Hallo liebe Eulen,
ich möchte euch ein Buch vorstellen, daß mir ausgesprochen gut gefallen hat, sowohl, was die Handlung angeht, als auch in sprachlicher Hinsicht.
Edda Rönckendorff
Fahrt nach Leopoldsbad - Roman der Erinnerung an die verlorene Heimat
Scherz Verlag, Bern, München, Wien, 1.Auflage 1986
320 Seiten
Zum Inhalt
Im Mittelpunkt dieses Romans, in dem es um eine Wiedersehensfeier und gemeinsame Reise ehemaliger Klassenkameraden nach Leopoldsbad geht, stehen Erinnerungen an die gemeinsame Schulzeit, wen man schon immer mochte, mit wem man nicht so recht konnte, die Lehrer und der Unterricht, eben alles, was zu einem Klassentreffen dazugehört. Gerade die Begegnung der „Ehemaligen“ nach 40 Jahren bringt Erstaunliches zutage: wieviel oder wenig man doch über einige Mitschüler wußte, wie intensiv man manches erlebt hat.
Auch der Vergleich Leopoldsbad damals und heute weckt Erinnerungen, man macht sich auf die Suche nach Häusern, Lokalen, Geschäften - gibt es sie noch? Wie sehen sie heute aus?
Natürlich bleiben auch die Erinnerungen an die Kriegszeit nicht aus: gemeinsame Erlebnisse im Krieg, Fronteinsatz, sog. „Heimatfront“, Erinnerungen an gefallene Freunde und Verwandte, dazu die spannende Frage danach, was jeder nach Kriegsende aus seinem Leben gemacht hat, wohin es ihn verschlagen hat.
Protagonisten gibt es eigentlich nicht, irgendwo sind alle wichtig, zu jedem gehört eine Geschichte, ein Leben.
Dennoch ragen Walter Wagenbauer, den wir gleich zu Beginn bei Antritt seiner Reise kennenlernen, und Barbara Fürst heraus; hier lernen wir - pathetisch gesagt - Einzelschicksale kennen.
Wie wird diese gemeinsame „Klassenreise“ die ehemaligen Mitschüler verändern? Welche Eindrücke haben sie nach 40 Jahren nach dem Wiedersehen der alten Heimat?
Meine Meinung
Besonders gut gefallen hat mir, dass Edda Rönckendorff so „aus dem Leben gegriffen“ schreibt. Es gibt kein Verschwimmen in rührseligen Erinnerungen, aber doch eine gewisse Wehmut, die sich eben einstellt, wenn man an frühere Zeiten zurückdenkt oder sich - z.B. bei einem Klassentreffen - mit ehemaligen Mitschülern unterhält, dieses
berühmte „Weißt du noch...???“
Auch ist es kein - man könnte beim Untertitel auf den Gedanken kommen - Roman nur für die "ältere" Generation; sie kann natürlich hier besser mitreden, aber auch den jüngeren hat das Buch viel zu bieten; nicht zuletzt auch Verständnis der damaligen Zeit, eine Sensibilität, wenn beispielsweise die Großeltern beim Erzählen in Erinnerungen versinken.
Man ist als Leser mittendrin, erlebt mit den Personen Barbara, Willi, Walter, Lisa und vielen anderen ihre Eindrücke im heutigen Leopoldsbad, teilt ihre Erinnerungen, nähert sich mit ihnen den anderen an - intensiv und hautnah. Gleichzeitig ist man aber auch Beobachter - Beobachter der Veränderungen, die nicht nur rein äußerlich stattgefunden haben.
Zum Schluß habe ich nur gedacht <Schade, dass die Rückreise schon angetreten werden
muß. Ich hätte gerne noch ein paar Tage in Leopoldsbad verbracht.>
Viele Grüße