Tim und die Tanten. Eine Krimikomödie - Felicity Finn

  • Tim und die Tanten. Eine Krimikomödie
    Autorin: Felicity Finn
    Illustrator: Philip Waechter

    OT: Jeremy and the aunties
    Übersetzer aus dem Englischen: Norbert Lechner

    ISBN: 978-3499209383
    VERGRIFFEN / ab 8 Jahren


    Es ist leicht zu begründen, warum ich keine Kinderkrimis mag. Sie sind simpel gestrickt, öde, voraussehbar, nur auf die Aufklärung des Falles (wahlweise entführter Papagei, Bankraub oder Erpressung des Gemüsehändlers) bedacht und die Protagonisten klischeehaft. Seien es Ökokrimis um Arborex, den Baum, TKKG, 5 bzw. 4 1/2 Freunde oder die drei Fragezeichen, alles nichts für mich.


    Hier möchte ich einen "Kinderkrimi" vorstellen, den ich mochte und immer noch mag. Das heißt, eigentlich ist es nicht nur Krimi, sonder noch ein wenig mehr - nicht umsonst heißt der Untertitel "Eine Krimikomödie".


    Alles beginnt ganz harmlos. Der Fernseher ist kaputt und Tim und seine Mutter haben sich für ihre Party etwas ganz Besonderes ausgedacht. Mit Sachen, die Tims Mutter von ihrer Arbeit als Requisiteurin aus dem Theater mitgebracht hat, basteln die beiden drei lebensgroße und recht lebensechte Stoffpuppen - Tante Gitti, Tante Lotte und die prüde Tante Isabel. Die drei sind der Partyhit, ein besäuselter Doktor überschüttet Lotte sogar mit Komplimenten.


    Doch wie groß ist der Schreck, als am nächsten Morgen Tim ins Wohnzimmer kommt und die drei Tanten gemütlich miteinander plaudern hört. Als Tim seinem besten Freund Rick die Sensation zeigen will, blamiert er sich bis auf die Knochen, denn die Tanten geben keinen Mucks von sich, da sie ihn zu ihrer alleiniger Vertrauensperson auserkoren haben.


    Das Letzte, an das sie sich erinnern, war ein Fotoapparat und ein großer Knall - bald findet Tim mehr darüber hinaus. Doch die Herkunft der drei munteren ältlichen Damen, die scheinbar gespenstergleich in die Puppen katapultiert worden sind, ist das geringste Problem. Denn Gitti, Lotte und Isabel sind äußerst sorglose, draufgängerische Gestalten und geben sich nicht mit der Fernsehsendung "Echte Männer" zufrieden.


    Und so setzen sich die drei, nachdem Tim Tante Lotte an einen Second-Hand-Laden als Schaufensterpuppe verliehen hat, in den Kopf, den Bankraub, der vor kurzem geschehen ist aufzuklären und die berüchtigten Banko-Brüder zu fangen. Tim kann nichts dagegen tun, die Tanten, mit denen er schon viele Ferientage zu Hause verbrachte (seine Mutter hält ihn bereits für fernsehsüchtig), ziehen ihn immer weiter hinein. Was für ein Schlamassel... Doch die drei Stofftanten haben einiges auf Lager.


    Als Leser betrachtete ich das Ganze mit einem beständigen Schmunzeln. Gitti, Lotte und Isabel sind einfach zum Kringeln, ihre Ideen und Sprüche - ein geniales Trio. Tim, der im Original Jeremy heißt (warum hat man das geändert?), ist ebenso sympathisch, vor allem da er ein wenig auf dem verlorenen Posten steht. Es macht richtig Spaß zu lesen, wie sie übers Fernsehen herziehen oder auf Rollschuhen durchs Theater sausen. Teilweise gibt es auch ein paar gute Tanten-Ratschläger, allerdings immer vergnüglich - häufig aber stürzen sich die Tanten ins Risiko...
    So wird es richtig spannend, wenn die Banko-Brüder ins Spiel kommen und die Tanten - ganz im Gegensatz zum verängstigten Tim - vehement auf guten Manieren bestehen.


    Zur Autorin
    Felcity Finn lebt in Kanada, arbeitete im Theater und ist Autorin von Kinderbüchern.


    Fazit
    Ein ganz tolles Kinderbuch, mit dem ich immer noch mitfiebern und mitlachen kann.


    10/10 Punkten


    :wave bartimaeus

  • Jeremy and the Aunties
    Felicity Finn, 1992

    Illustrationen: Sally J.K. Davies
    Mein Kommentar bezieht sich auf die oben verlinkte Ausgabe:
    Second Story Press, ISBN: 0929005406


    Nachdem mir "Tim und die Tanten" so gut gefallen hat, habe ich mir das Buch samt Fortsetzung (Rezi folgt in Kürze) auf Englisch bestellt. Einerseits weil ich viel lieber das Original lese, andererseits, weil ich mir sicher war, dass es besser sein müsste - schon allein, weil die Namen geändert wurden.


    Als ich das Buch auf englisch gelesen habe, war ich mir nicht mehr so sicher. Das Original ist anders als die Übersetzung, die Stimmung ist eine ganz andere.


    Die Übersetzung fokussiert viel mehr auf lockeren, leichten Humor, die Sätze sind leichtfüßiger und spontaner gebaut, umgangssprachlicher. Das Original arbeitet mit anderen Witzen, Wortspielen zum Beispiel, die hier viel besser zur Geltung kommen, pointierter sind und teilweise gar nicht übersetzt werden konnten. Es ist jedoch im Allgemeinen ernster und die kritischen Untertöne treten mehr in den Vordergrund. Außerdem wirken die Charaktere verändert, als ob sich mit den Namen die Persönlichkeit geändert hätte - an den Tanten nahm ich eine unsympathische Seite wahr, die in den deutschen Büchern kaum zum Ausdruck kommt - die Illustrationen lassen sie gar nicht zu -, und Jeremy wirkt hilfloser als Tim.


    Ob ich das gut finden soll, weiß ich noch nicht, vor allem, da ich an die Übersetzung gewohnt bin. Ich weiß nur, dass ich die Stimmung des Buches nicht wiedererkannt habe.


    Ich werde die Bücher wohl nochmals lesen müssen, um mich entscheiden zu können - vielleicht melde ich mich in ein paar Jahren wieder ;-)


    Edit: Daten zum Buch