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'Säulen der Ewigkeit' - Seiten 329 - 437
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Sarah muss nun also in Kairo bleiben, weil Salt befürchtet, sie könnte erneut erkranken und Giovanni so von den Ausgrabungen abhalten. Statt dessen lässt Salt einen Koch mitreisen. Das hat schon was Skurriles wenn man bedenkt, dass es eigentlich an den Ausgrabungsstellen nicht viel mehr als Durra (was wohl eine Hirseart ist) und Fische gibt.
Sehr gut gefallen hat mir hier in diesem Abschnitt der Tag in dem Bad, weil hier wieder eine landestypische Situation der Frauen geschildert wird. Solche Szenen mag ich ganz besonders in diesem Buch
Die Rivalität zwischen Drovetti und Giovanni verstärkt sich. Drovetti hat offenbar die besseren Karten denn die Altertümer dürfen nur noch an ihn verkauft werden. Die Begegnungen zwischen Sarah und Drovetti zeigen so langsam Wirkung. Ich hab mich gefragt, warum er so anziehend wirkt auf Sarah. Ich vermute, es ist der intellektuelle Reiz. Die Möglichkeit, sich mit jemanden Auszutauschen, der genauso belesen ist wie sie selbst.
Das Ablegen des Korsetts war irgendwie auch ein bisschen das Ablegen des typisch Europäischen, steifen und das Anpassen an orientalisches Verhalten und orientalische Gegebenheiten. Das hat sich für mich in der Situation gezeigt, in der Sarah Salt ganz klar mit ihrem Wissen um Makhbube erpresst hat.
Ich hab mal bei Wiki geschaut, weil ich erstaunt war, dass Korsetts im 19. Jahrhundert aus der Mode gekommen sind. Ich hätte gedacht, dass sie noch sehr viel länger getragen wurden, hab dann aber gelesen, dass man während der Zeit von Directoire, Empire und frühem Biedermeier auf sie verzichten konnte und dass sie erst ab 1840 wieder in Mode kamen.
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Durra ist in der Tat eine Hirseart, und die Sache mit dem Koch ist ein bizarres Detail, das meine Phantasie seinerzeit, als ich recherchierte, sofort in Gang setzte - wie Sarah es aufgenommen haben muß, daß besagter Koch mitreisen durfte, aber nicht sie.
Korsetts: das ist auch so ein Detail, das den Unterschied zwischen der Regency-Zeit, in der Sarah lebte, und der späteren viktorianischen Zeit gut illustriert. Für Sarah war es noch möglich, in dem Anhang, den sie für Giovannis Ausgrabungsbericht schrieb, einen Satz darüber zu schreiben, was für eine Qual ein Korsett in Ägypten zu tragen gewesen sei, wie sie sich geärgert habe, als sie erfuhr, daß es in Europa gar nicht mehr Usus war, und wie erleichtert, als sie danach darauf verzichtete. Eine Generation später wäre es undenkbar gewesen, daß eine Frau über ihre Unterwäsche schrieb. Für mich als Romanautorin war die Sache mit dem Korsett natürlich eine gute Möglichkeit, um eine Entwicklung in Sarah deutlich zu machen, die du richtig erkannt hast...
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Zitat
Original von Bouquineur
Sehr gut gefallen hat mir hier in diesem Abschnitt der Tag in dem Bad, weil hier wieder eine landestypische Situation der Frauen geschildert wird. Solche Szenen mag ich ganz besonders in diesem Buch
Diese Szene habe ich eben gelesen und ich fand sie ebenfalls sehr schön beschrieben.
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Irgendwie gefällt mir nicht, dass Sarah soviel Chamäleons fängt und in Käfige sperrt. Warum macht sie das?
