hat sich der autor totgeschrieben?

  • Tom
    Wahrscheinlich gibt es viele tolle Bücher, die nie erschienen sind, weil der Autor aufgegeben hat oder die Nachkommen das Zeug weggeworfen haben. Da hast Du sicher Recht.


    Iris
    "Es ist die Frage, ob das Idealismus oder nur Sturheit ist ..."
    Das ist doch oft dasselbe ;-) Wenn Du von Deinem Text überzeugt bist, dann würde ich da keinen Millimeter abrücken. Du kannst ja zusätzlich was Verlagsgenehmes schreiben.
    Gegen Unterhaltung ist nichts zu sagen. Jeder Autor muß unterhalten, sonst will ich es ja nicht lesen. Solange es noch einen Inhalt gibt. :grin

  • Zitat

    Wenn Du von Deinem Text überzeugt bist, dann würde ich da keinen Millimeter abrücken.


    Oi. Wir kommen hier aber vom 100sten ins 1000ste. :grin Gerade das ist nämlich ein Fehler, den viele Autoren machen - sich an einem Text festbeißen, vielleicht sogar noch an einer bestimmten Fassung. Mit dieser Haltung braucht es wirklich ganz enormes Glück (siehe: Goldmeteor), um etwas zu erreichen. Solche Texte bringt man vielleicht unter, wenn man zuvor bewiesen hat, kompromiß- und marktfähig zu sein. Kaum ein Text erscheint so, wie er vom Autor entworfen oder gar vom Verlag gekauft wurde.

  • Zitat

    Original von Markus_98
    Du kannst ja zusätzlich was Verlagsgenehmes schreiben.


    Was gar nicht so einfach ist, weil man schnell in Schubladen gepackt wird ...
    Machste was "Verlagsgenehmes", dann läufst du Gefahr, darauf festgenagelt zu werden. Außerdem kostet das Zeit und Kraft, die mir dann bei wichtigeren Dingen fehlen ...


    Zitat

    Gegen Unterhaltung ist nichts zu sagen. Jeder Autor muß unterhalten, sonst will ich es ja nicht lesen. Solange es noch einen Inhalt gibt. :grin


    Worauf du einen ... :grin
    Habe letztlich eine Mail von einem früheren Dozenten gekriegt, der anfing, die philosophische Grundhaltung meiner Hauptfigur zu diskutieren: Stoa oder skeptische Akademie.
    Sicher, es steckt wirklich auch drin. Denn warum hätte ich solche Dinge, wenn ich sie schon in meinem Hirnkastl habe, nicht in einen Text einfließen lassen? Wichtig ist doch nur, daß diejenigen, die es nicht auf Anhieb erkennen, nicht das Gefühl bekommen, hier käme jemand mit dem erhobenen Zeigefinger daher.

  • Zitat

    Kaum ein Text erscheint so, wie er vom Autor entworfen oder gar vom Verlag gekauft wurde.


    Damit sie im Erfolgsfall auch noch jede Menge Sekundärliteratur mit der Originalversion und Kommentaren zu den Unterschieden verkaufen können.

  • Zitat

    Original von Markus_98
    Damit sie im Erfolgsfall auch noch jede Menge Sekundärliteratur mit der Originalversion und Kommentaren zu den Unterschieden verkaufen können.



    Das wär was!
    Futter für Deutschlehrer, damit die Diskussion darüber, "was der Autor und damit sagen will", noch einen Monat länger gezogen werden kann! :lache

  • Zitat

    Damit sie im Erfolgsfall auch noch jede Menge Sekundärliteratur mit der Originalversion und Kommentaren zu den Unterschieden verkaufen können.


    :rofl


    Spitzenidee!


