'Schnee, der auf Zedern fällt' - Kapitel 01 - 06

  • So, nachdem ich aus verschiedenen Gründen (Erkrankung, schul. Überlastung, etc.) mich schwer getan habe mit dem Buch, bin ich jetzt drin.


    Ich finde es spannend, dass sich die Handlung um diese Gerichtsverhandlung spinnt. Man hat die Berichte, die Position des Verteidigers, aber man selbst weiß noch nicht sehr viel.
    Da wäre es schön, ein wenig Einblick in Kabuos Gedanken zu erlangen, aber er wird uns ja noch vorenthalten - worauf sein Verteidiger abziehlt ist mir noch nicht ganz klar nach diesem kurzen Stück, will er es auf einen Unfall reduzieren, was sollte dann das mit den Batterien?


    Verwirrend finde ich die Namen und Zusammenhänge noch nicht, das klappt gut. Was mir auffällt, ist, wie auf San Piedro auf die Herkunft geachtet wird - der dänische Akzent, die deutschstämmige Herkunft, die abfälligen Bemerkungen über die Miyamotos ...


    Ich frage mich, welche Beweise vorliegen und in wie weit die Anklage Kabuos "ausländerfeindlich" motiviert ist.


    Ich geh mal weiterlesen :-)

  • Obwohl ich hier wohl der Späteinsteiger bin, ist diese Leserunde offenbar noch nicht fortgeschritten, so komme ich noch rechtzeitig zum mitdiskutieren.


    Im Mittelpunkt des Roman's steht der Prozess, um den Tod von Carl Heine (Den Namen konnte ich mir aufgrund seiner Herkunft am besten merken! :grin). Die Geschichte wird darum gesponnen, die Hintergründe bzw. Erlebnisse und Gedanken der Zeugen und am Prozess beteiligten sehr behutsam dargestellt. So, wie die Personen im Buch auftreten, werden sie uns näher gebracht. Ishmael Chambers der Lokalreporter, Carl Heine der Fischer und das Opfer, Art Moran der Sheriff und Horace Whaley der Coroner - Männer der Insel, des Ortes, die ihren Platz in der dortigen Welt haben, mit einem erst zu Ende gegangenen Krieg in der Erinnerung, der ihnen offensichtlich viele Illusionen, Hoffnungen genommen und ihr Leben unwiderruflich verändert hat.


    Ich empfinde dieses Buch bisher als sehr angenem, die Personen sind glaubwürdig, nur die Beschreibungen der Äußerlichkeiten der einzelnen Personen kam am Anfang etwas kurz, zumal mir diese Verknüpfung beim unterscheiden der Namen eigentlich hilfreich ist. Aber bei Ishmael Chambers sehe ich sowieso immer Ethan Hawke vor mir.


    Zitat

    von Bartimaeus
    Was mir auffällt, ist, wie in diesem Dörflein San Pedro auf die Herkunft geachtet wird - der dänische Akzent, die deutschstämmige Herkunft, die abfälligen Bemerkungen über die Miyamotos ...


    Vorallem die abfälligen Bemerkungen bezüglich der japanischen Abstammung stechen heraus. Ich habe den Eindruck, der Autor will von Anfang an deutlich machen, das alle Einwohner ursprünglich von Einwanderern abstammen. Interessant ist das Carl Heine, deutscher Abstammung mit besonders arischem Erscheinungsbild (Ich mag diese Formulierung eigentlich nicht.) wesentlich respektvoller behandelt wird, als Kabuo Miyamoto mit japanischer Abstammung, wie uns bekannt Deutschland und Japan, die beiden Gegner der USA im 2. Weltkrieg.

  • Zitat

    Original von Joschi
    Vorallem die abfälligen Bemerkungen bezüglich der japanischen Abstammung stechen heraus.


    Das stimmt! :write


    Schon die Schlußfolgerung, dass die Kopfwunde von Carl Heine aussieht, wie eine Wunde die durch einen Kendostock zugefügt wurde - woraufhin dann nach einem Japaner gesucht wird - ist ziemlich haarsträubend.


    Im Internet habe ich übrigens noch eine ganz gute Seite über das Buch gefunden (auf englisch), für all diejenigen, die noch etwas mehr Hintergrundinformationen haben wollen: http://www.seattleu.edu/lemlib/web_archives/cedars/home.htm

  • Zitat

    Original von buzzaldrin
    Schon die Schlußfolgerung, dass die Kopfwunde von Carl Heine aussieht, wie eine Wunde die durch einen Kendostock zugefügt wurde - woraufhin dann nach einem Japaner gesucht wird - ist ziemlich haarsträubend.


