Wahr oder nicht? - Skandal um "Forbidden Love"

  • Die australische Autorin Norma Khouri hat mit ihrem vermeintlichen Tatsachenbericht "Forbidden Love" (auf deutsch als "Du fehlst mir, meine Schwester", Rowohlt) auch eines dieser Skandalbücher (siehe anderer Thread, irgendeiner :grin) vorgelegt, bei dem sich inzwischen verschiedene Quellen sicher sind, daß es sich um keinen Tatsachenbericht handeln kann. Das Buch führte lange die australischen Bestsellerlisten an; Rowohlt wollte es angeblich - siehe Bericht - vom Markt nehmen, aber es ist noch beziehbar. Amerikanische Verlage erwägen Schadenersatzklagen und verlangen ihre Tantiemen und Vorschüsse zurück.


    Besonders perfide an diesem Buch ist, daß die angeblich wahre Geschichte auf sehr emotionale Art antiislamische Vorurteile schürt.

  • Huhu, Tom!


    Diese Norma Khouri ist sicherlich eine Gaunerin -- üble Sache das!


    Aber erzähle mir bitte keiner von diesen Verlagsheinis, sie hätten das Teil nicht gedruckt, wenn sie gewußt hätten, daß sie sich das zusammengesponnen hat! Dafür sind in den letzten beiden Jahren zu viele dieser erlogenen Tatsachenberichte auf den Markt geschmissen worden. Wenn ein Thema en vogue ist, werde auf Teufel komm raus Publikationen zusammengezimmert. Ob der Inhalt stimmt, ist uninteressant -- die Kasse muß stimmen!


    Desillusionierte Grüße,


    Iris :wave

  • Zitat

    Rowohlt wollte es angeblich - siehe Bericht - vom Markt nehmen, aber es ist noch beziehbar.


    Hervorragende Marketingstrategie! :lache


    Zitat

    Amerikanische Verlage erwägen Schadenersatzklagen und verlangen ihre Tantiemen und Vorschüsse zurück.


    Ja, und wie blöd sind die, dass die das nicht vorher rausfinden konnten. Zumindest die Bio der Autorin. :wow Also, das glaub ich nicht, dass die tatsächlich so blöd sind.


    lg Iris

  • auweia, im Zuge meiner Suche nach jordanischer Literatur bin ich auf dieses Buch gestoßen und habe es auch gleich gelesen (oder zumindest versucht), ohne von den Betrugsvorwürfen etwas zu wissen.


    Eigentlich bin ich nur sprachlos, dass ein seriöser Verlag ein solches Buch veröffentlicht :yikes.
    Nicht nur, dass es sprachlich und dramaturgisch maximal auf Seifenopernniveau daher kommt, es strotzt auch nur so von Fehlern (etwa wenn Khouri Mudschaheddin und Muezzin verwechselt oder die jährliche Zahl von Ehrenmorden in Jordanien kurzerhand von (belegten) 20 auf über 2000 erhöht :wow), Ungenauigkeiten (so werden Araber und Moslem in einen Topf geworfen) und vor allem aber von völlig unbelegten Behauptungen.


    Alle arabischen (oder muslimischen :gruebel) Männer sind brutale Schläger, die ihre Frauen nicht alleine aus dem Haus lassen, ihre Töchter an fiese alte Säcke verheiraten, die Söhne dagegen zu den gleichen Tyrannen erziehen, die sie selbst sind. Die arabische Frau darf weder rauchen, noch Makeup tragen, versucht verängstigt und eingeschüchtert ihren Mann bei Laune zu halten und läuft ständig Gefahr, von einem wütenden Familienangehörigen gemeuchelt zu werden.


    Selten habe ich einen solchen aus Vorurteilen, Stereotypen und Halbwahrheiten zusammengebastelten Humbug gelesen. Kein Zweifel, es gibt Ehrenmorde in Jordanien und es ist sicherlich notwendig, darauf aufmerksam zu machen. Bücher wie dieses erweisen einer solchen Aufgabe jedoch einen Bärendienst: sie klären nicht auf, sondern bedienen lediglich (westliche) Ressentiments.


    Dass die Geschichte auch noch erfunden ist (und ich würde behaupten, schlecht erfunden), setzt dem Ganzen natürlich die Krone auf. :nono

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Kommt vor. Wir hatten auch mal so eine "Ich-heiratete-einen-Moslem-und-es-ging-schief"-Schote als Tatsachenbericht im Programm. In gutem Glauben die Lizenz erworben. Ja, Scheißele, Herr Eisele ... alles erstunken und erlogen gewesen.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    Original von Vandam
    Kommt vor. Wir hatten auch mal so eine "Ich-heiratete-einen-Moslem-und-es-ging-schief"-Schote als Tatsachenbericht im Programm. In gutem Glauben die Lizenz erworben. Ja, Scheißele, Herr Eisele ... alles erstunken und erlogen gewesen.