    Aber tatsächlich ist es so, daß die meisten Autoren ihre eigenen - zuweilen gravierenden - Fehler nicht sehen. Und es gibt tatsächlich - noch - ambitionierte und kooperationsfähige (und -bereite) Lektoren, die gemeinsam mit dem Autor daran arbeiten, aus der Rohfassung eine (natürlich nicht objektiv) veröffentlichungsfähige Version zu machen. Manchmal werden auch die Agenten im Vorfeld aktiv. Oder man hat das Glück, Mitglied einer hochkarätigen Autorengruppe zu sein, die das Projekt im Vorfeld betreut. :]

  • Zitat

    Original von Tom
    Oder man hat das Glück, Mitglied einer hochkarätigen Autorengruppe zu sein, die das Projekt im Vorfeld betreut. :]


    À propos: Ich müßte Nörchen bearbeiten, sind jetzt 40+ Seiten ... und ich hab schon wieder eine ganz schräge Idee ...
    (Wenn der Verlag meint, Zeit schinden zu müssen, mach ich derweil halt was anderes ... :grin)

  • Zitat

    Aber tatsächlich ist es so, daß die meisten Autoren ihre eigenen - zuweilen gravierenden - Fehler nicht sehen.


    Fehler ist relativ. In einem komplexen Werk finde ich kleine Fehler ganz erfrischend. Und Finnegans Wake wäre nie über die Rechtschreibprüfung hinausgekommen :lache

  • Hmm, passt jetzt vielleicht nicht so zur Diskussion, die hier schon ausgebrochen ist, aber für mich ist so ein Massenschreiberling, der besser vor Jahren mal aufgehört hätte, eindeutig Wolfgang Hohlbein.
    Natürlich ist der jetzt eher nicht zu vergleichen mit James Joyce und wer da alles noch genannt wurde, aber trotzdem macht glaube ich fast jeder Hohlbein-Leser dieselben Phasen durch.
    Zuerst ist man gefesselt und fasziniert, man kauft ein Buch nach dem anderen, kann gar nicht mehr aufhören. Bis man irgendwann merkt, dass eh überall dasselbe drinnen steht und dass es auch nicht besser wird :cry!


    Besonders die neuen Bücher von Hohlbein waren für mich allesamt Enttäuschungen. Somit ist auf der "Autoren-die-sich-totgeschrieben-haben"-Skala er die unbestrittene Nummer 1. :-(

  • Ist irre interessant, wohin die Diskussion über die Zeit gegangen ist. Ich bekomme auch hierbei wieder immer mehr Hochachtung vor Autoren!
    lg Bea

  • Zitat

    Original von Historikus
    Hallo,


    es gibt einige Autoren, die sich totgeschrieben haben.


    Das beste Beispiel ist momentan Tanja Kinkel. Bei der könnte man auch einen Film drehen, der "Der Untergang" heißen könnte. :grin


    Den hab ich gestern gesehen (natürlich nicht mit Tanja Kinkel :grin) - sehr beeindruckend und vor allem schockierend. :wow

  • Mal Iris und Tom unter die Arme greif,


    denn ich erinnere mich daran, daß vor einiger Zeit (2 - 3 Jahren) jemand den Jux gemacht hat und Werke der deutschsprachigen weltliteratur als eigenes Manuskript an Verlage eingesandt hat. Nicht nur das, bis auf eines, keines angenommen wurde, sie wúrden noch nicht einmal erkannt.


    Auch gibt es heute wohl kaum Schriftsteller, die ausschließlich vom Bücherschreiben leben können. Fast alle haben "Nebenjobs", in dem sie lehren, Uni-Jobs haben, Auftragsartikel, Essays etc für Zeitschriften, Stadtschreiber, von ihrem Lebenspartner "ernährt" werden usw.
    Es sei denn sie gehören in den Club der "Vielschreiber", die jedes Jahr ein Buch um eine feste Figur auf den Markt werden und dafür (ala Musikindustrie) Vorschüße bekommen.


