) nickt (was in meinen Augen zunächst erst mal ne Annäherung, noch kein Heiratsantrag ist), scheint mir auch so, weil sie zum einen Richard vergessen will und zum anderen mit Ralph der Glanz Asiens einzieht. Dass sie ihn heiratet, ist meiner Meinung nach auch ein wenig Trotz/Stolz und eben die Hoffnung, aus dem engen Oxford auszubrechen. Liebe ist da kaum im Spiel, das wäre zu früh, auch wenn die beiden sich soweit gut verstehen.


    Ja, Tante Elizabeth ist klasse. :lache


    Die Reaktion von Mayas Eltern ist verständlich, allerdings enttäuschend für Maya. Dass ihr Vater aber immer noch die Hoffnung hegt, aus ihr könnte mal mehr werden als nur die Frau von xy, finde ich sehr fortschrittlich und berührend. Immerhin hätte Angelina ihn wohl heiraten dürfen. :gruebel


    Die Infos zu Gretna Green: Danke schön :wave Hatte schon wieder vergessen, dass das in "Der Himmel über Darjeeling" vorkam.


    Der letzte Satz dieses Abschnitts, schon oft zitiert, ist einfach ein wundervoller Haken, an dem man einfach baumeln und weiterlesen muss. Und das werde ich jetzt auch tun.

  • Das Kreuz mit der Sexualität in der viktorianischen Epoche ist für uns Nachgeborene (und Neugierige), dass wir zwar wissen, inwiefern sich dieses Thema in der Literatur jener Zeit andeutet - aber wir wissen nicht, wie es in den Schlafzimmern damals tatsächlich zuging.


    Und die Literatur strotzt vor Extremen: auf der einen Seite die von Natur aus frigide Frau, die ihre eheliche Pflicht heroisch über sich ergehen lässt, nämlich getreu dem Motto:


    Zitat

    Original von Nomadenseelchen
    Leg dich zurück und denke an England.


    Auf der anderen, der finsteren Seite steht die Frau als Verführerin, die Femme Fatale, die Prostituierte, die den Mann zur Wollust verlockt und ihn so schließlich ins Verderben treibt.


    Tatsächlich waren die Viktorianer sehr interessiert an der Sexualität, vor allem an all jenen Spielarten, die als verworfen galten (sprich: alles außerhalb des Üblichen und selbstredend Ehelichen). Was sich auch daran zeigt, wie breit all die haarsträubenden Geschichten über Burtons sexuelle Vorlieben und Erfahrungen herumgetratscht wurden.


    Die große Ausnahme: unverheiratete junge Mädchen. Diese sollten tatsächlich so wenig wie möglich darüber wissen - aus Angst, Vorwissen könnte dazu führen, sie von einer reinen Unschuld zu einer tickenden Zeitbombe in puncto Lust und Erotik zu machen.


    Denn die Viktorianer waren ständig damit beschäftigt, Sexualität zu beherrschen - damit sie nicht außer Kontrolle geriet (daher auch die Geschichte, dass die Viktorianer die Beine ihrer Klaviere verhüllten, um keine Assoziationen mit bloßen Frauenbeinen zuzulassen und unzüchtigen Fantasien damit keinen Vorschub zu leisten).


    Selbstbefriedigung war schlecht, Homosexualität sowieso, dito Prostitution und Seitensprünge eigentlich auch. All das gab es trotzdem.


    Der Orgasmus der Frau war zwar bekannt, aber dessen Bedeutung variierte beinahe saisonal. Mal galt er als notwendig für die Zeugung, mal glaubte man, er hinge mit dem Zyklus zusammen; mal war er pathologisch, mal galt gerade er als Heilmittel gegen psychische und psychosomatische Erkrankungen, und häufig fiel er einfach unter den Tisch oder wurde gar als Mythos abgetan.


    Den Männern wurde es auch nicht gerade leichtgemacht: gegen fleischliche Gelüste vor der Ehe empfahl man Sport.
    Woran sich die wenigsten gehalten haben dürften; die Prostitution blühte, und überhaupt übte man doch Nachsicht, was den heterosexuellen Erfahrungshorizont eines Mannes anging.


