Fragen an Nicole C. Vosseler

  • Zur Vita im Klappentext fällt mir auf, dass dort steht, dass der Förderpreis der Stadt Konstanz für DER HIMMEL ÜBER DARJEELING an dich vergeben wurde.


    Kann es sein, dass der Klappentext ungenau ist?


    Ich dachte, beim Förderpreis wurde auch Südwinde erwähnt und hattest du nicht auch Das Haus der Spione mit eingereicht?

  • @ Herr Palomar


    Es war tatsächlich so, dass die Jury des Förderpreises mir diese Auszeichnung für alle drei Bücher verliehen hatte, für meine gesamte bisherige Arbeit, wie es auch in der Laudatio hieß.


    Nun sind ja die drei Bücher bei drei verschiedenen Verlagen (nach "Südwinde" wechselte ich zu Lübbe), und Lübbe bezieht sich mit dem Klappentext natürlich nur auf das der drei, das im eigenen Verlag erschienen ist. :-)

  • In Südwinde gab es schon die Logbücher Cooks, Joseph Banks Tagebücher und Journale.


    Von Richard Francis Burton gibt es auch ein großes Werk mit Reiseberichten.


    Hast du beim Verfassen der sehr interessanten Briefe von Burton in Unter dem Safranmond Vorlagen für Stil und Details benutzt?


    Wie stark nutzt du in deinen Romanen generell solche Vorlagen (Tagebücher, Reiseberichte etc.) beim Entwerfen von Personen, die historisch belegt sind?
    Ich könnte mir vorstellen, dass sie gleichzeitig hilfreich aber auch Einschränkend sein können, wenn der Held darin zum Beispiel auch unangenehme Seiten von sich offenbart (unter heutigen Gesichtspunkten gewertet).

  • Zitat

    Original von Nicole
    ...
    Nun sind ja die drei Bücher bei drei verschiedenen Verlagen (nach "Südwinde" wechselte ich zu Lübbe), und Lübbe bezieht sich mit dem Klappentext natürlich nur auf das der drei, das im eigenen Verlag erschienen ist. :-)


    oh ich habe mich schon gewundert warum Lübbe nur das Buch "Der Himmel über Darjeeling" erwähnt, bei der Aufzählung, welch andere Titel es noch von der Autorin zu lesen gibt...

  • @ Herr Palomar


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Hast du beim Verfassen der sehr interessanten Briefe von Burton in Unter dem Safranmond Vorlagen für Stil und Details benutzt?


    Grundsätzlich schon als Vorlage für den Stil (wenn es auch schwer ist, von einem englischsprachigen Original eine deutschsprachige "Nachahmung" hinzubekommen). Darüber hinaus sind fast alle Briefe ein Mix aus echten Burtonzitaten und von mir geschriebenen Passagen.
    Gerade der erste, datiert vom 4. Dezember 1853, ist eigentlich ein Originalbrief, den ich nur an den speziell auf Maya bezogenen Stellen fiktional ergänzt habe (deshalb stehen darin auch die eigentlich in Romanen unüblichen "&"-Zeichen - weil Burton diese auch im Originalbrief schrieb).


    Dito die Briefzitatsammlung, die Maya im Garten durch den Kopf geht - alle Stellen, die sich auf Maya beziehen, sind von mir; die anderen stammen im Original tatsächlich von Burton.
    (Alle Übersetzungen stammen wie immer auch von mir.)


    Außerdem habe ich Burton in den Dialogen häufig seine eigenen Worte in den Mund gelegt. :-)


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Wie stark nutzt du in deinen Romanen generell solche Vorlagen (Tagebücher, Reiseberichte etc.) beim Entwerfen von Personen, die historisch belegt sind?


    Sehr stark. Die Schriftzeugnisse einer historischen Person sind eine der wesentlichen Grundlagen, um einen Charakter zu erarbeiten; hinzu kommen Bilder - und Zeugnisse von Zeitgenossen, wobei diese sehr oft mit Vorsicht zu genießen sind; gerade Burton hatte ein unglaubliches Talent, sich Feinde zu machen. :grin


    Letztendlich ähnelt dieses Mir-Vertrautmachen einer historischen Persönlichkeit einem Mosaik - aus vielen einzelnen Steinchen entsteht schließlich der (wenn oft auch lückenhafte oder von Sprüngen und Brüchen durchzogene) Roman-Charakter.


