Die Bertinis - Ralph Giordano

  • # Broschiert: 784 Seiten
    # Verlag: Fischer (Tb.), Frankfurt; Auflage: 22., Aufl. (Januar 1985)
    # Sprache: Deutsch
    # ISBN-10: 3596259614
    # ISBN-13: 978-3596259618
    # Größe und/oder Gewicht: 19,3 x 12,6 x 5,1 cm


    Klappentext


    Eine großangelegte Familiensaga, ein exemplarischer Zeitroman. Giordano formt einen bisher wenig beachteten Stoff episch aus: Er erzählt vom Schicksal sogenannter "jüdischer Mischlinge" in den Jahren der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Die Vorgeschichte beginnt Ende des letzten Jahrhunderts, die eigentliche Handlung setzt vor 1933 ein und führt in die ersten Nachkriegsjahre. Ihr Schauplatz: Hamburg - von den Elbvororten bis zum Stadtpark, von Barmbek im Norden bis zum Hafen im Süden, mit unvergesslichen, in den dramatischen Ablauf verwobenen Gestalten, Bildern, Situationen. Fast unglaublich ist diese Geschichte: Der Autor hat mit seiner Phantasie die nackte Realität überhöht; es ist ihm gelungen, eine sinnfällige Schilderung von Menschen unter bestimmten Bedingungen zu schaffen und eine Zeit zurückzurufen, die mit überwältigender Macht in das Leben aller eingegriffen hat. Er hat das Geschehen und die Figuren frei gestaltet.
    Hier sind die kleinen Leute mit ihren Schwächen unter dem grausamen Druck der herrschendem Bösen, mit ihren liebenswerten Zügen, mit dem Ausmaß des ihnen zugefügten Leides und der Fähigkeit zum Überleben. Nichts wird geschönt, keine bittere Erkenntnis verschwiegen. Doch was immer es an Furchtbarem gab: die Liebe zu Hamburg, diese ganz unsentimentale Heimatliebe, bleibt unerschüttert und ist entscheidend für die Zukunft der Bertinis.


    Autor


    Ralph Giordano wurde 1923 in Hamburg geboren. Sein Vater, Sohn eines Italieners und einer Deutschen, seine Mutter Jüdin. Besuch des Johanneums. Schulverweisung nach Erlass der Nürnberger Gesetze. Verfolgung. Folter. Flucht. Versteck. Mai 1945 Befreiung. 1946 Beginn der journalistischen Arbeit. Seit 1964 etwa 100 Fernsehdokumentationen für den WDR und den Sender Freies Berlin.


    Meine Meinung


    Es handelt sich hier um einen autobiographischen Roman von Giordano.
    Mit ausschweifender Erzählkunst in epischem Stil schildert er zunächst die Geschichte seiner Eltern und nahen Verwandten bis er selbst, zweiter Sohn dieser sogenannten "Mischehe", als Halbjude ins Spiel kommt.
    Mit viel Liebe zum Detail berichtet er über seine Kindheit in Hamburg - immer zu Extremen und teils humorvollen Übertreibungen bezüglich seiner Verwandtschaft neigend. - Dies ist die, wie er es nennt, "Unpolitische Vorgeschichte" vor 1933.
    Immer mehr werden die Bertinis im Laufe der Zeit in die politischen Vorkommnisse verstrickt. Sie werden zunehmend Opfer von Rassenhass und Progromen in ihrem engsten Umfeld und durch den Staat.
    Die Bertinis als "Mischfamilie" lebt ihre unterschiedliche Glaubenszugehörigkeit kaum aus. Einzig der Vater, christlich fromm, schöpft durch Gebete in der Not Kraft. Der Rest der Familie "jüdelt" zum Spaß und ist jüdisch durch Erbfolge. Doch das Regime macht auch vor dieser "Mischehe" nicht halt, und so wird die Mutter, als "Volljüdin", zunehmend eine Belastung, und der Vater als "Nichtjude" eine Gefahr für die Familie. Sie droht zu zerbrechen.
    Aus Verdrängung und Hoffnung wird Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung.
    In der nachfolgenden Odysee der Bertinis durch Verfolgung und Flucht, etabliert sich Roman, der Zweitgeborene, als Familienoberhaupt und organisiert ein lebensrettendes Versteck.
    Ab 1942 fertigt Roman ein sogenanntes "Manuskript" an, dass ihm als Familienchronik dient - Grundlage für sein späteres autobiographisches Buch.


    Ein sehr bewegendes Zeitdokument, festgemacht an einer deutschen Familie, die zufällig nicht "arisch" ist.


    Unbedingt lesenswert!


    P.S. Morgen jährt sich der Kriegsbeginn zum 69. mal.

  • Ein wirklich sehr lesenswertes Buch, das in seiner Erzählweise unter die Haut geht.


    Ich habe es das erste Mal vor ca. 15 Jahren gelesen und nun aufgrund der Serie, die ich mir angesehen habe noch einmal.
    Vieles war noch sehr gut in Erinerung, durch die eindringliche Darstellung.
    Sehr viele Begebenheiten aus dem Buch sind heute noch so präsent wie damals


    Beispielsweise passierte es mir sehr oft, daß ich wenn ich über die Hochbahnbrücke Barmbek fahren mußte, dachte - hier stand damals das Haus von Ralph Giordano und hier irgendwo war die "berühmte" Sandkiste.
    Das geht mir seit Jahren so und zeugt davon, wie sehr mich damals schon das Buch beindruckt hat und ich kaum etwas vergessen habe.


    Das schaffen nur wenige Bücher, SO nachhaltig in ihren Teilen haften zu bleiben und dann noch über so viele Jahre.


    Ich habe als Hamburgerin auch den Vorteil, daß die Orte und Straßen die Giordano beschreibt mir bekannt sind, für mich alltäglich sind. Das macht es dann noch einmal interessanter, den Weg der Bertinis zu verfolgen.



    Auch der letzte Teil des Buches, der weit über die Verfilmung hinausgeht ist sehr einprägsam beschrieben - besonders die beschriebenen Gefühle des Geretteten und auch der Wandel seiner sehr starken Gefühle, der ihn selber verwundert waren sehr beeindruckend beschrieben.



    Ich kann dieses Buch eigentlich immer nur empfehlen, habe es früher auch oft verschenkt, da ich immer der Meinung war, ein so gutes Buch verdient es einfach, so oft wie möglich gelesen zu werden.