Wird Zeit, dass ich auch mal eine Rezension schreibe...
Inhalt
Der aus großbürgerlichem Elternhaus stammende Maurice fühlt sich während seines Studiums zu seinem Kommilitonen Clive hingezogen, ohne zunächst das Gefühl jedoch wirklich zuordnen zu können. Clive gibt Maurice Winks mit dem Zaunpfahl, indem er ihn auffordert „Symposion“ von Plato zu lesen, Maurice steht jedoch ziemlich auf der Leitung, so dass Clive ihm letztendlich offen seine Liebe gesteht. Maurice reagiert zunächst schockiert, redet von dem schlimmsten Verbrechen überhaupt und fordert Clive auf, dieses Thema nicht mehr zu erwähnen. Irgendwie kriegt er aber die Kurve und entschließt sich innerlich, seine eigene Homosexualität nicht weiter zu verleugnen.
Die Freundschaft zwischen Maurice und Clive bleibt rein platonisch, denn nach Clives Ansicht ist platonische Liebe die einzige Entschuldigung für eine Beziehung zwischen zwei Männern. Trotzdem wird Maurice gezwungen, die Universität zu verlassen. Clive entschließt sich letztendlich doch zu einem bürgerlichen Leben mit Frau und Kind, während Maurice weiterhin versucht, mit seinen Gefühlen klarzukommen- was ihm von Gesellschaft nicht gerade einfach gemacht wird. Sein Arzt, dem er sich schweren Herzens outet, reagiert entsetzt und verbietet ihm, weiter darüber zu diskutieren und fordert ihn auf, diese „Versuchung des Teufels“ aus seinem Gehirn zu verbannen.
Erst als er den aus niedrigen Verhältnissen stammenden Alex kennen lernt, findet Maurice den Mut, sich zu seinen Gefühlen zu bekennen.
Zum Autor
Edward Morgan Forster (1879 – 1970) gilt als einer der grössten englischen Prosaisten des 20. Jahrhunderts. Er schrieb mehrere Romane, darunter „Zimmer mit Aussicht“ (1908 ) und „Wiedersehen in Howards End" (1910). Aus dem Erlebnis einer längeren Indienreise 1912/1913 und eines sechsmonatigen Indienaufendhaltes 1921 als Privatsekretär des Radscha von Dewas schuf Forster seinen Roman “Auf der Suche nach Indien” (1924), durch den er Weltruhm erlangte. Forster wurde 1927 als Professor and die Universität Cambridge berufen und blieb dort bis zu seinem Tod im Jahr 1970.
Zum Buch
"Maurice" schrieb Forster bereits 1913/1914. Er hatte vorher schon mehrere Kurzgeschichten mit homosexuellen Themen geschrieben, das reichte ihm jedoch nicht mehr. Er war zu der Überzeugung gekommen [holpriger Übersetzungsversuch],dass homosexuelle Liebe etwas Gutes sei und wollte -ohne die Möglichkeit eines Rückzugs- bestätigen, dass Liebe dieser Art nichts Degradierendes sei und dass, falls es in dieser Sache irgendwelche Perversionen gäbe, es sich um die Perversität einer Gesellschaft handelte, die krankhaft einen essentiellen Teil des menschlichen Erbes verleugne. [/holpriger Übersetzungsversuch]
Forster zeigte ausgewählten Freunden (zum Beispiel Dickinson) seine Novelle bereits 1914 und seine Freunde reagierten wohl zumindest zum Teil weit weniger schockiert, als er es erwartet hatte. Er konnte sich jedoch nicht entschliessen, das Buch veröffentlichen zu lassen und seine eigene Meinung zu seinem Werk schwankte auch immer wieder hin und her, je nachdem, wie Freunde auf das Buch reagierten. Bis 1960 schrieb er Teile und auch das Ende mehrere Male um. In den 60er Jahren, nachdem seine Mutter gestorben war und sich die Einstellungen der Gesellschaft um einiges geändert hatten, hätte Forster sein Buch veröffentlichen können, wenn er gewollte hätte. Er verfügte jedoch, dass „Maurice“ erst nach seinem Tod veröffentlicht werden durfte.
Meine Meinung
Ich mag ja E.M. Forster sowieso und auch „Maurice“ hat mir wieder sehr gut gefallen. „Maurice“ ist eine sehr einfühlsam geschriebene „Coming-out“-Geschichte. Sie verschafft einen guten Einblick in die Einstellung der Gesellschaft zur Homosexualität zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Einige von Forsters Freunden fanden die Geschichte in den 60er Jahren schon „überholt“, was Forster in Zweifel gestürzt hat, ob die Geschichte es überhaupt wert ist, veröffentlicht zu werden. Das kann ich so nicht bestätigen. Die Ängste und Selbstzweifel mit denen Maurice sich herumgeschlagen hat, scheinen mir heute noch aktuell zu sein, auch wenn sich sicher vieles geändert hat.
Gut gefallen hat mir, dass im Gegensatz zu zum Beispiel Oscar Wildes „Teleny“ vieles nur sehr subtil angedeutet wird. Die Sprache ist sehr schön, allerdings vielleicht teilweise schwierig, wenn man nicht gewohnt ist, englische Bücher zu lesen. Die deutsche Übersetzung wurde allerdings auf Amazon kritisiert. Ich würde empfehlen, es auf englisch zu lesen, die deutsche Ausgabe scheint im Moment eh nur als teures HC lieferbar zu sein - wobei, ich seh grad, soviel billiger ist die englische Ausgabe auch nicht.
Lg Iris