Need For Speed Overground
Im Jahr 2049 beherrschen Investmentunternehmen die Welt, und zwar nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die politische. Ein neues Kapitalmodell namens "Conflict Investment" zielt darauf ab, aus "kleinen Kriegen" möglichst viel Profit zu schlagen, und die "Unternehmensberatungen" steuern ganze Staaten wie Kambodscha oder das "NAME", ein Konglomerat aus ehemaligen südamerikanischen Ländern. Wohl und Wehe dieser Nationen liegt in den Händen einzelner Manager, und Chris Faulkner, Angestellter bei "Shorn Associates" ist einer davon. Zu seinen Klienten gehört ein südamerikanischer Diktator, der über Leichen geht. Diesen Weg hat der inzwischen legendäre Chris Faulkner allerdings auch hinter sich, denn in dieser Zukunftsvision entscheidet nicht nur die Ausbildung über den Karrierefortschritt, sondern der Erfolg bei Straßenduellen in hochgezüchteten Kampfboliden. Wer den Job eines anderen will, fordert ihn heraus. Wer mit "Blut an den Reifen" und dem "Plastik" (der Ausweiskarte) des Konkurrenten im Büro eintrifft, hat den Arbeitsplatz. All das ist legal - und für den Rest der Bevölkerung nur marginal gefährlich, denn das das verarmte Gros lebt längst in "Zonen", die es nicht verlassen darf, und Autos kann sich kaum mehr jemand leisten. Kurzum: Das Gesetz der Straße ist zum Gesetz der Welt geworden. Und wer eine der wenigen verbliebenen Regeln erfolgreich bricht, macht den Regelbruch wiederum zur Regel. Doch mit der wachsenden Macht kommen Chris Faulkner immer mehr Zweifel, woran seine coole Frau Carla nicht ganz unbeteiligt ist.
Der Roman basiert auf der Idee für eine Kurzgeschichte, wie Morgan am Ende ausführt, und das ist dem Buch manchmal anzumerken, weil alles Geschehen stark auf diese Idee fokussiert wird. Das allerdings auf vortreffliche, intelligente und vor allem sehr konsequente Weise. "Profit" (Originaltitel: "Market Forces") spinnt aktuelle Entwicklungen nachvollziehbar weiter, etwa im Bereich des Managementtrainings ("7-Tische-Planspiel"). Die düstere und gewalttätige Vision dieses sehr spannenden und clever konstruierten Buches hinterlässt einen verstörten Leser, der sich anschließend denkt: Ja, so könnte es kommen. Ein sehr guter, bemerkenswerter Roman, vielleicht sogar der beste von Richard Morgan.