Having the Builders in - Reay Tannahill

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  • Having the Builders in, Reay Tannahill, Headline 2006, ISBN 978-0-7553-3306-6


    Zur Autorin: (freie Übersetzung des Klappentextes)
    In Schottland geborgen und aufgewachsen, wollte Reay Tannahill eigentlich an eine Kunst- oder Schauspielschule gehen, wurde aber Opfer der traditionellen schottischen Leidenschaft für klassische Bildung und fand sich an der University of Glasgow wieder, die sie mit einem Masterabschluss in Geschichte und einem abgeschlossenen Aufbaustudium in Sozialwissenschaften verließ.


    Nach einer frühen vielfältigen Laufbahn – als Bewährungshelferin, Werbetexterin, Zeitungsreporterin, historischer Forscherin und Graphikdesignerin – wurde sie von der Folio Society gefragt, eine kurze, illustrierte Studie über Regency England zu schreiben. Dies erlaubte ihr, ihre Interessen für Kunst und Geschichte zu verbinden, und so folgte Paris in the Revolution, The Fine Art of Food, Food in History an Sex in History. Nachdem sie für die letztgenannten Bücher zwölf Jahre für die Recherche und das Schreiben aufwandt hatte, entschied Reay Tannahill, dass es Zeit wurde für einen Wechseln in ihrem Schaffen und begann ihren ersten historischen Roman, A Dark and Distant Shore, der zum sofortigen Bestseller wurde. Ab diesem Zeitpunkt hat sie weitere sechs gefeierte Bestseller geschrieben.


    Reay Tannahill starb am 02.11.2007..


    In deutscher Sprache sind von Reay Tannahill folgende Bücher erschienen:
    Sachbücher:
    - Kulturgeschichte des Essens. Von der letzten Eiszeit bis heute. (Neff und dtv)
    - Kulturgeschichte der Erotik (Hanser und Ullstein)
    - Fleisch und Blut. Eine Kulturgeschichte des Kannibalismus (Goldmann)
    Roman:
    - Macht und Leidenschaft, Maria Stuart Königin der Schotten (Droemer)



    Meine Meinung:
    Allein die Idee, in einem Roman zu verarbeiten, wie eine mittelalterliche Burg über bauliche Maßnahmen verändert wird, und wie diese Baumaßnahme abläuft, fand ich bereits ganz interessant. Zudem versprach der Klappentext von Reay Tannahills Roman „Having the Builders in - a delicious novel of rivalry, chivalry and masonry“, dass dies mit Humor erzählt wird und so kaufte ich diesen Roman als kleine Lektüre für zwischendurch.


    1377, im Hundertjährigen Krieg ist ein Waffenstillstand eingetreten, Edward III. stirbt, Richard II. wird gekrönt. Trotz einschneidender geschichtlicher Ereignisse geht der Alltag auf einer Burg natürlich weiter. Dame Constance de Clair, Lady der Burg Vine Regis, ist es gewohnt den Alltag der Burg Vine Regis zu regeln, denn wer soll es auch sonst tun. Sie selbst ist bereits verwitwet, ihr 24-jähriger Sohn Gervase ist selten zugegen, ihre bereits verwitwete Tochter ist zu lethargisch und ihr Sohn John noch zu jung. Kein Wunder, dass sie bemerkenswerte Fähigkeiten entwickelt hat, alles zu bekommen, was sie möchte, allzeit den Überblick zu bewahren und souverän zu planen und zu organisieren. Momentan will sie ihre herkömmlich quadratische Burg durch einen Anbau erweitern, denn zum Einen herrscht auf der Burg chronischer Platzmangel, der noch vergrößert wird, durch den Einzug ihrer zukünftigen Schwiegertochter Susanna mit deren Gefolge, zum Anderen ist die Burg nicht gerade auf dem modernsten Stand, was Schwiegertochter Susanna auch sofort schmerzlich feststellt. Leider läuft aber nicht alles ganz nach Plan. Zunächst scheinen Dame Constances Handwerker mehr daran interessiert zu sein, das bestehende Schloss zu zerstören, als eine Erweiterung zu bauen, ihre zukünftige Schwiegertochter hat beschlossen, sie als Lady der Burg zu ersetzen und Dame Constance anderweitig unterzubringen, ihr Sohn scheint mehr daran interessiert zu sein, jagen zu gehen als zu heiraten, die Franzosen drohen einzufallen und zu allem Übel wird die Burg von einer Serie von Diebstählen geplagt... Es muss etwas geschehen – aber was...?


