Reue – Susan Choi

  • Aufbau Verlag, 2008, 480 Seiten



    Originaltitel: A person of interest
    Aus dem Amerikanischen von Annette Hahn


    Rückseite
    Noch wusste er nicht, dass er Angst hatte.
    Wie lange kann ein Mann vor seiner Vergangenheit davonlaufen? Von Amerikas gefeierter Autorin ein gewaltiger Roman über das schmerzvolle Leben eines Professors, eine amerikanische Parabel, ein literarisches Meisterwerk über Liebe und Terror, Sünde und die Hoffnung auf Erlösung.


    Über die Autorin:
    Susan Choi ist die Autorin von »American Women«, das für den Pulitzer-Preis nominiert war, und »The Foreign Student«, das den Asian-American Literary Award für Belletristik gewann. Sie hat Stipendien der Guggenheim Foundation und des National Endowment for the Arts erhalten und lebt in Brooklyn, New York.


    Zur Übersetzerin:
    Annete Hahn studierte Anglistik und literarische Übersetzung. Neben Susan Choi hat sie unter anderen Fay Weldon und Patricia Shaw ins Deutsche übertragen.


    Rezension:
    Dieser im positiven Sinne sehr amerikanische Roman lebt von der Thematik Gefahr und Umgang mit Terrorismus in den USA und der Hauptfigur Professor Lee. Der asiatisch-stämmige Professor Lee lehrt seit langer Zeit Mathematik an einer Universität in den USA. Der Handlungsablauf selbst ist bis auf den Bombenanschlag wenig spannungsgeladen. Weiterhin wird ein in der Vergangenheit angesiedelter Handlungsstrang erzählt, als Lee eine Affäre mit der Frau seines Kollegen Lewis Gaitler beginnt. Aileen wird schwanger, verlässt aber ihren Mann.


    Es wird versucht, die Stimmung in den USA im Zusammenhang mit Furcht vor Terrorismus, hier konkret bei einem Bombenanschlag in einer Universität, abzubilden und dass gelingt weitgehend. Ausnahme: Die Traumatisierung der Studenten und Lehrkörper auf dem Campus wird nur nebenbei erwähnt, eigentlich behauptet, aber nicht adäquat gezeigt. Schade.
    Besser und ausführlich sind die Vernehmungen und Verhöre Lees durch den FBI-Special Agent Jim Morrison beschrieben.
    Mit der Zeit ist der Roman aber über lange Abschnitte etwas gleichförmig gehalten, Langeweile ist nicht immer ganz zu vermeiden.


    Die Brooklyner Autorin Susan Choi ist vielversprechend. Warum sie aber wie im Klappentext gleich mit Don DeLillo, Joyce Carol Oates und Philip Roth verglichen wird, will mir nicht einleuchtend. Besser aufgehoben ist sie bei der jüngeren Generation von USA-Autoren wie Chang Rae Lee, Matthew Sharpe und Zadie Smith.


    Insgesamt vergebe ich dem Roman 6 von 10 Punkten. Das Erscheinen weiterer Romane der Autorin werde ich aufmerksam verfolgen.

  • Der 6-Punkte-Wertung von Herr Palomar kann ich mich anschließen.


    Die Geschichte um Herrn Lee war für mich im Rückblick betrachtet prinzipiell schon spannend, nur hat sich die doch recht spröde und meinem Empfinden nach teilweise sperrige Sprache zeitweise negativ auf das Lesevergnügen ausgewirkt. Dass einzelne Episoden aus der Vergangenheit ausgewählt werden, um die Hauptfigur zu charakterisieren, gefällt mir eigentlich, aber die Auswahl dieser Episoden hat mich hin und wieder irritiert. Teilweise beschreibt die Autorin sehr detailliert - meinem Empfinden nach irrelevante - Szenen und lässt andere, wesentliche Informationen einfach weg. Mag sein, dass Professor Lee beispielhaft für asiatisch-stämmige Akademiker stehen soll, aber die Information, wo er genau herkommt, hätte mir z.B. sehr geholfen, um ein Gefühl für diese Figur zu bekommen. So blieb mir die Figur, obwohl sie sehr vielschichtig abgelegt war, fremd und bis zum Schluss war mir nicht klar, worauf die Autorin eigentlich hinauswill (vielleicht auf den Titel "Reue"?).


    Zitat

    Original von Herr Palomar
    Es wird versucht, die Stimmung in den USA im Zusammenhang mit Furcht vor Terrorismus, hier konkret bei einem Bombenanschlag in einer Universität, abzubilden


    Das z.B. konnte ich überhaupt nicht herauslesen, aber es ist ein guter Gedanke, um der Geschichte Form zu geben.


    Nichtsdestotrotz hat das Buch es geschafft, mich beim Lesen zu halten, weil ich doch wissen wollte, wer hinter dem Anschlag steckt und vor allem, ob und wie Lee darin verwickelt ist.


    In die Übersetzungen der beiden von Herrn Palomar genannten, mit Pulitzer-Preis und Asian-American Literary Award ausgezeichneten Romane werde ich bestimmt einen Blick werfen, wenn sie erscheinen, aber der große Wurf war dieses neuste Werk von Frau Choi für mich nicht.