Sie sterben doch eh nach kurzer Zeit....... -
Ja, das fand ich auch ein bisschen seltsam. Vielleicht hat sie gehofft einen Weg zu finden, sie so halten zu können, dass sie in Gefangenschaft überleben. Vielleicht war die Denkweise damals eine andere. Tiere in Gefangenschaft als völlig normal zu betrachten kam möglicherweise durch die langen Jahre auf den Rummelplätzen.
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Die Szene in dem Bad hat mir auch gut gefallen - ein Einblick in das Leben der Frauen dieses Landes.
Sarah ärgert sich, dass sie sich viel zu lange mit dem Korsett gequält hat. Das kann ich mir vorstellen. Ein Korsett zu tragen bei diesen Temperaturen muss schon wirklich eine große Einschränkung sein.
Überhaupt nimmt Sarah so nach und nach immer mehr die Bekleidungsgewohnheiten der Einheimischen an und sie scheint auch einen "guten Draht" zu den einheimischen Frauen zu haben.
Das zeigt auch das Selbstbewusstsein und ihren Mut, der sie überhaupt erst hat nach Ägypten kommen lassen.
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Die Szene im Bad war sehr schön beschrieben. Ich habe mich gefühlt, als wäre ich dabei. Überhaupt nehmen die Begnungen mit den ägyptischen Frauen einen immer größeren Raum ein. Das gefällt mir.
Die Sache mit den gefangenen Chamäleons gefällt mir auch nicht. Aber wahrscheinlich hatte man damals wirklich eine andere Einstellung zu in Käfigen gehaltenen Tieren.
Die Erpressung Salts hätte ich Sarah anfangs nicht zugetraut. Na ja, vielleicht hatte sich diese "Zielstrebigkeit" doch schon angedeutet, als sie versucht hat, über die Frauen den Mann (ich weiß nicht mehr, wer es war) zu beeinflussen. Viel genutzt hat es ihr in diesem Fall ja leider nicht.
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Da nun schon mehrfach von den Chamäleons die Rede war: in der Tat hatte man prinzipiell damals eine andere Einstellung von Tiere, wobei Sarah, die in Ägypten Chamäleons kennenlernte, von ihnen begeistert war und einen langen Abschnitt in ihrem Appendix zu Giovannis Buch über Chamäleons schrieb, auf die Frage nach "artgerechter Haltung" sicher geantwortet hätte, daß sie selbst erst herausfinden mußte, was den Chamäleons gut tat und was nicht, daß man aber, wenn man Gast im Haus von anderen war (wie sie z.B. bei den Cocchinis) Käfige benutzen mußte. Wenn sie für sich selbst lebte, wie in ihrem ersten Jahr in Kairo oder später auf Philae, dann bedeutete das auch für die Chamäleons freien Auslauf.
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Zitat
Original von Bouquineur
Ich hab mich gefragt, warum er so anziehend wirkt auf Sarah. Ich vermute, es ist der intellektuelle Reiz. Die Möglichkeit, sich mit jemanden Auszutauschen, der genauso belesen ist wie sie selbst.
Und ich glaube, er gibt ihr mehr als Giovanni das Gefühl, tatsächliches Interesse an ihrer Person zu haben, sieht sie mehr als eigenständige Persönlichkeit und nicht nur als Mrs. Belzoni (sagt er doch auch auf S. 362). Vermutlich hat Sarah das Gefühl, dass ER sie zumindest nach ihrer Meinung oder ihren Wünschen gefragt hätte und nicht einfach den Koch statt ihrer mitgenommen hätte - also das ist jetzt meine Spekulation.Was Drovettis Erklärungen angeht, ging es mir wie Sarah - sie waren in sich schlüssig - aber das sagt ja noch nichts über die Lauterkeit seiner Absichten aus...