    Ich glaube durchaus, dass es viele Männer gab, denen es völlig egal war, ob und was ihre Partnerin im Bett empfand. Aber ich kann mir (im Einklang mit Historikern) nicht vorstellen, dass das immer der Fall gewesen sein soll - ohne dass es dabei um die Frage "Orgasmus ja oder nein" ging.

  • @ geli


    Zitat

    Original von geli73
    Ehrlich gesagt würde ich am liebsten nur lesen, nicht posten. :wow Aber da es eine LR mit Autorin ist, bin ich brav und schreibe meine Gedanken auf. :grin Wobei das andere ja auch ein Kompliment ist, denn das Buch hat mich wirklich in seinen Bann gezogen.


    Als Kompliment empfinde ich das auch! :wave Danke! :-]


    Zitat

    Original von geli 73
    S. 91: Den Merkspruch "333 bei Issos Keilerei" mussten wir auch lernen. :lache Und dann gab es noch was mit 753 (?), Rom schlüpft aus dem Ei. :grin


    yep, genau! :lache


    Zitat

    Original von geli73
    OT: S. 107: Martha schmückt den Weihnachtsbaum: Ich hab den Eindruck, Weihnachten kommt mit großen Schritten näher, und nun auch noch das hier im Buch. :wow


    Und ich "musste" diese Stelle im Frühsommer schreiben, bei prallem Sonnenschein :lache

  • Zitat

    Original von geli73:
    Ehrlich gesagt würde ich am liebsten nur lesen, nicht posten.


    So geht es mir im Moment auch. Normalerweise lese ich abends im Bett nicht, aber wenn ich tagsüber nicht dazu gekommen bin, dann MUß ich es abends einfach zur Hand nehmen.


    Inhaltlich wurde eigentlich alles schon gesagt- ich bin mal gespannt, was der nächste Abschnitt bringt.

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Die Szene, in der Jonathan zum erstenmal seine kleine (neue) Schwester sieht, fand ich herzerweichend. Einfach schön...
    Man sagt ja das Babys die Weisheit in den Augen haben...
    Die komplette Szene zwischen Maya und Jonathan beweisst nochmals, wie eng sie miteinander verbunden sind.


    Tante Elisabeth hat mir von Anfang an gefallen. Und wie Ralph so treffend gesagt hat=Jede Familie sollte eine Tante Elisabeth haben.


    Ich habe überhaupt nicht daran gedacht, daß die Eltern zur Hochzeit nein sagen könnten, und war erstmals verwirrt, wie das alles wieder ins Lot geraten soll.

  • Zitat

    Original von Bouquineur


    Ich glaube ja, dass es der noch unbekannte dritte "R" vom Klappentext ist :grin


    Nur konnte Maya davon zu diesem Zeitpunkt noch nichts ahnen :grin.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Ich finde, dass Ralph in diesem Abschnitt äusserst sympathisch beschrieben wird. Und ich habe auch absolut das Gefühl, dass Maya in ihn verliebt ist und ihn deshalb heiraten will. Genau so wie er in sie verliebt ist.....zumindest habe ich das so aufgefasst.


    Richtig mulmig wurde mir bei dem Teil, als Ralph ( und auch Jonathan ) mit einer solchen Begeisterung von ihrem Leben als Soldaten erzählt haben.
    Da wurde doch schon richtig klar, was das Erklimmen der Erfolgsleiter beim Militär für Ralph bedeutet. Nämlich so gut wie fast alles.


    Da muss doch dann etwas ( für ihn ) wirklich Furchtbares in dem Brief gestanden haben, den er nach der Hochzeit erhält. :gruebel
    Anders lässt sich für mich seine Versteinerung und auch Veränderung nicht erklären.


    Denn die Tage zuvor, also quasi ihre Flitterwochen, wurden doch als eine wunderschöne Zeit beschrieben. :-)


    Richtig schön waren auch die Wanderung durch Oxford, das Kennenlernen von Tante Elizabeth :grin, die Rückblenden sowie die sehr guten Beschreibungen der Gefühle der Hauptpersonen.


