An einem Wintertag vor langer Zeit soll im Städtchen Coldhaven an der schottischen Ostküste der Teufel dem Meer entstiegen sein, die Stadt durchwandert und sie dann in Richtung des Landesinneren wieder verlassen haben. Mit dieser Legende beginnt John Burnsides Erzählung "Die Spur des Teufels". Und ich sage es gleich zu Anfang, leider ist mir der erzählerische Grund für diese Anekdote auf den ganzen 255 Seiten nicht recht klar geworden.
Michael Gardiner ist der Sohn eines weltberühmten Fotografen und einer Künstlerin, die sich nach Coldhaven zurückgezogen haben, die aber von der Dorfbevölkerung als Zugezogene nicht angenommen, ja regelrecht schikaniert werden. Auch der kleine Michael hat es in der Schule nicht leicht. Vor allem Malcolm Kennedy entwickelt sich immer mehr zu einer kaltblütigen Nemesis für den jungen Michael. Als dieser Jahrzehnte später (er ist inzwischen unglücklich mit der schönen Amanda verheiratet) von einem eigenartigen Mord- bzw. Unglücksfall liest, in den die Schwester Malcolm Kennedys, Moira, verwickelt ist, kehren die Erinnerungen an die Kindheit bei Michael wieder. Vor einigen Jahren hatte er nämlich mit Moira eine Affäre, und dies praktisch unmittelbar im Anschluss an den Tod ihres Bruders Malcolm.
"Die Spur des Teufels" ist ein eigenartiges Buch, aber nicht im guten Sinne. Sie lässt sich an wie eine Art Thriller. Man ahnt, dass Michael in irgendeiner Beziehung zum Todesfall Moiras und ihrer beiden Kinder stehen muss und wird auch sogleich mit einigen Details versorgt, die einen in dieser Annahme bestätigen. Es handelt sich dabei um eine recht herkömmliche Geschichte um einen vom Klassenbully gequälten Einzelgänger, der irgendwann Rache nimmt. Das liest sich alles recht flüssig, ist aber - wie erwähnt - nicht sonderlich originell. Die Story vom nicht anerkannten Zugezogenen und seinen Leiden in einem von Gott und wie wir wissen sogar dem Teufel verlassenen Nest lesen wir hier zum n-ten Male. Und wir kennen bessere Varianten.
Schlimmer wird es im zweiten Teil des Buches, in dem sich Michael Gardiner auf eine metaphysische Sühnefahrt mit der 14-jährigen überlebenden Tochter Moiras begibt. Hier brechen dann auch die Rückblenden ab und wir sehen uns eigentlich nur noch mit populärphilosophischen Überlegungen und einer keuschen Art Lolita-Geschichte konfrontiert.
Das Gute an dem Buch ist, dass es kurz ist und sich gut lesen lässt. Schlecht ist die mäßige Originalität, die zusammengeschusterte Art des Erzählens, die manche Details länglich auswalzt, andere nur andeutet, insgesamt aber leider kein Interesse an den geschehnissen oder den Figuren zu wecken vermag. Die Kulisse Coldhavens bleibt abgeschmackt und altbekanntes Landbevölkerungs-Klischee. Und die Erkenntnisse über Natur und Herkunft des Teufels sind von einer fast schon erschütternden Banalität.
Kein unlesbares, kein abgrundtief schlechtes, einfach ein belangloses Buch.
*