Grundsätzlich fiebere ich zwar auch mit Giovanni mit und bin gespannt auf seine Ausgrabungen, aber letzten Endes ist es schon anmaßend gewesen von den Europäern, wie sie sich hier die antiken Schätze Ägyptens für ihre eigenen Museen "unter den Nagel gerissen" haben
Eine meiner liebsten Figuren ist übrigens James, ich mag den Kerl
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Ob Drovetti die gleiche Wirkung auf Sarah gehabt hätte, wenn die Situation eine andere gewesen wäre? Wenn die Beziehung zwischen Giovanni und Sarah nicht so schwierig geworden wäre?
ZitatUnd ich glaube, er gibt ihr mehr als Giovanni das Gefühl, tatsächliches Interesse an ihrer Person zu haben, sieht sie mehr als eigenständige Persönlichkeit und nicht nur als Mrs. Belzoni (sagt er doch auch auf S. 362). Vermutlich hat Sarah das Gefühl, dass ER sie zumindest nach ihrer Meinung oder ihren Wünschen gefragt hätte und nicht einfach den Koch statt ihrer mitgenommen hätte - also das ist jetzt meine Spekulation.
Ich finde, das bringt es auf den Punkt
Für Mr. B. ist Sarah einfach selbstverständlich geworden. Für Mr. D. ist sie alles andere als selbstverständlich.
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Zitat
Original von milla
Grundsätzlich fiebere ich zwar auch mit Giovanni mit und bin gespannt auf seine Ausgrabungen, aber letzten Endes ist es schon anmaßend gewesen von den Europäern, wie sie sich hier die antiken Schätze Ägyptens für ihre eigenen Museen "unter den Nagel gerissen" haben
Eine meiner liebsten Figuren ist übrigens James, ich mag den Kerl
Ich denke auch immer wieder darüber nach, mit welcher Selbstverständlichkeit dies geschehen ist.Und James mag ich auch sehr.
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Was für ein Abschnitt! Sarah muss allein zurückbleiben, weil Salt sich um ihre Gesundheit sorgt, doch sie weiß sich die Zeit zu vertreiben. Sie genießt mit Madame Cocchini ein ägyptisches Bad, und als hätte er es geahnt, dass Giovanni allein unterwegs ist, taucht Drovetti auf. Ich muss sagen, dass diese Figur mir immer besser gefällt. Seine Wortgefechte mit Sarah sind sehr schön ausgearbeitet, ich bin jetzt sehr gespannt, wie es mit den beiden weitergeht.
Die Auseinandersetzung mit der "Hexe" und Sarahs großzügige Geste mit den Wasserhühnern sind beeindruckend geschildert. Instinktiv erfasst sie den Geist, der unter den Frauen herrscht und erntet damit große Achtung von ihrer Seite.
Dass Drovetti am Schluss des Abschnitts wieder auftaucht und Sarah keine Abwehr gegen ihn verspürt, ist dann der Haken, der mich gleich weiter zum nächsten Abschnitt zieht. -
Mir gefallen die vielen Informationen, die man so nebenbei über diese Zeit erfährt.
War es damals wirklich normal, ein Schiff zu senken, wenn es von Ratten befallen war ? Es danach wieder leer zu bekommen, und von allen ersoffenen Ratten zu befreien war ja eine Riesenarbeit.
Ich finde es schade von Mr B. dass er sich so wenig um Sarah kümmert. Sie scheint ihm wirklich egal geworden zu sein. Das einzige was zählt sind die Schätze und besser zu sein als Drovetti, dass sie das Abenteuer zusammen erleben wollten scheint er vergessen zu haben.
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Zitat
Original von xania
War es damals wirklich normal, ein Schiff zu senken, wenn es von Ratten befallen war ? Es danach wieder leer zu bekommen, und von allen ersoffenen Ratten zu befreien war ja eine Riesenarbeit.
Kommt daher der Spruch "Die Ratten verlassen das sinkende Schiff"? -
Ratten: Ich kann mich nicht mehr erinnern, ob ich es aus Denont oder Pückler habe, und derzeit bin ich auf Lesereise, kann also nicht nachschlagen, aber ja, es war üblich.