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Ich könnte mir vorstellen, dass sie gleichzeitig hilfreich aber auch Einschränkend sein können, wenn der Held darin zum Beispiel auch unangenehme Seiten von sich offenbart (unter heutigen Gesichtspunkten gewertet).


    Es gibt schon immer wieder kleine Schockmomente, wenn ich auf Facetten einer historischen Person stoße, die ich eigentlich zu kennen glaubte und die mich dann doch im Negativen überrascht. Aber in dieser Hinsicht ergeht es mir mit den historischen Personen nicht anders als mit den fiktiven: auch die überraschen mich immer wieder, mal im Guten, mal im Schlechten. :-)


    @ WaterPixie


    ich kann mir vorstellen, dass das verwirrend ist - sorry!
    "Das Haus der Spione" ist auch bei einem anderen Verlag, bei Arena, weil es sich um ein Jugendbuch handelt.
    So wie's derzeit aussieht, wird es jetzt aber unmißverständlich weitergehen: Erwachsenen-Romane für Lübbe, Jugendbücher für Arena. :wave

  • Zitat

    Original von Nicole
    @ WaterPixie


    ich kann mir vorstellen, dass das verwirrend ist - sorry!
    ...


    nein nein muß dir doch nicht leid tun - ich hab mir sowas schon dabei gedacht
    :wave

  • @ Nicole: Die Logbücher als Grundlage für "Südwinde" fand ich schon sehr faszinierend, schön, dass Du Dir hier wieder treu geblieben bist und Original-Dokumente benutzt hast. Das macht die Atmosphäre im Buch irgendwie noch authentischer. :anbet

  • @ geli


    Das sind beim Schreiben für mich immer besonders schöne Momente: wenn ich historische Dokumente mit meiner fiktiven Geschichte so eng verflechten kann.
    Wenn ich bei der Recherche auf einen Satz stoße, die eine der historischen Persönlichkeiten tatsächlich einmal gesagt oder geschrieben hat und der perfekt zur Geschichte passt, zu einer Szene im Roman; ein Satz, der besser ist als alles, was ich selbst an dieser Stelle hätte schreiben können.
    Das ist ein unbeschreiblich tolles Gefühl. :-)

  • @ Nomadenseelchen


    Zitat

    Original von Nomadenseelchen
    Ich habe ein ganzes Paket an Fragen ;-) .


    immer her damit! :zwinker


    Zitat

    Original von Nomadenseelchen
    Wie kommst du auf die Ideen für Bücher?


    Das ist gar nicht so leicht zu beantworten! :lache
    Jedes Buch hat auf seine Art seine ganz eigene Entstehungsgeschichte.
    Es gibt bei mir etwas, das ich meine "Ideenschublade" nenne - ich denke dabei auch an eine Schublade voll bunter kleiner Notizzettel, von denen jeder mit einer historischen Persönlichkeit, einer Episode in der Historie, einem Thema (bei HüD war es z. B. der Tee), einem Schauplatz oder einer fiktiven Gestalt (mehr oder weniger ausgearbeitet) beschriftet ist.


    Tatsächlich besteht diese Schublade aus einem Meter Ordner und diversen Ablagefächern und Mappen, in denen Zeitungsartikel, Notizen, mittlerweile auch Internetausdrucke aufbewahrt sind - und aus meinem Gedächtnis, in dem ich ebenfalls Ideen sammle.
    Eigentlich sind solche Ideen überall - wenn ich irgendwo hinfahre, wenn ich etwas lese oder einen Film / eine Doku anschaue, Musik höre - und manche tauchen scheinbar aus dem Nichts auf.
    Einige davon trage ich schon sehr lange mit mir herum - bei HüD war dies der Fall; über John Dee wollte ich schreiben, seit ich 19 bin, über Burton seit 1993.
    Ein Roman besteht meistens aus mehreren Ideen; habe ich eine gefunden, die mich reizt, durchwühle ich die Schublade, ob vielleicht noch etwas anderes dazu passt.


    Für mein nächstes Projekt war es übrigens so, dass ich während "Safranmond" etwas im Internet nachschaute, einem Link folgte, noch einen weiter klickte und die Idee für einen neuen Roman dort fand. :lache


    Und immer wieder wird eine dieser Ideen unruhig, fängt mich an zu plagen - oder es ist Zeit, mir Gedanken über einen neuen Roman zu machen und ich fange an, die "Ideenschublade" nach etwas zu durchwühlen, auf das ich Lust habe und das mich packt. :-)


    Zitat

    Original von Nomadenseelchen
    Un wie lange brauchst du ungefähr für ein Buch bzw. wie verhält es es sich prozentual zu recherchieren und zu schreiben?