    Ich frage mich trotzdem, warum die Nachfrage nach solchen "wahren Schicksalen" so hoch ist, dass schon welche erfunden werden müssen. :gruebel

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Ich frage mich trotzdem, warum die Nachfrage nach solchen "wahren Schicksalen" so hoch ist, dass schon welche erfunden werden müssen. :gruebel


    Früher kannte man seine Nachbarn/die Dorfgemeinschaft noch und konnte sich über deren Schicksal des Langen und Breiten auslabern. Heute weiß man nicht mehr, wer nebenan wohnt. Dafür hat man nun Fernsehserien und "Wahre Schicksalsromane". Meine Theorie.


    Mit den "Ich-heiratete-einen-Ausländer"-Dramen kannste mich einmal um den Block jagen, ich find das grässlich. Aber ganz offensichtlich gibt es einen großen Markt dafür.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Zitat

    Original von Vandam


    Früher kannte man seine Nachbarn/die Dorfgemeinschaft noch und konnte sich über deren Schicksal des Langen und Breiten auslabern. Heute weiß man nicht mehr, wer nebenan wohnt. Dafür hat man nun Fernsehserien und "Wahre Schicksalsromane". Meine Theorie.


    Mit den "Ich-heiratete-einen-Ausländer"-Dramen kannste mich einmal um den Block jagen, ich find das grässlich. Aber ganz offensichtlich gibt es einen großen Markt dafür.


    Naja, ich kenne zwei deutsche Frauen, die sich bei einem Urlaub in Tunesien einen Einheimischen geangelt und den sofort, schließlich war das die große Liebe, die mit einem Deutschen gar nicht möglich wäre, geheiratet haben. Wie nicht anders zu erwarten, haben beide Männer sich, einmal in Deutschland angekommen, als hundertprozentige Arschlöcher entpuppt, die Muddi die Kindererziehung, das Geldverdienen und den Haushalt überlassen haben, während sie selbst sich die Zeit mit ihren schnell gefundenen arabischen Kumpels vertrieben haben. Ich denke, solche Beziehungen sind in im gutbürgerlichen deutschen Mittelstand am ehesten bekannt, weshalb die feministisch gebildete Mittelstandsmutti sich Bücher zum Thema anschafft und mit dem Gefühl "ich hab's doch gleich gewusst" gerne solche Bücher konsumiert.


    Erstaunlicherweise habe ich Jordanien mehrere deutsche Frauen kennengelernt, die mit Jordaniern verheiratet waren, ein absolut westliches Leben führten und nicht im Traum daran dachten, zum Islam überzutreten. Die würden natürlich keine verkaufsträchtigen Autobiografien abliefern können: "Ich lebe seit zwanzig Jahren mit meinem arabischen Mann zusammen und er hält mir immer noch die Tür auf" interessiert im Westen nunmal keinen Menschen.


    Ansonsten haben die "Wie schrecklich war mein Leben als Frau in Marokko"-Bücher für mich was von einer Freakshow: Wie gruselig ergeht es Frauen, während ich bequem zu Hause auf dem Sofa sitze...

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich habe das Buch auch gelesen, natürlich gar keine Ahnung gehabt, was mir blühte.
    Ich hätte es gleich wegschmeißen sollen, nachdem ich meiner Freundin erzählte, dass wir in Jordanien waren und diese mir mit großen Augen dieses Ding in die Hand drückte.
    Ich bin nach ner ganzen Weile erst auf die Idee gekommen, was das für ein Mist ist, seitdem lese ich eindeutig viel viel viel kritischer.
    Das ist "Sechzehnjährige Mädchen in den Kampf gegen die muslimischen Verbrecher und den Terrorismus einbeziehen". :fetch
    Ich bin ja eigentlich auch sauer auf mich selbst, musste ja erstmal von Draper auf den ganzen Scheiß aufmerksam gemacht werden. :hau
    Meine Freundin wollte mir das alles nicht glauben.
    Ich spinne mir da mal wieder Verschwörungstheorien zusammen, und so.
    Warum muss man heute dummbrotig vor sich hindümpeln um kein Verschwörungstheoretiker zu sein? :-(

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    So, nachdem Frau Khouri den Jordan "bei Aqaba ins Rote Meer" münden ließ, habe ich endgültig aufgegeben :yikes


    Sie hat warscheinlich die Route "Aquaba"-"Jordan" bei Google-Maps berechnen lassen und gedacht, die blaue Linie da sei der Fluss :lache
    In Wirklichkeit ist es die "Route 5" :rolleyes
    Das ist schon ein Schwachsinn vor dem Herrn und selten blöde...