Gardner, Lisa: Kühles Grab

  • Hallo liebe Büchereulen,
    hier kommt also meine Vorstellung von "Kühles Grab".



    Gardner, Lisa
    Kühles Grab
    Rütten und Loening/Aufbau Verlagsgruppe GmbH, Berlin, 2008
    360 Seiten



    Zum Inhalt


    Durch Zufall wird in Mattapan auf dem Gelände des ehemaligen Boston Mental Hospital ein Massengrab entdeckt: in einer unterirdischen Kammer liegen sechs in Plastiksäcke verpackte Kinderleichen.
    D.D. Warren, die ermittelnde Beamtin, bittet ihren Kollegen von der Staatspolizei und ehemaligen Freund Robert (Bobby) Dodge um Mithilfe bei der Aufklärung dieses widerlichen Verbrechens. Lange kann man das ja auch nicht aus den Medien heraushalten, und was dann passiert, daran denken die Beamten mit Schrecken.


    Eine der Leichen kann anhand eines Medaillons identifiziert werden: es ist Annabelle Granger. Die zuständige forensische Anthropologin kann jedoch keine Hoffnung machen auf eine weitere schnelle Identifizierung der Leichen, da es sich um eine sog. Nasse Mumifizierung handelt – solange tappt man also bestenfalls im Halbdunkel nach dem Täter.
    Da ist man für jeden Hinweis dankbar! Den erhoffen sich die beiden denn auch von einer jungen Frau, die sich zu dem Fall meldet –allerdings weniger als Zeugin, als vielmehr in der Hoffnung, die Polizei könne Licht in ihr eigenes Familiengeheimnis bringen. Annabelle Granger, die sich jetzt Tanya Nelson nennt, sitzt so munter wie es eben geht, D.D. und Bobby gegenüber und erzählt ihr Geschichte: wie ihre Welt noch in Ordnung war bis sie sieben Jahre alt war und das erste Mal fünf gepackte Koffer im Flur stehen sah, wie sie das erste mal vom Vater aufgefordert wurde, ganz schnell noch was Wichtiges einzupacken, man müsse los.


    Fünf Koffer, die seitdem zum Symbol ihres Lebens wurden: auch heute noch ständig bereit zum Aufbruch, eine letzte Möglichkeit (Flucht) gibt es immer, so wenig Bindungen wie möglich. Fünf Koffer, die ungefähr alle 1 bis 2 Jahre zum Aufbruch mahnten; nicht nur eine neue Stadt wartete, auch eine neue Identiät musste gelebt werden.
    Die dringlichen Warnungen ihres Vaters, niemals in irgendwelche Autos zu steigen, Warnungen vor Gefahren, die irgendwie gar nicht da sind, seine genauen Instruktionen für den „Ernstfall“ - <tritt ihm vor die Kniescheibe!> - Selbstverteidigungskurse und Misstrauen.


    Annabelles Aussage - sie habe das Medaillon eines Tages auf der Verandatreppe als Geschenk von einem Unbekannten gefunden; ihr Vater, der ihr verboten hat, es zu behalten, sie solle es in den Müll werfen, naja, sie hat es ihrer besten Freundin Dori Petracelli geschenkt – stimmt mit dem Befund eines Botanikers überein, die Leichen seien ca. 30 Jahre alt.


    Nun hat man endlich ein paar Anhaltspunkte: diesmal mit größter Wahrscheinlichkeit den Namen eines Opfers, dann noch die Tatsache, dass die Klinik vor ca. 30 Jahren geschlossen wurde – hat evt. ein ehemaliger Patient oder Angestellter mit dem Verbrechen zu tun?
    Auch ergibt die Suche über das VICAP- Programm einen Treffer: Richard Umbrio – kein Unbekannter für Bobby Dodge – hat etwa um die Zeit die 12jährige Catherine Gagnon entführt, es gibt Parallelen!