    Das kann ich pauschal so gar nicht sagen. Für "Südwinde" habe ich am längsten gebraucht - aber da war Schreiben auch noch eine Sache unter vielen, die ich neben Studium und Job her gemacht habe und ich musste mich erst mal durchwurschteln, wie das überhaupt geht, einen Roman zu schreiben. HüD habe ich teilweise auch noch neben der Arbeit her geschrieben - aber genau wie "Haus der Spione" hatte ich da schon jahrelang "recherchiert", ohne es so zu nennen, einfach Informationen gesammelt, weil ich neugierig war.


    Die Recherche (und das "Bebrüten" von Handlungsdetails und Charakteren) verschlingt definitiv mehr Zeit, aber auch weniger Stunden am Tag, weil ich das oft zwischendurch oder nach Feierabend mache, während ich noch an einem Roman sitze. Zum Vergleich: "Safranmond" habe ich im August 2005 entwickelt und dann bis Frühjahr 2007 nebenbei recherchiert; effektiv geschrieben habe ich es von Mai 2007 bis 4. Januar 2008.

  • Kannst du dir vorstellen, eine ganz andere Art von Buch zu schreiben? Sicherlich ist das marketingtechnisch relativ schwierig, und ich kann mir vorstellen, der Verleger würde auf einen Krimi, ein komplett anderes Zeitalter ect. nicht unbedingt entzückt reagieren.
    Sicherlich bekommt man als Künstler ein gewisses Gefühl für eine Epoche, aber andererseits kann sich auch das Gefühl einschleichen, sich im Kreis zu drehen, oder?

  • Ich halte es für nahezu ausgeschlossen, über einen gewissen Zeitraum hinweg vorauszusagen, was ich einmal schreiben werde. Die Kreativität ist eine unberechenbare Kraft - und ich hatte erst vor Kurzem die Erfahrung gemacht, dass ein Projekt von mir zwar von langer Hand zusammen mit dem Verlag geplant war, ein anderes sich aber völlig unerwartet in den Vordergrund drängte und brüllte "Ich! Hier! Als nächstes!". :lache


    In meiner Ideenschublade liegen durchaus auch zeitgenössische Ideen - aber die lasse ich aus freien Stücken mal noch liegen, weil ich mich dafür einfach noch nicht bereit fühle. Und Ideen, die in Epochen spielen, die ich früher für mich selbst uninteressant fand, die mich allmählich aber doch anziehen. Ob ich sie umsetzen werde - keine Ahnung. Vielleicht kommt die Zeit dafür auch nie. Wenn's soweit sein sollte - dann merke ich das schon; ich bin überzeugt, dass einen die Ideen "rufen", wenn's die richtige Zeit dafür ist. :-)


    Bis jetzt hatte ich immer Glück: wenn mich eine Idee so richtig gepackt hatte, wenn ich sie unbedingt, auf jeden Fall bearbeiten wollte, gefiel sie auch dem Verlag auf Anhieb. (Hoffentlich bleibt mir dieses Glück auch weiterhin hold! :lache )


    Momentan sieht's so aus, dass ich selbst dem 19. Jahrhundert treu bleiben möchte. Das ist einfach "meine" Zeit im Erwachsenen-Roman; in diesen 100 Jahren ist so viel passiert, darin stecken so wunderbare Geschichten - das ist einfach "meins". Ich werde nur langsam wieder mit den Romanen wieder in Richtung Europa zurückkehren, das zeichnet sich schon klar ab.


    Im Jugendbuch sieht's wieder anders aus; dafür könnte ich mir das 19. Jahrhundert nicht vorstellen, und gerade diese Abwechslung zwischen Erwachsenen und Jugendlichen, zwischen verschiedenen Epochen empfinde ich als Bereicherung - und auch als künstlerische Notwendigkeit.