    Aber auf die Kriegserfahrung des Arztes zurückzuführen :gruebel Ich frage mich, ob es wirklich so augenscheinlich nur Feindlichkeit gegen Japaner ist, oder ob Kabuo doch etwas damit zu tun hat, das wär ja auch eine interessante Wendung ... :gruebel

  • Zitat

    Original von bartimaeus


    Aber auf die Kriegserfahrung des Arztes zurückzuführen :gruebel


    Ja okay, vielleicht ist dieser Schritt auf die Kriegserfahrung zurückzuführen. Aber dann allein aufgrund eines einzigen Indiz gleich darauf zu schließen, dass der Mörder ein "Japs" sein muss, der Kendo-Erfahrung hat, zeigt doch auch irgendwie, dass selbst der Scheriff für gewisse Vorurteile anfällig ist.

  • Zitat

    von Bartimaeus
    Anscheinend war man zu dieser Zeit sehr viel anfälliger für Vorurteile als heute - ich finde es erschreckend - mir wird da immer bewusst, wie gut wir es heute haben.


    Da bin ich mir nicht so sicher. Vorurteile begegnen uns heute genauso! Schon in dem Moment wo Dir jemand auf der Straße begegnet, durch seine Kleidung, sein Auftreten steckst du denjenigen in eine "Schublade". Es muss nicht negativ sein, aber es beruht auf Vorurteilen.

  • :gruebel
    Ich sehe da einen Unterschied zwischen einem gewissen persönlichen Schubladendenken, dass man nicht ganz los wird, aber dennoch die Akzeptanz/Toleranz/stillschweigendes Ignorieren von Anderem, auch wenn es für einen selbst nicht das Wahre ist oder man anders ist, und "alltäglichen" öffentlichen Diskriminierungen.


    Diese Masseninternierungen, einfach weil die Menschen Japaner waren, oder dieses allgegenwärtige herablassende Bezeichnen als "Japs" (BTW, liest du eigentlich auch auf englisch, buzzaldrin?) ist meiner Meinung nach sehr viel schlimmer...


    Das heißt ja nicht, dass heute alles perfekt ist, aber ich denke, es ist besser.

  • Zitat

    Original von bartimaeus
    Diese Masseninternierungen, einfach weil die Menschen Japaner waren, oder dieses allgegenwärtige herablassende Bezeichnen als "Japs" (BTW, liest du eigentlich auch auf englisch, buzzaldrin?) ist meiner Meinung nach sehr viel schlimmer...


    Nein, ich lese das Buch auf Deutsch. :-) Ansonsten gebe ich dir Recht, das es doch einen Unterschied gibt, zwischen heutigem Schubladendenken und der Deportation einer ganzen Bevölkerungsgruppe in einen anderen Teil des Landes, so wie es die Japaner erfahren mussten.

  • buzzaldrin und bartimaeus


    Ihr beide seid gebildet und tolerant, in eurem Weltbild haben Menschen einen besonderen Stellenwert, egal welcher Herkunft und Weltanschauung sie angehören. Ich bin froh, das es Menschen wie euch gibt!
    Leider gibt es viele Plätze auf der Welt, wo unvorstellbare Grausamkeiten erst in jüngerer Zeit stattgefunden haben, im Kosovo, in Ruanda, in Quantanamo. Man könnte jetzt sagen, das sind alles ganz andere Dinge, aber im Grunde beruhen sie im Ursprung auf Vorurteilen und Intoleranz.

  • Zitat

    Man könnte jetzt sagen, das sind alles ganz andere Dinge, aber im Grunde beruhen sie im Ursprung auf Vorurteilen und Intoleranz.


    Sagen könnte man es, aber es wäre Verharmlosung, Schönreden. Es gibt schlimme Dinge auf dieser Welt (ob sie nun ausschließlich auf Vorurteilen beruhen, sei dahingestellt - Machtgier u.ä. spielen sicher auch mit hinein). Das ist traurig, aber ich persönlich fühle mich hilflos angesichts dessen, was kann man tun?


    Und ich bin froh, dass diese nicht überall passieren, oder dass ich die Vorstellung habe, dass hier die Welt sich verbessert hat. Egal, wie schal das für die jenigen klingt, die von diesen Übeln betroffen sind, wie begrenzt auf meine eigene kleine Welt ich damit klingen muss.


    Ich hoffe, dass man irgendwann überall auf der Welt zur Einsicht kommen wird ... :-(