Nenn mich einfach Axel - Kinderfilm

  • OT: Kald mig bare Aksel
    Dänemark 2002
    85 Min.
    Regie: Pia Bovin



    Der zehnjährige Aksel (Adam Gilbert Jespersen) lebt mit seiner älteren Schwester Mia (Sara Bovin) und seiner Mutter Susanne in einer Hochhaussiedlung. Er wäre gern häufiger mit seinem Vater, Richard, zusammen, aber der ist dem Leben nicht ganz gewachsen und versteckt sich lieber hinter der Flasche. Vor allem aber bewundert Aksel die älteren Jungs des Viertels, ihr Auftreten, ihre Sprüche, ihre Mofas. Sie tragen goldene Ketten und die Mädchen sind verrückt nach ihnen. Die Jungs sind exakt das, was sich Aksel unter ‚cool’ vorstellt. Sie sind aber auch Moslems. Als Aksel versucht, eine Autofahrt von Ali (Abdel Mahmud) zu ergattern, dem Freund seiner Schwester Mia, erhält er eine derbe Abfuhr. „In diesem Auto fahren nur Moslems, das is’n Moslem-Auto.“


    Damit ist für Aksel die Sache klar: wer cool sein will, muß Moslem sein. Von diesem Tag an ist er wild entschlossen, Moslem zu werden. Das beinhaltet nicht nur einen abrupten Namenswechsel von Aksel zu Achmed, den Übergriff auf Mias Besitz (Kette!) und den Verzicht auf Frikadellen (Schweinefleisch!), sondern erhöht auch den Streßfaktor des ohnehin schwer beschäftigten Imams der örtlichen Gemeinde, von Ali, der sich plötzlich um einen höchst bekehrungsfreudigen ‚kleinen Bruder’ kümmern muß, gar nicht zu reden.


    Der Gesangswettbewerb, den der Jugendclub als Ferienvergnügen für die Kinder angeregt hat, bringt zusätzliche Spannung. Achmed/Aksel soll zusammen mit der gleichaltrigen Fatima (Nour El-Foul) und ihrer Freundin Annika (Nadia Böggild) auftreten. Sie haben aber kein Lied. Da stößt Fatima auf ein Liebesgedicht, das ihr Bruder Ali für Mia geschrieben hat. Das könnte man doch vertonen? Als die drei auch noch einen streunenden Hund adoptieren, gerät alles außer Kontrolle.
    Dürfen Moslems Hunde streicheln? Ist es fair, daß Fatima Hausarrest bekommt? Darf man Geschwister bestehlen? Was ist wichtiger, Annikas Sehnsucht nach einem Hund oder die Allergien ihrer Mutter? Wie bringt man Väter, gleich welchen Glaubens, zur Räson? Wer wird beim Schlagerwettbewerb auftreten? Und vor allem: hat Moslemsein nur mit Coolsein zu tun oder steckt mehr dahinter?


    Das sind die Grundprobleme, um die sich diese sehr schön gemachte kleine Komödie für Kinder dreht. Ein Gutteil des Witzes speist sich aus Aksels Eifer, cool zu werden. Kinderalltag, Familienalltag, islamisches Gemeindeleben fließen ganz unaufdringlich ineinander. Da es eine Komödie ist, geht es gut aus. Aksel wird kein Achmed, denn es fehlt ihm etwas Wichtiges: der Glaube. Daß der Glaube es ist, der darüber entscheidet, ob man Moslem ist oder nicht, daran läßt der Film keinen Zweifel.
    Keinen Zweifel gibt es am Ende aber auch daran, daß Aksel cool ist. Nicht nur der Gesangswettbewerb wird gerettet, auch der Hund findet überraschend ein Zuhause. Die Freundschaft siegt, zwischen Kindern, zwischen Eltern, zwischen Kindern und Eltern, zwischen Nachbarn, gleich, ob Moslems oder nicht.


    Beeindruckend neben der Leichtigkeit, mit der das Thema ‚Islam’ hier gehandhabt wird, ist vor allem die Spielfreude und das Talent der jugendlichen DarstellerInnen. Man vergißt rasch, daß man sich in einem Film befindet, so normal kommt das Außergewöhnliche und Fremde an.
    Der Film wurde mit dem Großen Preis des Deutschen Kinderhilfswerks ausgezeichnet, fand aber auch bei den jugendlichen ZuschauerInnen während der Internationalen Filmfestspiele großen Anklang. Eine Broschüre informiert darüber, wie auch über die ‚Jungen Journalisten’ der jeweiligen Berlinale.
    Leider hat man vor lauter Begeisterung vergessen, die eigentlichen Daten zum Film abzudrucken. Regie, Drehbuch, Namen der DarstellerInnen, technisches Personal findet man nur auf der DVD selbst oder muß sie per Internet zusammensuchen. Uncool.


    Sehr origineller Kinderfilm, der einfach genossen werden kann, aber auch als Ausgangspunkt für spannende Gespräche dienen kann.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus