Verlag: Heyne
Seitenzahl: 464
Originaltitel: The Appeal
Übersetzung aus dem Amerikanischen: Dr. Bernhard Liesen, Bea Reiter, Kristiana Ruhl und Imke Walsh-Araya
Beschreibung:
Wenn Recht zu Unrecht wird
Sie verlor ihre ganze Familie. Um ihren Tod zu sühnen, zieht Jeannette Baker gegen einen der größten Chemiekonzerne der USA vor Gericht. Als ihrer Klage stattgegeben und das Unternehmen zu 41 Millionen Dollar Schadenersatz verurteilt wird, ist die Sensation perfekt. Doch dann geht Krane Chemical Inc. in Berufung, und eine Intrige unglaublichen Ausmaßes nimmt ihren Lauf.
Der neue große Roman von Bestsellerautor John Grisham – ein Thriller um Recht und Gerechtigkeit, der unter die Haut geht.
Zum Autor:
John Grisham wurde am 8. Februar 1955 in Jonesboro, Arkansas, geboren. Er studierte in Mississippi und ließ sich 1981 als Anwalt nieder. Der aufsehenerregende Fall einer vergewaltigten Minderjährigen beeindruckte ihn nachhaltig und brachte ihn zum Schreiben. In Früh- und Nachtschichten wurde daraus sein erster Thriller, "Die Jury", der in einem kleinen, unabhängigen Verlag erschien - der Beginn einer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Alle sein Bücher sind bei Heyne erschienen, zuletzt: "Touchdown".
Eigene Zusammenfassung:
Dieser Roman beginnt dort, wo viele andere Romane und Filme enden: Mit dem Urteil des Gerichts. Und es ist ein ausgesprochen wunderbares Urteil. 41 Millionen werden der Klägerin zugesprochen, der böse Riesenkonzern ist geschlagen, das Gute hat gesiegt, lang lebe das Land der unbegrenzten Möglichkeiten!
Doch halt... dies ist wie gesagt der Beginn, nicht das Happy End. Und die Realität sieht leider anders aus als so viele bonbonrosane Geschichten uns glauben machen wollen. In der Realität trägt der Großkonzern den Prozess auf die nächste Ebene und legt Berufung beim Supreme Court von Mississippi ein. Im Augenblick stehen die Chancen, dass das Urteil widerrufen wird, für die beklagte Firma Krane Chemical 4:5. Doch die Wiederwahl eines der neun Mitglieder des Supreme Court steht an...
Die Geschichte ist grob in 2 Abschnitte aufgeteilt. Die erste Hälfte beschäftigt sich mit dem Urteil und den unmittelbaren Folgen für die Betroffenen. Da wäre natürlich die Klägerin Jeanette Baker, die froh ist, dass erst mal alles überstanden zu sein scheint. Da wäre das Ehepaar Payton, dass als ihre Anwälte die Anklage übernahm und im Laufe des Rechtsstreites ihr Haus, ihre Autos und ihre schönen Büros verloren, zusätzlich haben sie einen ausstehenden Kredit von über 400.000 $ bei dem sie schon seit mehreren Monaten nicht mal die Zinsen mehr tilgen konnten. Und da ist Carl Trudeau, seines Zeichens CEO der Trudeau Group der auch die Aktienmehrheit an Krane Chemical gehört, und der durch diesen Prozess und anhängige Klagen ein Vermögen zu verlieren droht.
Die zweite Hälfte dreht sich um den Rückschlag von Trudeau. Er bekommt von einem Senator den Tipp einen gewissen Barry Rinehart zu kontaktieren der sich auf Beratungen bei Wahlen spezialisiert hat. Im konkreten Fall heißt das, er sucht einen geeigneten Kandidaten für das Richteramt und zieht mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln (und das sind nicht wenige) in den Krieg gegen Richterin Sheila McCarthy.
Meine Rezension:
Mein zweiter Justiz-Thriller von John Grisham (nach „Die Kammer“) hat mich wieder sehr beeindruckt. Ich finde es faszinierend wie Grisham es schafft vermeintlich trockene Themen spannend und interessant, dabei aber auch einfach und verständlich zu schildern. Hier hat er sich mit den Thematiken der Schadensersatzklagen und den Richterwahlen, die in den meisten Staaten der USA praktiziert werden, beschäftigt. Obwohl ich als Deutsche ja nicht unmittelbar betroffen bin, war es doch informativ mal hinter die Kulissen dieser Vorgänge zu blicken und die unschöne Wahrheit zu erfahren (und dass die Wirtschaftsbosse sich in die Politik einmischen, ist ja auch hierzulande bekannt). Schonungslos kalte und gefühllose Betrachtungen („Vor Gericht sind tote Kinder nicht viel wert“) lassen einem manchmal die Gänsehaut aufstehen.
Trudeau, als böser Erz-Schurke war mir persönlich etwas zu eindimensional. Er ist genau das, was man sich so unter dem typischen skrupellosen superreichen Konzernchef vorstellt. Ausgestattet mit einer jungen Gattin die aus möglichst vorteilhaften Teilen zusammengebaut ist und zum Nachtisch den Zeigefinger verschluckt sowie einer armen kleinen reichen Tochter die er nicht wollte und die von der Mutter vernachlässigt wird, entspricht er den gängigen Klischees. Allerdings spielt er persönlich dann doch keine sooo große Rolle, dass es negativ ins Gewicht fallen würde. Und wer kann schon sagen wie oft dieses Klischee nicht vielleicht doch der Realität entspricht.
Das Cover ist ehrlich gesagt auch nicht so mein Fall, sieht ein bisschen aus wie aus den 70ern entsprungen. Aber da der Inhalt dafür umso ansprechender ist, sehe ich darüber gerne hinweg.
Zwischendurch hatte ich mal die Befürchtung, Grisham könnte plötzlich rührselig werden, aber die Kurve hat er ganz elegant genommen und einen bedrückenden Justiz- wie auch Polit-Thriller geschaffen der die Wirklichkeit wohl mehr widerspiegelt als den meisten von uns lieb sein kann. 9 von 10 Punkten von mir.