    Ich freue mich aufs Weiterlesen. :-]

  • Nachdem ich von Anfang an meine Zweifel hatte, ob Ralph der Richtige für Maya ist, bestätigt vor allem das Ende dieses Abschnitts meine Zweifel. Ich habe mich schon vorher gefragt, wer Ralph überhaupt richtig kennt, denn auch Jonathan hatte ihn erst kurz bevor er ihn mit zu seiner Familie nahm, kennengelernt. Vermutlich zögert Jonathan auch deswegen, den beiden beim Durchbrennen zu helfen, da er leise Zweifel hat?


    Ich glaube daher auch nicht, dass Maya bereits beurteilen kann, ob sie ihn liebt, ich denke eher, sie liebt die Vorstellung, die sie von ihm (und von einem gemeinsamen Leben mit ihm) hat: Sie möchte die Welt kennenlernen, und das wird er ihr ermöglichen. Auch glaube ich nicht, dass sie wirklich über Richard hinweg ist, reagiert sie doch sehr betroffen darauf, dass in seinen Briefen nichts Persönliches zu finden ist.


    Insgesamt denke ich, dass die Entscheidung der Eltern gegen eine Hochzeit, zumindest eine überstürzte, richtig war, aber waren es auch ihre Motive? Wir lernen hier nur Marthas Gedanken kennen, und diese lassen erkennen, dass sie eine Hochzeit zwischen Angelina und Ralph nicht kategorisch abgelehnt hätte.

  • Ups, da laufe ich wohl mit meiner Meinung wieder mal euch allen quer. Ich finde Ralph sympathisch, und in meinen Augen ist es für beide Seiten folgerichtig und gut, dass sie heiraten. Maya hätte es viel schlechter erwischen können. Es ist doch zum Verzweifeln. Sie ist schon jetzt ein spätes Mädchen, und weil Richard so grußlos gegangen ist und seitdem eher herzlose Briefe schreibt, besteht kaum Hoffnung, dass er sie doch noch irgendwann aus der Bedrängnis ihrer kleinen Welt retten wird. Wie sonst kann sie sich also befreien als durch eine Heirat? Irgendwann hätte sie am Ende gar jemandem wie diesem "mehr als gut situierten und durchaus passabel aussehenden William Penrith-Jones", der in Tantchens Geburtstags-Ballszene erwähnt wird, das Ja-Wort gegeben, nur um aus ihrer abgeschlossenen Vitrine (schönes Bild, Nicole!) entkommen zu können. Dann doch bitte mit jemandem, der sie ernst nimmt, sie respektiert, mit dem sie reden und ihre Leidenschaft für fremde Länder teilen kann. Ralph ist doch ein netter, aufgeschlossener Kerl, auch im Alter passend, in den sie noch dazu verliebt ist, und der für sie ebenfalls tiefe Zuneigung verspürt und ihr diese sogar zeigen und kundtun kann. Ich glaube, auch das war nicht unbedingt selbstverständlich damals, oder?
    Ich stelle mir die Ehe so vor, dass Maya irgendwann die Führungsrolle übernehmen wird, schon allein, weil sie so viel gebildeter ist und mehr Sprachen spricht als Ralph. Tja, das mit dem unbefriedigenden Vollzug der Ehe - gut, enttäuschend für sie, aber wenigstens ist er nicht pervers oder grausam, sondern einfach nur unbedarft. Da ließe sich doch noch was lenken, oder?[SIZE=7]Nichtsdestotrotz würde ich ihn irgendwann den Heldentod sterben lassen, weil er - wenigstens zum jetzigen Zeitpunkt - wenig Entwicklungspotenzial zu haben scheint.[/SIZE]
    Bin gespannt wie es weitergeht!

  • @ Bookworm


    Zitat

    Original von Bookworm
    Wir lernen hier nur Marthas Gedanken kennen, und diese lassen erkennen, dass sie eine Hochzeit zwischen Angelina und Ralph nicht kategorisch abgelehnt hätte.