    D.D. und Bobby sind unsicher, was sie von Annabelles Geschichte halten sollen: einerseits klingt sie total absurd, andererseits ist sie sehr glaubwürdig.
    Annabelle ist unterdessen völlig aufgewühlt: war ihr Vater schlicht wahnsinnig? Paranoid? Gab es vielleicht nie eine Gefahr, vor der sie weglaufen musste? Ist es wirklich ihre Freundin Dori, die man in dieser schrecklichen Kammer gefunden hat und für deren Tod sie dann ja irgendwie verantwortlich ist? Darüber zumindest bekommt Annabelle durch eine Suche bei www.doenetwork.org Klarheit: es ist Dori.
    Über ihre eigene Identität ist sich Annabelle nicht mehr so sicher, wer sagt ihr schließlich, dass Annabelle Granger nicht nur ein weiterer Name auf der langen Liste der falschen Namen ist?


    Die Hinweise verdichten sich, dass Annabelle die Schlüsselfigur des Ganzen ist; schnell wird auch klar, dass der Täter in unmittelbarer Nähe ist und noch immer seine Finger nach Annabelle ausstreckt.....




    Meine Meinung


    „Kühles Grab“ von Lisa Gardner ist ein ungemein fesselnder Thriller: schon der Einstieg mit Annabelles Erinnerungen an die erste Flucht macht sehr neugierig. Es geht weiter mit lauter kleinen Andeutungen, vielsagend ausgetauschten Blicken, Sätzen, die „mehr“ vermuten lassen.


    Nun gibt es auch andere spannende Krimis, auch andere Thriller, in denen Kinder ermordet werden. Aber Lisa Gardner ist es auf eine ganz intensive Art gelungen, den Leser die Abscheulichkeit dieses Verbrechens spüren zu lassen: sie kommt ohne große blutrünstige Szenarien aus, wie man sie ja sonst vielfältig kennt.


    Am meisten bewegt und erschüttert hat mich Annabelles Geschichte: diese fünf Koffer im Flur und man weiß, dieses Leben in dieser Stadt ist mal wieder beendet, morgen ist man wer anderes in einer anderen Stadt – etwas, das man schon als Erwachsener kaum bewältigen kann, geschweige denn als Kind. Keine Schulfreunde, keine Freizeitaktivitäten wie Kinderchor, Sportclubs, Vereine; nichts, was irgendwelche Spuren hinterlassen könnte.
    Als sich Annabelle eine Tasse mit ihrem Namen kauft, hat sie panische Angst, dass die entdeckt wird und sie auch die Tasse wieder abgeben oder vernichten muß- und das in einem Alter, in dem man normalerweise seinen Kindern viele Dinge mit ihrem Namen kauft oder bastelt, um ihre Identität zu bestärken. Das hat mich total überwältigt.


    Sehr getrübt allerdings wurde „Kühles Grab“ für mich durch zwei Ungereimtheiten, die mir im Laufe des Buches auffielen und die sich auch nicht aufgeklärt haben.
    Und das Ende- der showdown sozusagen – war mir dann doch etwas zu dick aufgetragen, da wurde die Glaubwürdigkeit des Romans doch arg strapaziert.


    Dennoch kann ich diesen sehr gut geschriebenen Roman absolut empfehlen: genau das Richtige für die jetzt kommenden Herbsttage oder eine lange Lesenacht.




    Viele Grüße

    Sylvia und die Kuschelbande


    When you think that you lost everything
    You find out you can always lose a little more


    B. Dylan: Tryin´to get to Heaven

  • Ich habe das Buch soeben beendet und ich empfand den Showdown nicht unbedingt als arg übertrieben. Mir klang das schon schlüssig und ich hätte nicht mit



    Aber ich bin eh schlecht im Kombinieren und kommen selten auf die Täter.


    Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich kann es nur weiterempfehlen. Von mir gibt es 9 Punkte.

    Ein Raum ohne Bücher ist ein Körper ohne Seele.
    - Cicero


    :lesend Harlan Coben - Ich vermisse dich

  • Wenn ich schon von losen Fäden am Ende eines Krimis lese, bin ich bedient.
    Denn, wenn man sich die Beurteilungen bei Amazon ansieht, findet man nichts über diese Ungereimtheiten.
    Da werden die Bücher als die reinste Erfindung des Genres angepriesen, dabei sind logische Lücken drin.
    Ohne mich.