    Meine Hochachtung gilt den Autoren, die sich auf diesem Wege bekannt gemacht haben, sich aber sich von vorneherein auf eine bestimmte Anzahl von "Abenteuer" ihren Serienfigur beschränken, z. Bsp. Friedrich Ani.´und damit ihr Leser von ihrem Talent wieder ganz neu überzeugen müssen.


    Insgesamt halte ich es einfach für unfair, Zeiten, in denen eine Auflage von 3.000 Büchern schon ein Riesenerfolg waren, mit denen von heute zu vergleichen. Wer weiß, welche großartigen Werke uns entgehen, weil der Autor damals, zwar von sich überzeugt, aber entnervt ob des permanenten Geldmangels seine Manuskripte zum Heizen benutzen mußte.


    Ist nicht Knut Hamsums "Hunger" ein solch ergreifendes Beispiel??


    LG Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • @ dyke unterschreib :write
    Diese Diskussion finde ich ziemlich blöde, und die behauptung ein guter Autor wird automatisch erfolg haben, auch bescheuert, denken wir doch nur mal an Van Gogh, der war bis zu seinem tot nicht erfolgreich und danach nur weil seine Schwägerin " Werbung" gemacht hat, wer weiss wie viele geniale Maler und Schriftsteller es gab von denen wir nie etwas erfahren werden.

  • Hallo Dyke! :wave


    Zitat

    Original von dyke
    Mal Iris und Tom unter die Arme greif,


    Danke! :anbet


    Zitat

    denn ich erinnere mich daran, daß vor einiger Zeit (2 - 3 Jahren) jemand den Jux gemacht hat und Werke der deutschsprachigen weltliteratur als eigenes Manuskript an Verlage eingesandt hat. Nicht nur das, bis auf eines, keines angenommen wurde, sie wúrden noch nicht einmal erkannt.


    Das ist leider erwiesen. Der Grund liegt darin, daß sich zumindest in den großen Verlagen das Berufsbild des Lektors entscheidend gewandelt hat: Der einstige Betreuer des Autors ist zu einem Projektmanager verkommen, der sich um etliche Bücher gleichzeitig kümmern muß. Wen wundert 's, daß für diese Stellen zunehmend weniger Leute mit literarischen und literaturwissenschaftlichen Kenntnissen eingestellt werden, sondern Marketing-Füchse, von denen man fest glaubt, sie wüßten, was "die Leser" kaufen.


    Zitat

    Auch gibt es heute wohl kaum Schriftsteller, die ausschließlich vom Bücherschreiben leben können.


    Wenn du bedenkst, daß der Autor bei den gängigen Auflagen (3.000 - 6.000) so gut wie nie 10% des Nettoverkaufspreises des Buches erzielt, dann kann man sich ausrechnen, wieviel Bücher man im Jahr schreiben muß, um davon leben zu können.
    Deshalb übernehmen viele, die beschlossen haben, vom Schreiben zu leben, unter Pseudonym Auftragsarbeiten aus dem Spartenbereich -- das läßt sich nämlich, da schematisch, ohne großen Aufwand runterreißen.
    Aber das ist nun mal nicht jedermanns Sache.


    Zitat

    Es sei denn sie gehören in den Club der "Vielschreiber", die jedes Jahr ein Buch um eine feste Figur auf den Markt werden und dafür (ala Musikindustrie) Vorschüße bekommen.


    Nicht einmal das: Die Masse der Autoren finanziert die Stars. Und die stammen nicht mal von hier. Was die "Kultur"industrie angeht, fließt ein Großteil des Geldes über den großen Teich, doch da die in diesem Sektor tätigen Medienkonzerne meist im wirtschaftlich so rückständigen Europa, speziell im wirtschaftlich steinzeitlichen Deutschland sitzen (Bertelsmann, Holtzbrinck etc.), fließt ein erklecklicher Teil zumindest wieder in diese heimischen Taschen.


    Nein, ich bin keine Linksextremistin -- bloß desillusioniert vom real existierenden globalen Neoliberalismus.