    Ich bin - rein theoretisch - mit Martha einer Meinung: gemessen an den damaligen Maßstäben einer guten Ehe hätten Angelina und Ralph besser zusammengepasst. Es wäre Ralphs Pflicht gewesen, flott Karriere zu machen, um Angelina heiraten zu dürfen, damit er ihr auch etwas hätte bieten können. Am besten hätte er einen bequemen Offiziersposten erreicht, mit gutem Sold und entsprechendem Wohnhaus inkl. Personal. Angelina wäre eine gute Gastgeberin gewesen, ideal, um als Offiziersgattin zu repräsentieren.
    Nur haben Maya und Ralph sich eben ineinander verliebt... :-)


    @ Rita


    Zitat

    Original von Rita
    Dann doch bitte mit jemandem, der sie ernst nimmt, sie respektiert, mit dem sie reden und ihre Leidenschaft für fremde Länder teilen kann. Ralph ist doch ein netter, aufgeschlossener Kerl, auch im Alter passend, in den sie noch dazu verliebt ist, und der für sie ebenfalls tiefe Zuneigung verspürt und ihr diese sogar zeigen und kundtun kann. Ich glaube, auch das war nicht unbedingt selbstverständlich damals, oder?


    Nein, das war keineswegs selbstverständlich. :-) Das ist auch mit ein Grund, weshalb Maya sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Und Ralph liegt wirklich viel daran, dass es Maya gutgeht, wie man auch in der Hochzeitsnacht mitbekommt. (Dass sie - durch Burtons Einfluß - ganz andere Erwartungen an dieses Ereignis und ihn hat, auf diese Idee kann er tatsächlich einfach nicht kommen.)



  • oh man das ging mir aber jetzt grad auch so - muss dass hölle sein. man steht an einer stelle im leben und muss sich dies eingestehen. wahnsinn

    Lesen ist für den Geist das, was Gymnastik für den Körper ist.
    :lesend
    Joseph Addison (1672-1719)

  • Seite 95, die Beschreibung, was die jungen Leute an haben. Manchmal frage ich mich, ob wir heute wirklich wissen, wie die Menschen damals so im normalen Alltag herumgelaufen sind. Für ein Gemälde oder Foto zog man sicher seine guten Sachen an (wie heute auch noch), und zu viele Fotos vom normalen Alltag dürfte es nicht geben. Zumindest habe ich in meinen Eisenbahnbüchern so gut wie ausschließlich solche von besonderen Ereignissen, zu denen man sich gut anzog.


    Seite 106. (...) Mayas Herz wurde weit vor Verlangen, einer Verheißung von Glück, die köstlich schmeckte auf der Zunge und doch bitter.
    Weil es nicht mehr war als das.

    Was für eine kalte Dusche - brrrhh. Aber sehr gut ausgedrückt und „lebendig gemacht“.


    Seite 122. “(...), vielleicht weil es zu viele von Angelinas Sorte gibt.“ Ein Gedanke, der sich analog ohne große Probleme auch auf manches andere heutige übertragen läßt.


    Seite 130. So eine Tante Elizabeth ist im richtigen Augenblick doch ein richtiger Segen. :-)


    Dann wird es erst mal hochdramatisch. Die Eltern lehnen - was ja fast zu erwarten war - den Heiratsantrag von Ralph ab. Was mich etwas gewundert hat ist, daß Mayas Eltern - vor allem die Mutter - der Meinung waren, daß das alles so leicht wieder gut würde. “Morgen sieht alles schon ganz anders aus, ja?“ (Seite 146.) So, wie Maya bisher geschildert wurde, ist das eine mehr als unrealistische Annahme. Die Mutter ist viel zu sehr auf ihren eigenen Standpunkt und Sichtweise fixiert, als daß sie in der Lage bzw. willens wäre zu akzeptieren, daß es auch andere geben kann.


    Es kommt, was kommen muß: Maya reißt aus. Jetzt weiß ich endlich, wie es zu Gretna Green kam, und warum es ausgerechnet dieser Ort das Heiratsparadies wurde.