  • Zitat

    Original von Nicole:
    Momentan sieht's so aus, dass ich selbst dem 19. Jahrhundert treu bleiben möchte. Das ist einfach "meine" Zeit im Erwachsenen-Roman; in diesen 100 Jahren ist so viel passiert, darin stecken so wunderbare Geschichten - das ist einfach "meins". Ich werde nur langsam wieder mit den Romanen wieder in Richtung Europa zurückkehren, das zeichnet sich schon klar ab.


    Das passt gut: das 19. Jahrhundert ist lesetechnisch genau "meins", einfach ein Age of Wonder, das unserer Zeit recht ähnlich ist, weil dort viele (auch problematische) Entwicklungen ihren Anfang genommen haben und gleichzeitig mit einer gewissen Naivität und Unschuld verbunden ist.

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Zitat

    Original von Nicole
    Momentan sieht's so aus, dass ich selbst dem 19. Jahrhundert treu bleiben möchte. Das ist einfach "meine" Zeit im Erwachsenen-Roman; in diesen 100 Jahren ist so viel passiert, darin stecken so wunderbare Geschichten - das ist einfach "meins". Ich werde nur langsam wieder mit den Romanen wieder in Richtung Europa zurückkehren, das zeichnet sich schon klar ab.


    Das paßt dann schon. :-] In meiner Jugend habe ich überwiegend Bücher gelesen, die im 19. Jahrhundert spielen oder geschrieben wurden. Und sollte meine Modellbahn jemals über das Rohbaustadium hinauskommen, wird auch sie im späten 19. Jahrhundert angesiedelt sein. (Daß die Bay. S3/6 erst im frühen 20. gebaut wurde, darf man nicht so eng sehen. ;-) ) Nur englische Geschichte ist so überhaupt nicht mein Thema, von wenigen Ausnahmen abgesehen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • @ grottenolm


    Zitat

    Original von grottenolm
    einfach ein Age of Wonder


    :write damit bringst Du es auf den Punkt.
    Verglichen mit dem Jahrhundert zuvor war es eine rasante Zeit. Mich faszinieren gesellschaftliche Umwälzungen und äußere Konflikte, die ihre Auswirkung auf den Einzelnen haben, da bietet das 19. Jahrhundert Stoff in Hülle und Fülle. Und da ist ja auch noch mein Lieblingsmotiv, das der Reise... :chen


    Ich hatte vor gut drei Monaten einen kleines Brainstorming mit meiner Lektorin, und wir haben relativ schnell festgestellt, dass mir die Themen, über die ich schreiben möchte, so schnell wohl nicht ausgehen werden. :-)


    @ SiCollier


    Zitat

    Original von SiCollier
    Und sollte meine Modellbahn jemals über das Rohbaustadium hinauskommen, wird auch sie im späten 19. Jahrhundert angesiedelt sein.


    Du siehst mich grün vor Neid. :wow Ich finde Modellbahnen etwas ganz Faszinierendes - vielleicht auch, weil sie den Ausschnitt einer Welt möglichst detailgetreu darstellen, vergleichbar mit einem historischen Roman. Ich würde allerdings inzwischen wohl kaum die Geduld für die entsprechenden Basteleien aufbringen; abseits des Schreibtisches bin ich eine rechte Zappelphilippine, der nix schnell genug gehen kann :lache
    (Tolle Lok, übrigens :zwinker )


    Zitat

    Original von SiCollier
    Nur englische Geschichte ist so überhaupt nicht mein Thema, von wenigen Ausnahmen abgesehen.


    So langsam werde ich mich auch vom englischen Hintergrund verabschieden. Die nächsten zwei werden definitiv einen anderen haben; eines möchte ich auf jeden Fall noch zum Britischen Empire machen, aber dann geht's für einige Zeit in andere Gefilde. :-]

  • Zitat

    Original von Nicole
    Ich hatte vor gut drei Monaten einen kleines Brainstorming mit meiner Lektorin, und wir haben relativ schnell festgestellt, dass mir die Themen, über die ich schreiben möchte, so schnell wohl nicht ausgehen werden. :-)


    *freu*


    Und wann können wir das alles lesen? *wibbel* :lache


    [SIZE=7]Jaja, ich weiß, es muß erst mal geschrieben werden....[/SIZE]

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Batcat
    [SIZE=7]Jaja, ich weiß, es muß erst mal geschrieben werden....[/SIZE]


    Das ist der große Haken an der Sache, ich weiß! :lache


    Aber bis zum nächsten Lübbe-Roman gibt's ja wieder ein Jugendbuch zum Überbrücken! :zwinker