    Reay Tannahill verarbeitet in ihrem Roman das alltägliche Leben in einer Burg, was man in dieser Form selten in einem historischen Roman geboten bekommt. Die Szenen auf der Burg beschreibt sie humorvoll, nicht selten sind die Dialoge gespickt mit ironischen Bemerkungen. Diese schöne Kombination von Wissen und Witz ist das, was den kleinen Roman wertvoll macht. Die Charaktere werden von Reay Tannahill sehr gut gezeichnet, manchmal fast karikiert. Die Schwäche des Romans liegt in der Natur der Sache: da es sich um den Alltag auf der Burg handelt, ist die Handlung deutlich weniger actionlastig als andere historische Romane, auch geht es nicht darum, große menschliche Dramen darzubieten und so schleichen sich da oder dort einige Längen ein.


    Die unreife 15-jährige Schwiegertochter in spe ist Reay Tannahill so gut gelungen, dass sie nicht nur ihre Schwiegermutter nervt sondern auch die Leser. Zugegebenermaßen hat es Susanna allerdings nicht leicht. Das vormals in ihrem eher beschaulichen Elternhaus verwöhnte Mädchen kann sich die Schwierigkeiten des Lebens auf einer Burg und den damit verbundenen Aufwand gar nicht vorstellen, wird dazu noch davon überrascht für die beiden Kinder ihres zukünftigen Mannes aus erster Ehe die Stiefmutter spielen zu müssen, erlebt eine souveräne und scheinbar gefühlskalte Schwiegermutter, der sich ihr zukünftiger Mann offensichtlich unterordnet und statt dass ihr zukünftiger Mann ihr alle Unterstützung angedeihen lässt, die ihm möglich ist, hat dieser nichts besseres zu tun, als zur Krönung Richard II. zu verschwinden und für ewige Zeiten nicht mehr aufzutauchen. Da ist doch Piers Whiteford, der sie bereits auf der Reise nach Vine Regis vor einem Überfall gerettet hat, ein ganz anderes Kaliber...


    Als die Diebstähle in der Burg beginnen nach einer Serie auszusehen und sich Susanna parallel zusehends entwickelt, wird die Handlung temporeicher und spannend. Einige Szenen wirken gelegentlich etwas aufgesetzt bzw. erwecken den Eindruck, die Geschichte wäre so konstruiert worden, um bestimmte Details über das Leben im Mittelalter auf jeden Fall unterzubringen.


    „Having the Builders in“ war für mich ein aufschlussreiches, charmantes Buch über das Leben in einer mittelalterlichen Burg, das schnell gelesen ist und das man daher leicht zwischen zwei historischen Epen lesen kann. Reay Tannahill hat, da die Gebäudeerweiterung ja auch eingerichtet werden will, noch eine Fortsetzung mit dem Titel „Having the Decorators in“, geschrieben, die gerade posthum veröffentlicht wurde. Da Susanna mittlerweile erwachsen geworden ist und ihre Umwelt nicht mehr ganz so nerven wird, werde ich die Fortsetzung wohl auch lesen...

  • Ich muß doch noch etwas nachtragen.


    Immer wenn dachte, daß eine Szene nun doch etwas klischeehaft oder kitschig gerät, hat mich Reay Tannahill mit der Auflösung überrascht, auch wenn diese nie besonders spektakulär waren. Sie spielt gewissemaßen mit den Klischees und den Lesererwartungen und bringt erst in den Auflösungen mancher Szenen ein, wie es wohl im Alltag tatsächlich gewesen sein wird.