Hans Traxler - Die Wahrheit über Hänsel und Gretel

  • Jacob und Wilhelm Grimm, die Biographen von Hänsel und Gretel. - Nach den Forschungsergebnissen von Georg Ossegg, besonders nach dessen Ausgrabungen im Spessart, sind wir nicht mehr in der Lage, ihre These von der Verbrennung der “Knusperhexe“ hinzunehmen; vieles spricht dafür, dass die Brüder die ganze Wahrheit über Hänsel und Gretel kannten, sie aus ethnischen Motiven aber weislich verschwiegen.


    Georg Ossegg, Märchenforscher begibt sich auf die Suche nach den Spuren des bekannten Märchens, wird fündig und eine unglaubliche Verschwörung kommt ans Licht. Alles Lüge! … Alles Lüge? Ja, wenn es nach Hans Traxler geht.
    Und der Beginn der Märchenforschung…
    Was mag da noch kommen?
    Nun, es wird angedeutet: Auch “Hans im Glück“ ist im Sinne der Moral umgedeutet.


    Herrlicher Schabernack, ein Streich…, ein wissenschaftliches Buch…, fast zu perfekt gelungen – (wie die Erläuterungen am Ende der Reclam-Ausgabe zeigen).


    Jedenfalls ein Mordsspaß, dieses kleine Meisterwerk der gepflegten Satire.

  • Das ist ja lustig, daß diese herrliche Satire wieder aufgelegt wurde. Bloß: als Reclam-Heftchen?
    Wie schade.


    Ich besitze eine der Nachfolge-Auflagen der Ausgabe, die 1978 bei Zweitausendeins erschienen ist. Gebunden, mit Lesebändchen. Da kommen auch die vielen Photos (von Peter von Tresckow) und die Zeichnungen, die allesamt den Fall genauestens und wissenschaftlich höchst korrekt :lache dokumentieren, voll zur Geltung. Nie zuvor sah man die Kiesel, mit denen Hänsel den Weg markierte, in dieser Deutlichkeit!


    Zum erstenmal erschienen ist das Buch übrigens schon 1963. Ein Klassiker der Märchenarchäologie.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Jahre später...


    Gestern Abend hat der Zufallsgenerator meiner Datenbank diesen kleinen Schatz aus meinem SUB gefischt und ich habe ihn heute durchgelesen.
    Es ist jetzt etwas über fünf Jahre her, dass ich mir dieses Buch gekauft habe, mit der Rezi hier im Hinterkopf die mich darauf aufmerksam gemacht hatte.


    Und was soll ich sagen? Obwohl ich ja eigentlich wusste, dass es eine Parodie ist, habe ich etwa nach der Hälfte des Textes nochmal nachgoogeln müssen, ob nicht vielleicht doch etwas wahres dran ist an der Sache. So wunderbar pedantisch erscheint einem die Recherche von Georg Ossegg.
    Natürlich kommen einem beim Lesen auch öfter Zweifel, dann etwa, wenn die Ortssuche aufgrund einer Märchenbuchillustration betrieben wird. Aber der ganze Grundton ist so ernst, ja wirkt äußerst seriös und gediegen, so dass man sich doch an manchen Stellen ernsthaft fragt, ob es nicht vielleicht doch...?


    Letzten Endes gibt es ja auch tatsächlich "Märchenforschung" und in jedem Märchen und jeder Sage steckt ein Kern der einen realen Ursprung hat. Es erscheint einem gar nicht so unglaubhaft, dass es sich im Fall der alten Hexe aus dem Märchen um ein weiteres Opfer von übler Nachrede und Hexenwahn zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges gehandelt haben könnte.


    Ich zolle Hans Traxler den höchsten Respekt für dieses skandalöse kleine Buch (beim Lesen des Nachwortes und der Briefe der empörten / begeisterten Medien und Leser denkt man nicht von ungefähr an den Skandal um die Hitler-Tagebücher, auch wenn die Absicht hier natürlich ganz klar eine andere war) und wünsche mir fast, damals "live" dabei gewesen zu sein als es erschien und das Weltbild der deutschen Heimatforschung ordentlich durcheinander brachte. :lache


    Von mir gibt es 10 Punkte für ein äußerst gelungenes Hexenwerk.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Und was soll ich sagen? Obwohl ich ja eigentlich wusste, dass es eine Parodie ist, habe ich etwa nach der Hälfte des Textes nochmal nachgoogeln müssen, ob nicht vielleicht doch etwas wahres dran ist an der Sache. So wunderbar pedantisch erscheint einem die Recherche von Georg Ossegg.
    Natürlich kommen einem beim Lesen auch öfter Zweifel, dann etwa, wenn die Ortssuche aufgrund einer Märchenbuchillustration betrieben wird. Aber der ganze Grundton ist so ernst, ja wirkt äußerst seriös und gediegen, so dass man sich doch an manchen Stellen ernsthaft fragt, ob es nicht vielleicht doch...?

    :writeDen Ausführungen von Paradise Lost kann ich mich nur voll und ganz anschließen und auch in ihre Begeisterung einstimmen: ein hervorragend gemachtes Büchlein über die "Märchenarchäologie", das selbst viele Jahrzehnte nach ihrem Erscheinen einfach nur Spaß beim Lesen macht.


    Ich besitze eine der Nachfolge-Auflagen der Ausgabe, die 1978 bei Zweitausendeins erschienen ist. Gebunden, mit Lesebändchen. Da kommen auch die vielen Photos (von Peter von Tresckow) und die Zeichnungen, die allesamt den Fall genauestens und wissenschaftlich höchst korrekt :lache dokumentieren, voll zur Geltung. Nie zuvor sah man die Kiesel, mit denen Hänsel den Weg markierte, in dieser Deutlichkeit!

    Dazu ist zu sagen, dass die Reclam-Ausgabe sicher nicht die Qualität eines gebundenes Buches erreicht, seine Zwecke aber durchaus erfüllt. Die Photos und Zeichnungen sind selbstverständlich enthalten (gehören sie doch unbedingt zur vollständigen Dokumentation), dazu gibt es aber auch einen ausführlichen Anhang, in dem der Autor die Hintergründe und Entstehungsgeschichte des Textes erläutert sowie einige Rezensionen und Reaktionen beim damaligen Erscheinen. Für mich waren diese Informationen nicht nur unterhaltsam, sondern auch sehr aufschlussreich.


    Und noch ein Gedanke: gerade heute ist im Hinblick auf Fake News und Verschwörungstheorien dieses Büchlein absolut lesenswert, regt es doch bei allem Klamauk zum Nachdenken an, vor allem wann und warum wir welchen Informationen Glauben schenken.


    ASIN/ISBN: 3150184959

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Das Buch habe ich vor vielen Jahren gelesen und mich dabei köstlich amüsiert, vielen Dank für die Erinnerung!


    Lese-rina Es ist tatsächlich wie ein ernsthafter archäologischer Bericht aufgemacht, der als Grundlage für eine Verschwörungstheorie taugen könnte. ;)