Agatha Christie - Bertrams Hotel

  • Zugegeben, "Bertram's Hotel" ist ein wenig anders, als man es von den übrigen Miss Marple - Romanen gemeinhin gewohnt ist. Aber eben nicht in allen Punkten. Denn ich finde, man merkt diesem Buch Agatha Christies schriftstellerischen Geist auf jeden Fall deutlich an.


    Ja, die Person Miss Marple kommt ein wenig zu kurz in dieser Story, spielt eigentlich nur am Rande die Rolle der Beobachterin und Zeugin. Dieser Makel wird in meinen Augen aber völlig wieder wett gemacht, von der atmosphärisch schönen Beschreibung des Hotels und seiner illustren Gäste. Man fühlt sich beim Lesen regelrecht in Edwardianische Zeiten zurück versetzt und könnte fast meinen, in London - zumindest im Hotel Bertram - sei die Zeit stehen geblieben.


    Agatha Christie scheint persönlich mit "der guten alten Zeit", die sie hier so detailreich wieder auferstehen lässt, abzuschließen. So lässt sie beispielsweise Miss Marple folgende Sätze sprechen:


    "Ich habe gelernt - vermutlich wusste ich es ohnehin schon - dass man nie versuchen sollte zurückzugehen, dass das Leben darin besteht, vorwärts zugehen. Das Leben ist in Wirklichkeit eine Einbahnstraße, nicht wahr?"


    An anderer Stelle berichtet Miss Marple, dass ihre alte Tante (dessen Name mir gerade entfallen ist) irgendwann erkannte, dass sie die einzige Person zu sein schien, die noch Häubchen auf dem Kopf trug. Als ihr dieser Umstand bewusst wurde, trennte sie sich von diesem altertümlichen Relikt längst vergangener Zeiten und spendete sie dem örtlichen Theaterfundus. Nicht etwas der Kleiderkammer, denn dort hätte ja niemand mehr Verwendung dafür.


    Doch nicht nur die Beschreibungen des scheinbar aus der Zeit gefallenen Innenlebens des Hotels sind der Autorin wunderbar gelungen, auch bei den übrigen Schilderungen der Geschehnisse fühlt man beim Lesen einfach den Geist der 1950er Jahre. Abgerundet mit der ihr so typischen humoristischen und spitzfindigen Ader, ist Agatha Christe - trotz aller Unterschiede zu den übrigen Miss Marple Storys - ein, wie ich finde, durchaus lesenswerter Krimi gelungen.


    Unterm Strich habe ich mich gut unterhalten gefühlt und vergebe 8 von 10 Leseeulen.

  • Agatha Christie - Bertram's Hotel


    "Bertram's Hotel" scheint mir leider eines der schwächeren Bücher mit Miss Marple zu sein.


    Was der Autorin Agatha Christie wie immer sehr gut gelingt, ist das Einfangen der Atmosphäre. Ihre Beschreibungen von den Hotelzimmern, von den Gästen beim Tee und von den Angestellten lassen in mir viele schöne Bilder hochsteigen und am liebsten würde ich heute dort im Teesalon sitzen, und echt englische Muffins mit viel Butter und Marmelade genießen. Aber leider muss ich mir diese wohl selber zubereiten ...


    Miss Marple kommt in der Geschichte weniger vor als in anderen Büchern, sie trägt natürlich mit ihren wie immer scharfen Beobachtungen viel zur Lösung des Falles bei, ist aber eher eine Randfigur. Das finde ich schade, denn ich lese die Bücher gerade wegen Miss Marple. Das war etwas enttäuschend für mich. DCI Davy ist eine sehr gute Ermittlerfigur, das hat mir aber nicht ganz gereicht.


    Auch der Fall an sich war diesmal weniger interessant. Zu viel darf ich hier natürlich nicht verraten.


    Alles in allem: Es war eine sehr schöne Leserunde, aber das Buch kann ich nicht wirklich empfehlen. Ich freue mich jetzt lieber auf die nächste Leserunde mit einem besseren Agatha-Christie-Krimi. :)


    ASIN/ISBN: 3455650570

  • Das hast Du sehr gut auf den Punkt gebracht und ich gehe da wirklich in allen Ausführungen mit Dir mit.

  • Die Zeit scheint stehen geblieben zu sein in Bertram’s Hotel – ein uriges Fleckchen England, dass sich die gute englische Tradition in der Moderne erhalten hat. Das weiß auch Miss Marple, die nach Jahren und aus Gründen einer gewissen Vergangenheitssehnsucht wieder einmal in dieses Hotel einkehrt. Doch die englische Tradition ist nichts als Fassade und es gilt, üble Machenschaften aufzudecken.


    Agatha Christie weiß wie keine zweite, Zeitgeschehen geschickt einzufangen. So ist das Leben in Bertram’s Hotel und im London der 1950er Jahre anheimelnd beschrieben, die handelnden Personen sind lebensnah dargestellt und die Ermittlungen werden eher gemächlich geführt. Miss Marples Rolle in dem Ganzen rückt da etwas in den Hintergrund. Zwar weiß sie sich als Tippgeberin zur rechten Zeit einzufügen, die hauptsächliche Ermittlungsarbeit obliegt jedoch den beiden Herren von Scotland Yard.


    Doch auch wenn Miss Marple hier nur eine Randnotiz zu sein scheint, der Krimi hat mir insgesamt gut gefallen. Ganz unüblich für Christie ist allerdings, dass lange Zeit kein Mord passiert, sondern sich das Verbrechen anderweitig zeigt. Das ist jedoch nicht weniger spannend, muss man als Leser doch erstmal hinter die Zusammenhänge kommen.


    Für dieses Werk gibt es von 7 Eulenpunkte. Ich freue mich schon auf die nächste gemeinsame Staubi-Eulen-Leserunde!

  • Miss Marple macht Urlaub in Bertrams Hotel. Wie es für sie üblich ist, belauscht sie zahlreiche Gespräche und bekommt zahlreiche Irrungen und Verwicklungen mit. Zudem erfährt sie, dass ein Kanonikus namens Pennyfather, der ebenfalls Gast im Hotel ist, vermisst wird. Zunächst hält sie sich aus allem heraus, verfolgt die Ereignisse jedoch alle aus dem Hintergrund. Als die Polizei auftaucht und erste Ermittlungen anstellt, wird sie gleich noch hellhöriger.

    Vor- und Nachteil der Geschichte sind die zahlreichen Verwicklungen aller möglichen Personen im Hotel. Für meinen Geschmack war es ein bisschen zu viel Gewusel. Zumal man bis weit über die Hälfte nicht einmal weiß, um welches Verbrechen es letztendlich gehen wird. Es gibt Anspielungen über eine millionenschwere Erbin und einen verschwundenen Hotelgast. Doch ist denen tatsächlich etwas zugestoßen? Dazu störte mich, dass sich Miss Marple mal wieder ziemlich zurückhält und lieber andere belauscht, anstatt eigene Nachforschungen anzustellen. Der eigentliche Mordfall bzw. seine Aufklärung kommt bei all den Verwicklungen für meinen Geschmack etwas zu kurz. Die Enthüllung am Schluss fand ich etwas zu viel des Guten.