    Vor dem Abschnittende hätte ich mir noch ein, zwei Sätze zur zurückgebliebenen Familie und deren Reaktion gewünscht. Das muß doch ein ziemlicher "Schlag ins Kontor" gewesen sein, als Maya am Morgen verschwunden war. Hat man denn gar nicht versucht, sie noch ein- und zurückzuholen?


    Wenn ich den letzten Satz dieses Abschnittes richtig interpretiere, deutet er das Aufziehen schwarzer Wolken am Horizont an. Auf denn nach Arabien.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Zitat

    Original von SiCollier
    Manchmal frage ich mich, ob wir heute wirklich wissen, wie die Menschen damals so im normalen Alltag herumgelaufen sind. Für ein Gemälde oder Foto zog man sicher seine guten Sachen an (wie heute auch noch), und zu viele Fotos vom normalen Alltag dürfte es nicht geben. Zumindest habe ich in meinen Eisenbahnbüchern so gut wie ausschließlich solche von besonderen Ereignissen, zu denen man sich gut anzog.


    Das stimmt. Für alle Epochen sind die "guten" Kleidungsstücke und vor allem die der Oberschicht am besten historisch belegt. Doch je näher es an "unsere" Zeit geht, desto mehr Details sind auch über das Alltägliche überliefert, und zunehmend die der anderen gesellschaftlichen Schichten. Z.B. gab es im 18. Jahrhundert bereits Maler, die Handwerker, Bauern oder gar Bettler als Sujets ihrer Bilder hatten; ein Trend, der sich im 19. Jahrhundert fortsetzte und man nicht unbedingt große Roben trug, wenn man für ein Portrait Modell saß. Und auch der neue Berufsstand der Fotografen machte sich bald auf, alles zu knipsen, was nur denkbar war.


    Hinzu kommen Modemagazine (die auch Alltags- und Straßenkleidung enthielten, und je nach Zielgruppe des Magazins nicht nur für die ganz Reichen bestimmt waren), erhaltene Musterbücher und Schnittmuster, Briefe, Tagebücher, Gemälde, Zeitungsannoncen für besonders fortschrittliche Korsetts oder Konfektionskleidung - und vor allem erhaltene Kleidungsstücke bzw. deren Rekonstruktionen. Stück um Stück vervollständigt sich so das Puzzle der Kostümgeschichte.
    Gerade das 19. Jahrhundert hat uns sehr viel davon überlassen, quer durch alle Gesellschaftsschichten und Berufe.


    In Museen gehören diese zu meinen liebsten Ausstellungsstücken (oder werden zum Ärgernis, wenn - wie ich dieses Jahr im Ausland erlebt habe - den Besuchern unter Glas ein Kleid als "aus der Zeit Maria Theresias" präsentiert wird - und trotz der schummrigen Beleuchtung ersichtlich ist, dass zwar der Schnitt zur Epoche passt, der Stoff aber eindeutig Synthetik ist und das Knatsch-Rosa ein chemischer Farbstoff, den es damals noch lange nicht gab. :rolleyes )


    Unser tolles Rosgarten-Museum hier in KN hat ein paar besonders hübsche Ausstellungsstücke. Eines davon ist ein Paar bestickter Tanzschuhe aus dem 18. Jahrhundert - und ich bin immer wieder verblüfft, wie klein die Menschen damals waren; das sind winzige Schühchen, in die ich wohl zuletzt mit 11 Jahren gepasst hätte.


    Was Uniformen betrifft: es existieren tatsächlich noch die alten Uniform-Ordnungen aus jener Zeit, in denen ganz genau festgelegt ist, aus welchem Stoff Jackett und Hosen sein mussten, welche Farben wo verteilt sein müssen und welche Stickerei. Welche Kopfbedeckung, welcher Mantel usw., immer abhängig von Anlass (Gefecht, Kasernen-Alltag, halb-offiziell, Gala) und Jahreszeit. Ich habe sehr bedauert, dass ich auf diese Vielfalt nicht eingehen konnte - aber ich denke, das wäre zu ermüdend für den Leser geworden, wenn ich je nach Anlass mit einer kompletten Beschreibung der Uniform angekommen wäre :lache
    (Ralphs Käppi fand ich im Übrigen auf Fotos ganz gräßlich; aber weil er genau das zu diesem Anlass getragen haben muss, musste ich es hineinnehmen - und habe die Stelle deshalb so formuliert :chen )

  • Zitat

    Lumos
    Dass diese Heirat wohl ein Fehler sein würde haben schon die Eltern vorausgesehen, sie haben die Einwilligung zu dieser Ehe sicher nicht aus Bosheit verweigert.


    Eltern sehen immer voraus, daß die Ehe ihrer Kinder ein Fehler ist. Da hat sich seit damals nicht viel geändert. Hoffentlich verhalte ich mich, wenn es denn mal soweit ist, nicht auch so. :rolleyes



    Zitat

    Sina
    Ach Maya, was machst du da bloß? Aber sie scheint doch etwas zu merken, sehr bedeutend finde ich die Szene, als sie das Glas anhaucht, den Buchstaben R hineinschreibt und nicht weiß, wen sie mit dieser Initiale meint. Richard oder Ralph.


    Oder jemand ganz anders, der noch gar nicht aufgetaucht ist? :gruebel



    @ Nicole


    Danke für die Erklärung: :wave Ich glaube, Bücherschreiben wäre nix für mich. In Museen Kleider daraufhin ansehen, wie man zu früheren Zeiten angezogen war. Ich sehe die Unterschiede nicht mal dann, wenn ich direkt darauf hingewiesen werde. :rolleyes


    Ich frage mich halt nur bisweilen, wieviel wir wirklich über das Leben in früheren Zeiten wissen, und wieviel unserer Phantasie bzw. unseren Vorstellungen entspringt. Aber es stimmt schon, je näher wir an unsere Zeit kommen, um so genauer wissen wir Bescheid. Und meine Sachbuchbibliothek muß dazu ja auch nichts hergeben. ;-)


    Ich bin inzwischen etwa in der Mitte des nächsten Abschnitts, werde die Posts dort aber erst lesen, wenn ich durch bin. Schade, daß ich so spät dran bin, da hätte es ggf. doch einigen Diskussionsbedarf gegeben. Aber vielleicht sind meine Fragen bzw. Anmerkungen ja schon behandelt worden. (Ich habe seit etwa Mitte Juli keine Leserunde mehr zur richtigen Zeit hinbekommen, und habe keine Ahnung, wie ich das in absehbarer Zeit schaffen soll. Es gibt ja noch sowas wie familiäre und berufliche Verpflichtungen.)

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • SiCollier :


    was es mir bei "Unter dem Safranmond" etwas schwer macht noch nachträglich mit zu diskutieren (obwohl ich natürlich immer noch mit lese), ist die Tatsache, daß wirklich alle Personen (inklusive der "Neben"charaktere) in diesem Buch eine gewisse Entwicklung durchmachen und sich so deren Verhalten in späteren Abschnitten z.T. etwas relativiert.


    Für das Buch an sich ist das natürlich klasse, weil keiner blaß und schablonenhaft bleibt und die Ereignisse bei jedem Spuren hinterlassen, aber in Bezug auf eine Leserunde ist die Gefahr des Spoilerns ziemlich groß.
    Und eine Diskussion in der es dauernd heißt: "wart mal noch ab, was kommt... " ist wahrscheinlich etwas unbefriedigend. :grin

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Zitat

    Original von grottenolm
    Und eine Diskussion in der es dauernd heißt: "wart mal noch ab, was kommt... " ist wahrscheinlich etwas unbefriedigend. :grin


    Das ist allerdings richtig. :grin


    Ich habe etliche Merkzettel ins Buch gesteckt, ich denke, spätestens morgen bin ich mit dem nächsten Abschnitt durch, und dann wird sich ja zeigen, ob andere die gleichen Gedanken hatten wie ich oder nicht.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")